Entscheidungsdatum: 20.07.2017
1. Gegenüber pflichtversicherten Beschäftigten muss die Einzugsstelle bei der Entscheidung über die Beiträge die von ihnen zu tragenden Beitragsanteile konkret festsetzen.
2. Die hierfür relevanten Umstände - wie die beitragspflichtigen Einnahmen und der Beitragssatz oder allgemeine rechtliche Hinweise hierzu - sind für sich genommen nur reine Berechnungs- oder Begründungselemente und regelmäßig durch Verwaltungsakt nicht isoliert feststellungsfähig.
Auf die Revision der Kläger werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 und des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juni 2010 aufgehoben.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2008 verpflichtet, ihren Bescheid vom 21. Juli 2006 zurückzunehmen.
Die Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) bei Eltern mit mehreren Kindern im Hinblick auf einen höheren Betreuungs- und Erziehungsaufwand, ggf gestaffelt nach Kinderzahl, zu mindern sind.
Der Kläger und die Klägerin - verheiratete Eltern ihrer beiden 1993 und 1996 geborenen Kinder - waren bei den Beigeladenen zu 3. und 4. versicherungspflichtig beschäftigt und Mitglieder der beklagten Krankenkasse sowie der beigeladenen Pflegekasse (Beigeladene zu 2.). Sie sind bei dem beigeladenen Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 1.) rentenversichert. Beiträge zu den genannten Versicherungszweigen wurden in gesetzlicher Höhe entrichtet.
Im Juli 2006 stellten die Kläger bei der Beklagten als Einzugsstelle unter Hinweis auf das Urteil des BVerfG zur sPV vom 3.4.2001 - 1 BvR 1629/94 (BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2; im folgenden sPV-Urteil) den Antrag, bei der Beitragserhebung zu den genannten Versicherungszweigen den Unterhalt für ihre beiden Kinder und die Betreuungs- und Erziehungsleistungen für diese mindernd zu berücksichtigen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21.7.2006 eine Herabsetzung unter Hinweis darauf ab, dass der Gesetzgeber seinen Pflichten aus dem sPV-Urteil mit Schaffung des Kinder-Berücksichtigungsgesetzes (KiBG) vom 15.12.2004 (BGBl I 3448) umfassend nachgekommen sei und die Versicherungsträger an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden seien.
Den hiergegen erhobenen, verspätet eingegangenen Widerspruch sah die Beklagte als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X an. Mit an die Kläger gerichtetem Bescheid vom 29.11.2007 und Widerspruchsbescheid vom 29.2.2008 lehnte sie die Rücknahme ihres Bescheides vom 21.7.2006 ab; eine Reduzierung der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteile) für die Zeit ab Juli 2006 und eine Beitragserstattung könnten nicht beansprucht werden.
Das SG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 30.6.2010). Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihre Klageanträge "präzisiert" und unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der entgegenstehenden Bescheide die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme ihres Bescheides vom 21.7.2006 insoweit begehrt, als darin Sozialversicherungsbeiträge nach einer "die Höhe von 50 vH der gegenwärtigen Bemessung" übersteigenden Summe erhoben wurden. Hilfsweise haben sie die Verpflichtung zur Rücknahme insoweit erstrebt, als die Beitragsbemessung ohne vorherigen Abzug eines Betrages von 833 Euro je Kind und Monat erfolgt ist, bzw (weiter) hilfsweise insoweit, als ein Betrag in Höhe des steuerlichen Existenzminimums nach § 32 Abs 6 Einkommensteuergesetz (EStG) von der Beitragsbemessungsgrundlage nicht abgezogen wurde.
