Entscheidungsdatum: 07.07.2017
Die Erinnerungen gegen die Festsetzung der Gerichtskosten in den Schlusskostenrechnungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bundessozialgerichts vom 24. April 2017 - B 10 SF 18/16 S und B 10 SF 2/17 C - werden zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
I. Der 10. Senat des BSG hat mit Beschluss vom 6.2.2017 (B 10 SF 18/16 S) eine Beschwerde des Antragstellers und Erinnerungsführers gegen den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 26.9.2016 (L 1 SV 1/16 B ER) als unzulässig verworfen, weil eine Beschwerde zum BSG gegen Entscheidungen des LSG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht statthaft sei. Zugleich wurden dem Antragsteller nach § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem BSG auferlegt. Mit Beschluss vom 7.3.2017 (B 10 SF 2/17 C) hat der 10. Senat Einwendungen des Antragstellers gegen seine Entscheidung vom 6.2.2017 sinngemäß als Anhörungsrüge gedeutet, diese aber ebenfalls als unzulässig verworfen. Die Anhörungsrüge sei weder von einem vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten erhoben noch lasse sie die Darlegung einer entscheidungserheblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs erkennen. Der Antragsteller wurde auf der Grundlage der bereits genannten Vorschriften auch zur Tragung der Kosten des Anhörungsrügeverfahrens verpflichtet.
In dem dieser Streitsache zugrunde liegenden Verfahren hatte der Antragsteller (der hiesige Erinnerungsführer) ein an das "Auswärtige Amt/Aussenministerium" adressiertes Schreiben, in dem per "Eilantrag" die Eintragung des "Indigene(n) Volk G." in die Liste der indigenen Völker gefordert wurde, auch an das SG Potsdam gesandt. Das SG verwarf den Antrag als unzulässig, weil er "einen unzulässigen Inhalt" habe und ihm kein Rechtsschutzbedürfnis entnommen werden könne; die Kostenentscheidung - keine Erstattung außergerichtlicher Kosten - erging entsprechend § 193 SGG (Beschluss vom 26.5.2016 - S 16 SV 8/16 ER - zugestellt am 2.6.2016). Das LSG sah die Einwendungen gegen diese Entscheidung im Schreiben des Antragstellers vom 2.6.2016 und weiteren nachfolgenden Schreiben als Beschwerde gegen den Beschluss vom 26.5.2016 an. Es verwarf diese Beschwerde mit Beschluss vom 26.9.2016 (L 1 SV 1/16 B ER) als unzulässig. Zur Begründung führte das LSG aus, dass das Rechtsmittel "im Namen eines nicht existierenden Personenverbandes eingelegt worden" sei; den angeblichen Antragsteller gebe es nicht. Auch die Kostenentscheidung dieses Beschlusses - keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - erfolgte entsprechend § 193 SGG.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in zwei Schlusskostenrechnungen vom 24.4.2017 die vom Erinnerungsführer für das Verfahren vor dem BSG zu tragenden Gerichtskosten gemäß Nr 7504 (B 10 SF 18/16 S) bzw Nr 7400 (B 10 SF 2/17 C) des Kostenverzeichnisses (KV - Anlage 1 zu § 3 Abs 2 GKG) auf jeweils 60 Euro festgesetzt. Der Erinnerungsführer hat mit Telefax vom 3.5.2017 Einwendungen gegen die Kostenrechnungen vom 24.4.2017 erhoben. Diese seien "unvereinbar mit ius cogens/erga omnes" und "derart realitätsfern, daß man diese selbst mit unglaublich viel Humor und Masochismus nicht mehr hinnehmen kann". Zudem sei klar erkennbar, dass es sich "um Sozialentschädigungsverfahren bzw. Aufhebungsverfahren der sozialgerichtlichen Entscheide, die unheilbar rechts- und wahrheitsfehlerhaft gefällt wurden und somit unzulässig wider erga omnes waren", gehandelt habe; deshalb könne auch keine Kostenforderung erhoben werden.
