Entscheidungsdatum: 22.11.2012
Eine Aufwandspauschale für die Überprüfung einer Krankenhausabrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung kann auch bei der Prüfung einer zulässig gestellten Zwischenrechnung anfallen, wenn sie bei objektiver Betrachtungsweise eine Herabsetzung der im Raum stehenden Krankenhausvergütung zur Folge haben kann. Keine Aufwandspauschale kann dagegen verlangt werden, wenn die Beauftragung des Medizinischen Dienstes nach erteilter Zwischenrechnung allein in die Zukunft gerichtet auf die Überprüfung weiterer Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zielt (Bestätigung und Weiterentwicklung von BSG vom 16.5.2012 - B 3 KR 12/11 R = SozR 4-2500 § 275 Nr 5).
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2012 geändert und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2009 zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen.
Der Streitwert für alle Instanzen wird auf 100 Euro festgesetzt.
Streitig ist die Verpflichtung zur Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, in dem eine Versicherte der Beklagten in der Zeit vom 7.10.2007 bis 3.1.2008 wegen einer bipolaren affektiven Störung (F31.5) stationär behandelt worden ist. Auf die Aufnahmeanzeige und nachfolgende Verlängerungsanträge der Klägerin gab die Beklagte Kostenübernahmeerklärungen für die Zeit bis zum 27.10.2007, sodann bis zum 16.11.2007 und schließlich bis zum 30.11.2007 ab. Ebenfalls beglich sie Zwischenrechnungen, die von der Klägerin am 26.10.2007 und am 15.11.2007 gestellt worden waren. Auf einen weiteren Verlängerungsantrag der Klägerin vom 17.12.2007 beauftragte die Beklagte am 21.12.2007 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V und nannte als Prüfkriterien "Notwendigkeit der vollstationären Behandlung" und "Verweildauer vollstationär". Nach Einsichtnahme in die Krankenhausunterlagen kam ein Mitarbeiter des MDK mit Gutachten vom 9.5.2008 zu der Einschätzung, dass die vollstationäre Behandlungsdauer bis zum Tag der Entlassung der Versicherten als "alternativlos notwendig" anzusehen gewesen sei. Die Zahlung der von der Klägerin im Anschluss daran geforderten Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs 1c S 3 SGB V in Höhe von 100 Euro lehnte die Beklagte gleichwohl ab, weil sie keine Prüfung im Sinne dieser Vorschrift veranlasst habe.
Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 100 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 27.5.2009). Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil auf die zugelassene Berufung der Beklagten geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.2.2012): Nach Wortlaut und Systematik könnten Aufwandspauschalen nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V nur durch Prüfungen nach Erteilung der Schlussrechnung eines Krankenhauses ausgelöst werden. Wollte man hingegen schon Zwischenrechnungen ausreichen lassen, müssten diese aber jedenfalls in Übereinstimmung mit den maßgeblichen gesetzlichen und ggf vertraglichen Regelungen erteilt worden sein. Mindestens daran fehle es hier, weil die Klägerin mit ihren Zwischenrechnungen die landesvertraglich vereinbarte Frist von 21 Kalendertagen jeweils um einen Tag verfehlt habe.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Mit der Einführung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V habe der Gesetzgeber dem Umstand entgegenwirken wollen, dass einzelne Krankenkassen von der Prüfungsmöglichkeit nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V in unverhältnismäßiger Weise Gebrauch gemacht hätten. Dieses Ziel sei mit der Auslegung des LSG nicht zu verwirklichen, weil die Krankenkassen den Zeitpunkt der Beauftragung des MDK selbst bestimmen und dadurch der Zahlungspflicht unter Umgehung des gesetzgeberischen Anliegens ausweichen könnten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Februar 2012 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2009 zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist begründet. Zu Unrecht hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage auf Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro abgewiesen.
