Entscheidungsdatum: 26.03.2014
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. November 2013 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Der Kläger stand zuletzt von Januar 2000 bis Ende Oktober 2005 in einem Beschäftigungsverhältnis als Baufacharbeiter. Aufgrund eines am 23.5.2003 erlittenen Arbeitsunfalls bezog er ab 5.7.2003 von der Berufsgenossenschaft Verletztengeld. Antragsgemäß bewilligte ihm die Beklagte ab 1.11.2005 Arbeitslosengeld (Alg) nach § 132 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung (SGB III aF; fiktive Bemessung), weil der Kläger in dem auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 1.11.2003 bis 31.10.2005 nur an 75 Kalendertagen Arbeitsentgelt erzielt habe. Bei der Bemessung legte sie die Qualifikationsgruppe 3 (abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf) und - ausgehend von einem Tagespendelbereich Ost - die Bezugsgröße Ost zugrunde.
Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des Sozialgerichts insoweit geändert, als das Alg unter Heranziehung der Bezugsgröße West zu ermitteln sei; im Übrigen hat es die Berufung des Klägers, mit der dieser eine Bemessung des Alg nach dem gezahlten Verletztengeld begehrt hat, zurückgewiesen und ausgeführt, dass es für dieses Begehren an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehle. Die Berechnungsmethode des § 132 SGB III aF begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Die Frage, ob das Vorliegen eines - Verletztengeldzahlungen auslösenden - Arbeitsunfalls der Zugrundelegung eines fiktiven Arbeitsentgelts entgegenstehe, sei vom Bundessozialgericht (BSG) noch nicht entschieden. Das LSG negiere seine Rechtsauffassung, dass § 131 Abs 1 S 1 SGB III aF dahingehend auszulegen sei, dass die Tage mit Bezug von Verletztengeld als Tage mit beitragspflichtigem Arbeitsentgelt zu gelten hätten. Bei der Frage, was Arbeitseinkommen "im Sinne der maßgeblichen Norm" sei, sei sein grundgesetzlicher Anspruch auf Gleichbehandlung zu beachten.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 17.3.2014 nicht.
Offenbleiben kann, ob sich dem Vorbringen des Klägers eine grundsätzlich klärungsfähige abstrakte Rechtsfrage entnehmen lässt. Denn jedenfalls hat er die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend dargetan.
Der Kläger beschränkt sich insoweit einerseits auf die Behauptung, das BSG habe sich mit der Streit entscheidenden Frage bisher nicht befasst, führt andererseits aber - auch vom LSG zitierte - Rechtsprechung des BSG dazu an, dass ua Erziehungsgeld und Rente wegen Erwerbsminderung dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt iS des § 131 Abs 1 S 1 SGB III aF nicht gleichstünden (B 11a AL 23/07 R - BSGE 100, 295 = SozR 4-4300 § 132 Nr 1; B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3 und - B 11 AL 19/10 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 7). Als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage aber auch dann angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden Begriffs - hier: des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts - aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 8; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2; Senatsbeschlüsse vom 7.12.2010 - B 11 AL 74/10 B - Juris RdNr 8 und vom 18.6.2013 - B 11 AL 41/13 B - Juris RdNr 5; stRspr; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 314 mwN).
Das BSG hat in seinem Urteil vom 21.7.2009 (B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3) zur fiktiven Bemessung in einem Fall Stellung genommen, in dem der Arbeitslose im Bemessungszeitraum Krankengeld (und Rente) bezogen und deshalb nicht an mindestens 150 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte. Das BSG hat dort keine Veranlassung gesehen, Tage des Bezugs von Krankengeld Tagen mit Bezug von Arbeitsentgelt gleichzustellen und weiter ausgeführt, das Alg solle als existenzsichernde Leistung dem Arbeitslosen angemessenen Ersatz für den Ausfall leisten, den er dadurch erleide, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz finde. Da sich der durch die Arbeitslosigkeit individuell eintretende Lohnausfall nicht konkret ermitteln lasse, sei es unter den genannten Voraussetzungen unvermeidlich, die Höhe des Alg nach typisierenden und pauschalierenden Merkmalen zu bestimmen. Dabei könne dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt - an dem es im entschiedenen Fall fehlte - grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne beigemessen werden, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeige, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte. Das werde in der Regel der Konzeption gerecht, das Alg als Entgeltersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Niveau auszurichten, das den auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard des Arbeitslosen vor Entstehung des Anspruchs repräsentiere, sodass vor dem Bemessungszeitraum erzielte höhere Verdienste des Arbeitslosen, für die entsprechende Beiträge entrichtet worden seien, regelmäßig keine Berücksichtigung mehr fänden. Obwohl es deswegen prinzipiell sachgerecht sei, wenn die Bemessung des Alg wegen der genannten Indizwirkung an das Nettoentgelt anknüpfe, das der Arbeitslose zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit im (ggf erweiterten) Bemessungszeitraum bezogen habe, versage diese Bemessungsmethode naturgemäß in den Fällen, in denen es - wie im entschiedenen - an einem vor der Arbeitslosigkeit erzielten Arbeitslohn mangele, sodass der Lohnausfall infolge der Arbeitslosigkeit und der deswegen zu erbringenden Lohnersatzleistung mit einer anderen Methode bemessen werden müsse. Das Gesetz bezwecke nur, dass das Alg seiner Entgeltersatzfunktion auch in Sonderfällen gerecht werde, und müsse nicht zwangsläufig zu einem niedrigeren Alg führen, als es sich nach dem in der Vergangenheit zuletzt erzielten Lohn ergäbe. Das Abstellen auf das pauschalierte Arbeitsentgelt nach Qualifikationsgruppen könne auch vorteilhaft sein. Dies gelte etwa in den Fällen, in denen vor Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wegen damals bestehender Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bzw -bereitschaft oder aus Arbeitsmarktgründen nur eine unterqualifizierte und daher schlechter bezahlte Beschäftigung ausgeübt worden sei, oder bei zwischenzeitlich erworbenen (zusätzlichen) Qualifikationen.
Die Beschwerde setzt sich mit dieser Entscheidung nicht auseinander, obgleich das Verletztengeld (vgl § 47 SGB VII) im Wesentlichen den Regeln des Krankengelds (§ 47 SGB V) folgt. Ebenso wenig erfolgt eine Auseinandersetzung mit den übrigen vom LSG zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen Entscheidungen des BSG.
Da es der Kläger versäumt aufzuzeigen, dass sich den zitierten Entscheidungen des BSG nicht hinreichende Anhaltspunkte für eine Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage entnehmen lassen, genügt die Beschwerdebegründung den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG an die Darlegung nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.