Das LSG hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Rücknahme ihres früheren Bescheides zu Recht abgelehnt. Die Beitragsbemessung bei den Klägern entspreche den gesetzlichen Regelungen. Diese Regelungen verstießen nicht gegen Art 6 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG, weil der Gesetzgeber einen weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum habe. Eine Reduzierung der Beiträge zur GRV, GKV und sPV könnten die Kläger wegen der Erziehung ihrer beiden Kinder und der sich hieraus ergebenden Unterhaltslast nicht beanspruchen. Als Konkretisierung und Ausformung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrages nach Art 6 Abs 1 GG sei dabei auch der Familienlastenausgleich zu berücksichtigen, selbst wenn sich die additive Höhe der hierdurch bewirkten Entlastung von Familien nicht konkret beziffern lasse. Der Gesetzgeber habe das Verfassungsrecht bei der Ausgestaltung der Teilsysteme der Sozialversicherung beachtet, weil er den Familienlastenausgleich durch zahlreiche Vorschriften ausgebaut (zB Kindererziehungszeiten in der GRV; kostenfreie Familienversicherung in der GKV) und die Entscheidung des BVerfG für die sPV mit dem KiBG beanstandungsfrei umgesetzt habe. Das BVerfG selbst habe die Erwägungen des sPV-Urteils in der Folgezeit nicht auf andere Sozialversicherungszweige, insbesondere die GRV, übertragen, sondern sei davon sogar abgerückt. Auch das BSG habe aus diesem Urteil keinen verfassungsrechtlichen Änderungsbedarf für andere Sozialversicherungszweige hergeleitet (BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1). Einer weiteren Beweiserhebung habe es bei alledem - etwa unter dem Gesichtspunkt der Amtsermittlungspflicht - nicht bedurft (Urteil vom 27.1.2012).
Mit ihrer Revision rügen die Kläger im Wesentlichen, das LSG habe verkannt, dass die einschlägigen gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zur Beitragsbemessung in der GRV, GKV und sPV gegen Art 6 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG verstießen, soweit versicherte Eltern mit gleich hohen Beiträgen wie kinderlose Versicherte belastet würden, also keine Beitragsermäßigung erhielten:
Das BVerfG habe sich in seinem sPV-Urteil von einem leistungsrechtlichen Ansatz distanziert. Es diskutiere dort die unzureichende Kompensation der Erziehungslasten nicht mehr unter dem Aspekt der allgemeinen leistungsrechtlichen Förderungspflicht des Staates (Art 6 Abs 1 GG), sondern als Gleichheits- und Teilhabeproblem (Art 3 Abs 1 GG) unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz werde zu einem Grundrecht auf "intragenerationelle Gleichbehandlung" fortentwickelt. Das sPV-Urteil sei auf die GRV und die GKV zu übertragen. GRV und GKV deckten als umlagefinanzierte Systeme ebenso wie die sPV ein Risiko ab, das überproportional im Alter auftrete. Da die Kindererziehung für die Funktionsfähigkeit der Systeme genauso bedeutsam sei wie die Beiträge, erhielten Kinderlose in allen drei Sozialversicherungssystemen einen spezifischen, systembedingten Vorteil, der nach der Rechtsprechung des BVerfG auch innerhalb des jeweiligen Systems, und zwar auf der Beitragsseite ausgeglichen werden müsse.
In Bezug auf die einzelnen Sozialversicherungsteilsysteme gelte Folgendes: In der GRV müsse die Umsetzung der Maßstäbe aus dem sPV-Urteil des BVerfG systemimmanent erfolgen. Die Rechtsprechung des BVerfG sei insoweit bindend (§ 31 BVerfGG). Auch in der GKV müsse ein systeminterner Vorteilsausgleich gesucht werden. Die Möglichkeit der beitragsfreien Familienversicherung (§ 10 SGB V) reiche insoweit nicht aus. Das Beitragsrecht in der sPV sei auch nach den Änderungen durch das KiBG verfassungswidrig. Insbesondere fehle im geltenden Recht die - auf der Grundlage des sPV-Urteils gebotene - Berücksichtigung der Anzahl der Kinder bei der Beitragsbemessung.