1. Rechtsgrundlage des zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG verfolgten Klagebegehrens ist § 275 Abs 1c S 3 SGB V (hier noch in der bis zum 24.3.2009 geltenden Fassung von Art 1 Nr 185 Buchst a GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26.3.2007, BGBl I 378). Insoweit wird zunächst durch Satz 1 und 2 des § 275 Abs 1c SGB V klargestellt, dass bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V zeitnah durchzuführen ist; diese Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Daran anschließend bestimmt § 275 Abs 1c S 3 SGB V: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro (ab dem 25.3.2009: 300 Euro) zu entrichten." Ausgangspunkt der rechtlichen Überprüfung ist demnach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V. Hiernach haben die Krankenkassen ua bei stationärer Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen, soweit es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist.
2. Ziel der Regelungen des § 275 Abs 1c SGB V - insbesondere der Sechs-Wochen-Frist (vgl hierzu eingehend das Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 3 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 109 Nr 24) und der Aufwandspauschale - ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers, den bürokratischen Aufwand und dessen Folgen infolge der Kontrolle von Krankenhausabrechnungen auf Krankenhausseite möglichst gering zu halten.
a) Nach den klaren Vorstellungen des Gesetzgebers liegt es in der Verantwortung der Krankenkassen ("sind … wenn es … erforderlich ist, verpflichtet"), Krankenhausabrechnungen auch in medizinischer Hinsicht zu überprüfen. Zu einer elementaren Krankenkassenaufgabe rechnet es danach, auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 2 Abs 1 S 1, § 4 Abs 3, § 12 SGB V) zu achten, welches uneingeschränkt auch im Bereich des Leistungserbringungsrechts gilt (§ 70 Abs 1 SGB V, vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4). In diesem Sinne basiert § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V auf der Pflicht einerseits der Krankenkassen, nur solche Leistungen zu bewilligen, und andererseits der Krankenhäuser, nur solche Leistungen zu bewirken, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Der Anspruch auf Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V setzt deshalb ua voraus, dass die Behandlung notwendig bzw erforderlich war (vgl dazu und zu den sich daraus ergebenden Anforderungen näher BSG - Großer Senat - BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15 ff, 27 ff). Es obliegt den Krankenkassen, gerade diese Voraussetzungen zu überprüfen und hierzu ggf den MDK einzuschalten (vgl zu diesem Zusammenhang eingehend BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 19).
b) Der Gesetzgeber des GKV-WSG hat die Prüftätigkeit des MDK allerdings ihrem Umfang nach kritisch bewertet und deshalb die Regelung des § 275 Abs 1c SGB V eingefügt. Zur Begründung heißt es (BT-Drucks 16/3100 S 171): "Von einzelnen Krankenkassen wird die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt. Dies führt zu unnötiger Bürokratie. Für einzelne Kassenarten liegen Hinweise zu Prüfquoten im Rahmen der Einzelfallprüfung in Höhe von 45 Prozent der Krankenhausfälle vor. Dies belastet die Abläufe in den Krankenhäusern teils erheblich, sorgt für zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand und führt in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen. Eine zeitnahe Prüfung ist nicht immer gewährleistet. Teilweise werden weit zurückliegende Fälle aus Vorjahren geprüft. … Als Beitrag zu dem angestrebten Bürokratieabbau werden Anreize gesetzt, um Einzelfallprüfungen künftig zielorientierter und zügiger einzusetzen. … Mit der Pauschale wird eine vereinfachte, aber unbürokratische Regelung verfolgt. Sie kann deshalb keine Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleisten." Zudem hat der Gesetzgeber noch darauf hingewiesen, dass die Krankenkassen Mehrausgaben bei gezielter Durchführung ihrer Einzelfallprüfung weitgehend vermeiden könnten; würden systematische Mängel bei der Abrechnung vermutet, könne dies im Rahmen der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17c des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) geprüft werden (BT-Drucks aaO). Seine Zielvorstellung hat der Gesetzgeber mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) vom 17.3.2009 (BGBl I 534) nochmals konkretisiert und die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V von 100 auf 300 Euro angehoben, weil deren ursprüngliche Höhe "nicht in dem erhofften Umfang zu einer Reduzierung der Prüfquote geführt" hat. Mit der Anhebung der Aufwandspauschale auf 300 Euro sollte deshalb der Anreiz erhöht werden, von ohne konkrete Verdachtsmomente initiierten Einzelfallprüfungen abzusehen (vgl BT-Drucks 16/11429 S 47).