Die Urkundsbeamtin hat den Erinnerungen nicht abgeholfen. Der Kostenprüfungsbeamte ist dieser Entscheidung am 9.5.2017 beigetreten.
II. 1. Zur Entscheidung über die Erinnerungen ist der 13. Senat des BSG gemäß § 66 Abs 1 S 1 GKG iVm RdNr 13 Ziffer 2 des Geschäftsverteilungsplans des BSG für das Jahr 2017 berufen. Er entscheidet durch den zuständigen Berichterstatter als Einzelrichter (§ 66 Abs 6 S 1 iVm § 1 Abs 5 GKG).
2. Die Erinnerungen bleiben ohne Erfolg. Die Festsetzung der Verfahrensgebühren für das Beschwerdeverfahren und das anschließende Anhörungsrügeverfahren vor dem BSG iHv jeweils 60 Euro zu Lasten des Erinnerungsführers ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
a) Rechtsgrundlage der für das Beschwerdeverfahren (B 10 SF 18/16 S) festgesetzten Verfahrensgebühr ist § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 1 Abs 2 Nr 3, § 3 Abs 2 GKG iVm Nr 7504 KV. Hiernach fällt für eine im KV nicht besonders aufgeführte Beschwerde, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei ist, eine vom Streitwert des jeweiligen Verfahrens unabhängige Festgebühr iHv 60 Euro an, sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Der Verwerfungsbeschluss des 10. Senats vom 6.2.2017 hatte eine solche Beschwerde zum Gegenstand.
b) Rechtsgrundlage der für das Anhörungsrügeverfahren (B 10 SF 2/17 C) festgesetzten Verfahrensgebühr ist § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 1 Abs 2 Nr 3, § 3 Abs 2 GKG iVm Nr 7400 KV. Nach der letztgenannten Bestimmung wird für ein Verfahren, das die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zum Gegenstand hat, eine vom Streitwert des jeweiligen Verfahrens unabhängige Festgebühr iHv 60 Euro erhoben, wenn die Rüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen wird. Der Verwerfungsbeschluss des 10. Senats vom 7.3.2017 hatte eine solche Anhörungsrüge zum Gegenstand.
c) Im Verfahren der Erinnerung über den Kostenansatz sind die Kostengrundentscheidungen in den genannten Beschlüssen des 10. Senats, die den Erinnerungsführer auf der Grundlage des § 197a Abs 1 S 1 SGG zum Kostenschuldner bestimmt haben (§ 29 Nr 1 GKG), grundsätzlich verbindlich und nicht nachzuprüfen (vgl BGH Beschluss vom 7.5.2012 - IX ZB 20/12 - Juris RdNr 2 mwN). Ob neben dem Erinnerungsführer auch natürliche Personen - beispielsweise die Bevollmächtigten oder alle weiteren sich zum "Indigenen Volk G." zugehörig fühlenden Personen, die auch die verfahrenseinleitenden Schriftsätze mit unterzeichnet haben - mit ihrem Vermögen für die Kostenschuld haften (vgl § 29 Nr 3 GKG), ist hier ebenfalls nicht zu entscheiden. Denn die hier angegriffenen Schlusskostenrechnungen haben nur "Indigenes Volk G." als Kostenschuldner bezeichnet (s hierzu § 7 Abs 1 iVm § 24 Abs 1 Nr 4 der Kostenverfügung).
d) Eine ausnahmsweise Nichterhebung von Gerichtskosten aufgrund unrichtiger Sachbehandlung (§ 21 Abs 1 S 1 GKG) kommt nicht in Betracht.
(1) Dahinstehen kann hier, ob das dem sozialgerichtlichen Verfahren zugrunde liegende, an das Auswärtige Amt adressierte Schreiben vom 13.5.2016 überhaupt ein Rechtsschutzbegehren an ein Gericht enthielt. Der Antragsteller und Erinnerungsführer hat jedenfalls dadurch, dass er gegen die ablehnenden Entscheidungen des SG und des LSG die nächsthöhere Instanz anrief, sein Begehren nach einer gerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck gebracht. Ebenso wenig ist für die Kostenerhebung für das Verfahren in dritter Instanz von Belang, ob für die Sache die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 SGG überhaupt rechtswegzuständig waren. Denn das Rechtsmittelgericht hatte nicht mehr zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (vgl § 17a Abs 5 GVG). Im Übrigen wären vor den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit Kosten in derselben Höhe angefallen (vgl Nr 5502 bzw Nr 5400 KV).
