Entscheidungsdatum: 29.05.2017
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. November 2016 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Der Kläger begehrt Alg für den Zeitraum vom 7.8.2014 bis 27.8.2014, für den die Beklagte die Leistungsgewährung abgelehnt hatte, weil der Anspruch wegen einer Urlaubsabgeltung ruhe (Bescheide vom 28.8.2014; Widerspruchsbescheid vom 4.11.2014). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Cottbus vom 26.1.2016; Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 30.11.2016). Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG macht der Kläger geltend, es stelle sich die grundsätzliche Rechtsfrage, ob § 157 Abs 2 SGB III mit den Grundsätzen des Art 7 RL 2003/88 EG vor dem Hintergrund der neuerlichen Rechtsprechung vereinbar sei.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht in der erforderlichen Weise dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ggf sogar des Schrifttums, angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er hat schon die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nach der Vereinbarkeit von § 157 Abs 2 SGB III mit den Grundsätzen des Art 7 RL 2003/88 EG nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt. Die Richtlinie 2003/88 betrifft bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und keine sozialrechtlichen Ansprüche. Art 7 Abs 2 RL 2003/88 EG ermöglicht, dass (nur) bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses der bezahlte Mindesturlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf. Durch die arbeitsrechtliche Regelung in § 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz hat der Gesetzgeber Art 7 RL 2003/88 EG bundesgesetzlich umgesetzt (vgl zur - beschränkten - Rechtsverbindlichkeit von Richtlinien Kania in Küttner, Personalbuch 2017, EU-Recht, RdNr 2). Mithin ist der vorliegende Sachverhalt schon im Ansatz nicht vergleichbar mit den Fällen, die der vom Kläger zum Teil zitierten Rechtsprechung des EuGH (zuletzt etwa EuGH vom 20.7.2016 - C-341/15 - NZA 2016, 1067) zugrunde lagen. Stets bestand schon kein arbeitsrechtlicher Anspruch auf finanzielle Vergütung für nicht in Anspruch genommenen Urlaub.
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Ausführungen des LSG zur besonderen Zielrichtung des § 157 Abs 2 SGB III, nämlich ohne Verkürzung der Anwartschaft Doppelleistungen zu vermeiden, hätte es weiterer Darlegungen dazu bedurft, warum diese sozialrechtliche Regelung überhaupt im arbeitsrechtlichen Kontext der Arbeitszeitgestaltung von Bedeutung sein kann. Der Kläger hätte dabei zudem in den Blick nehmen müssen, wie eine aus seiner Sicht mit Art 7 RL 2003/88 EG zu vereinbarende abstrakte Regelung zur Verwirklichung des gesetzgeberischen Ziels aussehen sollte.
Soweit der Kläger im Übrigen meint, die unterschiedliche Behandlung von Arbeitslosen, die ihren Anspruch auf Alg ausschöpfen können und solchen, deren Anspruch früher endet, weil sie - wie der Kläger - aus dem Erwerbsleben ausscheiden oder - hiermit vergleichbar - frühzeitig eine neue Beschäftigung aufnehmen, sei verfassungswidrig, hätte er darlegen müssen, warum diese ersichtlich unterschiedlichen Sachverhalte vergleichbar sein sollen. Entsprechendes gilt für die Ausführungen des Klägers zu anderen Sozialleistungen.