3. Die Pflicht zur Zahlung der Aufwandspauschale kann nach diesem Regelungskonzept durch jede Prüfung ausgelöst werden, die mit dem Ziel der Verminderung des Rechnungsbetrages - auch einer Zwischenrechnung - aus Anlass einer konkreten Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) eingeleitet und durchgeführt wird.
a) Wie der 1. Senat des BSG bereits entschieden hat, löst aber nicht jede im Zusammenhang mit einer Krankenhausabrechnung ergebnislose Rückfrage der Krankenkasse beim Krankenhaus die Zahlungspflicht nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V aus. Vielmehr muss es sich gerade um eine Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V handeln, nicht etwa um eine Stichprobenprüfung nach § 17c Abs 2 KHG oder eine Anfrage aus anderen - zulässigen - Gründen. Unabhängig vom Ergebnis wird zB keine Aufwandspauschale ausgelöst, wenn es etwa darum geht, im Nachhinein eine vermutete Unterversorgung von Versicherten im Krankenhaus aufzudecken oder die Notwendigkeit ergänzender diagnostischer bzw therapeutischer Maßnahmen im Anschluss an die Krankenhausbehandlung eines Versicherten abzuklären (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13).
Doch auch nicht jedes im Zusammenhang mit einer Krankenhausabrechnung ergebnislose Tätigwerden des MDK führt zwangsläufig zur Fälligkeit der Aufwandspauschale. Wie der erkennende Senat mit Urteil ebenfalls vom 16.5.2012 (- B 3 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 109 Nr 24) nochmals bekräftigt hat, bestehen im Verhältnis zwischen Krankenhäusern, Krankenkassen und dem MDK Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen: Auf der ersten Stufe der Sachverhaltserhebung hat das Krankenhaus zunächst alle Angaben nach § 301 Abs 1 SGB V zu machen, und zwar zutreffend und vollständig. Erschließen sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den - medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten - Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V oder eines etwaigen Kurzberichts nicht selbst, ist auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V einzuleiten. Danach ist beim MDK - in aller Regel ohne Beteiligung des Krankenhauses - eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen, wenn die von diesem erteilten und ansonsten zur Verfügung stehenden Informationen zur Prüfung insbesondere von Voraussetzung, Art und Umfang der Krankenhausbehandlung nicht ausreichen. Dazu hat die Krankenkasse dem MDK gemäß § 276 Abs 1 S 1 SGB V alle in ihrem Verfügungsbereich befindlichen und zur Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Im Rahmen einer nach diesen Voraussetzungen ordnungsgemäß eingeleiteten Prüfung hat das Krankenhaus schließlich auf der dritten Stufe der Sachverhaltserhebung - wenn sich also unter Auswertung der auf der ersten und zweiten Stufe verfügbaren Sozialdaten kein abschließendes Ergebnis finden lässt - dem MDK auch über die Daten nach § 301 SGB V und einen etwaigen Kurzbericht hinaus alle weiteren Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Einzelfall zur Beantwortung der konkreten Prüfanfrage der Krankenkasse benötigt werden. Rechtsgrundlage hierfür ist § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB V: "Haben die Krankenkassen nach § 275 Abs 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist." Auf dieser Grundlage ist der MDK ermächtigt, die für seinen Prüfauftrag erforderlichen Sozialdaten beim Krankenhaus anzufordern, und das Krankenhaus zu deren Vorlage verpflichtet, soweit dies für die gutachterliche Tätigkeit des MDK notwendig ist. Die Pflicht zur Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V kommt nur auf dieser dritten Ebene der Sachverhaltsermittlung in Betracht, wenn also der MDK auf Veranlassung der Krankenkasse Sozialdaten zur Rechnungsprüfung beim Krankenhaus gemäß § 276 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB V angefordert hat und es nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages gekommen ist (vgl eingehend das Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 3 KR 14/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 109 Nr 24 RdNr 22 mwN).
