Entscheidungsdatum: 10.07.2014
Das sozialgerichtliche Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren ist ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren.
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Der Streitwert wird auf 15 300 Euro festgesetzt.
Die Beteiligten streiten wegen der Dauer eines Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahrens über einen Entschädigungsanspruch der Kläger nach dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl I 2302).
Die Kläger bezogen im Jahr 2009 als Bedarfsgemeinschaft Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie erhoben jeweils gemeinsam am 7.5.2009 drei auf Bescheidung von Widersprüchen gerichtete Untätigkeitsklagen zum SG (S 18 AS 854/09, S 18 AS 855/09 und S 18 AS 856/09) und erklärten diese am 2.6.2009 nach Erlass der Widerspruchsbescheide durch die zuständigen Leistungsträger (ARGE) in der Hauptsache für erledigt. Das SG hat die drei Verfahren am 3.6.2009 zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbunden (zugestellt am 8.6.2009). Am 4.6.2009 haben die Kläger das Kostengrundanerkenntnis der ARGE angenommen und die Verfahren am 4.6.2009 auch insoweit für erledigt erklärt.
Am 9.2.2010 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger unter Angabe des Rubrums der Untätigkeitsklagen und des Aktenzeichens des nach der Verbindung führenden Verfahrens (S 18 AS 854/09) Kostenfestsetzung für die drei erledigten Gerichtsverfahren in Höhe von insgesamt 615,18 Euro. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG setzte die den Klägern zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für eine Untätigkeitsklage auf 176,12 Euro fest, wobei sich aus den Gründen ergibt, dass der Urkundsbeamte von (nur) einer Untätigkeitsklage ausging (Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.5.2010). Hiergegen wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit der Erinnerung vom 12.5.2010 (S 10 SF 23/10 E); er rügte, dass der Urkundsbeamte statt von drei von nur einem abzurechnenden Verfahren ausgegangen sei, und beantragte nunmehr - unter Berücksichtigung sowohl der Kosten der drei Widerspruchsverfahren als auch der drei Gerichtsverfahren - die Festsetzung von insgesamt 2057,46 Euro. Nach einer Sachstandsanfrage im Oktober 2010 erhoben die Kläger - unter Angabe der drei ursprünglichen SG-Aktenzeichen - am 4.12.2011 Verzögerungsrüge in dem Erinnerungsverfahren. Mit Beschluss vom 25.1.2012 wies das SG die Erinnerung zurück und führte ergänzend aus, dass die von den Klägern für die zum führenden Aktenzeichen S 18 AS 854/09 verbundenen Ausgangsverfahren (S 18 AS 855/09 und 856/09) gestellten Anträge auf Kostenfestsetzung versehentlich noch nicht beschieden worden seien. Nach Erhalt der Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 25.1.2012 in den Verfahren S 18 AS 855/09 und S 18 AS 856/09 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 30.1.2012 das Erinnerungsverfahren für erledigt.
Dem Antrag der Kläger vom 8.2.2012, ihnen für eine beabsichtigte Entschädigungsklage wegen überlanger Verfahrensdauer der drei Kostenfestsetzungsverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen, hat das LSG mit Beschluss vom 11.10.2012 entsprochen. Sodann haben die Kläger am 18.10.2012 Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer erhoben und ausgeführt, dass auch die überlange Dauer von Kostenfestsetzungsverfahren Gegenstand einer Entschädigungsklage iS von § 198 GVG sein könne. Das Verfahren sei auch unangemessen lang gewesen, da es bereits mit Einlegung der Erinnerung entscheidungsreif gewesen sei.
