Entscheidungsdatum: 12.03.2013
Versicherte haben aufgrund des Aufstockungsverbots keinen Anspruch auf Zahlung eines Krankengeld-Spitzbetrags, wenn ihr Krankengeldanspruch in Höhe einer kraft gesetzlicher Bestimmung abgesenkten Entgelt- oder Entgeltersatzleistung ruht.
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Würzburg vom 9. Februar 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten des Verfahrens sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Beteiligten streiten über die Zahlung eines sog Krankengeld(Krg)-Spitzbetrags, der den Betrag des geleisteten Übergangsgeldes (Übg) übersteigt.
Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger war als Verwaltungsangestellter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er bezog vom 28.11.2005 bis 28.5.2007 wegen Arbeitsunfähigkeit (AU) Krg in Höhe von netto 33,81 Euro täglich, unterbrochen durch die Zahlung von Übg während einer vom Rentenversicherungsträger geleisteten stationären medizinischen Rehabilitation (Reha) vom 18.1. bis 15.2.2007 in Höhe von 30,72 Euro täglich. Die Beklagte lehnte es ab, für die Zeit der Reha den Krg-Spitzbetrag in Höhe von insgesamt 89,61 Euro zu gewähren, da der Anspruch auf Krg während des Bezugs von Übg in voller Höhe ruhe (Bescheid vom 22.8.2008, Widerspruchsbescheid vom 22.1.2009). Das SG hat die Beklagte zur Zahlung des Krg-Spitzbetrags verurteilt (Urteil vom 9.2.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Der Anspruch auf Krg ruhe während des Übg-Bezugs nur in Höhe des Übg-Betrags, sodass sich ein Anspruch auf den Krg-Spitzbetrag ergebe, wenn das Übg geringer als das Krg sei (Urteil vom 8.12.2011).
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 49 Abs 1 Nr 3, Abs 3 SGB V). Das in § 49 Abs 3 SGB V enthaltene Verbot, wonach aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung der Ruhenstatbestände nach § 49 Abs 1 SGB V nicht aufgestockt werden dürften, führe zum vollständigen Ruhen des Krg-Anspruchs.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Würzburg vom 9. Februar 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der nicht vertretene Kläger stellt keinen Antrag.
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben. Der mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig geltend gemachte Anspruch auf Krg bestand zwar auch für die Zeit des Übg-Bezugs (dazu 1.). Das Aufstockungsverbot (§ 49 Abs 3 SGB V) schließt wegen des zugleich bestehenden Anspruchs auf Übg aber einen Zahlungsanspruch auf den Krg-Spitzbetrag aus, weil das Krg in Höhe des Übg für die Dauer der Übg-Leistung ruht und nicht in Höhe des überschießenden Betrages aufgestockt werden darf (dazu 2.). Das Aufstockungsverbot widerspricht nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz (dazu 3.).
1. Rechtsgrundlage des Krg-Anspruchs sind § 44 und § 46 SGB V, seine Höhe bemisst sich nach § 47 SGB V. Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs waren nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) wegen des Versicherungsschutzes mit Anspruch auf Krg und ärztlich festgestellter AU auch in der Zeit vom 18.1. bis 15.2.2007 erfüllt. Der Kläger war bei Entstehen des Krg-Anspruchs (vgl zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes zB BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 4 RdNr 9 ) am 28.11.2005 als entgeltlich Beschäftigter nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig. Seine Mitgliedschaft bei der Beklagten und sein hieran anknüpfender Versicherungsschutz blieben ua für die Dauer seines Krg-Anspruchs erhalten (§ 192 Abs 1 Nr 2 SGB V). Es gibt keinen Grund dafür, anzunehmen, dass die Zahlung von Übg als hinzutretender, konkurrierender Tatbestand für das Fortbestehen der Mitgliedschaft (§ 192 Abs 1 Nr 3 SGB V) den Krg-Anspruch als Grundlage des Fortbestehens der Mitgliedschaft verdrängte.