b) Erforderlich und ausreichend für diesen Abrechnungsbezug der von der Krankenkasse eingeleiteten Prüfung ist, dass der Prüfauftrag an den MDK durch einen Abrechnungsvorgang des Krankenhauses - Schlussrechnung oder auch Zwischenrechnung - ausgelöst worden ist. Zwischenrechnungen sind für vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Voraus-, Abschlags- oder Teilzahlungen zulässig. Verbindliche Vertragsregelungen können hierzu in Verträgen nach § 112 SGB V oder in Vereinbarungen nach § 11 Abs 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) getroffen werden. Andernfalls greift § 8 Abs 7 S 1 und 2 KHEntgG ein; dort ist das Recht der Krankenhäuser auf angemessene Voraus- und Abschlagszahlungen geregelt. Im Gegenzug sind die Krankenkassen nicht gehindert, den MDK bei hinreichendem Anlass auch Zwischenrechnungen über die stationäre Behandlung überprüfen zu lassen. Zielt der Prüfantrag auf eine Minderung des Abrechnungsbetrages, führt er zu einem tatsächlichen Prüfaufwand des Krankenhauses (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 16 f) und hat er keinen Erfolg, kann das Krankenhaus grundsätzlich hierfür die Aufwandspauschale beanspruchen (zur Ausnahme unzutreffender, das Prüfverfahren auslösender Rechnung vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 18 ff). Entscheidend ist nach den oa dargelegten Motiven des Gesetzgebers insoweit allein, dass der Prüfauftrag an den MDK im Ergebnis auf eine Minderung des von der Krankenkasse zu entrichtenden Entgelts zielt - gleichgültig, ob Motiv für die Abrechnungsprüfung "nur" eine Zwischenrechnung oder "schon" die Schlussrechnung ist.
c) Diesem Ergebnis widerspricht nicht die Regelung in § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Zwar kann nach Sinn und Zweck von Satz 3 dieser Vorschrift schon einer - erfolglosen - Prüfung von Zwischenrechnungen des Krankenhauses die Pflicht zur Zahlung einer Aufwandspauschale folgen, gleichwohl löst deshalb nicht jede Zwischenrechnung auch die Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V aus. Die beiden Regelungsbereiche haben eine unterschiedliche Zielrichtung: Zwischenrechnungen können den Lauf der Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V nicht in Gang setzen, weil insoweit auf den Versorgungsfall als Ganzes abzustellen ist. Nach Beendigung der Krankenhausbehandlung soll deren abrechnungsbezogene Überprüfung nur noch innerhalb einer bestimmten Frist zulässig sein, weil beiden Beteiligten an einem zeitnahen Abschluss des Leistungsvorgangs gelegen und mit zunehmender Zeitdauer eine Beurteilung des medizinischen Sachverhalts in der Regel nur noch schwer möglich ist (vgl BT-Drucks 16/3100 S 171). Dem entspricht die Regelung in § 18 Abs 1 S 1 des für die Beteiligten maßgeblichen Vertrages nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - vom 8.10.1996 (im Folgenden: Landesvertrag), wonach der zuständigen Krankenkasse in der Regel innerhalb von 14 Kalendertagen nach Beendigung der Krankenhausbehandlung eine Schlussrechnung zu übersenden ist; diese hat die Krankenkasse ebenfalls innerhalb einer Frist von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang zu bezahlen (§ 18 Abs 4 S 1 Landesvertrag). Regelmäßig ist der Versorgungsfall damit zeitnah abgeschlossen. Vorschuss- oder Abschlagszahlungen haben dagegen nur vorläufigen Charakter und schließen den Versorgungsfall nicht ab, sondern dienen allein dem Liquiditätsinteresse der Krankenhäuser. Gleichwohl entsteht für diese ein zusätzlicher Aufwand, wenn aus Anlass einer Zwischenrechnung eine Abrechnungsprüfung seitens des MDK erfolgt. Bleibt diese Prüfung iS von § 275 Abs 1c S 3 SGB V ergebnislos, ist es gerechtfertigt, dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale zuzuerkennen. Denn es macht für den Aufwand des Krankenhauses keinen Unterschied, ob die Abrechnungsprüfung wegen einer Zwischen- oder erst nach der Schlussrechnung erfolgt. Deshalb kann eine Aufwandspauschale bei langdauernder Krankenhausbehandlung sogar mehrfach anfallen, wenn es sich um mehrere selbstständige Prüfaufträge seitens der Krankenkasse handelt.
