Entscheidungsdatum: 25.05.2011
Eine wegen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in einem Beschäftigungsverhältnis ausgesprochene Befreiung von der hierdurch eingetretenen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung erstreckt sich nicht auf ein später begründetes anderes Beschäftigungsverhältnis, wenn zwischenzeitlich Versicherungspflicht wegen Eingreifens eines anderen Tatbestands (hier: Arbeitslosengeldbezug) eingetreten war.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. März 2009 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7. Februar 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:
Der Bescheid der Beklagten vom 25. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. April 2007 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit 1. April 2006 in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten pflichtversichert ist.
Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen.
Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Mitgliedschaft bei der beklagten Krankenkasse als versicherungspflichtige Angestellte.
Die 1967 geborene Klägerin war von 1992 bis Juli 1995 als Angestellte in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversichert. Anschließend war sie wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) versicherungsfrei und Versicherungsnehmerin in der privaten Krankenversicherung (PKV). Nachdem die Klägerin wegen Erhöhung der JAE-Grenze zum 1.1.1998 versicherungspflichtig geworden war, beantragte sie die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V, die die Beklagte mit Bescheid vom 12.3.1998 rückwirkend zum Jahresanfang aussprach. Der Bescheid enthielt ua den Hinweis, dass die Befreiung auch beim Wechsel des Arbeitgebers gelte, ferner den Hinweis, dass die Befreiung nicht die Versicherungspflicht aufgrund anderer Gesetze außerhalb des SGB V bzw bei Bezug von Arbeitslosengeld ausschließe. Vom 1.8. bis 14.10.1998 (offensichtliche Unrichtigkeit des LSG-Urteils: "15.10.") war die Klägerin nach den Feststellungen des LSG wegen des Bezugs von Arbeitslosen- bzw Übergangsgeld in der GKV bei der Beklagten versichert. Zum 15.10.1998 nahm sie bei der beigeladenen Arbeitgeberin eine Tätigkeit als Angestellte auf, wobei die Beteiligten insoweit übereinstimmend keine Versicherungspflicht annahmen. Die Klägerin arbeitete dort zunächst in Vollzeit und reduzierte ihre Arbeitszeit nach der Geburt ihres ersten Kindes zum 16.5.2003 auf 104 Stunden pro Monat. Weitere Kinder wurden 2005 und 2006 geboren.
Im April 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung ihrer Mitgliedschaft als versicherungspflichtige Angestellte. Der Befreiungsbescheid vom 12.3.1998 sei wegen geänderter Verhältnisse aufzuheben, weil sie wegen des geringen Einkommens aus ihrer Teilzeitbeschäftigung finanziell nicht mehr in der Lage sei, die Prämien zur PKV für sich und ihre Kinder aufzubringen. Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Befreiungsbescheides ab, da er weder rechtswidrig gewesen noch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten sei (Bescheid vom 25.4.2006; Widerspruchsbescheid vom 3.4.2007).
Das SG hat unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass die Klägerin deren versicherungspflichtiges Mitglied sei. Die Klägerin sei "spätestens seit März 2003" nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V pflichtversichert. Seither bestehe keine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V, da nach dem Wechsel in eine Teilzeitbeschäftigung das regelmäßige Arbeitsentgelt der Klägerin die JAE-Grenze nicht mehr übersteige. Der Befreiungsbescheid vom 12.3.1998 stehe dem nicht entgegen, da seine Wirksamkeit mit der damaligen Beschäftigung geendet und nicht zur Versicherungsfreiheit des am 15.10.1998 bei der Beigeladenen neu eingegangenen Beschäftigungsverhältnisses geführt habe (Urteil vom 7.2.2008).