Mit späterem Schriftsatz vom 20.7.2016 und weiteren Schriftsätzen haben die Kläger ua vorgelegt: Schriftsätze aus dem Revisionsverfahren B 12 KR 15/12 R, den Text einer "Sammel-Verfassungsbeschwerde" (1 BvR 3135/15), den Text einer Anhörungsrüge gegen das Urteil des Senats vom 30.9.2015 in dem Revisionsverfahren B 12 KR 15/12 R, den Text der gegen dieses Urteil erhobenen Verfassungsbeschwerde sowie mehrere gutachtliche Stellungnahmen von W.
Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 und des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juni 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 21. Juli 2006 zurückzunehmen, soweit darin die monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2006 über eine Höhe von 50 vH der gegenwärtigen Bemessung erhoben worden sind,
hilfsweise zur Rücknahme zu verpflichten, soweit die monatlichen Beiträge ab 1. Juli 2006 ohne einen Abzug von 833 Euro je Kind von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben worden sind,
weiter hilfsweise zur Rücknahme zu verpflichten, soweit die monatlichen Beiträge ab 1. Juli 2006 ohne Abzug des in § 32 Abs 6 EStG genannten Betrags je Kind von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben worden sind,
hilfsweise den Rechtsstreit gemäß Art 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die die Beitragspflicht und die Höhe der Beiträge zur Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung regelnden Vorschriften (§§ 157, 161 Abs 1, 162 Nr 1 SGB VI, §§ 223 Abs 1, 226 Abs 1 S 1 sowie § 241 SGB V und §§ 54 Abs 2 S 1, 55 Abs 1 und 3 S 1, 57 Abs 1 S 1 SGB XI iVm § 226 SGB V) unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 3. April 2001 - 1 BvR 1629/94 - mit den Grundrechten der Kläger aus den Art 3, 6, 20 und 28 (Sozialstaatsprinzip) GG vereinbar sind.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2. beantragen,
die Revision der Kläger zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Revision der Kläger zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Die Beigeladenen zu 3. und 4. stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten aller Instanzen sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Die zulässige Revision der Kläger ist begründet.
Zu Unrecht hat das LSG die Berufung der Kläger gegen das ihre Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die angefochtenen, im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ergangenen Bescheide der beklagten Krankenkasse als Beitragseinzugsstelle (Bescheid vom 29.11.2007 und Widerspruchsbescheid vom 29.2.2008) sind rechtswidrig. Die Beklagte ist unter Aufhebung dieser Bescheide zu verpflichten, auf den Überprüfungsantrag der Kläger den bestandskräftigen Bescheid vom 21.7.2006, der die Beitragserhebung zu den Versicherungszweigen der GRV, GKV und sPV ab 1.7.2006 betrifft, zurückzunehmen.
1. Im vorliegenden Rechtsstreit zu überprüfen sind ausschließlich der mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage angegriffene Bescheid der Beklagten vom 29.11.2007 und ihr Widerspruchsbescheid vom 29.2.2008, mit denen sie es im Überprüfungsverfahren nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X abgelehnt hat, den die Beitragserhebung zu den genannten Versicherungszweigen ab Juli 2006 (bis 27.1.2012 = Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) regelnden (Beitrags)Bescheid vom 21.7.2006 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist demgegenüber, ob den Klägern für den Fall eines Erfolgs der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ein Anspruch auf Beitragserstattung zusteht. Die Kläger hatten eine solche seinerzeit bei der Beklagten nicht beantragt; über eine Beitragserstattung haben SG und LSG auch nicht befunden.
Nicht zu entscheiden ist schließlich über eine Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGG). Weder haben die Kläger vor den Instanzgerichten eine zusätzliche Feststellungsklage erhoben noch haben jene über ein Feststellungsbegehren entschieden (dazu a). Wäre eine Feststellungsklage erhoben, müsste sie jedenfalls als unzulässig angesehen werden (dazu b).