(2) Den vom 10. Senat getroffenen Kostenentscheidungen stehen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht entgegen (vgl Art 25 GG). Der Erinnerungsführer kann, auch wenn er dies pauschal und unter Rückgriff auf für juristische Laien beeindruckend klingende Begriffe wie "ius cogens" oder "erga omnes" behauptet, keine zwingenden und als allgemein verbindlich geltenden Normen des Völkerrechts - insbesondere der universellen Menschenrechte - anführen, die der Kostenerhebung für ein von ihm veranlasstes Gerichtsverfahren entgegenstehen (zum jus cogens gehören etwa das Verbot der Folter oder des Sklavenhandels; s EuG Urteil vom 21.9.2005 - T-315/01 - Juris RdNr 226 ff; Thüringer OLG Beschluss vom 25.1.2007 - Ausl 7/06 - NJW 2007, 1700 RdNr 32; vgl auch Pressemitteilung Nr 36/2017 des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.5.2017 - Juris).
(3) Der 10. Senat hat bei seinen Kostenentscheidungen auch zutreffend das "Kostenregime" des § 197a SGG und nicht dasjenige der §§ 183 ff, 193 SGG angewendet. Der Erinnerungsführer, Antragsteller und Beschwerdeführer gehört als nichtrechtsfähige Personenvereinigung (vgl § 70 Nr 2 SGG; zur aktiven Parteifähigkeit eines nicht rechtsfähigen Vereins s auch BGH Urteil vom 2.7.2007 - II ZR 111/05 - NJW 2008, 69 RdNr 54 f) nicht zu den gemäß § 183 S 1 SGG in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit von Kosten freigestellten Versicherten, Leistungsempfänger, behinderten Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger. Die Behauptung, es habe sich bei dem auf Eintragung der Vereinigung "Indigenes Volk G." in eine Liste der indigenen Völker gerichteten Verfahren "erkennbar um Sozialentschädigungsverfahren" gehandelt, entbehrt jeder Grundlage im geltenden Recht.
e) Ein Absehen von der Kostenerhebung für die Verfahren der Beschwerde bzw der Anhörungsrüge vor dem BSG ist auch nicht aufgrund der Regelung in § 21 Abs 1 S 3 GKG veranlasst. Nach dieser Vorschrift kann für abweisende Entscheidungen von einer Kostenerhebung Abstand genommen werden, wenn der das Verfahren auslösende Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Die zuletzt genannten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Auch wenn der Erinnerungsführer mit seinen Ausführungen im Schreiben vom 3.5.2017 zur Erforderlichkeit von klaren, vollständigen und unmissverständlichen Auskunftserteilungen durch Beamte eventuell zum Ausdruck bringen will, dass ihm die mögliche Kostenfolge seiner Aktivitäten vor dem BSG nicht bekannt war, so fehlt es jedenfalls an einer "unverschuldeten" Unkenntnis dieser rechtlichen Verhältnisse. "Unverschuldet" ist nur dasjenige, was man auch nach - unter Berücksichtigung der individuellen persönlichen Umstände (zB Bildungsgrad, Vorliegen einer psychischen Erkrankung) - zumutbaren Bemühungen nicht vermeiden kann (vgl Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl 2017, § 21 GKG RdNr 49 ff). Der Erinnerungsführer hätte insoweit vor Einlegung der Rechtsbehelfe durch seine für ihn handelnden Personen entweder das Gericht über eventuelle Kostenfolgen befragen oder aber qualifizierten Rechtsrat einholen müssen. Das war ihm bzw seinen Vertretern auch intellektuell möglich und zumutbar, wie sich insbesondere aus der ansonsten intensiven Befassung mit Rechtsvorschriften (sogar des Völkerrechts) ergibt.