Das LSG hat die Klage abgewiesen, weil das Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren kein Gerichtsverfahren darstelle, dessen ggf überlange Dauer nach § 198 Abs 1 GVG entschädigt werden könne. Zwar sei den Klägern für ihre Klageerhebung am 18.10.2012 unmittelbar nach Zustellung des PKH bewilligenden Beschlusses Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist des § 198 Abs 5 S 2 GVG zu gewähren. Eine mögliche Verzögerung der Kostenfestsetzung und des nachfolgenden Erinnerungsverfahrens könne jedoch weder im Rahmen der vorangegangenen Klageverfahren entschädigt werden, weil diese bereits durch die Erklärungen der Kläger vom 2.6.2009 erledigt gewesen seien, noch handele es sich um ein eigenständiges Gerichtsverfahren. Die Regelung des § 198 Abs 1 und Abs 6 Nr 1 GVG gehe von einem auf die Hauptsache ausgerichteten Verfahrensbegriff aus. Nebenverfahren nach deren Erledigung begründeten keinen eigenen Entschädigungsanspruch. Dem stehe nicht entgegen, dass § 198 Abs 6 Nr 1 GVG auch den vorläufigen Rechtsschutz sowie die Bewilligung von PKH erwähne, weil beide Verfahrensarten von besonderer Bedeutung für die Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs seien. Das streitgegenständliche Kostenfestsetzungsverfahren unterfalle entsprechend der Entscheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht dem Schutzbereich des Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Die Gegenauffassung stehe schließlich nicht in Einklang mit § 199 Abs 1 GVG, da diese Vorschrift die Anwendung des § 198 GVG ausdrücklich auf das Strafverfahren und die Vorbereitung der öffentlichen Klage beschränke und so Kostenfestsetzungsverfahren nach "§ 463b" (gemeint: § 464b) Strafprozessordnung (StPO) ausschließe (Urteil vom 6.3.2013).
Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung von § 198 Abs 1 S 1 und Abs 6 Nr 1 GVG. Entgegen der Auffassung des LSG stelle ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren ein bei Überlänge zu entschädigendes Gerichtsverfahren dar. Das LSG verkenne bei seiner systematischen Auslegung, dass durch die Sonderregel des § 199 GVG der Anwendungsbereich des § 198 GVG nur erweitert werden solle. Dem Wortlaut des § 199 GVG könne nicht entnommen werden, dass es Anspruchsberechtigte hinnehmen müssten, dass über ihre Kosten und Auslagen nicht in angemessener Zeit entschieden werde, ohne dass sie für diese Verzögerung eine Entschädigung erhalten könnten. Kostenfestsetzungsverfahren seien eigenständige Verfahren mit eigenständiger Hauptsache betreffend die Entscheidung über einen Kostenerstattungsanspruch. So werde vermieden, dass ein unangemessen lange dauerndes Kostenfestsetzungsverfahren zugleich das vorangegangene, abgeschlossene Hauptsacheverfahren verzögere. Die geforderte Entschädigung entspreche der Regelhöhe des § 198 Abs 2 S 3 GVG unter Zugrundelegung einer Verzögerung um 17 Monate pro Verfahren (17 x 3 = 51 Verzögerungsmonate pro Kläger x 3 Kläger = 153 Verzögerungsmonate x 100 Euro = 15 300 Euro).
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 15 300 Euro an die Kläger zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision der Kläger ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache dorthin begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG lassen eine abschließende Entscheidung des Senats nicht zu. Das LSG ist zu Recht von der Zulässigkeit der Entschädigungsklage ausgegangen; seine Feststellungen tragen jedoch die Annahme der Unbegründetheit nicht.
Materielle Rechtsgrundlage des von den Klägern gegen die Beklagte verfolgten Zahlungsanspruchs ist § 198 Abs 1 S 1 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Gerichtsverfahren im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren (§ 198 Abs 6 Nr 1 GVG).
1. § 198 GVG findet aufgrund der Übergangsregelung des Art 23 S 1 ÜGG vom 24.11.2011 (BGBl I 2302) auf den vorliegenden Fall Anwendung. Nach Art 23 S 1 ÜGG gilt dieses Gesetz ua auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten (gemäß Art 24 ÜGG am 3.12.2011) bereits anhängig waren (zeitlicher Anwendungsbereich der Vorschrift).
