Entscheidungsdatum: 15.03.2012
Allergendichte Matratzenkomplettumhüllungen (Encasings) sind nur dann von der Leistungspflicht der Krankenkassen umfasst, wenn ihre Verwendung bei bereits langjährig erkrankten Erwachsenen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse geeignet ist, den Erfolg einer allergologischen Krankenbehandlung zu sichern.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. Oktober 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Anschaffungskosten für zwei allergendichte Matratzenkomplettumhüllungen (sog Matratzen-Encasings).
Der 1946 geborene Kläger leidet unter einer allergischen Rhinitis und Konjunktivitis sowie einem allergischen Asthma bei nachgewiesener Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben. Im November 2004 beantragte er unter Vorlage einer das Begehren unterstützenden ärztlichen Bescheinigung sowie eines Kostenvoranschlags der Firma A. die Versorgung mit allergendichten Kissen-, Oberbett- und Matratzenkomplettumhüllungen für das eigene Bett und für das Partnerbett. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die begehrten Bezüge nicht in dem Verzeichnis über von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) umfasste Hilfsmittel (Hilfsmittelverzeichnis - HMV) aufgeführt seien und es sich im Übrigen um von der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossene allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele (Bescheid vom 10.11.2004, Widerspruchsbescheid vom 17.2.2005).
Das SG hat die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide zur Übernahme der Kosten für zwei allergendichte Matratzen-Encasings abzüglich der Kosten für einfache Matratzenschoner verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 28.2.2006): Die Versorgung des Klägers mit allergendichten Matratzenbezügen sei zur Sicherung des Erfolges seiner Krankenbehandlung iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V erforderlich, weil deren Verwendung nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse die allergologische Behandlung unterstütze. Im Vergleich zu den allergiebedingten Behandlungskosten handele es sich um eine wirtschaftliche Versorgung. Die Doppelfunktion eines allergendichten Matratzenbezugs als Gegenstand zum Zweck der Krankenbehandlung sowie als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens schließe die Leistungspflicht der Beklagten nicht aus, da die auf die Hilfsmittelfunktion entfallenden Herstellungskosten überwiegten. Dagegen sei die Versorgung mit allergendichten Kissen- und Oberbettbezügen nicht wirtschaftlich, weil der Schutz vor Allergenen insoweit ebenso gut durch regelmäßiges Waschen der handelsüblichen Bezüge erreicht werden könne.
Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger - nachdem er 2005 zunächst antiallergene Matratzenspannbezüge erworben hatte - zwei Matratzen-Encasings der Firma A. mit den Maßen 80 x 190 x 20 zum Preis von 156 Euro (Rechnung vom 6.5.2008) angeschafft.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil der Vorinstanz - soweit der Klage stattgegeben worden ist - aufgrund der nunmehr begehrten Kostenerstattung neugefasst, die Beklagte zur Zahlung von 122 Euro (nach Abzug von 24 Euro für ersparte Aufwendungen und 10 Euro Zuzahlung) verurteilt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 7.10.2010): Die Beklagte habe die Gewährung von Matratzen-Encasings seinerzeit zu Unrecht abgelehnt, da die Ausstattung des Klägers für das eigene und das Partnerbett zum Schutz vor rezidivierenden allergischen Reaktionen iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V geeignet und zur Sicherung des Erfolgs der allergologischen Krankenbehandlung bzw zur Vorbeugung einer Behinderung erforderlich sei. Die Eignung ergebe sich aus der vom Kläger vorgelegten Fachliteratur und den eingeholten ärztlichen Stellungnahmen. Die vom Kläger selbst beschafften Matratzen-Encasings dienten nach ihrer Verwendung und Beschaffenheit ausschließlich dem Schutz vor Allergenen und seien daher nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der GKV ausgenommen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) sowie von materiellem Recht (§ 33 Abs 1 S 1 iVm §§ 12 Abs 1 und 13 Abs 3 SGB V). Die Vorinstanz habe die für die Beurteilung der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der ursprünglich begehrten Versorgung notwendigen Tatsachen nur unzureichend ermittelt. Insbesondere sei nicht aufgeklärt worden, inwieweit die Milbenkonzentration durch das Material einer Matratze beeinflussbar bzw die Anschaffung allergendichter Matratzenkomplettumhüllungen durch den Kauf einer waschbaren oder in einem speziellen Verfahren zu reinigenden Matratze (sog Allergikermatratze) vermeidbar sei, ob und ggf welche Behandlungsmaßnahmen durch das Matratzen-Encasing entfielen und welche sonstigen Maßnahmen der Kläger zur Allergenreduktion in seinem Wohnumfeld getroffen habe. Selbst wenn man das Matratzen-Encasing sowohl im Grundsatz und als auch im vorliegenden Einzelfall als notwendiges und geeignetes Hilfsmittel der GKV ansehe, sei die Versorgung mit Encasings in Sondergröße nicht gerechtfertigt, da die GKV im Rahmen der Hilfsmittelgewährung nicht zur Berücksichtigung der jeweiligen häuslichen Gegebenheiten verpflichtet sei.