Entscheidungsdatum: 18.01.2018
Aufgabegewinne im Sinne des Einkommensteuerrechts zählen zum beitragspflichtigen Arbeitseinkommen freiwillig Krankenversicherter.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Oktober 2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Der Kläger wendet sich gegen die Berücksichtigung einkommensteuerlicher Aufgabegewinne bei den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV).
Der Kläger ist bei der Beklagten zu 1. freiwillig kranken- und bei der Beklagten zu 2. pflegeversichert. Er betrieb eine Gaststätte, die er im Jahr 2012 aufgab. Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2012 (Einkommensteuerbescheid vom 26.2.2014) berücksichtigte das Finanzamt bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer (in Höhe von 25 392 Euro) sowie aus Veräußerungsgewinnen (in Höhe von 99 649 Euro abzgl eines Freibetrages in Höhe von 45 000 Euro). Weiter bezog der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen sowie Renten. Die Beklagten setzten ausgehend hiervon die Beiträge des Klägers zur GKV und sPV für die Zeit ab März 2013 auf 603,45 Euro bzw 83,03 Euro fest (Bescheid vom 25.3.2014, Widerspruchsbescheid vom 14.4.2015).
Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG Heilbronn vom 26.1.2016 und des LSG Baden-Württemberg vom 18.10.2016). Das LSG hat ausgeführt, der steuerliche Veräußerungsgewinn sei eine Einnahme iS des § 240 Abs 1 SGB V iVm § 3 Abs 1 S 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz), die für den Lebensunterhalt verbraucht werde oder verbraucht werden könne, und daher beitragspflichtig. Insbesondere handle es sich nicht um eine Vermögensumschichtung. Durch die Aufdeckung stiller Reserven komme es zu einem Vermögenszuwachs im Privatvermögen des Klägers. Dass das Grundstück stets den gleichen Wert gehabt habe, sei unerheblich. Entscheidend seien die unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe während der aktiven Zeit des Betriebs und bei Betriebsaufgabe. Aus der im Gesetz angelegten Parallelität von sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Einkommensermittlung folge, dass die Feststellungen des Einkommensteuerbescheides maßgeblich seien.
Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend, das LSG differenziere nicht hinreichend zwischen den wirtschaftlichen Folgen von Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe; letztere ziehe gerade keine Einnahmen nach sich. Ein steuerlicher Aufgabegewinn führe nicht zu einer Vermögensmehrung, da das Wirtschaftsgut - vorliegend ein Gebäude - vor und nach der Betriebsaufgabe denselben Wert gehabt habe. Es entspreche nicht den Vorgaben des § 240 Abs 1 S 2 SGB V, durch die Verbeitragung eines Aufgabegewinns bis dahin nicht realisierte stille Reserven erfassen zu wollen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Oktober 2016 und des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. Januar 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2015 insoweit aufzuheben, als Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung von mehr als 315,28 Euro und zur sozialen Pflegeversicherung von mehr als 43,38 Euro festgesetzt worden sind.
Die Beklagten beantragen,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht entscheiden, in welcher Höhe der Kläger Beiträge zur GKV und sPV zu tragen hat.
Rechtsgrundlage der Beitragsbemessung sind die vom GKV-Spitzenverband auf Grundlage des § 240 Abs 1 S 1 SGB V erlassenen BeitrVerfGrsSz (vom 27.10.2008, eBAnz VB 4.11.2008; hier idF der Fünften Änderung vom 23.11.2013, eBAnz VB 2.12.2013), denn es ist nicht ersichtlich, dass sich der Versichertenstatus des Klägers als freiwilliges Mitglied der zu 1. beklagten Krankenkasse nach Aufgabe seiner selbstständigen Tätigkeit im Jahr 2012 geändert hat. Nach § 3 Abs 1 BeitrVerfGrsSz sind der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Die daneben bestehenden Spezialregelungen über die Beitragsbemessung bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen (§ 7 Abs 3 bis 7 BeitrVerfGrsSz) finden keine Anwendung, weil der Kläger im Streitjahr 2014 nicht mehr hauptberuflich selbstständig erwerbstätig war (zur Definition vgl BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 12 KR 21/08 R - BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 14 mwN).
Die im Einkommensteuerbescheid für 2012 festgestellten Einkünfte aus "Veräußerungsgewinnen" sind beitragspflichtiges Arbeitseinkommen iS des § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz (dazu 1). Höherrangiges Recht steht einer Beitragspflicht nicht entgegen (dazu 2). Insbesondere ist im Grundsatz auch unerheblich, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit im Streitzeitraum bereits aufgegeben hatte (dazu 3).