Dem Klageanspruch steht auch nicht entgegen, dass die Kläger ihre Entschädigungsklage erst am 18.10.2012 und damit mehr als sechs Monate nach Abschluss des Ausgangsverfahrens erhoben haben. Gemäß § 198 Abs 5 S 2 GVG muss die Klage zwar spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Dabei handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (so schon die Gesetzesbegründung, BT-Drucks 17/3802, S 22), sodass den Klägern durch das LSG auch nicht - wie rechtsfehlerhaft geschehen - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden konnte (vgl Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, A § 198 GVG RdNr 255; Zimmermann in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl 2013, § 198 GVG RdNr 74). Da ein Fristversäumnis nach der Gesetzesbegründung (aaO) "nur" zur Verwirkung des Anspruchs führen soll, hat das LSG jedoch im Ergebnis zutreffend auf den von den Klägern vor Ablauf der Klagefrist gestellten PKH-Antrag vom 8.2.2012 abgestellt, weil die Kläger unmittelbar nach Bewilligung von PKH Klage erhoben haben (vgl Ott, aaO, RdNr 258). Die Beklagte kann sich hier nach Treu und Glauben nicht auf den Eintritt von Verwirkung berufen, da sie durch den PKH-Antrag rechtzeitig Kenntnis von dem Entschädigungsbegehren der Kläger hatte. Insoweit lässt sich der Rechtsgedanke des § 204 Abs 1 Nr 14 BGB fruchtbar machen, wonach durch die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von PKH die Verjährung gehemmt wird. Auch in der Gesetzesbegründung (aaO) wird diesbezüglich unter Hinweis auf Rechtsprechung des BGH ausdrücklich auf die Möglichkeit der entsprechenden Anwendung einzelner Verjährungsvorschriften hingewiesen.
2. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) statthaft, ohne dass zuvor ein vom Gesetz nicht vorgesehener Verwaltungsakt (vgl § 198 Abs 5 GVG) zu ergehen hatte (vgl Senatsurteil vom 21.2.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75 = SozR 4-1720 § 198 Nr 1 RdNr 15). Dabei ist das LSG in der Sache zu Recht davon ausgegangen, dass ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach § 197 SGG im Hinblick auf § 198 GVG nicht als Teil des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens anzusehen ist (aA Wehrhahn, SGb 2013, 61 f). Denn es handelt sich um ein chronologisch nachgeordnetes Verfahren, das unter Umständen - wie im vorliegenden Fall - erst beginnt, nachdem der zeitliche Anwendungsbereich des § 198 Abs 6 Nr 1 GVG hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens bereits vollständig abgeschlossen ist.
Die von den Klägern ursprünglich erhobenen Untätigkeitsklagen waren bereits seit mehr als acht Monaten erledigt, als gemäß § 197 SGG Kostenfestsetzung beantragt wurde. Entscheidend ist jedoch, dass mit diesem Antrag ein anderer Anspruch zum Gegenstand einer Entscheidung des Gerichts gemacht wurde, der unabhängig vom Streitgegenstand des vorangegangenen Klageverfahrens ist. Anders als etwa eine Anhörungsrüge, die darauf abzielt, die Rechtskraft einer vorangegangenen Entscheidung zu beseitigen, und im Erfolgsfall zu einer Fortsetzung des an sich bereits erledigten Verfahrens führt (s zu den entschädigungsrechtlichen Konsequenzen BGH Urteil vom 21.5.2014 - III ZR 355/13 - NJW 2014, 2443 f = Juris RdNr 10 ff), setzt der Kostenfestsetzungsantrag ein selbstständiges Verfahren in Gang. Dieses ist von keinerlei Relevanz für den Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens.
Dem steht nicht entgegen, dass der EGMR, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, in der Vergangenheit die Gesamtverfahrensdauer verschiedentlich unter Einbeziehung des Kostenfestsetzungsverfahrens bewertet hat (s nur Urteil vom 4.2.2010 - 13791/06 - Juris). Denn § 198 GVG beinhaltet insoweit eine eigenständige, von der EMRK unabhängige Regelung. Diese geht zwar von einem an der Hauptsache orientierten Verfahrensbegriff aus, sodass nicht jeder einzelne Antrag oder jedes Gesuch im Zusammenhang mit dem verfolgten Rechtsschutzbegehren ein eigenständiges Verfahren darstellt (vgl BGH Urteil vom 5.12.2013 - III ZR 73/13 - RdNr 20; BGHZ 199, 190 = NJW 2014, 789, 790; Ott, aaO, RdNr 33 f). Hier hatten die Kläger jedoch ihre mit den Untätigkeitsklagen verfolgten Rechtsschutzziele bereits vollständig erreicht. Mit dem Umfang der (dem Grunde nach unstreitig) von der Beklagten der Ausgangsverfahren zu erstattenden Kosten wurde sodann ein neuer Streitgegenstand zur Entscheidung des Gerichts gestellt. Das Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach § 197 SGG folgt als ein eigenständiges Verfahren auf ein (uU bereits abgeschlossenes) vorangegangenes Hauptsacheverfahren und ist nach Sinn und Zweck des § 198 GVG nicht dessen Bestandteil.
3. Entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich bei einem Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren vor dem SG nach § 197 SGG um ein eigenständiges Gerichtsverfahren iS von § 198 Abs 1 S 1 GVG und nicht lediglich um einen unselbstständigen Annex zum vorangegangenen, abgeschlossenen Hauptsacheverfahren. Die insoweit maßgebenden Voraussetzungen der oben zitierten Legaldefinition des § 198 Abs 6 Nr 1 GVG sind erfüllt (im Ergebnis übereinstimmend etwa Althammer/Schäuble, NJW 2012, 1, 4 unter Hinweis auf die DAV-Stellungnahme Nr 26/2010, Mai 2010, dort unter 6 b; Breitkreuz, ASR 2012, 2, 3; Ott, aaO, RdNr 54; Söhngen, NZS 2012, 493, 495). Ebenso hat der erkennende Senat bereits mit Beschluss vom 27.6.2013 (B 10 ÜG 9/13 B - NZS 2013, 958, 959 = Juris RdNr 26) das Verfahren einer Nichtigkeitsklage als (eigenständiges) Gerichtsverfahren iS des § 198 Abs 6 Nr 1 GVG angesehen (vgl ferner die Rechtsprechung des BGH zum selbstständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs 2 ZPO: Urteil vom 5.12.2013 - III ZR 73/13 - RdNr 20; BGHZ 199, 190 = NJW 2014, 789).
a) Für ein weites Verständnis dieser Norm, das auch ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren einschließt, spricht bereits der Wortlaut des Gesetzes. Wenn dort ausdrücklich "jedes" Verfahren als potentiell entschädigungspflichtig benannt ist, duldet dies zunächst keine Ausnahme. Selbst die im zweiten Halbsatz des § 198 Abs 6 Nr 1 GVG getroffene Sonderregelung für das eröffnete Insolvenzverfahren bedeutet eher eine Konkretisierung als eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Entschädigungspflicht. Mit dem - in § 198 GVG durchgängig verwendeten - Begriff des Gerichtsverfahrens ist auch keine Beschränkung auf Verfahren verbunden, die mit einer richterlichen Entscheidung abgeschlossen werden.
Die Formulierung zur zeitlichen Begrenzung der (sodann auf ihre Angemessenheit zu untersuchenden) Verfahrensdauer in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG spricht ebenfalls nicht für ein engeres Verständnis des Anwendungsbereichs der Entschädigungspflicht. Maßgebend ist insofern der Zeitraum "von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss". Darunter ist die formelle Rechtskraft einer Entscheidung zu verstehen, sodass in die Verfahrensdauer auch der Zeitraum bis zur Zustellung des Urteils oder einer anderen das Verfahren abschließenden Entscheidung einbezogen ist (vgl bereits Senatsurteil vom 21.2.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - BSGE 113, 75, 78 = SozR 4-1720 § 198 Nr 1 RdNr 24 mwN). Zudem zeigt der allgemein gehaltene Begriff "Einleitung", dass "alle Formen, mit denen ein Verfahren in Gang gesetzt werden kann, unabhängig davon, ob dies durch Antrag oder Klageerhebung geschieht oder ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird" (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-Drucks 17/3802, S 22), in Betracht kommen sollen, um ein potentiell entschädigungspflichtiges Gerichtsverfahren in die Wege zu leiten. Das Kostenfestsetzungsverfahren wird nach § 197 SGG nur auf Antrag eines Beteiligten oder seines Bevollmächtigten eingeleitet. Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ergehen aufgrund eines eigenständigen gerichtlichen Verfahrens mit freigestellter mündlicher Verhandlung und sind der Rechtskraft fähig (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 197 RdNr 6, 9d). Diese tritt spätestens aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des SG im ggf anschließenden Erinnerungsver-fahren nach § 197 Abs 2 SGG iVm § 178 SGG ein.