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Sachsen-Anhalt vom 7.10.2010 und des SG Halle vom 28.2.2006 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtenen Entscheidungen und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über das auf Kostenerstattung gerichtete Klagebegehren entscheiden zu können.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 10.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.2.2005, soweit darin die Versorgung des Klägers mit allergendichten Matratzenkomplettumhüllungen abgelehnt worden ist. Die vom Kläger ursprünglich ebenfalls beantragte Ausstattung mit allergendichten Kissen- und Oberbettbezügen ist dagegen nicht mehr Gegenstand des Verfahrens, weil er diesen Anspruch nach dem die Klage insoweit abweisenden erstinstanzlichen Urteil nicht weiterverfolgt, dh die Klage auf die Versorgung mit Matratzen-Encasings beschränkt hat (§ 153 Abs 1 iVm § 99 Abs 3 Nr 2 SGG). Nachdem der Kläger im Berufungsverfahren sein ursprünglich auf Sachleistung gerichtetes Begehren im Wege der zulässigen Antragsänderung (§ 153 Abs 1 iVm § 99 Abs 3 Nr 3 SGG) auf Erstattung der Kosten für die zwischenzeitlich selbst beschafften allergendichten Matratzen-Encasings umgestellt hat, ist auch im Revisionsverfahren nur noch hierüber zu entscheiden (vgl dazu BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 10 RdNr 12; BSGE 79, 261, 262).
2. Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist § 13 Abs 3 SGB V iVm § 15 Abs 1 SGB IX. Danach ist die Krankenkasse als Träger der medizinischen Rehabilitation zur Erstattung der Kosten für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung ua dann verpflichtet, wenn sie diese zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 7 mwN - Rollstuhl-Bike III). Die Frage, ob die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde, ist nach dem für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsrecht zu beurteilen - für Leistungen der GKV somit nach den Bestimmungen des SGB V (BSG aaO).
Die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Aufwendungen des Klägers für den Erwerb von antiallergenen Matratzenkomplettumhüllungen beruhen ursächlich auf der Versagung der Leistung durch die Beklagte, so dass der nach Wortlaut und Zweck des § 13 SGB V notwendige Ursachenzusammenhang zwischen der Kostenlast des Versicherten und der Leistungsablehnung durch die Krankenkasse (stRspr, vgl BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 11 - Hörgeräteversorgung; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24) besteht. Hieran würde es indes fehlen, wenn die Krankenkasse vor der Beschaffung der Leistung durch den Versicherten nicht mit dem Leistungsbegehren befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (stRspr, vgl zuletzt BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 11 mwN - Hörgeräteversorgung). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der Kläger hat im November 2004 die Versorgung mit allergendichten Matratzenkomplettumhüllungen bei der Beklagten beantragt und die Bezüge erst nach Ablehnung der Leistung später - im Mai 2008 - selbst beschafft. Diese Kausalität wurde auch nicht durch die zwischenzeitliche Anschaffung von antiallergenen Matratzenspannbezügen durchbrochen. Diese vom Kläger im Jahre 2005 erworbenen Bezüge in "Discounterqualität" sind eine andere als die beantragte Leistung. Die streitgegenständlichen Matratzenkomplettumhüllungen sind kein Ersatz für die inzwischen durch mehrfaches Waschen funktionsuntauglich gewordenen antiallergenen Matratzenspannbezüge, sondern ein "Aliud" zu jenen, so dass der Kläger auch unter dem Gesichtspunkt der Ersatzbeschaffung nicht gehalten war, die Versorgung mit Matratzen-Encasings vor deren Anschaffung im Mai 2008 erneut zu beantragen. Von einer Ersatzbeschaffung iS des § 33 Abs 1 S 4 SGB V - für die im Übrigen sämtliche für die Erstausstattung geltenden Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen müssen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 32 RdNr 12 mwN - Therapiedreirad) - wäre vielmehr nur dann auszugehen, wenn an die Stelle des bisher genutzten Hilfsmittels ein in seiner Funktion und Wirkweise vergleichbarer Gegenstand träte. Die streitgegenständlichen Matratzen-Encasings unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Verarbeitung wesentlich und in einer auf die Funktion Einfluss nehmenden Weise von den 2005 angeschafften Bezügen. Während die 2005 erworbenen Matratzenbezüge als Spannbezüge konzipiert waren, handelt es sich bei den 2008 angeschafften Bezügen um Encasings - dies ist der Fachbebegriff für milben- und allergendichte Komplettumhüllungen von Matratzen, Kissen und Oberbetten (zur Begriffsbestimmung: Altmeyer, Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie, Umweltmedizin, online-Version Stand 2010; Langenscheidts Handwörterbuch Englisch Teil 1, Neuauflage 2001, S 208 in Ableitung von "encase" = "umhüllen, einschließen, ummanteln"). Insbesondere durch diese das Allergenrückhaltevermögen beeinflussende Komplettumhüllung (Schmidt et al, Allergo Journal 1998, 156, 158; Müller-Scheven/Kniest/Distler/Hoffman-Wecker, Allergologie 1998, 534, 535; Kainka/ Umbach/Müsken, Pneumologie 1997, 2, 8) unterscheiden sich Matratzen-Encasings von Matratzenspannbezügen aus antiallergenem Material.