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Die mit Bescheid vom 12.3.1998 erfolgte Befreiung von der Versicherungspflicht als Angestellte erfasse auch die später bei der Beigeladenen ausgeübte Beschäftigung. Der Bescheid habe sich nicht nach § 39 Abs 2 SGB X erledigt, insbesondere nicht durch Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses. Entscheidender Umstand der Befreiung sei nicht das jeweilige Beschäftigungsverhältnis, sondern das Unterschreiten der JAE-Grenze. Es sei kein Grund ersichtlich, Beschäftigten im Falle eines Arbeitgeberwechsels die Rückkehr in die GKV zu ermöglichen, dieses Recht aber langjährig bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Personen zu versagen. Außerdem böten sich Betroffenen sonst - auch über eine zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit - Missbrauchsmöglichkeiten, den Versicherungsschutz nach den aktuellen individuellen Wünschen zu gestalten. Die Geburt von Kindern und eine verringerte Arbeitszeit mit der Folge geringeren Entgelts stellten keine wesentliche Änderung der für den Befreiungsbescheid maßgeblich gewesenen Verhältnisse dar (Urteil vom 19.3.2009).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 Abs 2 Satz 3 SGB V. Eine Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V beziehe sich stets nur auf das gegenwärtige Beschäftigungsverhältnis und erstrecke sich mithin nicht auf dasjenige bei der Beigeladenen. Zudem habe schon die Arbeitslosigkeit eine Änderung ihres versicherungsrechtlichen Status' bewirkt, weil in dieser Zeit kein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe und sie (die Klägerin) Mitglied der Beklagten gewesen sei. Der Wunsch nach Rückkehr in die GKV beinhalte keinen Gestaltungsmissbrauch. Darüber hinaus sei § 48 SGB X verletzt, weil sie inzwischen als Mutter von drei Kindern nur noch in Teilzeit arbeiten könne und dies als wesentliche Änderung der Verhältnisse eine Aufhebung des Befreiungsbescheids rechtfertige.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. März 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7. Februar 2008 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin seit 1. April 2006 in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten pflichtversichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet.
Zu Unrecht hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind - bezogen auf die von der Klägerin begehrte Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der GKV bei der Beklagten - (jedenfalls) ab 1.4.2006 rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin ist - wie die Würdigung des versicherungsrechtlichen Status' im Zeitablauf ergibt - (jedenfalls) seit diesem Zeitpunkt versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V. Der Senat hat lediglich den Tenor des deshalb wieder herzustellenden Urteils des SG klarstellend neu gefasst (unter gleichzeitiger Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Datum des Widerspruchsbescheides), weil darin das Datum des Beginns der Versicherungspflicht nicht genannt wird.
1. Die Klägerin war seit 1.8.1998 nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V bei der Beklagten in der GKV pflichtversichert (dazu a) und ist es (nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) auch seit 15.10.1998 - mithin (jedenfalls) auch gerechnet vom 1.4.2006 an, dh in demjenigen Zeitraum, auf den sie ihr Klagebegehren mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage beschränkt hat. Ab 15.10.1998 bestand mit Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V (dazu b). Dabei steht insbesondere die mit Bescheid vom 12.3.1998 ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht der Annahme einer Versicherungspflicht im neuen Beschäftigungsverhältnis ab 15.10.1998 nicht entgegen (dazu c).
a) Die ursprünglich seit 1.1.1998 von der Versicherungspflicht befreit gewesene Klägerin war in der Zeit vom 1.8.1998 bis 14.10.1998 wegen Bezugs von Arbeitslosengeld bzw Übergangsgeld in der GKV wieder bei der Beklagten pflichtversichert.
aa) Nach den nicht mit Revisionsrügen angefochtenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG bezog die Klägerin vom 1.8.1998 bis 14.10.1998 Arbeitslosengeld bzw Übergangsgeld. Der Bezug von Arbeitslosengeld begründete nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V (hier idF des Gesetzes vom 24.3.1997, BGBl I 594) Versicherungspflicht in der GKV. Der innerhalb dieses Zeitraums zwischenzeitlich erfolgte Bezug von Übergangsgeld erhielt diese Pflichtmitgliedschaft aufrecht (§ 192 Abs 1 Nr 3 SGB V).
Die Klägerin war - wiederum nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG - auch tatsächlich durch die damalige Bundesanstalt für Arbeit bei der Beklagten gemeldet, bezog Arbeitslosengeld und die Versicherung wurde von Letzter durchgeführt. Dies geschah in Einklang mit der Rechtslage, weil - wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 3-4100 § 155 Nr 5) - der Eintritt der Versicherungspflicht aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld ohne ausdrückliche gesetzliche Ausnahmeregelung zwingend ist. Von der insoweit in Betracht kommenden, seinerzeit durch Gesetz vom 16.12.1997 (BGBl I 2970) zum 1.4.1998 eingeführten Befreiungsmöglichkeit nach § 8 Abs 1 Nr 1a SGB V (vgl hierzu Beschluss des Senats vom 5.10.2006 - B 12 KR 82/05 B, dokumentiert bei juris) machte die Klägerin keinen Gebrauch; sie hätte indessen auch die Voraussetzungen einer solchen Befreiung nicht erfüllt, da sie nach den Feststellungen des LSG bei Beginn des Arbeitslosengeldbezugs am 1.8.1998 erst seit August 1995 - mithin weniger als die dafür erforderlichen fünf Jahre - nicht in der GKV versichert war.