a) In der Ausgangssituation eines gerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung der Ergebnisse eines Korrekturverfahrens der Verwaltung nach § 44 SGB X kann ein - hier ausdrücklich nicht formuliertes - Feststellungsbegehren (neben dem Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren) im Wege der Auslegung des Vortrags der Kläger nur ermittelt werden, wenn hierfür besondere Umstände vorliegen. Allein der klägerseitige Wunsch, im Verfahren möge eine bestimmte Rechtsfrage gerichtlich beantwortet werden, reicht insoweit nicht aus. Klägern geht es in Fällen wie dem vorliegenden nach ihrem verfahrensrechtlichen Ziel um die Kassation der Überprüfungsbescheide auf Anfechtungsklage und die gerichtliche Verpflichtung der Verwaltung zur Rücknahme des bestandskräftigen Ausgangsbescheides; dieses Begehren kennzeichnet den Verfahrensgegenstand. Bei der Frage, ob der bestandskräftige Bescheid zurückzunehmen ist, muss dann geprüft werden, ob und ggf aus welchen Gründen dieser rechtswidrig (und belastend) ist. Rechtliche Fragen sollen infolgedessen nach ihrer erkennbaren Zielrichtung vom Gericht einzig im Wege dieser Kontrolle des Ausgangsbescheides beantwortet werden. So liegt der Fall auch hier.
b) Eine neben der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobene Klage auf Feststellung wäre jedenfalls unzulässig.
aa) Der Senat kann offenlassen, ob eine auf das Ziel der "Beitragsreduzierung" gerichtete, zusätzlich erhobene Feststellungsklage überhaupt statthaft wäre, würde mit ihr doch (nur) die Feststellung bloßer (Beitrags)Berechnungs- oder Begründungselemente bzw von Vorfragen eines Beitragsrechtsverhältnisses begehrt, die nach ständiger Senatsrechtsprechung zum Beitragsrecht - weil es insoweit an einem selbstständigen Rechtsverhältnis fehlt - grundsätzlich nicht isoliert feststellungsfähig sind (vgl zum Ganzen etwa Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 6 RdNr 386 und § 12 RdNr 106, jeweils mwN; auch Ulmer in Hennig, SGG, Stand Juni 2017, § 55 RdNr 73a, und Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 55 RdNr 6). Eine "Beitragsreduzierung", ggf gestaffelt nach Kinderzahl, könnte nämlich nur über eine Veränderung des Berechnungselements "Beitragssatz" oder - wie es die Kläger verlangen - über das Berechnungselement "Bemessungsgrundlage" erfolgen. Zwar ist die generelle Beitragspflicht einer Einnahme - iS einer qualitativen Betrachtung - ausnahmsweise einer isolierten Feststellung zugänglich (vgl - für das Verwaltungsverfahren - BSG Urteil vom 29.2.2012 - B 12 KR 19/09 R - Juris RdNr 18), nicht aber, wie viele Teile einer Einnahme (nur 50 vH der gegenwärtigen Bemessung, nur der Teil nach Abzug von 833 Euro je Kind und Monat oder der Teil nach Abzug des in § 32 Abs 6 EStG genannten Betrags je Kind), an deren genereller Beitragspflicht keine Zweifel bestehen, der Beitragsbemessung unterliegen.
Die Urteile des Senats vom 5.7.2006 (B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1) und 15.7.2009 (B 12 KR 14/08 R - SozR 4-2500 § 7 Nr 1) veranlassen hier nicht zu einer anderen Bewertung. So hatte der Kläger in dem erstgenannten Verfahren mit seinem Hauptantrag schon keine (unzulässige) Elementenfeststellungsklage, sondern eine zulässige Klage auf Feststellung erhoben, dass er im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für Kinder (überhaupt) keinen Beitrag tragen müsse (SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 13, 37, 39). In der Entscheidung vom 15.7.2009 war zu beurteilen, ob eine Krankenkasse als Einzugsstelle bei ihrer feststellenden (Verwaltungs)Entscheidung über die Beitragspflicht einzelne Berechnungselemente als feststellungsfähig erachten durfte (SozR 4-2500 § 7 Nr 1 RdNr 17; vgl hierzu Berchtold, aaO, § 12 RdNr 89 f); ein Begehren dahin, Beiträge mit "null" festzustellen, war danach nicht ausgeschlossen (SozR 4-2500 § 7 Nr 1 RdNr 25).