Die Höhe des Krg-Anspruchs des Klägers belief sich nach den bindenden Feststellungen des LSG zu den Berechnungsgrundlagen (§ 163 SGG; regelmäßiges
2. Einem Zahlungsanspruch des Klägers auf Krg steht indes entgegen, dass der Krg-Anspruch in Höhe und für die Dauer der Übg-Leistung ruht (dazu a) und im Übrigen - hinsichtlich des Krg-Spitzbetrags - nicht aufgestockt werden darf (dazu b).
a) Nach Maßgabe des § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V (hier anzuwenden idF durch Art 4 Nr 3 Buchst b Verwaltungsvereinfachungsgesetz) ruht der Anspruch auf Krg, "soweit und solange" Versicherte ua Übg beziehen. Die Regelung erfasst unproblematisch auch Übg, welches - wie hier - von einem Träger der Rentenversicherung gewährt wird (dazu aa). Bliebe es allein bei dieser Regelung, wäre der geltend gemachte Anspruch auf den Krg-Spitzbetrag von insgesamt 89,61 Euro gegeben. Denn der Anspruch auf Übg beläuft sich auf täglich 30,72 Euro. Die Differenz zum Krg-Anspruch von täglich 33,81 Euro - entsprechend dem Krg-Spitzbetrag - beträgt kalendertäglich 3,09 Euro. Der Zahlungszeitraum umfasst 29 Tage (dazu bb).
aa) Wortlaut und Binnensystematik des § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V lassen durch die Einschränkung der Ruhensfolge "soweit und solange" keinen Zweifel daran aufkommen, dass nach dieser Regelung ein Krg-Anspruch lediglich für die Dauer und in Höhe der Übg-Zahlung ruht, nicht aber in Höhe des Krg-Spitzbetrages. Das zeigt sich insbesondere im Verhältnis zur abweichenden Regelung bei Elternzeit (§ 49 Abs 1 Nr 2 SGB V), Mutterschaftsgeld und Alg (§ 49 Abs 1 Nr 3a SGB V). Dort ist das Ruhen des Krg-Anspruchs nämlich allein durch die Dauer der Inanspruchnahme der konkurrierenden Sozialleistung oder ihres Surrogats ("solange") bestimmt, unabhängig von der Höhe ("soweit") dieser Leistung (vgl BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 2 RdNr 15 ff).
Entstehungsgeschichte und Normzweck untermauern ebenfalls das gefundene Auslegungsergebnis. Obwohl ursprünglich das Gesetz lediglich bestimmte, dass der Anspruch des Versicherten auf Krg ruht, solange er von der Beklagten Übg bezieht (vgl § 183 Abs 6 RVO idF des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12.7.1961, BGBl I 913), entschied der erkennende Senat: Ordnet eine Vorschrift das Ruhen eines Leistungsanspruchs wegen Hinzutritts eines weiteren Anspruchs an, so ruht der erste Anspruch nur bis zur Höhe des hinzutretenden Anspruchs selbst dann, wenn die Ruhensanordnung nicht ausdrücklich eine entsprechende Einschränkung (zB "insoweit") enthält (BSGE 44, 226, 228 = SozR 2200 § 1241 Nr 5 S 11 f). Der Gesetzgeber sah sich daraufhin veranlasst, durch Art 4 Nr 1 Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22.12.1981 (BGBl I 1497) die entgegen der Rechtsprechung gewollte Ruhensregelung auch des Krg-Spitzbetrags in § 183 Abs 6 RVO durch den Zusatz zu regeln, "und zwar auch insoweit als das Krankengeld höher ist als eine dieser Leistungen". Das BVerfG sah es als nicht mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar an, dass nach § 183 Abs 6 RVO ua der Bezug von Übg aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch insoweit zum Ruhen des Krg-Anspruchs führt, als dieses höher wäre, erklärte die Regelung aber nicht für nichtig (BVerfGE 79, 87 = SozR 2200 § 183 Nr 54, LS). Die anfänglich noch dem § 183 Abs 6 RVO nachgebildete Regelung des § 49 Abs 1 Nr 3 SGB V erhielt daraufhin die hier entscheidende Einschränkung "soweit und solange" durch Art 4 Nr 5 Buchst b Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989 (BGBl I 2261; hierzu BT-Drucks 11/5530 S 60).