3. Allerdings vermag der Senat auf der Grundlage der bisher vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend zu beurteilen, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung nach den leistungsrechtlichen Bestimmungen des SGB V einen Anspruch auf Ausstattung mit allergendichten Matratzenkomplettumhüllungen für das eigene und das Partnerbett hatte, ob also die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
a) Maßgebende Vorschrift für die Leistungspflicht der GKV im Bereich der Hilfsmittelversorgung ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung, dh der Rechnungslegung am 6.5.2008 (zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einem Kostenerstattungsanspruch vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 32 RdNr 10 - Therapiedreirad), geltenden Fassung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG vom 26.3.2007 - BGBl I 378). Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung im Hinblick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen. Hingegen ist weder die vertragsärztliche Verordnung (§ 73 Abs 2 S 1 Nr 7 SGB V) des begehrten Hilfsmittels noch dessen Listung im HMV der GKV (§ 139 SGB V) verbindlich für die Leistungspflicht der Krankenkasse (stRspr, zuletzt BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 8 mwN - Rollstuhl-Bike III).
b) Bei den vom Kläger seinerzeit beantragten Matratzen-Encasings handelt es sich um Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V. Zu den Hilfsmitteln zählen alle sächlichen medizinischen Leistungen, während in Abgrenzung hierzu dem Begriff der Heilmittel (§ 32 SGB V) alle persönlich erbrachten medizinischen Dienstleistungen unterfallen (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 2 RdNr 3 - Dauerpigmentierung; BSGE 88, 204, 206 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 S 229 ff - PC-Zusatzausrüstung für häusliches Hirnleistungstraining). Dem steht nicht entgegen, dass der ebenfalls für die GKV zuständige 1. Senat des BSG in zwei zurückliegenden Entscheidungen die Auffassung vertreten hatte, dass antiallergene Kissen- und Matratzenüberzüge kein Hilfsmittel sind, aber ein Heilmittel sein können (BSG Urteil vom 18.1.1996 - 1 RK 8/95; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 15). Dieser Rechtsprechung lag noch das zu § 182 Abs 1 Nr 1c iVm § 182b RVO entwickelte und zunächst aufgrund der vergleichbaren Formulierung unter Geltung des SGB V beibehaltene Begriffsverständnis zugrunde, wonach die Abgrenzung zwischen Heil- und Hilfsmitteln nach dem Zweck der Maßnahme zu erfolgen hat: Während Hilfsmittel dazu bestimmt sein sollten, fortbestehende gesundheitliche Defizite körperlicher oder geistig-seelischer Art im Rahmen des Möglichen auszugleichen oder erträglicher zu machen, waren Heilmittel nach damaligem Verständnis zur therapeutischen Einflussnahme auf den Krankheitszustand im Sinne der Sicherung des Heilerfolges oder zu Heilzwecken bestimmt. Dieser Auffassung wurde mit der Einführung der §§ 30 und 31 SGB VII durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) die Grundlage entzogen (vgl BSGE 88, 204, 214 = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 S 237 f - PC-Zusatzausrüstung für häusliches Hirnleistungstraining). Auf Anfrage des erkennenden Senats hat der 1. Senat des BSG diese Rechtsprechung daraufhin aufgegeben und folgt seitdem ebenfalls einer an der Maßnahmeart orientierten Abgrenzung (BSG Beschluss vom 8.2.2000 - B 1 KR 3/99 S). Als sächliches Mittel sind die Matratzen-Encasings daher ein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V.
c) Die vom Kläger angeschafften Matratzen-Encasings dienen primär dem Versorgungsziel der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung (§ 33 Abs 1 S 1 Alt 1 SGB V).