bb) Die Klägerin war während des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw Übergangsgeld (1.8. bis 14.10.1998) nicht mehr aufgrund des nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV aussprechenden Bescheides der Beklagten vom 12.3.1998 von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V befreit.
Nach der Rechtsprechung des Senats wirkt die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 SGB V tatbestandsbezogen (BSGE 85, 208, 211 f = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 20 mwN; so auch die allgemeine Ansicht der Literatur, zB: Klose in Jahn, SGB, Gesamtstand 2/2011, § 8 SGB V RdNr 66; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand der Einzelkommentierung 9/2008, § 8 SGB V RdNr 18; K. Peters in KassKomm, Stand der Einzelkommentierung 12/2004, § 8 SGB V RdNr 37; Just in Becker/Kingreen, SGB V, 2010, § 8 RdNr 19; Berchtold in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2009, § 8 SGB V RdNr 4). Daran hält der Senat weiter fest.
Diese noch unter der Geltung der RVO entwickelte Rechtsprechung findet unter der Geltung des SGB V durch § 6 Abs 3 Satz 1 SGB V (auch in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes vom 15.12.2008, BGBl I 2426) eine gesetzliche Bestätigung: Zwar enthält § 8 SGB V - anders als § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI bezüglich der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht - keine ausdrückliche Regelung dazu, dass die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit beschränkt ist. Allerdings setzt die Erstreckung der Befreiung durch § 6 Abs 3 Satz 1 SGB V, wonach von der Versicherungspflicht befreite Personen auch dann versicherungsfrei bleiben, wenn sie eine der in § 5 Abs 1 Nr 1 oder 5 bis 12 (bzw 13) SGB V genannten Voraussetzungen erfüllen, gedanklich voraus, dass ohne diese besondere Anordnung der Versicherungsfreiheit Versicherungspflicht einträte, was noch nach der RVO - die eine dem § 6 Abs 3 Satz 1 SGB V entsprechende Regelung nicht kannte - fast ausnahmslos der Fall war (zum diesbezüglichen Paradigmenwechsel mit Einführung des SGB V vgl BSG SozR 3-2500 § 257 Nr 3 S 15 ff und Nr 4 S 20 ff). Die grundsätzliche Möglichkeit einer eintretenden Versicherungspflicht bei bereits bestehender Befreiung von der Versicherungspflicht setzt aber wiederum voraus, dass sich die Befreiung nur auf den jeweiligen Versicherungspflichttatbestand bezieht, aus dessen Anlass sie ausgesprochen wurde, und dass sie sich nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 3 Satz 1 SGB V auch auf andere Versicherungspflichttatbestände erstreckt.
Sind Befreiungsentscheidungen danach nur auf das jeweilige Versicherungspflichtverhältnis bezogen, wirkte hier die mit Bescheid vom 12.3.1998 ausgesprochene Befreiung der Klägerin bezüglich der durch ihre Beschäftigung als Angestellte eingetretenen Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V nicht für die im Anschluss hieran vorliegende Versicherungspflicht wegen Arbeitslosengeldbezuges nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V. Eine Ausdehnung der festgestellten Befreiung auf die Versicherungspflicht wegen Bezuges von Arbeitslosengeld nach § 6 Abs 3 SGB V ist - abgesehen von der erforderlichen zeitlichen Parallelität der Versicherungspflichttatbestände - bereits nach dessen Wortlaut ausgeschlossen, da es sich insoweit nicht um einen der Tatbestände nach § 5 Abs 1 Nr 1 oder Nr 5 bis 13 SGB V handelt. Von dieser eingeschränkten Bedeutung geht hier auch der Befreiungsbescheid selbst aus, der nach seinen Erläuterungen Regelungswirkungen nur bezogen auf die Befreiung nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V beansprucht und ua den sinngemäßen - insoweit zutreffenden - Hinweis enthält, die erfolgende Befreiung schließe die sich aus anderen gesetzlichen Tatbeständen ergebende Versicherungspflicht, insbesondere diejenige infolge des Bezuges von Arbeitslosengeld, nicht aus.