bb) Das Übg beläuft sich auf täglich 30,72 Euro. Es berechnet sich für Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Reha erhalten (§ 20 Nr 1, § 21 Abs 1 SGB VI), nach § 46 SGB IX (hier anzuwenden in der zuletzt durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621, geänderten Fassung). Haben Leistungsempfänger - wie hier der Kläger - Krg bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen (§ 49 Halbs 1 SGB IX). Die in § 49 SGB IX bestimmte Übernahme der Bemessungsgrundlage beschränkt sich im Rahmen des gesetzlichen Kontinuitätsauftrags lediglich auf das der vorangegangenen Entgeltersatzleistung "bisher zugrunde gelegte Arbeitsentgelt", erstreckt sich also nicht auf die Höhe der Leistung. In welcher Höhe sich daraus (dh aus dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt) "ergänzende Leistungen zum Lebensunterhalt" während einer anschließenden Rehabilitations- bzw Teilhabemaßnahme ergeben, richtet sich - unter Berücksichtigung der für den Rehabilitationsträger jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze - nach den speziellen Regelungen für die nachfolgenden Leistungen in den jeweiligen besonderen Teilen des SGB (zB für das Übg nach § 46 Abs 1 SGB IX unter Zugrundelegung der dort angegebenen Prozentsätze des Regelentgelts bzw Nettoarbeitsentgelts; vgl zum Ganzen auch BSG SozR 4-3250 § 49 Nr 2 RdNr 34 f mwN). Das Übg beträgt für nicht durch familiäre Umstände privilegierte Leistungsempfänger - wie hier den Kläger - 68 vH des nach § 46 Abs 1 S 1 oder § 48 SGB IX maßgebenden Betrages (§ 46 Abs 1 S 3 Nr 1, Nr 2 SGB IX). Der Berechnung des Übg werden 80 vH des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt) zugrunde gelegt, höchstens jedoch das in entsprechender Anwendung des § 47 SGB IX berechnete Nettoarbeitsentgelt; hierbei gilt die für den Reha-Träger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze (§ 46 Abs 1 S 1 SGB IX).
b) Ein Anspruch auf einen Krg-Spitzbetrag ist indes ausgeschlossen, weil der Krg-Anspruch dem Aufstockungsverbot des § 49 Abs 3 SGB V unterliegt. Nach dieser durch Art 2 Nr 15 Beitragsentlastungsgesetz (BeitrEntlG) vom 1.11.1996 (BGBl I 1631) mit Wirkung vom 1.1.1997 (Art 5 BeitrEntlG) eingeführten und seitdem unveränderten Regelung dürfen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des § 49 Abs 1 SGB V nicht aufgestockt werden (dazu cc). Beide Voraussetzungen des Aufstockungsverbots sind erfüllt. Das Verbot setzt zunächst voraus, dass überhaupt ein in § 49 Abs 1 SGB V genannter Aufstockungsfall vorliegt (dazu aa). Zusätzlich müssen sich die Aufstockungsfälle auf solche Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen beziehen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurden (dazu bb).
aa) Die Ruhensanordnung für Krg wegen des Bezug von Übg betrifft einen der in § 49 Abs 1 SGB V genannten Aufstockungsfälle. Aufstockungsfälle erstrecken sich nach Wortlaut und systematischem Kontext auf sämtliche in § 49 Abs 1 SGB V genannten Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen, für die nach der Art der Ruhensanordnung ein zusätzlicher Anspruch auf einen Krg-Spitzbetrag in Betracht kommen kann (dazu oben II.2.a). Dies sind alle Ruhenstatbestände, die das Ruhen des Krg-Anspruchs nicht umfassend, nämlich für die zeitliche Dauer der konkurrierenden Leistung anordnen, sondern in diesem Zeitraum auf die Höhe der konkurrierenden Leistung beschränken. Das - hier betroffene - Übg löst - wie dargelegt (dazu oben II.2.a) - einen solchen der Höhe nach beschränkten Ruhenstatbestand aus.
bb) Das Übg bezieht sich auch auf einen Aufstockungsfall hinsichtlich einer solchen Entgeltersatzleistung, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurde. Leistungen werden in diesem Sinne gesenkt, wenn das Gesetz die Regeln über die Leistungen ändert und dadurch die Leistungen verringert, zB durch eine Senkung des Vomhundertsatzes (Brinkhoff in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 49 RdNr 67). Das Übg gehört zu den aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkten Entgeltersatzleistungen. Das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) senkte nämlich auch die Höhe des Übg zum 1.1.1997 von 75 auf 68 vH des Regelentgelts (vgl § 24 Abs 1 Nr 2 SGB VI idF durch Art 1 Nr 8 Buchst a DBuchst bb WFG vom 25.9.1996, BGBl I 1461; ab 1.4.2003: § 46 Abs 1 S 3 Nr 2 SGB IX).