b) Auch die historische Auslegung des § 198 GVG spricht für die Annahme, die Regelung habe einen weiten Anwendungsbereich. Mit dem ÜGG sollte der menschen- wie grundrechtlich fundierte Anspruch auf Erlangung effektiven Rechtsschutzes in angemessener Zeit einfachgesetzlich umgesetzt werden, um so eine Handhabe gegen überlange gerichtliche Verfahren sämtlicher Gerichtsbarkeiten zu schaffen. Der Gesetzgeber ist dabei der Einschätzung des BVerfG und des EGMR gefolgt, wonach das deutsche Bundesrecht zuvor in diesem Punkt lückenhaft war. Zur Verwirklichung der Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 GG und des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs gemäß Art 20 Abs 3 GG sowie des Rechts auf ein faires und zügiges Verfahren aus Art 6 Abs 1 EMRK und des in Art 13 EMRK verbürgten Rechts auf eine wirksame Beschwerde sollte mit dem ÜGG eine umfassende und möglichst lückenlose Regelung geschaffen werden (vgl zum Ganzen die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BT-Drucks 17/3802, S 1 f, 15 f). Für eine Beschränkung auf bestimmte Verfahrensarten, etwa Klageverfahren, finden sich in der Gesetzgebungsgeschichte keine Anhaltspunkte. Lediglich Richtervorlagen nach Art 100 GG, für die durch Art 2 ÜGG eine spezielle Regelung im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geschaffen wurde, und Vorlageverfahren an den EuGH, für die der deutsche Staat keine Haftung übernehmen könne, sollten den gerichtlichen Verfahren nicht zugerechnet werden (BT-Drucks 17/3802, S 22). Dem Gesetzgeber kam es bei der Definition des Begriffs Gerichtsverfahren in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG entscheidend darauf an, dass ein solches gerichtliches Verfahren einen eigenen Beginn hat (Einleitung durch Antrag, Klage oder von Amts wegen) und mit einer (rechtskräftigen) Endentscheidung abgeschlossen wird. In diesem Fall sollte ein "selbständiges Verfahren" vorliegen, wie gerade die Begründung für die Ausnahmen für auf Dauer angelegte Verfahren im Bereich des Insolvenzrechts und der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zeigt (vgl BT-Drucks 17/3802, S 23). Speziell für einem ursprünglichen Hauptsacheverfahren nachfolgende eigenständige Verfahren findet sich in den Gesetzesmaterialien ein weiterer Hinweis, der die Einschätzung des Senats bestätigt: "Wenn später weitere Endentscheidungen zu treffen sind, handelt es sich jeweils um neue (Gerichts-)Verfahren." (so die Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zur Ablehnung der Ergänzung des Wortlauts von § 198 Abs 6 Nr 1 GVG im Hinblick auf Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit; BT-Drucks 17/7217, S 27).
Entgegen der Ansicht des LSG folgt ein anderes Ergebnis auch nicht aus der Vorgeschichte des Gesetzgebungsverfahrens, die in dem angefochtenen Urteil im Ausgangspunkt zutreffend wiedergegeben wird. Anlass für die Schaffung des ÜGG waren zwar ua die Entscheidungen des EGMR vom 8.6.2006 in der Sache Sürmeli (Az 75529/01 - NJW 2006, 2389 ff), mit der dieser festgestellt hat, dass seinerzeit in der Bundesrepublik Deutschland pflichtwidrig kein wirksamer Rechtsbehelf iS von Art 13 EMRK gegen eine überlange Verfahrensdauer existierte, und vom 2.9.2010 in der Sache Rumpf (Az 46344/06 - NJW 2010, 3355 ff), mit der dieser der Bundesrepublik Deutschland aufgegeben hat, ohne Verzögerung und spätestens innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft seines Urteils einen oder mehrere Rechtsbehelfe gegen überlange Gerichtsverfahren einzuführen. Er hat jedoch stets betont, dass die nähere Ausgestaltung des nationalen Rechts Aufgabe der Konventionsstaaten ist. Obgleich die Gesetzgebungsgeschichte ersichtlich von der Motivation geprägt ist, den Vorgaben des EGMR zur Etablierung eines wirksamen Rechtsbehelfs im deutschen Recht gerecht zu werden, hält es der Senat für unproblematisch, wenn die Auslegung der mit Wirkung zum 3.12.2011 neu geschaffenen Regelungen der §§ 198 ff GVG zu von der Rechtsprechung des EGMR zu Art 6 EMRK abweichenden Ergebnissen führt. Zwar handelt es sich dabei um in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar geltendes Recht; es steht aber "nur" im Rang eines einfachen Bundesgesetzes (vgl Art 59 Abs 2 S 1 GG und dazu BVerfGE 74, 358, 370; 111, 307 ff). Dadurch kann es zu einer Verdrängung durch spätere Bundesgesetze kommen (eingehend Mellech, Die Rezeption der EMRK sowie der Urteile des EGMR in der französischen und deutschen Rechtsprechung, 2012). Soweit zur Vermeidung eines solchen Ergebnisses vor dem Hintergrund der Völkerrechtsfreundlichkeit des GG eine mittelbare Bindung des Bundesgesetzgebers an die EMRK und ihre Auslegung durch den EGMR erwogen wird, kann diese zumindest nicht dazu führen, dass es ihm verwehrt sein sollte, über die völkerrechtlich vereinbarten Anforderungen hinauszugehen.