1. Der im Einkommensteuerbescheid für 2012 festgestellte Aufgabegewinn zählt als Arbeitseinkommen zu den beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers.
Zwar erwähnt der Einkommensteuerbescheid ausdrücklich bloß Einkünfte "aus Veräußerungsgewinnen". Der Kläger hat aber - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auch in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht tatsächlich einen Aufgabegewinn iS des § 16 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt. Derartige Aufgabegewinne sind nach dem maßgeblichen untergesetzlichen Sozialversicherungsrecht beitragspflichtig (zu Veräußerungsgewinnen nach § 17 EStG vgl BSG Urteil vom 22.3.2006 - B 12 KR 8/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 6 RdNr 18: Beitragspflicht jedenfalls als Einnahme oder Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht wird oder verbraucht werden kann).
a) Arbeitseinkommen ist gemäß § 15 Abs 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (S 1); Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (S 2). § 15 SGB IV erfasst damit schon nach Wortlaut und Systematik Gewinneinkünfte iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 EStG und damit auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Nr 2). Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb iS des § 2 Abs 1 Nr 2 EStG zählen gemäß § 16 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG auch Gewinne aus der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs. Die Aufgabe des Gewerbebetriebs gilt nach § 16 Abs 3 S 1 EStG wiederum als Veräußerung in diesem Sinne (für eine Einordnung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG vgl Fischer in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 15 RdNr 36). Eine Einordnung als Arbeitseinkommen scheidet auch nicht etwa deshalb aus, weil es sich bei dem Aufgabegewinn um nachträgliche Einkünfte aus einem steuerrechtlich aufgegebenen Gewerbebetrieb handelte (vgl dazu aber BSG Urteil vom 17.2.2005 - B 13 RJ 43/03 R - BSGE 94, 174 = SozR 4-2600 § 96a Nr 5, RdNr 17 f). Ein solcher Fall liegt nicht vor, weil es vorliegend um einen an die Aufgabe als solche anknüpfenden Gewinn geht, nicht um sonstigen, aus Zeiten vor Aufgabe mit dem Unternehmen erwirtschafteten Gewinn.
b) Eine gesetzeshistorische Auslegung sowie Sinn und Zweck des jetzigen § 15 SGB IV stützen dieses Ergebnis. Ursprünglich sah § 15 S 2 SGB IV (idF vom 23.12.1976, BGBl I 3878) ausdrücklich vor, dass bei der Ermittlung des Gewinns ua Veräußerungsgewinne - und als solche gelten nach § 16 Abs 3 S 1 EStG auch Aufgabegewinne, wie sie vorliegend im Streit stehen - abzuziehen waren. Diese Regelung wurde (mit dem ASRG 1995 vom 29.7.1994, BGBl I 1890) durch den heutigen § 15 Abs 1 S 2 SGB IV ersetzt, der einen Abzug von Veräußerungsgewinnen nicht mehr vorsieht (so auch Baier in Krauskopf, SozKV, § 15 SGB IV RdNr 14, Stand März 2011; vgl auch Bezner/Bothe, Die Beiträge 2006, 193, 201 f). Ziel dieser Neuregelung war ausdrücklich, eine volle Parallelität von Einkommensteuer- und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens zu erreichen (BT-Drucks 12/5700, S 92, dort zu Art 3 Nr 2; vgl auch Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, K § 15 RdNr 8, Stand: Juni 2013).
2. Höherrangiges Recht steht einer Zuordnung des Aufgabegewinns zu den beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers nicht entgegen.