Der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung dient ein sächliches Mittel, soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 32 RdNr 21 mwN - Therapiedreirad; zur Auslegung des § 33 Abs 1 S 1 Alt 1 SGB V unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte: BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, RdNr 11 mwN - behindertengerechter Umbau eines Pkw). Der spezifische Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs 1 S 1 SGB V als erforderlich anzusehen ist (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 32 RdNr 21 - Therapiedreirad). Der Kläger leidet nach den Feststellungen des LSG seit Jahren unter den Symptomen einer chronischen Rhinitis und Konjunktivitis sowie inzwischen auch unter asthmatischen Beschwerden. Ursächlich hierfür ist eine nachgewiesene Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben bzw deren Ausscheidungsprodukte. Er befindet sich wegen der allergiebedingten Beschwerden in laufender ärztlicher Behandlung, ua wurde während des Klageverfahrens eine Hyposensibilisierung durchgeführt. Zur Unterstützung dieser ärztlichen Behandlung hat der Kläger die streitgegenständlichen Encasings als Maßnahme der Allergenkarenz angeschafft. Dem steht nicht entgegen, dass die bisherige Behandlung beim Kläger (noch) nicht zu einem der Sicherung bedürfenden therapeutischen Erfolg geführt hat, sondern mit der Entwicklung eines Asthma bronchiale vielmehr eine allergiebedingte Folgeerkrankung (sog "Etagenwechsel") eingetreten ist. Denn es ist im Rahmen von § 33 Abs 1 S 1 Alt 1 SGB V ausreichend, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird (BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, RdNr 11 mwN). Ein solcher therapeutische Erfolg kann bei allergischen Erkrankungen regelmäßig (nur) in der Prävention (bei Risikopersonen) sowie in einer Besserung bzw Beseitigung der allergischen Krankheitssymptome (bei bereits erkrankten Personen) bestehen, da aufgrund der noch weitgehend ungeklärten Ursachen für die Entstehung allergischer Erkrankung kausale Therapieansätze nur in beschränktem Umfang zur Verfügung stehen (vgl S 3 - Leitlinie Allergieprävention-Update 2009, Allergo Journal 2009, 332, 333). Diese symptomatischen bzw immunstimulatorischen Therapieansätze können durch Maßnahmen zur Eindämmung des Allergenzuflusses, dh eine weitgehende Allergenkarenz, unterstützt werden (Müller-Scheven/Kniest/Distler/Hoffman-Wecker, Allergologie 1998, 534, 535; Hamelmann, Allergo Journal 2005, 408, 410; Kitz, Forschung und Praxis 316/2001, 20). Matratzen-Encasings dienen nach den Angaben der Herstellerfirma einer solchen Allergenkarenz in Bezug auf Hausstaubmilben und wurden zu diesem Zweck zur Unterstützung der laufenden ärztlichen Behandlung angeschafft.
d) Allerdings reichen die von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen nicht aus, um die Erforderlichkeit der Verwendung von Matratzen-Encasings zur Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V abschließend beurteilen zu können.
Die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zur Erreichung der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V genannten Versorgungsziele zählt ebenso wie die Hilfsmitteleigenschaft und das Nichtvorliegen der in § 33 Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB V formulierten Ausschlusstatbestände zu den objektiven, dh unabhängig vom konkreten Einzelfall zu beurteilenden Anspruchsvoraussetzungen (BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 16 - Rollstuhl-Bike III; BSG Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 7/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 34 RdNr 35 - Rollstuhl-Bike IV, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Hierfür ist allein die Zielsetzung des § 33 SGB V und somit die Abgrenzung der Leistungspflicht der GKV von derjenigen anderer Träger nach einem abstrakt-aufgabenbezogen Maßstab ausschlaggebend. Im Rahmen dieser objektiven Erforderlichkeit ist die (objektive) Eignung und Notwendigkeit des begehrten Hilfsmittels zur Erreichung der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V genannten Versorgungsziele zu beurteilen. Erst wenn ein Hilfsmittel in diesem Sinne objektiv erforderlich ist, muss unter Anlegung eines konkret-individuellen Maßstabes geprüft werden, ob es auch im konkreten Einzelfall erforderlich, dh geeignet, notwendig und wirtschaftlich ist (BSG aaO).
Vorliegend sind sowohl zur Beurteilung der objektiven (vgl dazu aa bis ee) als auch der subjektiven Erforderlichkeit (vgl dazu ff) weitere Tatsachen festzustellen.