bb) Würde eine Feststellungsklage als erhoben angesehen, wäre sie jedenfalls unzulässig, weil sie im Hinblick auf die Besonderheiten des für die Überprüfung von Ergebnissen eines Korrekturverfahrens der Verwaltung nach § 44 SGB X zur Verfügung gestellten gerichtlichen Verfahrens, letztlich also wegen des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage, der auch im sozialgerichtlichen Verfahren Bedeutung hat (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 55 RdNr 19 mwN), ausgeschlossen ist.
Eine solche Feststellungsklage verfolgte nämlich das Ziel, ein unanfechtbar abgeschlossenes, durch die Einzugsstelle konkretisiertes Beitragsrechtsverhältnis für eine weitere inhaltliche Überprüfung zu "öffnen". Für die Überprüfung stehen indessen nach dem Willen des Gesetzgebers nur die besonderen abschließenden Aufhebungsregeln des SGB X (§§ 44 ff SGB X) und die hieran anknüpfende (eingeschränkte) gerichtliche Kontrolle über Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als vorrangiger Rechtsschutz zur Verfügung. Dieser würde bei Zulassung einer Feststellungsklage zur weiteren inhaltlichen Überprüfung des konkretisierten Beitragsrechtsverhältnisses unterlaufen, etwa dann, wenn das auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hin durchgeführte gerichtliche Verfahren für den Kläger nicht zum Erfolg führt.
Die Beklagte hatte mit (Beitrags)Bescheid vom 21.7.2006 (als Dauerverwaltungsakt) die Beitragserhebung zu den einzelnen Versicherungszweigen ab 1.7.2006 - für die Zukunft - bzw das Beitragsrechtsverhältnis für diese Zeit geregelt, dh konkretisiert. Die rechtlichen Fragen, die von den Klägern in den Vordergrund gestellt werden ("Beitragsreduzierung im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für Kinder, ggf gestaffelt nach Kinderzahl) können hier vom Gericht - mindestens im gleichen Umfang und mit gleicher Effektivität wie bei einer Feststellungsklage, also gleichwertig - im Wege der gerichtlichen Überprüfung des bestandskräftigen (Beitrags)Bescheides vom 21.7.2006 beantwortet werden. Hält das Gericht im Rahmen der Überprüfung der Ergebnisse eines Korrekturverfahrens der Verwaltung nach § 44 SGB X einen bestandskräftigen belastenden (Beitrags)Verwaltungsakt - wie hier (dazu unten 2. a) - aus einem bestimmten Grund für rechtswidrig und daher von der Einzugsstelle wegen dieses Rechtswidrigkeitsgrundes aufzuheben, so können Kläger, die auf diesem Wege im Anfechtungs- und Verpflichtungsrechtsstreit obsiegen, also mit der Kassation des bestandskräftigen (Beitrags)Verwaltungsaktes durch die Einzugsstelle bekommen, was sie im vorgeschriebenen Verfahren maximal erreichen können, nicht noch mit einer Feststellungsklage verlangen, dass sich das Gericht mit einem anderen (weiteren), nämlich dem von ihnen in den Vordergrund gestellten Rechtswidrigkeitsgrund befasst, dh diesen ebenfalls prüft (und annimmt).