a) Die Bestimmung des § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz, wonach bei freiwillig Versicherten ua das Arbeitseinkommen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen ist, ist von der Regelungsermächtigung des § 240 Abs 1 S 1 SGB V gedeckt. § 240 Abs 1 S 2 SGB V (idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378
b) Entgegen der Ansicht des Klägers betrifft die Verbeitragung des Aufgabegewinns nicht die Substanz des diesem zugrundeliegenden, vormals betrieblich genutzten Gebäudes. Der Einwand des Klägers, das Gebäude habe vor und nach der Betriebsaufgabe denselben Wert gehabt und ein steuerlicher Aufgabegewinn führe nicht zu einer Vermögensmehrung, greift nicht durch. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, erfasst die Versteuerung und damit auch die Verbeitragung des Aufgabegewinns lediglich die erst bei Betriebsaufgabe aufgedeckten stillen Reserven (vgl dazu Hennrichs, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl 2015, § 9 RdNr 406, 464; Schallmoser in Blümich, EStG, § 16 RdNr 4 mwN, Stand August 2017). Sinn und Zweck des § 16 Abs 3 EStG ist es, die Versteuerung solcher stiller Reserven sicherzustellen (BFH vom 11.2.2009 - X R 56/06 - BFH/NV 2009, 1411 mwN; vgl auch BFH vom 7.10.1974 - GrS 1/73 - BFHE 114, 189: Betriebsaufgabe als "Totalentnahme"). Stille Reserven bezeichnen dabei die Differenz zwischen dem Buchwert eines Wirtschaftsguts, mit dem dieses bilanziert wird, und - im Fall von Aufgabegewinnen (§ 16 Abs 3 S 7 EStG) - dessen gemeinem Wert (vgl Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl 2015, § 9 RdNr 409). Gemäß der Legaldefinition des § 16 Abs 3 S 7 iVm Abs 2 S 1 EStG ist der Aufgabegewinn im Fall der Überführung der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebs- in das Privatvermögen namentlich der Betrag, um den deren gemeiner Wert den nach §§ 4 Abs 1 oder 5 EStG zu ermittelnden (§ 4 Abs 2 S 2 EStG; dazu Wacker, EStG, 35. Aufl 2016, § 4 RdNr 310 ff) Wert des Betriebsvermögens übersteigt.
c) Es liegt auch kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor. Der Kläger macht hierzu geltend, bei einem freiwillig Versicherten, der in die private Krankenversicherung wechsle, würden die in seinem Unternehmen befindlichen stillen Reserven nicht bei der Bemessung des letzten Beitrags zur freiwilligen Krankenversicherung herangezogen. Es ist bereits zweifelhaft, ob angesichts der Systemverschiedenheit auch bei der Beitrags- bzw Prämienbemessung insoweit überhaupt eine Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG vorliegt. Jedenfalls wäre eine solche gerechtfertigt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem vorliegend zu beurteilenden und dem vom Kläger skizzierten Fall liegt darin, dass die stillen Reserven im einen Fall bereits aufgedeckt wurden, im anderen aber (noch) nicht.
3. Der Aufgabegewinn ist den einzelnen Monaten des Streitzeitraums mit monatlich einem Zwölftel des dem vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Jahresbetrags zuzuordnen (dazu a). Dass der Kläger seinen Gewerbebetrieb im Streitzeitraum bereits aufgegeben hatte, ist im Grundsatz unschädlich (dazu b). Das LSG hat aber aufzuklären, ob und inwieweit vorliegend wegen eines Härtefalls anderes zu gelten hat (dazu c).
a) Gemäß § 5 Abs 2 S 2 Halbs 1 BeitrVerfGrsSz ist das Arbeitseinkommen dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des dem vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Jahresbetrags zuzuordnen. Das war im Streitzeitraum der Steuerbescheid für 2012 vom 26.2.2014, der ua Einkünfte aus "Veräußerungsgewinnen" in Höhe von 99 649 Euro auswies. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte insoweit den Freibetrag nach § 16 Abs 4 EStG in Höhe von 45 000 Euro zu Recht berücksichtigt hat (krit dazu Ulmer, NZS 2016, 449, 451). Auch nach Abzug desselben übersteigt allein der Aufgabegewinn die Beitragsbemessungsgrenze (§ 3 Abs 2 BeitrVerfGrsSz) von 4050 Euro im Jahr 2014 und 4125 Euro im Jahr 2015 (§ 4 Abs 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2014 bzw 2015). Ein Zwölftel allein des um den steuerlichen Freibetrag bereinigten Aufgabegewinns betrug demgegenüber 4554,08 Euro.