aa) Maßgebend für die Beurteilung der objektiven Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zur Erreichung der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V genannten Versorgungsziele ist der aktuelle, allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse. Die Maßgeblichkeit dieses "Wissenschaftsgebots" für die Erforderlichkeit iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V folgt zum einen aus der für das gesamte krankenversicherungsrechtliche Leistungsrecht geltenden Vorschrift des § 2 Abs 1 S 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben, und ergibt sich zum anderen aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 33 und § 139 SGB V. § 139 SGB V ermächtigt den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zur Erstellung des HMV; die darin gelisteten Hilfsmittel erfüllen grundsätzlich die Voraussetzungen des die Leistungspflicht der GKV im Hilfsmittelbereich festlegenden § 33 SGB V. Soweit § 139 Abs 4 SGB V die Aufnahme eines Hilfsmittels in das HMV ua davon abhängig macht, dass der Hersteller dessen Funktionstauglichkeit und - soweit erforderlich - den medizinischen Nutzen nachweist, handelt es sich um Ausprägungen der objektiven Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zur Erreichung der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V genannten Versorgungsziele. Dabei meint die Funktionstauglichkeit im hilfsmittelrechtlichen Kontext die (technische) Eignung eines Hilfsmittels für die vorgesehene Verwendung (Schneider in Krauskopf, Soziale Kranken- und Pflegeversicherung, Stand Juni 2008, § 139 SGB V RdNr 9; Murawski in LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 139 RdNr 5), für die aufgrund des dargestellten systematischen Zusammenhangs wiederum die in § 33 Abs 1 S 1 SGB V bezeichneten Versorgungsziele maßgebend sind. Entscheidend sind insoweit die vom Hersteller vorgegebene Zweckbestimmung und die Produktleistung (Butzer in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 139 RdNr 7; Schneider aaO § 139 RdNr 9). Auch der medizinische Nutzen (in der bis 31.3.2007 geltenden Fassung des § 139 Abs 2 SGB V noch der therapeutische Nutzen) ist in Bezug auf das jeweilige Versorgungsziel des § 33 Abs 1 S 1 SGB V auszulegen; während er zB bei Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich weitgehend identisch mit der Funktionstauglichkeit ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 10 - C-Leg; Schneider aaO § 139 RdNr 11; Murawski aaO § 139 RdNr 5), muss der medizinische Nutzen bei Hilfsmitteln zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung unter Berücksichtigung des jeweiligen Behandlungskonzepts beurteilt werden (BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 - Magnetodyn). Für die objektive Erforderlichkeit eines Hilfsmittels iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V ist daher ebenso wie für die Beurteilung der dieses Leistungsmerkmal konkretisierenden Kriterien der Funktionstauglichkeit und des medizinischen Nutzens in § 139 Abs 4 SGB V der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse ausschlaggebend. Hiervon ausgehend ist ein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 S 1 SGB V objektiv erforderlich, wenn die Mehrheit der einschlägigen Fachleute die objektive Eignung des Hilfsmittels zur Erreichung des jeweiligen Versorgungsziels befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, insoweit Konsens besteht (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22 zu § 18 SGB V). Bezogen auf die objektive Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zur Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung bedeutet dies, dass sich die Mehrheit der einschlägigen wissenschaftlichen und in einer ausreichenden Zahl von Fällen durchgeführten Studien und Analysen für den medizinischen Nutzen und die Funktionstauglichkeit des betreffenden Hilfsmittels im Rahmen der ärztlichen Behandlung ausgesprochen haben muss.
bb) Gemessen an diesem Maßstab reichen - wie die Beklagte zu Recht gerügt hat - die Feststellungen der Vorinstanzen nicht aus, um zu entscheiden, dass die Verwendung von Matratzen-Encasings bei bereits langjährig erkrankten erwachsenen Versicherten nach dem allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnisstand objektiv erforderlich ist, um den Erfolg einer (allergologischen) Krankenbehandlung zu sichern. Das LSG hat die objektive Erforderlichkeit vorliegend allein auf der Grundlage der vom Kläger im Verfahren vorgelegten Fachliteratur und der eingeholten ärztlichen Befundberichte angenommen. Damit wird jedoch dem in § 2 Abs 1 S 3 SGB V postulierten Wissenschaftsgebot nicht Rechnung getragen, weil die genannten Unterlagen und Ermittlungsergebnisse den allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnisstand zur objektiven Erforderlichkeit von Encasings nicht umfassend wiedergeben.
Die weiteren Ermittlungen zum Nachweis der objektiven Erforderlichkeit von Encasings sind nicht deshalb entbehrlich, weil die Vorinstanz festgestellt hat, "die grundsätzliche Wirksamkeit und Erforderlichkeit dieses Allergieschutzes" werde durch die umfangreiche vom Kläger vorgelegte und vom SG in den Rechtsstreit eingeführte Fachliteratur sowie die ärztlichen Stellungnahmen bestätigt. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die vom Beklagtenvertreter im Erörterungstermin vor dem LSG abgegebene Erklärung, "der therapeutische Nutzen sogenannter Encasings … werde von der Beklagten grundsätzlich nicht bestritten" (vgl Bl 259 RS LSG-Akte). Denn bei den im Rahmen der objektiven Erforderlichkeit notwendigen Darlegungen zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse handelt es sich um generelle Tatsachen, bezüglich derer das Revisionsgericht nicht an die Feststellungen der Vorinstanzen gebunden ist (§ 163 SGG) und die auch nicht durch eine Erklärung der Beteiligten der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen werden können. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Möglichkeiten der Krankheitsverursachung und der therapeutischen Beeinflussbarkeit sowie zur Eignung von therapeutischen Verfahren sind keine den Einzelfall betreffenden Tatsachen, sondern allgemeine und somit generelle Tatsachen, die eine über den zu entscheidenden Fall hinausgehende Bedeutung aufweisen (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 18; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 26 f für den Bereich des SGB V; BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VJ 1/10 R - RdNr 30 f zum Versorgungsrecht, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 96, 297 = SozR 4-5671 § 6 Nr 2, RdNr 19 zum Unfallversicherungsrecht). Es handelt sich um sog Rechtstatsachen, die für die Auslegung, also die Bestimmung des Inhalts einer Rechtsnorm benötigt werden und das Revisionsgericht daher nicht binden (BSGE 96, 297 = SozR 4-5671 § 6 Nr 2, RdNr 19).