Ein Fall, in dem Feststellungsklagen im Beitragsrecht ausnahmsweise als nicht subsidiär neben einer Gestaltungsklage zuzulassen sind, liegt hier nicht vor. Entsprechendes ergibt sich nicht etwa aus früherer Senatsrechtsprechung. Der Senat hat in der Vergangenheit bei Streitigkeiten über die richtige Berechnung von Beiträgen eine - an sich unzulässige - (Elementen)Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGG für statthaft gehalten, wenn ein Verwaltungsverfahren stattgefunden, die Anfechtungsklage aber nicht zu einer Sachentscheidung geführt hat (BSG Urteil vom 22.5.1985 - 12 RK 15/83 - BSGE 58, 134, 136 = SozR 2200 § 385 Nr 14 S 56 f, unter Hinweis auf BSG Urteil vom 9.10.1984 - 12 RK 18/83 - BSGE 57, 184, 186 = SozR 2200 § 385 Nr 10 S 40; ferner BSG Urteil vom 30.3.2000 - B 12 KR 13/99 R - SozR 3-2500 § 308 Nr 1 S 3). Ein vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht gegeben. Zum einen betrafen diese Entscheidungen nicht - wie hier - den Fall der gerichtlichen Überprüfung von Ergebnissen eines Korrekturverfahrens der Verwaltung nach § 44 SGB X. Zum anderen führen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage vorliegend - anders als die Anfechtungsklage in den genannten Fällen - zu einer Entscheidung in der Sache, weil der (Beitrags)Bescheid vom 21.7.2006 wegen des Verstoßes der beklagten Beitragseinzugsstelle gegen ihre (materiell-rechtlichen) Befugnisse, feststellende Verwaltungsakte zu erlassen, für materiell rechtswidrig zu halten ist (vgl dazu unten 2. b).
cc) Kann das unanfechtbar abgeschlossene, durch die beklagte Einzugsstelle mit (Beitrags)Bescheid vom 21.7.2006 konkretisierte Beitragsrechtsverhältnis über eine Feststellungsklage nicht für weitere inhaltliche Überprüfungen "geöffnet" werden, so könnte sich eine zusätzlich erhobene (dann: vorbeugende) Feststellungsklage hier nur noch darauf richten, die Klärung rechtlicher Fragen im Rahmen des abstrakten "(Beitrags)Rechtsverhältnisses" über Beitragspflicht zu erreichen. Hiermit ist die abstrakte Beitragsrechtsbeziehung gemeint, die sich - ohne schon durch (Beitrags)Bescheid konkretisiert zu sein - allein als gesetzlich angeordnete Folge aus dem Bestehen eines (jeden) Versicherungspflichtverhältnisses ergibt.
Eine solche abstrakte Beitragsrechtsbeziehung - als bloßer "Rechtszustand" - erfüllt bereits nicht die Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Feststellungsfähigkeit eines einer Feststellungsklage zugänglichen Rechtsverhältnisses (im prozessualen Sinn) stellt (vgl hierzu im Einzelnen Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 55 RdNr 4 ff, mwN). Eine entsprechende Feststellungsklage wäre unstatthaft und damit unzulässig. Soweit ein Beitragsrechtsverhältnis nicht schon in der oben genannten Weise "verdichtet" ist, ist es nicht hinreichend konkret, sodass der notwendige Fallbezug fehlt und eine (vorbeugende) Feststellungsklage lediglich darauf gerichtet wäre, die gerichtliche Klärung einer abstrakten Rechtsfrage bzw die Abgabe eines (verbindlichen) Rechtsgutachtens zu erreichen (vgl hierzu Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 43 RdNr 17 ff, mwN). Eine Feststellungsklage ist nicht zulässig, um Rechtsfragen vom Gericht um ihrer selbst willen - gleichsam theoretisch - beantworten zu lassen. Nichts anderes aber wird begehrt, wenn gerichtlich (vorbeugend) festgestellt werden soll, ob in einem abstrakten "(Beitrags)Rechtsverhältnis" über Beitragspflicht, dh in (einzelnen) zukünftigen Beitragsrechtsverhältnissen, deren Konturen noch unklar sind, Beiträge im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für Kinder, ggf gestaffelt nach Kinderzahl, zu mindern wären. Eine solche Feststellungsklage könnte außerdem spätere Streitigkeiten im Rahmen einzelner (dann) konkretisierter Beitragsrechtsverhältnisse aufgrund von Sachverhaltsbesonderheiten oder Veränderungen bei anderen (Beitrags)Berechnungselementen nicht ausschließen.