4. Von einer Abrechnungsprüfung iS von § 275 Abs 1c S 3 SGB V - also von einer Prüfung zur potentiellen Verminderung der Krankenhausabrechnung - wird regelmäßig dann auszugehen sein, wenn der dem MDK erteilte Prüfauftrag bei objektiver Betrachtungsweise eine Herabsetzung der im Raume stehenden Krankenhausvergütung zur Folge haben kann und zudem - wie hier - zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an den MDK zumindest bereits eine erste Krankenhausrechnung ordnungsgemäß erstellt und bei der Krankenkasse eingegangen ist. In diesem Fall streitet regelmäßig eine Vermutung dafür, dass Ziel des beauftragten MDK-Gutachtens eine Minderung der bereits geforderten Vergütung ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich ausschließlich nach den äußeren Umständen des Sachverhalts, nicht aber nach der inneren Willensrichtung der Beteiligten. Deshalb wird der Prüfauftrag einer Krankenkasse in der Regel nur dann nicht als Abrechnungsprüfung iS von § 275 Abs 1c S 3 SGB V anzusehen sein, wenn mit ihm - selbst wenn er eine Minderung der geforderten Krankenhausvergütung zur Folge haben könnte - ersichtlich und nachvollziehbar eines der nicht vergütungsbezogenen Ziele im Rahmen des Prüfprogramms nach § 275 Abs 1 SGB V verfolgt worden ist. In diesem Sinne hat es auch der 1. Senat des BSG als bedeutungslos angesehen, dass sich eine Krankenkasse darauf berufen hatte, dem MDK keinen "allgemeinen Prüfauftrag" erteilt, sondern den Auftrag auf die Prüfung der Richtigkeit der Hauptdiagnose beschränkt zu haben (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3 RdNr 15).
Wegen der tatbestandlichen Anbindung der Aufwandspauschale an den Begriff "Minderung des Abrechnungsbetrags" kann eine Pauschale folglich nicht verlangt werden, solange der Krankenkasse eine konkret bezifferte und deshalb der Minderung fähige Abrechnung noch nicht zugegangen ist. Nicht ausgelöst wird eine Aufwandspauschale deshalb, wenn der MDK zur Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V - etwa zur Frage der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung - noch vor Eingang einer ersten Zwischenabrechnung beauftragt wird. Dabei gewonnene Erkenntnisse können zwar durchaus dazu führen, dass es später nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages kommt. Der Wortlaut des § 275 Abs 1c S 3 SGB V wäre aber überspannt, würde man in solchen Fällen, in denen eine Vergütungsforderung des Krankenhauses noch gar nicht beziffert ist, bereits die Möglichkeit zur Zahlung einer Aufwandspauschale statuieren. Entsprechendes gilt, wenn die Beauftragung des MDK nach erteilter Zwischenrechnung ersichtlich nicht zur Prüfung derselben erfolgt, sondern zB wegen eines im zeitlichen Zusammenhang gestellten Verlängerungsantrages allein und in die Zukunft gerichtet auf die Überprüfung weiterer Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung iS von § 39 SGB V zielt.
Auf den Eingang der (Zwischen-)Rechnung ist allerdings nicht abzustellen, wenn das Krankenhaus nach den jeweils maßgebenden Abrechnungsvorschriften noch nicht zur Vorlage einer solchen Abrechnung berechtigt war. Insbesondere müssen die vorgesehenen Fristen eingehalten werden - seien es die aus §§ 8 Abs 7, 11 Abs 1 KHEntgG oder die aus den jeweils maßgeblichen Landesverträgen nach § 112 SGB V.
5. Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das SG der Klägerin die im Streit stehende Aufwandspauschale - anders als vom LSG angenommen - zu Recht zugesprochen.
a) Insoweit hat die Beklagte zunächst mit ihrem Prüfauftrag an den MDK vom 21.12.2007 bei objektiver Betrachtungsweise jedenfalls auch iS von § 275 Abs 1c S 3 SGB V das Ziel einer Minderung der von der Klägerin bis dahin bereits erteilten Zwischenrechnungen verfolgt. Das gilt zwar nicht für die nach dem Wortlaut des Prüfauftrags vom MDK zu untersuchende Frage, "bis wann die (weitere) stationäre Behandlung medizinisch begründet und notwendig" ist. Vergütungsrelevant in dem oben bezeichneten Sinn war aber die zusätzliche Fragestellung, "welche Alternativen sind / waren ab wann ausreichend und zweckmäßig?". Hiermit hat die Beklagte dem MDK in Bezug auf die schon abgerechneten Leistungen aufgegeben zu prüfen, ob die Versicherte notwendig für den gesamten von den Zwischenrechnungen vom 26.10. und 15.11.2007 erfassten Zeitraum stationär zu versorgen war oder ob mindestens teilweise auch ambulante oder teilstationäre Angebote ausreichend gewesen wären. Eine ausschließlich auf die zukünftige Dauer der Versorgung begrenzte und damit für die Kostenfolge des § 275 Abs 1c S 3 SGB V unbeachtliche Fragestellung enthielt der Prüfauftrag der Beklagten vom 21.12.2007 demnach nicht.
b) Zu Unrecht hat das LSG angenommen, dass die Klägerin nach den maßgebenden Abrechnungsvorschriften des Landesvertrages vom 8.10.1996 zur Stellung der von der Beklagten überprüften Zwischenrechnungen noch nicht befugt gewesen sei. Nach § 18 Abs 2 S 1 des Landesvertrags kann das Krankenhaus Zwischenrechnungen für noch nicht abgeschlossene Krankenhausbehandlungen erstellen, die länger als 21 Kalendertage gedauert haben. Das LSG ist davon ausgegangen, dass die beiden in Betracht kommenden Zwischenrechnungen am 26.10. und 15.11.2007 auch an diesen Tagen bei der Beklagten eingegangen sind und damit einen Zeitraum von weniger als 21 Tage umfasst hätten. Die Beteiligten haben den Zugang der Zwischenrechnungen vor dem erkennenden Senat jedoch übereinstimmend auf den 29.10. und 20.11.2007 datiert, so dass die Anforderungen des Landesvertrages damit gewahrt sind. Doch selbst bei Zugrundelegung der Interpretation des Berufungsgerichts hätte die Klägerin spätestens 21 Tage nach Beginn der am 7.10.2007 aufgenommenen Versorgung einen Anspruch auf Zwischenleistungen erworben, weshalb zumindest die am 15.11.2007 ausgestellte Zwischenrechnung den Anforderungen des Landesvertrages entsprochen hat.
c) Im Ergebnis kann auch offen bleiben, ob der für den Anfall der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V maßgebliche Prüfauftrag der Beklagten überhaupt von den Vorgaben des § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V gedeckt war. Danach sind die Krankenkassen zur Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK grundsätzlich nur dann berechtigt, wenn dies "bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung" erforderlich ist. Durch diese Tatbestandsvoraussetzung unterscheidet sich die Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V von der Stichprobenprüfung nach § 17c Abs 2 S 1 KHG. Hieraus ist abzuleiten, dass der Anwendungsbereich der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V - soweit also die Rechnungsprüfung in Rede steht - auf solche Anlässe beschränkt ist, die durch "Auffälligkeiten" gekennzeichnet sind; diese hat die Krankenkasse im Zweifelsfall zu belegen. Dem Senat erscheint es zB als fernliegend, eine Rechnung schon deshalb als "auffällig" einzustufen, weil es - wie vorliegend - um die stationäre Versorgung einer Versicherten mit "schweren depressiven Episoden und psychotischen Symptomen" sowie um deren "latent suizidalen" Zustand (so die Angaben über den Gesundheitszustand der Versicherten im Verlängerungsantrag der Klägerin vom 19.10.2007) ging, ohne dass weitere Umstände hinzugetreten wären. Nähere Ausführungen dazu erübrigen sich hier aber, weil die Klägerin die Mitwirkung an der Begutachtung durch den MDK nicht unter Berufung hierauf verweigert, sondern ihm die Prüfung sogar ermöglicht hat. Denn der Anspruch auf eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V entsteht unabhängig von der Frage, ob der Prüfauftrag der Krankenkasse nach der gesetzlichen Maßgabe des § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V hätte erteilt werden dürfen oder nicht.