Die vom LSG als Basis für die Beurteilung der objektiven Erforderlichkeit herangezogenen und vom Kläger vorgelegten fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen geben den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Erforderlichkeit von Encasings zur Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung nur rudimentär wieder. Soweit in diesen Veröffentlichungen die Auffassung vertreten wird, durch die Verwendung von Encasings als Maßnahme der Allergenkarenz würden die Symptome einer allergischen Erkrankung gelindert und auf diese Weise die Behandlung der Allergie positiv beeinflusst (zB Allergieprävention - Evidenzbasierte und konsentierte Leitlinie des Aktionsbündnisses Allergieprävention, Allergo Journal 2004, 252, 257; Hamelmann, Allergo Journal 2005, 408, 410; Kitz, Forschung und Praxis 316/2001, S 20 ff; Ewers/Kainka/Umbach/Diebschlag, Allergo Journal 2000, S 261, 268; Patientenmerkblatt der Klinik für Dermatologie und Allergologie Bochum; Stellungnahme des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V.), sind diese Erkenntnisse nicht unbestritten.
Wirksamkeit und Eignung von Encasings werden in der Fachliteratur vielmehr kontrovers diskutiert (Müsken/Franz, hautnah dermatologie 2007, 68). Ursächlich hierfür ist der Umstand, dass die Wirksamkeits- und Eignungsfrage wesentlich von der Auswahl des einer Studie zugrunde gelegten Patientenkollektivs und dem Studiendesign beeinflusst wird (Müsken/Franz, aaO). Beeinflussende Faktoren sind zB das Alter der Probanten, Art, Ausprägung und Behandlung der allergischen Erkrankung sowie die Frage von weiteren Maßnahmen der Allergenkarenz. Diesen Umstand berücksichtigend kommt die durch Metaanalysen untermauerte Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma (Stand Juli 2011) zu dem Ergebnis, dass es größerer und sorgfältiger kontrollierter Studien bedürfe, um einen eindeutigen Nutzen der Karenz von Hausstaubmilben als sekundärpräventive Maßnahme bei Asthma aufzuzeigen (Leitlinie S 168). Insbesondere waren die einbezogenen Studien zur Wirksamkeit der Milbenprävention bei erwachsenen Patienten widersprüchlich (Leitlinie S 170 mwN). Während sich in einer unter Auswertung von 54 Einzelstudien erstellten Analyse die bewerteten physikalischen und chemischen Methoden der Milbenprävention insgesamt als klinisch unwirksam erwiesen haben und auch die Wirksamkeit von häuslichen Maßnahmen der Allergenkarenz für eine Reduktion der Symptome atopischer Erkrankungen in einer neuen Metaanalyse nicht nachgewiesen wurde, konnte in einer anderen Studie nicht nur eine Allergenreduktion, sondern auch eine wesentliche Besserung der allergischen Symptome und eine Verringerung des Medikamentenverbrauchs belegt werden (Leitlinie S 170). Vor diesem Hintergrund ist für den Senat nicht erkennbar, ob die vorgelegten Unterlagen die in einem wissenschaftlichen Diskurs gebildete Mehrheitsmeinung der einschlägigen Fachleute über den medizinischen Nutzen wiedergeben oder ob es sich um Einzelmeinungen zu dieser Frage handelt. Gerade angesichts der dargestellten fachwissenschaftlichen Kontroversen wird die Frage der objektiven Erforderlichkeit von Encasings nur in einer dem Wissenschaftsgebot genügenden Weise beantwortet, wenn im Einzelnen aufgelistet und bewertet wird, welche Fachleute und Fachinstitutionen sich auf welcher Grundlage für die Eignung der Verwendung von Encasings zur Sicherung des Erfolges einer allergologischen Behandlung ausgesprochen haben und welche insoweit eher eine ablehnende Position einnehmen (zum Maßstab vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22).
