Entscheidungsdatum: 23.07.2018
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15 116,14 Euro festgesetzt.
I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger, Inhaber einer Apotheke, gegen eine an ihn in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber gerichtete Beitragsnachforderung der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund wegen der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. im Rahmen einer 35-Stunden-Woche in der Zeit vom 1.1.2011 bis 30.11.2012.
Die privat krankenversicherte Beigeladene zu 1. wurde mit Bescheid vom 25.10.1988 nach § 173f Reichsversicherungsordnung (RVO) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach § 165 Abs 1 Nr 2 RVO befreit. Nach dieser Vorschrift wurde von der Versicherungspflicht befreit, wer in der GKV dadurch versicherungspflichtig wurde, dass er seine Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer vollbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebs herabsetzt. Von Mai 1989 bis Februar 1991 war die Beigeladene zu 1. wegen Mutterschutzes und Elternzeit nicht, danach zunächst bei ihrem Ehemann und später in einer Apotheke beschäftigt. Ab 1.1.2011 war sie mit 35 Wochenarbeitsstunden beim Kläger beschäftigt. Nach einer Betriebsprüfung forderte die Beklagte vom Kläger hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. Beiträge zur GKV und zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) und Säumniszuschläge in Höhe von 18 698,78 Euro nach. Der Kläger beruft sich darauf, Beiträge seien für die Beigeladene zu 1. wegen Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV nicht zu zahlen. Die Befreiung gelte weiterhin. Die Klage ist nur hinsichtlich der Säumniszuschläge erfolgreich gewesen, hinsichtlich der Beitragsnachforderung wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die frühere Befreiung habe ihre Wirkung verloren, als sich die Beigeladene zu 1. vom 3.5.1989 bis 28.2.1991 in Mutterschutz und Elternzeit befunden und erst danach wieder beruflich betätigt habe (SG-Urteil vom 13.5.2016). Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung seiner Klage hinsichtlich der Beitragsnachforderung ist ohne Erfolg geblieben (LSG-Urteil vom 12.10.2017). Die Beigeladene zu 1. habe als Beschäftigte der Versicherungspflicht in der GKV unterlegen. Die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht habe ihre Wirkung verloren, da die Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum nicht mehr teilzeitbeschäftigt war. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen LSG vom 12.10.2017 ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).
Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 19.2.2018 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger wirft auf Seite 15 ff der Beschwerdebegründung folgende Fragen auf: |
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"1. Rechtsfrage: |
Das BSG habe - wie auch das SG bereits festgestellt habe - zu den aufgeworfenen Fragen noch keine einschlägige Entscheidung getroffen bzw es seien die oben aufgeführten Rechtsfragen noch nicht umfassend beantwortet worden. In einer Entscheidung habe das BSG (Urteil vom 25.5.2011 - B 12 KR 9/09 R - SozR 4-2500 § 8 Nr 3), in der es um die Fortgeltung eines Befreiungsbescheides nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V gegangen sei, ausdrücklich offen gelassen, ob und wenn ja, unter welchen Umständen, ein Arbeitgeberwechsel zur Erledigung des Bescheides geführt hätte.
a) Es kann offenbleiben, ob der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm in den Raum gestellten Fragen im Zusammenhang mit einem möglichen Wirkungsverlust einer früheren Befreiungsentscheidung bei Nicht(mehr)vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen hinreichend darlegt (vgl BSG Urteil vom 8.12.1999 - B 12 KR 12/99 R - BSGE 85, 208, 211 = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 19; speziell zum Wiederaufstocken der Arbeitszeit BT-Drucks 10/4741 S 26 zu Nummer 2 <§ 173f>; Wirges, SGb 2006, 595, 598 mwN).
b) Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsfähigkeit seiner in den Raum gestellten Fragen nicht hinreichend dar. Er unterlässt die Darlegung, ob das BSG angesichts des von Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts in einem späteren Revisionsverfahren überhaupt zu einer Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragen kommen kann und muss. Hierzu hätte aber Anlass bestanden, weil nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG - verkürzt ausgedrückt - unabhängig vom Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen jedenfalls ein Wechsel des Versicherungspflichttatbestands zu einer Wirkungslosigkeit einer Befreiungsentscheidung führt (vgl BSG Urteil vom 25.5.2011 - B 12 KR 9/09 R - SozR 4-2500 § 8 Nr 3 RdNr 26 f). Einen solchen relevanten "Bruch" in der Versicherungspflichttatbestandsbiographie der Beigeladenen zu 1. haben die Vorinstanzen mit der Inanspruchnahme von Mutterschutz, Erziehungs- bzw Elternzeit vom 3.5.1989 bis 28.2.1991 ausdrücklich festgestellt. In dieser Zeit war die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen der Vorinstanzen "nicht tätig". Auch wenn in dieser Zeit eine Pflichtmitgliedschaft der Beigeladenen zu 1. nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V in der GKV erhalten geblieben wäre, wäre der Versicherungspflichttatbestand der Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) nicht erfüllt gewesen. Genau dieser Versicherungspflichttatbestand hatte aber der früheren Befreiungsentscheidung zugrunde gelegen. Auf diese Überlegung hat bereits das SG sein Urteil gestützt. Hiermit hätte sich der Kläger zur Darlegung der Klärungsfähigkeit auseinandersetzen müssen.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).
Der Kläger macht geltend, indem das LSG die Gesetzesbegründung in der BT-Drucks 10/4761 S 26 als nicht bindend ansehe, weiche es von dem Urteil des BSG vom 27.1.2000 (B 12 KR 16/99 R - SozR 3-2500 § 8 Nr 5) ab. Abweichend von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25.5.2011 - B 12 KR 9/09 R - SozR 4-2500 § 8 Nr 3) knüpfe das LSG nicht an eine Versicherungspflicht nach § 5 SGB V an, sondern an einen "Status als Teilzeitbeschäftigter" gemäß § 8 Abs 1 Nr 3 SGB V. Schließlich weiche das LSG von der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 18.6.2008 - 2 BvL 6/07 - BVerfGE 121, 241) ab, weil durch den von ihm angenommenen "automatischen Wegfall des Privilegs der privaten Krankenversicherung" eine mittelbare Diskriminierung von Frauen erfolge.
Hierdurch legt der Kläger den Zulassungsgrund der Divergenz nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar, weil er es unterlässt, dem angefochtenen Urteil sowie den in Bezug genommenen Entscheidungen abstrakte, die Entscheidung tragende Rechtssätze zu entnehmen, die zum Nachweis einer Abweichung im Grundsätzlichen gegenüberzustellen wären. Vielmehr bemüht sich der Kläger eine Abweichung bei der Rechtsanwendung durch das LSG nachzuweisen, was vom Zulassungsgrund der Divergenz nicht gedeckt ist, weil es sich lediglich um die Rüge einer falschen materiellen Rechtsanwendung handelt. Hierauf kann aber - wie dargelegt - eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.