b) Die Anwendung der Zuordnungsregel des § 5 Abs 2 S 2 BeitrVerfGrsSz setzt nicht voraus, dass der freiwillig Versicherte im jeweiligen Beitragszeitraum tatsächlich noch Arbeitseinkommen erzielt (aA Ulmer, NZS 2016, 449, 455). Zwar verwendet die Vorschrift einen bestimmten Artikel ("das Arbeitseinkommen"), der sich aber ohne Weiteres auch auf das beitragspflichtige Arbeitseinkommen beziehen kann. Sowohl der Wortlaut der Norm wie auch deren Überschrift ("Zuordnung der beitragspflichtigen Einnahmen") führen jedoch zu der Auslegung, dass es sich bei § 5 Abs 2 S 2 BeitrVerfGrsSz um eine Zuordnungsregelung handelt, die nicht nur bestimmt, mit welchem Betrag ein im Beitragsmonat tatsächlich erzieltes Arbeitseinkommen bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen ist, sondern auch, wann ein Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist. Eine systematische Auslegung stützt dieses Ergebnis. Denn § 5 Abs 2 S 2 BeitrVerfGrsSz regelt die Zuordnung von Arbeitseinkommen abweichend von der Zuordnung anderer laufender beitragspflichtiger Einnahmen; letztere sind nach der Grundregel des § 5 Abs 2 S 1 BeitrVerfGrsSz grundsätzlich dem Beitragsmonat zuzuordnen, in dem der Anspruch auf sie entsteht oder sie zufließen. Käme es auch für die beitragsmäßige Berücksichtigung von Arbeitseinkommen darauf an, dass der freiwillig Versicherte solches im Beitragsmonat noch erzielt, bedürfte es der Sonderregel des § 5 Abs 2 S 2 BeitrVerfGrsSz nicht.
Der Regelungsgeber hat eine solche Zuordnungsregelung in Kenntnis der Brüche zwischen Steuer- und Beitragserhebung treffen wollen. Die nachlaufende Zuordnung von Arbeitseinkommen beruht nicht etwa auf unterschiedlichen inhaltlichen Wertungen des Steuer- und Beitragsrechts. Sowohl das Beitrags- (§ 240 Abs 1 S 2 SGB V aF) wie auch das Steuerrecht knüpfen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen an; die Steuerbarkeit von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen ist Ausprägung der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (so Trossen in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 16 RdNr A 43, Stand November 2017). Die nachlaufende Zuordnung von Arbeitseinkommen beruht darauf, dass § 5 Abs 2 S 2 BeitrVerfGrsSz wegen des Arbeitseinkommens auf den jeweils vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid abstellt, dieser aber regelmäßig erst nach Abschluss des steuerlichen Veranlagungszeitraums ergeht. Dieses Vorgehen dient der Verwaltungsvereinfachung. Da ein anderweitig geregeltes System der Einkommensermittlung aus der selbstständigen Tätigkeit, das für die Krankenkassen verwaltungsmäßig ohne größeren Aufwand durchführbar wäre, nicht zur Verfügung steht, liegt es aus Gründen der Verwaltungsökonomie nahe, für die Feststellung des Arbeitseinkommens den Einkommensteuerbescheid heranzuziehen (vgl Begründung zu den BeitrVerfGrsSz, Anl zum Rundschreiben RS 2008/131 des GKV-Spitzenverbandes vom 27.10.2008, dort S 29 f; zum Nachweis niedrigerer Einnahmen nach § 240 Abs 4 S 2 SGB V vgl BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 12 KR 21/08 R - BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 19; zum Nachweis von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 19 RdNr 21 ff; sowie aus Kapitalvermögen BSG Urteil vom 28.5.2015 - B 12 KR 12/13 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 26 RdNr 20 ff). Die mit der Anknüpfung an den aktuellen Einkommensteuerbescheid einhergehende zeitlich verzögerte Wiedergabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten hat der Regelungsgeber zur Vermeidung zahlreicher Unzuträglichkeiten akzeptiert (so ausdrücklich die Begründung zu den BeitrVerfGrsSz, aaO, S 30).
Eine Auslegung, nach der Aufgabegewinne regelmäßig allein deshalb nicht verbeitragt blieben, weil der maßgebliche Einkommensteuerbescheid erst nach Betriebsaufgabe und damit zu einer Zeit ergangen ist, zu der der Kläger keine selbstständige Tätigkeit mehr ausübte und damit kein Arbeitseinkommen mehr erzielte, widerspräche höherrangigem Recht. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Vorgabe des § 240 Abs 1 S 2 SGB V aF; diese soll sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung freiwilliger Mitglieder deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Aufgabegewinne erhöhen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten (dazu schon oben unter 2c) und sollen daher grundsätzlich mit Beiträgen belastet werden. Nichts anderes gilt in Bezug auf die in § 15 Abs 1 SGB IV vorgesehene Parallelität zwischen Steuer- und Beitragsrecht. Diese Vorgabe liefe leer, wenn Aufgabegewinne zwar dem Arbeitseinkommen zugeordnet würden, sie aber bei der Beitragserhebung unberücksichtigt blieben, weil man diese über § 5 Abs 2 S 2 BeitrVerfGrsSz nur solchen Beitragsmonaten zuordnen könnte, in denen der Leistungsberechtigte tatsächlich noch selbstständig tätig ist.