Hinzu kommt, dass die vom Kläger vorgelegten und vom LSG der Beurteilung zugrunde gelegten Studien und fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen nicht den aktuellen medizinischen Erkenntnisstand wiedergeben. So ist ua die vom Kläger in Bezug genommene Leitlinie des Aktionsbündnisses Allergieprävention aus dem Jahr 2004 (Allergo Journal 2004, 252) durch eine 2009 überarbeitete S3-Leitlinie Allergieprävention (Allergo Journal 2009, 332) ersetzt worden und entspricht somit nicht mehr dem aktuellen Erkenntnisstand. Die übrigen Veröffentlichungen datieren aus den Jahren 2000, 2004 und 2005, so dass auch deren Aktualität - insbesondere angesichts der in der Nationalen VersorgungsLeitlinie Asthma (Stand Juli 2011) zusammengefassten Erkenntnisse - nicht mehr gewährleistet ist.
Letztlich belegen auch die von den Vorinstanzen durchgeführten Ermittlungen den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht in ausreichender Weise. Das LSG hat lediglich die behandelnden Ärzte des Klägers zu dessen Gesundheitszustand befragt. Soweit in diesem Zusammenhang Aussagen zur objektiven Erforderlichkeit der Matrazen-Encasings gemacht wurden, handelt es sich um die Meinung einzelner Fachleute, die zudem lediglich eine Aussage über die Eignung im konkreten Einzelfall treffen und schon aus diesem Grund als Mittel zum Nachweis der objektiven Erforderlichkeit nicht genügen.
cc) Vergleichbare Feststellungen sind zur Funktionstauglichkeit der streitgegenständlichen Encasings zu treffen. Die vom Kläger insoweit vorgelegten Unterlagen, die eine Reduktion der Allergenmenge im Staub durch die Verwendung von Encasings mit bestimmten Materialeigenschaften bestätigen (Prüfzeugnis der R. über die raumlufthygienische Prüfung eines von der Firma A. vertriebenen allergen- und keimhemmenden Matratzenüberzuges vom 14.6.2002; Öko-Test-Sonderdruck aus dem Ratgeber Gesundheit 2002, 1 ff), geben ebenfalls keinen umfassenden Überblick über den allgemein anerkannten medizinisch-technischen Erkenntnisstand zur Funktionstauglichkeit von Matratzen-Encasings. Die Allgemeinverbindlichkeit der in den vorgelegten Berichten in Bezug genommenen Schwellenwerte für das Allergenrückhaltevermögen wurde weder wissenschaftlich untermauert noch ist die Existenz eines in der Fachwissenschaft allgemein anerkannten technischen Verfahrens zur Prüfung der Funktionstauglichkeit solcher Encasings belegt worden. Da auch diese Kriterien fachwissenschaftlich durchaus kontrovers beurteilt werden (vgl zur Kritik an der fehlenden Existenz von Schwellenwerten und technischem Prüfungsverfahren: Kainka/Umbach/Müsken, Pneumologie 1997, 2, 3, 8), ist insoweit ebenfalls eine umfassende Ermittlung und Wiedergabe des allgemein anerkannten Erkenntnisstands geboten.
dd) Das LSG wird daher im Rahmen seiner weiteren Ermittlungen aufzuklären haben, wie die objektive Erforderlichkeit (medizinischer Nutzen und Funktionstauglichkeit) von Matratzen-Encasings zur Sicherung des Erfolges einer allergologischen Behandlung von der Mehrheit der einschlägigen Fachleute bewertet wird. Hierzu sind möglichst alle wesentlichen und sich mit dieser Thematik beschäftigenden Studien im nationalen und internationalen Bereich heranzuziehen, denn "allgemein anerkannter Stand der medizinischen Erkenntnisse" iS des § 2 Abs 1 S 3 SGB V ist dasjenige, was sich im internationalen wissenschaftlichen Diskurs ob seiner wissenschaftlichen Überzeugungskraft durchgesetzt hat (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 29). Die Erkenntnisse sind auf einer möglichst breiten Grundlage - dh unter Nutzung der verfügbaren medizinischen Datenbanken und der einschlägigen Informations- und Dokumentationssysteme - zu gewinnen (zum Maßstab: BSG aaO RdNr 30). Bewertungsrelevant sind nur Studien, die die Wirksamkeit von den Matratzen-Encasings in Bezug auf einen dem Kläger nach Alter, Art, Ausprägung und Dauer der Erkrankung sowie durchgeführter Behandlung vergleichbaren Personenkreis zum Gegenstand haben. In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, ob die Sicherung des Erfolges einer allergologischen Krankenbehandlung die Ausstattung des Partnerbettes mit allergendichten Matratzenkomplettumhüllungen erfordert. Im Zuge der ebenfalls nachzuholenden Feststellungen zur Funktionstauglichkeit ist zudem zu ermitteln, ob wissenschaftlich untermauerte Schwellenwerte für die Staubpartikeldurchlässigkeit von Encasings und ein allgemein anerkanntes Prüfverfahren zur Feststellung ihrer technischen Tauglichkeit bestehen.