cc) Folge des Aufstockungsverbots ist, dass die das Ruhen des Krg-Anspruchs verursachenden Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des § 49 Abs 1 SGB V nicht durch ergänzende Krg-Zahlungen aufgestockt werden dürfen. Das Aufstockungsverbot führt in diesem Sinne zum vollständigen Ausschluss eines Krg-Spitzbetrags in allen Fällen, aber auch nur in den Fällen, in denen Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen wie das Übg aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurden (vgl Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand November 2012, SGB V, § 49 RdNr 42, unter Äußerung rechtlicher Bedenken; Schulz in Orlowski/Rau/ Wasem/Zipperer, GKV-Kommentar, SGB V, Stand Juni 2012, § 49 RdNr 63). Es entspricht dem Wortlaut und dem gesetzlichen Regelungszweck, ein grundsätzlich umfassendes Aufstockungsverbot für alle betroffenen Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen anzunehmen, für die das Gesetz Absenkungen anordnet. Das durch Art 2 Nr 15 BeitrEntlG im Rahmen des "Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung" eingeführte Aufstockungsverbot sollte nach seiner Entstehungsgeschichte gewährleisten, dass gesetzliche Verminderungen von Entgelt- und Entgeltersatzleistungen aus Anlass dieses Programms im vollen gesetzlich vorgesehenen Umfang stattfinden. Sie sollten weder ganz noch teilweise zu Lasten der GKV gehen (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Beitragsentlastungsgesetz, BT-Drucks 13/5099 S 17, dort zu Art 2 Nr 14a der Beschlussempfehlung). Die Regelung erfolgte, auch wenn das Gesetz zeitgleich die Höhe des Krg von 80 auf 70 vH des Regelentgelts absenkte: Allein bei dieser Absenkung des Regelentgelts sollte es nicht verbleiben. Die Anknüpfung lediglich an Fälle, in denen Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen wie das Übg aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurden, erhellt zugleich, dass sich dem Gesetzgeber zum Erreichen seines Regelungsziels - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - eine weitergehende Abschaffung der Ruhenstatbestände der Höhe nach ("soweit") rechtstechnisch keineswegs anbot.
§ 49 Abs 3 SGB V sieht keine Beschränkung seines Anwendungsbereichs vor auf gesetzliche Verminderungen von mit Krg konkurrierenden Leistungen lediglich im Laufe eines aktuellen Krg-Bezugs (in diesem Sinne Brandts in Kasseler Komm, Stand Oktober 2012, SGB V, § 49 RdNr 49) oder im Umfang der Senkung der konkurrierenden Leistung (für diese teleologische Reduktion Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 2, Stand 1.1.2012, § 49 RdNr 123; unklar Joussen in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 49 RdNr 10).
3. Verfassungsrecht steht dem Verbot der Aufstockung hinsichtlich des hier betroffenen Personenkreises nicht entgegen. Insbesondere widerspricht die Regelung nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs 1 GG. Er ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Das Gewicht des Rechtfertigungsgrundes muss dabei zur Bedeutung der Benachteiligung in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr, vgl zB BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 12 RdNr 13 mwN). Zwar ist es für die Sozialversicherung von Verfassungs wegen auch bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen nicht geboten, dass eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt wird. Für unterschiedliche Leistungen an Versicherte mit gleicher Beitragsbelastung muss aber ein hinreichender sachlicher Grund bestehen (vgl BVerfGE 92, 53, 71 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 S 21; BVerfGE 102, 127, 142 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1 S 3 f).