2. Die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 S 1 SGB X sind in Bezug auf den (Beitrags)Bescheid der Beklagten vom 21.7.2006 erfüllt.
Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte hat bei Erlass ihres (Beitrags)Bescheides vom 21.7.2006 das Recht unrichtig angewandt (dazu a). Hierauf beruht die Erhebung der Beiträge der Kläger zur GRV, GKV und sPV ab 1.7.2006 (dazu b).
a) Mit ihrem Bescheid vom 21.7.2006 hat die Beklagte entgegen den einschlägigen Regelungen des materiellen Rechts zu Unrecht nur über die Beitrags(tragungs)pflicht und das Fehlen der Möglichkeit zu einer Beitragsreduzierung entschieden und sich dabei auf bloße allgemeine rechtliche Hinweise ("Erläuterungen") zur Bemessung bzw zu Berechnungselementen und zur Tragung der Beiträge in der Sozialversicherung beschränkt. Sie hat dagegen - anders als hier erforderlich - nicht über die konkrete Beitragshöhe selbst entschieden und diese festgesetzt (vgl auch schon zu einem vergleichbaren Fall BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 24 ff).
Nach der Rechtsprechung des Senats ist einer Krankenkasse in ihrer Funktion als Beitragseinzugsstelle ua die Aufgabe übertragen, in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft (vgl zur Entwicklung BSG Urteil vom 1.7.1999 - B 12 KR 2/99 R - SozR 3-2400 § 28h Nr 9) anstelle der hierfür originär zuständigen Träger über die Beitragshöhe zu entscheiden (§ 28h Abs 2 S 1 SGB IV). Gegenüber pflichtversicherten Beschäftigten muss die Einzugsstelle bei der Entscheidung über die Beiträge die von ihnen zu tragenden Beitragsanteile konkret festsetzen. Die hierfür relevanten Umstände - wie die beitragspflichtigen Einnahmen und der Beitragssatz oder allgemeine rechtliche Hinweise hierzu - sind für sich genommen nur reine Berechnungs- oder Begründungselemente und regelmäßig durch Verwaltungsakt (§ 31 S 1 SGB X) nicht isoliert feststellungsfähig. Hieran hält der Senat fest (zur Problematik allgemein auch bereits: Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - BSG SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 35 f; BSG Urteil vom 15.7.2009 - B 12 KR 14/08 R - SozR 4-2500 § 7 Nr 1 RdNr 17; ferner zu einem vergleichbaren Fall schon BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77, RdNr 24 ff).
b) Auch die weitere Voraussetzung des Tatbestandes des § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist erfüllt, sodass der (Beitrags)Bescheid vom 21.7.2006 zurückzunehmen ist.
Voraussetzung für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes ist nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X außerdem ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem als rechtswidrig erachteten Verwaltungsakt und der Erhebung von Beiträgen ("… und soweit deshalb …"). Dazu ist eine regelnde Wirkung des Verwaltungsaktes für die fragliche Beitragsposition erforderlich, die ua gegeben ist, wenn durch den Verwaltungsakt oder aufgrund des Verwaltungsaktes eine Beitragszahlungspflicht festgestellt wird; materiell-rechtlich muss dann eine auf dieser Feststellung beruhende Beitragserhebung hinzukommen (BSG Urteil vom 8.10.2014 - B 3 KS 6/13 R - SozR 4-5425 § 24 Nr 14 RdNr 13, unter Hinweis auf Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, RdNr 16, und BSG Urteil vom 30.1.2001 - B 3 KR 1/00 R - SozR 3-5425 § 2 Nr 11).