b) Die Versicherungspflicht der Klägerin in der GKV bei der Beklagten blieb über die Zeit der am 14.10.1998 beendeten Arbeitslosigkeit hinaus auch bei Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen am 15.10.1998 bestehen; denn die Klägerin erfüllte in dieser Beschäftigung nunmehr die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V. Sie war nämlich von diesem Zeitpunkt an nach den auch insoweit unangefochtenen und damit bindenden Feststellungen des LSG als Angestellte gegen Arbeitsentgelt beschäftigt, ohne dass ihr regelmäßiges Arbeitsentgelt die JAE-Grenze überschritt.
c) Die Klägerin war ab 15.10.1998 insbesondere nicht aufgrund der mit Bescheid vom 12.3.1998 ausgesprochenen Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V (noch) in ihrer neuen Beschäftigung bei der Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GKV befreit. Denn die Befreiung und der sie feststellende Verwaltungsakt hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits iS des § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise erledigt, da der Gegenstand der Befreiung schon zuvor entfallen war (vgl zur Erledigung von Bescheiden insoweit allgemein zB Berchtold in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, aaO, § 8 SGB V RdNr 4). Aufgrund dieser Erledigung des Befreiungsbescheides geht allerdings auch die von der Klägerin - weitergehend - für erforderlich gehaltene Aufhebung dieses Bescheides nach §§ 45, 48 SGB X ins Leere, ohne dass sich dadurch am Erfolg ihres Begehrens hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht etwas ändert.
aa) Der Senat kann - wie schon in seiner vorangegangenen Rechtsprechung - offenlassen, ob und ggf wie lange eine Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V fortwirkt, wenn ein Beschäftigungsverhältnis aufgegeben und anschließend oder nach einer Unterbrechung ein neues Beschäftigungsverhältnis begründet wird (vgl bereits BSGE 85, 208, 212 = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 20). Vorliegend ist eine Erledigung der Befreiung des sie aussprechenden Verwaltungsakts nämlich jedenfalls deshalb eingetreten, weil bereits mit Eintritt der Arbeitslosigkeit unter Bezug von Arbeitslosengeld der zuvor die grundsätzliche Versicherungspflicht begründende Tatbestand einer Beschäftigung als Angestellte vollständig beendet war und an dessen Stelle ein neuer, anderer Versicherungspflichttatbestand trat.
bb) Das erneute Eintreten von Versicherungspflicht bei einem tatsächlich nicht mehr vorliegenden Befreiungstatbestand ergibt sich allerdings nicht schon aus dem Wortlaut des § 8 SGB V. Die Regelung enthält in der hier maßgeblichen Fassung (wie auch in der vorhergehenden und den nachfolgenden Fassungen) keine umfassende Regelung zum Ende der Befreiung. § 8 Abs 1 SGB V erschöpft sich lediglich in der Aufzählung der Tatbestände, bei deren Auftreten eine ausnahmsweise Befreiung von der durch sie eintretenden Versicherungspflicht auf Antrag überhaupt möglich ist. Abs 2 Satz 1 und Satz 2 regeln die Antragsfrist und den Beginn der Befreiungswirkung. Lediglich Abs 2 Satz 3 trifft bezüglich eines möglichen Endes der Befreiung eine negative Aussage, indem er deren "Widerruf" ausschließt.
Auch die diesbezüglichen Gesetzesbegründungen geben zu den zeitlichen oder sachlichen Grenzen der Befreiungswirkung keinen Aufschluss (vgl zB zu § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen - Gesundheits-Reformgesetz <GRG>, BT-Drucks 11/2237 S 160; zur Neufassung des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das Beitragssatzsicherungsgesetz vom 23.12.2002 vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung, BT-Drucks 15/28 S 12 unter II b). Ähnliches gilt für die Rechtslage unter Geltung von § 173b RVO.