Soweit die noch ausstehenden Ermittlungen unter Hinzuziehung von Sachverständigen durchgeführt werden sollen, ist darauf zu achten, dass es sich um Fachgutachter bzw um Institutionen handelt, die den auf internationaler Ebene allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse als maßgebend rezipieren und daher die Gewähr für eine umfassende und objektive Beurteilung des Sachverhaltes bieten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einschlägige Fachgesellschaften - zB zur Existenz von allgemeinverbindlichen Leitlinien - zu befragen.
ee) Diese Ermittlungen zur objektiven Erforderlichkeit sind nicht vom erkennenden Senat vorzunehmen. Zwar ist das Revisionsgericht grundsätzlich befugt, generelle Tatsachen selbst festzustellen. Dies ist vorliegend jedoch untunlich (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil - für den Fall, dass die noch zu führenden Ermittlungen die objektive Erforderlichkeit der Encasings zur Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung bestätigen - auch hinsichtlich der subjektiven Erforderlichkeit der Matratzen-Encasings und zur Wirtschaftlichkeit weitere tatsächliche Feststellungen notwendig sind.
ff) Diese weiteren Feststellungen zur subjektiven Erforderlichkeit betreffen die Frage, ob die Verwendung von Matratzen-Encasings im vorliegenden Einzelfall geeignet ist, die Behandlung der allergischen Erkrankung gerade beim Kläger in relevanter Weise positiv im Sinne einer Linderung der Symptome und einer Reduzierung der Behandlungsdichte bzw des Medikamentenverbrauchs zu beeinflussen. In diesem Kontext bedarf es der Feststellung, in welchem Umfang die allergische Symptomatik (Schnupfen, Konjunktivitis und Asthma) auf die Hausstaubmilbensensibilisierung zurückzuführen ist oder ob hierfür die ebenfalls nachgewiesene Sensibilisierung auf andere Allergene (vgl Befundbericht Dr. M. vom 25.8.2010, Bl 515 LSG-Akte) hauptursächlich ist. Diesbezügliche Erkenntnisse können durch eine nochmalige Befragung der behandelnden Ärzte (zB zu den RAST-Stufen in den Allergietestung) gewonnen werden. Zudem fehlen Feststellungen zur Behandlungsdichte und zum Medikamentenverbrauch sowie zur Entwicklung der Erkrankung nach Anschaffung der antiallergenen Matratzenspannbezüge im Jahre 2005.
e) Die dargestellten Erwägungen zur objektiven und subjektiven Erforderlichkeit und den insoweit nachzuholenden Feststellungen gelten in gleicher Weise für das Versorgungsziel der Vorbeugung einer drohenden Behinderung (§ 33 Abs 1 S 1 Alt 2 SGB V), auf welches das LSG den Anspruch des Klägers tendenziell gestützt hat. Darüber hinaus müsste in diesem Kontext aber auch dargelegt und festgestellt werden, welche für eine allergische Erkrankung typischen, dauerhaften und nicht behebbaren Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit mit Wahrscheinlichkeit im vorliegenden Einzelfall zu befürchten sind (zum Maßstab des § 33 Abs 1 S 1 Alt 2 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 32 RdNr 17 - Therapiedreirad; BSGE 103, 66 = SozR 4-2500 § 33 Nr 22, RdNr 25 - Hüftprotektoren).
f) Weitere Ermittlungen sind letztlich auch zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der seinerzeit begehrten Versorgung notwendig. Insoweit ist zu prüfen, ob der mit einem Encasing erzielte Effekt der Milbenreduktion in der Matratze ebenso wirksam, aber kostengünstiger durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. Die Beklagte hat im Revisionsverfahren auf die Verfügbarkeit spezieller Allergikermatratzen und die Existenz von besonderen Reinigungsverfahren verwiesen. Allerdings vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob Allergikermatratzen im Sinne besonderer, für Hausstaubmilbenallergiker konzipierter und ein Matratzen-Encasing entbehrlich machender Matratzen derzeit überhaupt auf dem Markt angeboten werden. Die üblicherweise unter der - nicht geschützten - Bezeichnung "Allergikermatratze" handelsüblichen Matratzen (zB Matratzen ohne Rosshaar) dürften wohl kaum in einem sachlichen Zusammenhang zur Hausstaubmilbenallergie stehen. Die von der Beklagten in Bezug genommenen Reinigungsverfahren können dagegen grundsätzlich als geeignete Alternative zu einem Matratzen-Encasing in Betracht kommen. Allerdings bedarf es insoweit noch der Klärung, in welchem Umfang mit diesen Reinigungsmaßnahmen eine der Verwendung von Matratzen-Encasings vergleichbare Reduktion der Milbenkonzentration erreicht werden kann, in welchem zeitlichen Abstand die Reinigung notwendig ist und mit welchem Aufwand und welchen Kosten sie verbunden sind.
4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.