In diesem Sinne beruht die Erhebung der Beiträge der Kläger zur GRV, GKV und sPV ab 1.7.2006 materiell auf dem Bescheid vom 21.7.2006, weil sich dieser mindestens im Ergebnis (vgl hierzu Schütze, aaO, § 44 RdNr 17; ferner - zum Begriff der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes iS von § 44 Abs 1 S 1 SGB X - Steinwedel in KasselerKomm, Stand Juli 2017, § 44 RdNr 33 ff) auf die Beitragserhebung ab diesem Zeitpunkt auswirkte. Die unzutreffende Bewertung ihrer (materiell-rechtlichen) Befugnis, welche Umstände sie im Rahmen einer Entscheidung als Einzugsstelle über die Beitragshöhe als feststellungsfähig erachten darf und welche nicht, stellt einen Verstoß der Beklagten gegen das materielle Recht dar. Gegen die Annahme eines solchen ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Bescheid vom 21.7.2006 und der Erhebung der Beiträge ab 1.7.2006 kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, der Bescheid könne wegen seiner Beschränkung auf allgemeine rechtliche Hinweise zur Beitragsbemessung bzw zu Berechnungselementen nicht die - geforderte - regelnde Wirkung entfalten. Denn aus dem Bescheid vom 21.7.2006 und den Umständen seines Erlasses war für die Kläger jedenfalls objektiv erkennbar, dass eine einseitige und konkrete, verbindliche, der Rechtsbeständigkeit fähige Feststellung über die ab 1.7.2006 zu entrichtenden Beiträge zur GRV, GKV und sPV (= vollumfängliche Beitragszahlungspflicht) von der Beklagten gewollt war. Allein hierauf kommt es für die Annahme einer beitragsregelnden Wirkung und infolgedessen eines Kausalzusammenhangs zwischen rechtswidrigem (Beitrags)Bescheid und Beitragserhebung im Kontext des § 44 Abs 1 S 1 SGB X an (vgl schon - zu den Rechtswirkungen eines Bescheides des Rentenversicherungsträgers über einzelne Voraussetzungen der Rentenversicherungspflicht - BSG Urteil vom 24.11.2005 - B 12 KR 18/04 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 6 RdNr 16 ff; auch BSG Urteil vom 5.7.2006 - B 12 KR 20/04 R - SozR 4-2600 § 157 Nr 1 RdNr 36, und BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 77 RdNr 23).
3. Nach alledem hat die Revision der Kläger Erfolg, weil die im Überprüfungsverfahren ergangenen Bescheide der Beklagten aufzuheben sind und die Beklagte verpflichtet ist, ihren Bescheid vom 21.7.2006 zurückzunehmen. Er war insoweit (bereits) deshalb rechtswidrig, weil sich die Beklagte darin nicht auf allgemeine rechtliche Hinweise zur Bemessung bzw zu Berechnungselementen und zur Tragung der Sozialversicherungsbeiträge beschränken durfte, sondern über die (konkrete) Beitragshöhe entscheiden musste.
Die von den Klägern aufgeworfenen - verfassungsrechtlichen - Fragen der Beitragserhebung bei Eltern mit mehreren Kindern im Hinblick auf einen hierdurch bedingten höheren Betreuungs- und Erziehungsaufwand, ggf gestaffelt nach Kinderzahl, kann und darf der Senat hier infolgedessen nicht (mehr) beantworten. Darauf, dass eine rechtliche Überprüfung im vorliegenden Rechtsstreit wegen der Einbindung in ein Überprüfungsverfahren nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X nicht in vollem Umfang, dh nicht in jeder Hinsicht, gewährleistet sein könnte, sind die Kläger bereits mit Aufklärungsverfügungen des (früheren) Senatsvorsitzenden vom 3.7.2014 und 7.11.2016 hingewiesen worden.
Die hierzu vom Senat vertretene Auffassung verletzt nicht das in Art 19 Abs 4 GG enthaltene Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Der aus Art 19 Abs 4 GG folgenden Pflicht, angefochtene Verwaltungsentscheidungen vollständig nachzuprüfen (vgl zuletzt etwa BVerfG Beschluss vom 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1, 20 mwN), kommt der Senat im Rahmen der Prüfungsvorgaben, die ihm der Gesetzgeber für die Durchführung der Rechtskontrolle bei im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ergangenen Verwaltungsentscheidungen zur Verfügung gestellt hat und die ihrerseits verfassungsmäßig sind, nach.