§ 8 Abs 2 Satz 3 SGB V enthält über den Ausschluss des "Widerrufs" hinaus keine Aussage bezüglich anderer Beendigungsmöglichkeiten, was auch schon für § 173b RVO (dort durch Verweisung auf § 173a Abs 2 Satz 2 Halbs 2 RVO) als entsprechende Vorgängernorm des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V zutraf. Allerdings ist der Terminus "Widerruf" in § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V und § 173b Abs 1 Satz 2 RVO iVm § 173a Abs 2 Satz 2 Halbs 2 RVO nicht im engen technischen Sinne von §§ 46, 47 SGB X zu verstehen, die erst mit Einführung des SGB X im Jahre 1981 Eingang in das Sozialverwaltungsverfahrensrecht fanden. Vielmehr ist die in den genannten Normen angeordnete "Unwiderruflichkeit" der Befreiung im Umkehrschluss zu § 173 Abs 3 RVO (in der bis 1.1.1981 geltenden, durch Art II § 4 Nr 2 des Gesetzes vom 18.8.1980
cc) Entgegen der Ansicht des LSG wirkt die - wie unter a) dargelegt tatbestandsbezogen zu beurteilende - Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V jedenfalls dann nicht über das Ende des Versicherungspflichttatbestandes, für den die Befreiung ausgesprochen worden ist, hinaus, wenn hiernach Versicherungspflicht aufgrund eines anderen Versicherungspflichttatbestandes eintritt und erst dann wieder ein Sachverhalt vorliegt, der an sich ebenfalls unter den ursprünglichen Versicherungspflichttatbestand zu subsumieren wäre (im Ergebnis ebenso: Wirges, SGb 2005, 14, 16 f). So verhält es sich hier.
Zwar hat der Senat entschieden (BSGE 85, 208, 211 f = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 19 f), dass aus dem Grundsatz, dass Befreiungsentscheidungen auf das jeweilige Versicherungspflichtverhältnis bezogen sind, nicht folgt, dass eine einmal erteilte Befreiung nach § 173b RVO bzw nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V nur so lange wirksam bleibt, wie alle tatsächlichen Voraussetzungen für ihre Erteilung vorliegen, und dass der Befreiungsbescheid mit dem Wegfall einer der Voraussetzungen seine Wirksamkeit verliert. Er hat jedoch gleichzeitig ausgesprochen, dass Grundlage für die Befreiungsentscheidung die abhängige Beschäftigung ist, die grundsätzlich Versicherungspflicht begründet (BSGE 85, 208, 212 = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 20). Maßgeblicher Grund für die Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V ist somit nicht - wie vom LSG angenommen - allein schon das Unterschreiten der JAE-Grenze, sondern das Vorliegen einer grundsätzlich nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtigen entgeltlichen Beschäftigung, in deren Rahmen die JAE-Grenze unterschritten wird und für die die ausgesprochene Befreiung wirkt (in diesem Sinne bereits BSGE 66, 124, 126 = SozR 2200 § 165 Nr 97 S 168). Dabei kann vorliegend offenbleiben, ob im Hinblick auf den Charakter der Befreiung als Statusentscheidung zwischen GKV und PKV ein Fortwirken der Befreiung auch über das einzelne Beschäftigungsverhältnis hinaus anzunehmen ist, sofern im unmittelbaren Anschluss hieran oder auch nach einer (sozialversicherungsrechtlich irrelevanten) Unterbrechung eine neue Beschäftigung aufgenommen wird, die grundsätzlich nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig wäre. Das Argument einer mit der Befreiung intendierten dauerhaften Zuordnung zur PKV greift aber jedenfalls dann nicht mehr, wenn nach dem Ende der Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde, bereits aus anderen Gründen Versicherungspflicht in der GKV eintritt und damit eine Neuzuordnung, nunmehr zur GKV, erfolgt ist. Dies war - wie unter a) dargelegt - vorliegend mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin zum 31.7.1998 und dem anschließenden Eintritt von Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld der Fall.