c) Der Senat kann dennoch nicht abschließend entscheiden. Soweit ein Härtefall vorliegt, ist eine Beitragserhebung auf Aufgabegewinne entsprechend des aktuellen Einkommensteuerbescheides ausnahmsweise ausgeschlossen (dazu aa); hierzu fehlen Feststellungen (dazu cc). Die Härteklausel des § 6 Abs 3a BeitrVerfGrsSz greift dagegen nicht (dazu bb).
aa) Eine untergesetzliche Regelung, die eine nachlaufende Verbeitragung von Aufgabegewinnen ausnahmslos erlaubte, wäre mit höherrangigem Recht unvereinbar. Dies gilt namentlich für § 240 Abs 1 S 2 SGB V aF und die darin vorgeschriebene Anknüpfung an die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds. Danach soll der freiwillig Versicherte gemessen an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit weder über- noch unterfordert werden (Baier, aaO, § 240 SGB V RdNr 11 mwN, Stand März 2012). Eine solche Überforderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 51 Abs 2 SGB I nur angenommen werden, soweit der freiwillig Versicherte durch Beitragserhebung auf den sich aus dem aktuellen Einkommensteuerbescheid ergebenden Aufgabegewinn auch unter Berücksichtigung seiner übrigen Einnahmen (vgl § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz: Arbeitsentgelt, Zahlbetrag der Rente der GRV und der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können) hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder SGB II würde. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich die mit der nachlaufenden Zuordnung von Arbeitseinkommen einhergehenden Unstimmigkeiten mit dem Inkrafttreten des neuen § 240 Abs 4a SGB V (idF des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes - HHVG - vom 4.4.2017, BGBl I 778) erledigt haben dürften. Dieser erlaubt es nunmehr, die nach dem Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträge auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides (S 1 Halbs 1) bzw bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit auf der Grundlage der nachgewiesenen voraussichtlichen Einnahmen (S 2) zunächst vorläufig und sodann nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festzusetzen (S 3). Im Streitzeitraum bestand diese Möglichkeit aber nur für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige, die eine selbstständige Tätigkeit neu aufnehmen (§ 7 Abs 7 S 5 BeitrVerfGrsSz, dazu BSG Urteil vom 22.3.2006 - B 12 KR 14/05 R - BSGE 96, 119 ff = SozR 4-2500 § 240 Nr 5, RdNr 14 ff).
bb) Die bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen in § 6 Abs 3a iVm § 7 Abs 7a BeitrVerfGrsSz vorgesehene Härteklausel greift vorliegend weder unmittelbar noch analog ein. Danach ist das Arbeitseinkommen auf Antrag über einen Vorauszahlungsbescheid (ggf ergänzt durch die diesem zugrundeliegenden Unterlagen) nachzuweisen, wenn die Beitragsbemessung auf Grundlage des aktuellen Einkommensteuerbescheides eine unverhältnismäßige Belastung darstellt (S 1); eine unverhältnismäßige Belastung liegt dabei vor, wenn das angenommene Arbeitseinkommen um mehr als ein Viertel des über den Einkommensteuerbescheid zuletzt festgestellten Arbeitseinkommens reduziert ist (S 2). Unmittelbar ist diese Vorschrift schon deshalb nicht einschlägig, weil der Kläger nach Aufgabe seiner Gaststätte keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mehr hatte. Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet in Fällen einer vollständigen Betriebsaufgabe mangels einer vergleichbaren Interessenlage aus (vgl aber Ulmer, NZS 2017, 449, 455), weil sie ausnahmslos zur Folge hätte, dass eine Berücksichtigung von Aufgabegewinnen im Ergebnis ausscheidet.
cc) Ob im Fall des Klägers Hilfebedürftigkeit droht, kann der Senat auf Grundlage der bisherigen Feststellungen (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Das LSG hat zwar festgestellt, dass der Kläger zusätzlich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalerträgen sowie - so wörtlich - "Renten" bezogen habe, nicht aber, in welcher Höhe.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.