Bei den durch das ÜGG eingeführten Entschädigungsregelungen der §§ 198 ff GVG handelt es sich um einen autonomen Teil des Bundesrechts, der unabhängig neben den menschen- und grundrechtlichen Garantien steht. Die einfachgesetzlichen Vorschriften sind daher zunächst nach den allgemeinen Regeln der juristischen Methodenlehre auszulegen. Kommt es dadurch - wie möglicherweise im vorliegenden Fall - zu einer Erweiterung des Schutzes gegen Verfahrensverzögerungen durch das nunmehr vorhandene einfache Gesetzesrecht, erscheint dies von vornherein unproblematisch. Daher kann die Argumentation des LSG letztlich nicht durchdringen, das darzulegen versucht hat, dass ein Kostenfestsetzungsverfahren, das einer Untätigkeitsklage in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende nachfolgt, nicht vom Schutzbereich des Art 6 EMRK umfasst ist. Darauf kommt es nicht an, weil der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der §§ 198 ff GVG ersichtlich nicht auf zivilrechtliche Streitigkeiten und Strafverfahren iS von Art 6 EMRK beschränkt hat.
c) Den (im Ergebnis restriktiven) Überlegungen des LSG und der Beklagten zur Gesetzessystematik kann sich der Senat ebenfalls nicht anschließen. Er hält zunächst die ausdrückliche Erwähnung der Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in § 198 Abs 6 Nr 1 GVG für unergiebig zur Beantwortung der Streitfrage, ob ein Kostenfestsetzungsverfahren ebenfalls vom Anwendungsbereich der Norm umfasst ist. Mit der diese Aufzählung einleitenden Formulierung "einschließlich" hat der Gesetzgeber lediglich die genannten Verfahren besonders hervorgehoben. Dies ist nach der Gesetzesbegründung ihrer Bedeutung für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes geschuldet (BT-Drucks 17/3802, S 22 f). Ein Ausschluss nicht eigens genannter Verfahren sollte damit aber nicht verbunden sein. Die gesetzliche Regelung hielte auch keinerlei Kriterien zur Beantwortung der Frage bereit, welche Verfahren aus ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen sein sollten. Es handelt sich also um eine exemplarische Nennung, die nicht als Basis für einen Umkehrschluss dienen kann. Sie belegt nur, dass nicht nur Klageverfahren erfasst werden.
Auch die weitere Begründung des LSG, das sozialgerichtliche Kostenfestsetzungsverfahren könne schon deshalb der Entschädigungsregelung des § 198 GVG nicht unterfallen, weil auch das strafprozessuale Kostenfestsetzungsverfahren durch § 199 Abs 1 GVG ausdrücklich aus dessen Anwendungsbereich ausgeschlossen sei, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Sie beruht schon im Ansatz auf einem rechtsfehlerhaften Verständnis des § 199 Abs 1 GVG. Dieser "erstreckt … den Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren" (so die Gesetzesbegründung: BT-Drucks 17/3802, S 23). Es handelt sich also - worauf die Revision zu Recht hinweist - um eine Vorschrift, die den Anwendungsbereich des § 198 Abs 1 GVG erweitert, indem sie auch die Entschädigung von Nachteilen ermöglicht, die infolge der unangemessenen Dauer eines staatsanwaltschaftlichen Verfahrens eingetreten sind. Eine Aussage zur Entschädigungspflicht für überlange strafprozessuale Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 464b StPO lässt sich der Norm schwerlich entnehmen - insoweit bleibt es bei der allgemeinen Regelung des § 198 Abs 6 Nr 1 GVG.