dd) Dem aufgezeigten Ergebnis kann nicht im Sinne des LSG - in Anlehnung an die Argumentation des Senats in seinem Urteil vom 8.12.1999 (BSGE 85, 208, 212 = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 21) - entgegengehalten werden, die hierdurch eröffnete Möglichkeit zur Rückkehr in die GKV trotz zuvor bestehender Befreiung von der Versicherungspflicht eröffne Missbrauchsmöglichkeiten und benachteilige diejenigen, die nach der Befreiung keinen Arbeitsplatzwechsel unter zwischenzeitlichem Bezug von Sozialleistungen vornehmen könnten. Denn Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit erwachsen als gesetzliche Rechtsfolgen allein aus den Merkmalen des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses; sie haben allein darin ihren Entstehungsgrund und finden demgemäß darin auch ihre Begrenzung. Ein Übergreifen über die Grenzen des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses oder Versicherungspflichttatbestandes hinaus könnte nur dann eintreten, wenn das Gesetz eine solche Rechtsfolge wie zB in § 6 Abs 3 Satz 1 SGB V ausdrücklich vorsieht oder wenn Sinn und Zweck des Gesetzes dies zweifelsfrei gebieten. Dabei kann von Versicherungsfreiheit als Ausnahme von der Versicherungspflicht nur in eng begrenztem Rahmen nach im Gesetz eindeutig bestimmten Voraussetzungen ausgegangen werden (stRspr, vgl bereits BSG SozR Nr 76 zu § 165 RVO; BSGE 14, 185, 191 = SozR Nr 1 zu § 173 RVO).
Darüber hinaus dürfte in Konstellationen der vorliegenden Art die Gefahr des Missbrauchs ohnehin auf Einzelfälle beschränkt bleiben, da die willkürliche Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses regelmäßig zu einer zwölfwöchigen Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 3 SGB III führt, in der Leistungsansprüche ruhen und die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V erst nach Ablauf des ersten Monats der Sperrzeit einsetzt. Sollte dennoch ein nennenswerter Missbrauch auftreten, obläge es in erster Linie dem Gesetzgeber, diesem durch geeignete Regelungen zu begegnen, wie es zB mit § 6 Abs 3 und Abs 3a SGB V geschehen ist (vgl Gesetzentwurf zum GRG, aaO, BT-Drucks 11/2237 S 160 zu § 6 - Zu Absatz 1 und 2; Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000, BT-Drucks 14/1245 S 59 f zu Artikel 1 - Zu Nummer 2).
ee) Der Befreiungsbescheid der Beklagten vom 12.3.1998 lebte schließlich auch nicht nach Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs mit Aufnahme einer neuen Beschäftigung bei der Beklagten wieder auf. Um dieses annehmen zu können, fehlt es angesichts des beschriebenen Ausnahmecharakters von Befreiungsentscheidungen an einer hierfür notwendigen gesetzlichen Regelung. § 6 Abs 3 SGB V entfaltet nämlich nur Wirkung für jeweils parallel erfüllte Versicherungspflichttatbestände, da er eine bestehende Versicherungsfreiheit oder Befreiung voraussetzt (vgl BSG SozR 3-4100 § 155 Nr 5 S 30; allgemeine Ansicht der Literatur, zB Just in Becker/Kingreen, aaO, § 8 RdNr 19; Berchtold in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, aaO, § 8 SGB V RdNr 4; Sommer in H. Peters, aaO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2004, § 6 SGB V RdNr 142; K. Peters in KassKomm, Stand der Einzelkommentierung Juni 2007, § 6 SGB V RdNr 70). Eine automatische Erstreckung der Versicherungsfreiheit oder Befreiung auf zeitlich nach deren Beendigung eintretende Versicherungspflichttatbestände - mögen diese auch wieder auf den gleichen Versicherungspflichttatbestand bezogen sein, der zur ursprünglichen Befreiung führte - ordnet das Gesetz nicht an.
2. Nach alledem erweist sich das Urteil des SG im Ergebnis als zutreffend. Der Senat hat lediglich den Urteilstenor neu gefasst, da das Gericht den Beginn der Versicherungspflicht der Klägerin nicht bezeichnet hat. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für ihr Feststellungsbegehren insoweit noch einmal klarstellend an den Zeitpunkt ihrer Antragstellung bei der Beklagten im April 2006 angeknüpft, dazu die für sie maßgeblichen, seinerzeit bereits offen gelegten Beweggründe (Versorgung von drei Kindern; Teilzeitbeschäftigung) hervorgehoben - ohne dass diesen hier allerdings aus Rechtsgründen Bedeutung zukäme - und die Feststellung der Versicherungspflicht erst ab 1.4.2006 begehrt. Diesem nur zeitlich begrenzten Begehren hatte der Senat aus prozessrechtlichen Gründen zu entsprechen, unbeschadet des Umstandes, dass - worauf die Beteiligten hingewiesen worden sind - sich nach den vorstehenden Ausführungen für die Beteiligten möglicherweise zeitlich noch weiter zurückreichende versicherungs- und beitragsrechtliche Folgen ergeben könnten.