Das BVerfG sieht speziell Ruhensbestimmungen für mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar an, wenn es um die Vermeidung eines Doppelbezugs von Leistungen gleicher Zweckbestimmung geht. Denn das Zusammentreffen mehrerer Leistungen kann zu einer Gesamthöhe der Bezüge führen, die sozialpolitisch unerwünscht ist. Der Empfänger erhielte unter Umständen weit mehr, als ihm die Sozialversicherung von ihrem Grundgedanken her verschaffen soll. Wie der Gesetzgeber im einzelnen unerwünschte Doppelleistungen verhindert, unterliegt weitgehend seiner Gestaltungsfreiheit (vgl BVerfGE 31, 185, 192 = SozR Nr 18 zu Art 14 GG; BVerfGE 79, 87, 98 = SozR 2200 § 183 Nr 54 S 157 mwN). Eine Gleichartigkeit der Leistungen entfällt nicht allein deshalb, weil die Berechnungsmodalitäten der Leistungen nicht in allen Einzelheiten übereinstimmen und die Ansprüche deshalb in ihrer Höhe nicht deckungsgleich sind. Es ist auch nicht verfassungsrechtlich geboten, die jeweils höchste Leistung uneingeschränkt zu gewähren. Es genügt, wenn eine anderweitige - der zum Ruhen gebrachten Leistung adäquate - soziale Absicherung besteht (vgl zum Ganzen BVerfGE 31, 185, 193 f = SozR Nr 18 zu Art 14 GG; BVerfGE 79, 87, 98 = SozR 2200 § 183 Nr 54 S 157 mwN). Hierbei ist nach der Rechtsprechung des BVerfG zu berücksichtigen, dass ein uneingeschränkter Anspruch auf den Krg-Spitzbetrag seinerseits Gleichheitsprobleme aufwerfen kann. So können beispielsweise im Verhältnis der Krankenversicherung zur Rentenversicherung bei Zahlung von Krankengeldspitzbeträgen Leistungsminderungen, die für das Übg vorgesehen sind, unterlaufen werden. Dadurch könnte bei einer Rehabilitationsmaßnahme der Fall eintreten, dass sich der arbeitsunfähige Versicherte besserstellt als der arbeitsfähige Versicherte, bei dem die Kürzungsbestimmungen zur Anwendung kommen (vgl BVerfGE 79, 87, 105 = SozR 2200 § 183 Nr 54 S 162 mwN).
Gemessen hieran greifen verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Aufstockungsverbot nicht durch. Es verweist den in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung pflichtversicherten abhängig Beschäftigten (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI) während der Dauer einer zu Lasten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführten stationären medizinischen Reha bei gleicher Bemessungsgrundlage auf den für das Übg maßgeblichen (nicht erhöhten) Vomhundertsatz von 68 des Regelentgelts, ohne dass er die Differenz zu dem für das Krg maßgeblichen Vomhundertsatz von 70 des Regelentgelts als Krg-Spitzbetrag von der KK verlangen kann. Das Übg in der genannten Höhe ist nach den dargelegten Grundsätzen eine anderweitige, der zum Ruhen gebrachten Leistung "Krg" adäquate soziale Absicherung.
Dabei berücksichtigt der erkennende Senat auch, dass das BVerfG die Absenkung des Krg auf 70 vom Hundert des Regelentgelts sowie die Festsetzung des Höchstbetrages des Krg (von bisher 100) auf 90 vH des Nettoarbeitsentgelts als verfassungskonform angesehen hat. Die Regelungen halten sich im Rahmen der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und dienen dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller zu erhalten und veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Hierbei hat es die Frage offengelassen, ob der Anspruch auf Krg vom Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG erfasst wird oder ob die genannten Absenkungen lediglich am Prüfungsmaßstab des Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Rechts- und Sozialstaatsgebot zu messen sind (vgl BVerfG SozR 3-2500 § 47 Nr 8 S 19 f und hierzu Hauck in DAI, 25. Sozialrechtliche Jahresarbeitstagung 2013, S 1 ff, 29, 32). Nichts anderes kann für die Absenkung des Übg von 75 auf 68 vH durch das zeitgleiche WFG auch mit Blick darauf gelten, dass mit einer stationären Reha-Maßnahme - worauf die Beklagte zutreffend verweist - in der Regel zusätzliche Leistungen durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht werden.
Der erkennende Senat muss vorliegend nicht über die weitere Frage entscheiden, ob und inwieweit das Aufstockungsverbot bei freiwillig Versicherten abweichend auszulegen ist (vgl hierzu BVerfGE 79, 87, 103 f = SozR 2200 § 183 Nr 54 S 160 f; BSGE 89, 283, 284 = SozR 3-2500 § 11 Nr 3 S 8 f; für den Bereich der Mindestbeitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung: Besprechungsergebnis der KK-Spitzenverbände vom 14./15.3.2002, Die Leistungen 2002, 490). Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass sich im Ergebnis nichts anderes für den Kläger ergäbe, wenn von einem Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X auszugehen wäre, wie es der Kläger ursprünglich beantragte.