d) Schließlich spricht auch die teleologische Auslegung des § 198 GVG für die Annahme, der (weite) Anwendungsbereich der Norm umfasse auch Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach § 197 SGG. Die Entschädigungsregelung bezweckt einen umfassenden und möglichst lückenlosen (zunächst präventiven, notfalls kompensatorischen) Schutz gegen überlange Gerichtsverfahren (vgl auch BGH Urteil vom 21.5.2014 - III ZR 355/13 - NJW 2014, 2443 f = Juris RdNr 14). Eine Differenzierung nach dem materiellen Rechtsgrund des geltend gemachten Anspruchs, wie sie das LSG vorgenommen hat, lässt das Gesetz nicht zu. Sie ließe sich auch im Ergebnis nicht sachlich rechtfertigen. Die Bedeutung des Verfahrens für den Berechtigten ist nach der Systematik des § 198 GVG erstmals bei der Prüfung der Verfahrensdauer auf ihre Angemessenheit zu berücksichtigen. Damit geht aber kein Ausschluss aus dem sachlichen Anwendungsbereich der Entschädigungsregelung einher. Das erscheint konsequent, besteht doch im Ausgangspunkt auch für chronologisch der Erledigung eines Vorprozesses nachfolgende Nebenverfahren ein eigenständiges Interesse an einem zeitgerechten Abschluss. Zudem ist auch keine anderweitige Beschleunigungsmöglichkeit ersichtlich, mit der sich ein Antragsteller überlanger Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren erwehren könnte.
Den Schutzbereich der Garantie der Justizgewährung in angemessener Zeit hat das LSG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art 6 EMRK für solche Verfahren als eröffnet angesehen, in denen zuvor entstandene (dort nur zivilrechtliche) Ansprüche gerichtsförmig festgestellt werden. Diese (in anderen Randbereichen zu enge) Formel schließt entgegen der Ansicht des LSG ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach § 197 SGG aber nicht aus. Dieses dient wie ein übliches Erkenntnisverfahren der Titulierung einer (streitigen) Forderung und ist damit notwendige Voraussetzung, um es dem Gläubiger zu ermöglichen, notfalls ein Zwangsvollstreckungsverfahren zur Durchsetzung seines Anspruchs einzuleiten (vgl § 199 Abs 1 Nr 4 SGG). Die in der prozessrechtlichen Natur der Rechtsgrundlage (hier § 193 SGG) liegende Besonderheit des Kostenerstattungsanspruchs wirkt sich auf seine gerichtsförmige Feststellung nicht aus. Das vereinfachte Verfahren der Titulierung im Wege der Kostenfestsetzung steht grundsätzlich etwa auch einem Rechtsanwalt zur Durchsetzung vertraglicher Honoraransprüche gegen seinen Mandanten zur Verfügung. Die demgegenüber im vorliegenden Fall bestehende Besonderheit der inhaltlichen Abhängigkeit der Entscheidung von der in einem Vorprozess getroffenen Kostengrundentscheidung (bzw - wie hier - einem auf die Kostenerstattung bezogenen angenommenen Anerkenntnis) wirkt sich nicht auf die Charakterisierung der Entscheidungsfindung als Gerichtsverfahren aus. Es handelt sich lediglich um eine inhaltliche Frage, die den Prüfungsumfang im Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren bestimmt. Insoweit ist die prozessuale Situation nicht anders als in anderen Fällen, in denen Vorfragen bereits rechtskräftig geklärt sind (etwa in einem Höhenstreit nach Feststellung des Bestehens eines Zahlungsanspruchs dem Grunde nach).
4. Das LSG hat § 198 Abs 1 S 1 iVm Abs 6 Nr 1 GVG nicht als erfüllt angesehen und deshalb aus seiner Sicht konsequent die weiteren Voraussetzungen des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs nicht untersucht. Diese tatrichterliche Prüfung kann das BSG nicht selbst nachholen. Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Tatsachenfeststellungen (vgl § 163 SGG) ist dem Senat keine abschließende Beurteilung des streitgegenständlichen Anspruchs möglich. Daher ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache gemäß § 170 Abs 2 S 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung dorthin zurückzuverweisen.
a) Das LSG wird zunächst festzustellen haben, wie viele Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren Gegenstand der Entschädigungsklage sind. Die Kläger gehen - nicht zuletzt bei ihrer Berechnung der geforderten Entschädigungssumme - davon aus, dass es sich um drei parallele überlange Gerichtsverfahren gehandelt hat. Aktenkundig ist indes nur ein einziger Schriftsatz vom 9.2.2010, mit dem der Prozessbevollmächtigte der Kläger beim SG unter Angabe des Rubrums der Untätigkeitsklagen und des Aktenzeichens des nach der Verbindung führenden Klageverfahrens (S 18 AS 854/09) Kostenfestsetzung für alle drei erledigten Gerichtsverfahren in Höhe von insgesamt 615,18 Euro beantragt hat. Das damit eingeleitete Gerichtsverfahren iS von § 198 GVG hat nach Aktenlage seinen Abschluss am 30.1.2012 gefunden - auch hierzu wird das LSG genauere Feststellungen zu treffen haben.
b) Sodann wird das LSG zu ermitteln haben, wer Verfahrensbeteiligter dieses Gerichtsverfahrens war und wem dadurch die Aktivlegitimation für einen möglichen Entschädigungsanspruch gemäß § 198 Abs 1 S 1 GVG zusteht. Die damit verbundene Frage der personellen Reichweite des ÜGG hat der Gesetzgeber durch die Legaldefinition des § 198 Abs 6 Nr 2 GVG beantwortet (s hierzu BT-Drucks 17/3802, S 23). Danach ist Verfahrensbeteiligter iS von § 198 GVG jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind. Maßgebend ist demnach die Beteiligtenstellung in dem (als überlang monierten) Ausgangsverfahren. Insofern weist das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 197 SGG die Besonderheit auf, dass nicht nur die Beteiligten des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens, sondern auch deren Bevollmächtigte antragsberechtigt sind (vgl dazu Münker in Hauck/Behrend, SGG, § 197 RdNr 4, Stand Einzelkommentierung Dezember 2011).
c) Schließlich wird das LSG nach Ermittlung der hierfür maßgeblichen Umstände des Einzelfalls darüber zu befinden haben, ob das Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren von unangemessener Dauer war. Dabei sind die exemplarisch in § 198 Abs 1 S 2 GVG genannten Gesichtspunkte - Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter - zu berücksichtigen (dazu näher Senatsurteil vom 21.2.2013 - BSGE 113, 75, 78 ff = SozR 4-1720 § 198 Nr 1 RdNr 25 ff).
d) Sollte das LSG nach Durchführung der erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kläger Beteiligte eines oder mehrerer Gerichtsverfahren von unangemessener Dauer gewesen sind, bleibt als letzte Tatbestandsvoraussetzung zu prüfen, ob sie dadurch (kausal) einen Nachteil erlitten haben. Gemäß § 198 Abs 2 S 1 GVG wird dabei allerdings ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet. Zu ermitteln ist also nur, ob Anhaltspunkte bestehen, die geeignet sind, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen.
e) Was die von den Klägern geltend gemachte Entschädigung als Rechtsfolge des § 198 Abs 1 S 1 GVG angeht, weist der Senat in diesem Stadium des Verfahrens lediglich auf Folgendes hin: eine Entschädigungszahlung kann nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend ist, insbesondere durch die an keinen Antrag gebundene (§ 198 Abs 4 S 2 GVG) Feststellung einer unangemessen langen Verfahrensdauer. Letzteres hat der Gesetzgeber zB als ausreichend betrachtet, wenn das verzögerte Verfahren für den Beteiligten keine besondere Bedeutung hatte (vgl BT-Drucks 17/3802, S 20; Senatsurteil vom 21.2.2013 - BSGE 113, 75, 84 f = SozR 4-1720 § 198 Nr 1 RdNr 44 ff; BFHE 240, 516, 528 ff = Juris RdNr 56 ff; BVerwGE 147, 146, 165 f = Juris RdNr 57). Im Hinblick auf eine mögliche Verursachung immaterieller Nachteile dürfte ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach Erledigung des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens für dessen Beteiligte im Allgemeinen von untergeordneter Bedeutung sein. Im Mittelpunkt dürften finanzielle Interessen des Prozessbevollmächtigten stehen, der jedoch möglicherweise - was vom LSG noch festzustellen ist - nicht Beteiligter des Kostenfestsetzungsverfahrens war. Vor diesem Hintergrund ist eine genaue Differenzierung geboten, in wessen Person welche immateriellen Nachteile eingetreten sind, die eine Entschädigungszahlung rechtfertigen könnten.
5. Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
6. Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.