Entscheidungsdatum: 26.04.2017
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2006 054 517
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…
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 26. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dipl.-Ing. Sandkämper und Dipl.-Phys. Dr.-Ing. Geier
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juli 2013 aufgehoben und das Patent beschränkt aufrecht erhalten mit folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 19. April 2017,
- neue Beschreibung S. 2/8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 26. April 2017,
- ansonsten Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 3 der Patentschrift.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
I
Die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Prüfung eines Einspruchs das am 20. November 2006 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der deutschen Anmeldung DE 10 2005 059 408.5 vom 13. Dezember 2005 angemeldete Patent 10 2006 054 517, dessen Erteilung am 26. Januar 2012 veröffentlicht wurde, mit der Bezeichnung
„Drehmomentübertragungseinrichtung“
mit einem am Ende der mündlichen Anhörung vom 16. Juli 2013 verkündeten Beschluss widerrufen. Eine das Erstellungsdatum 19. November 2013 tragende Beschlussbegründung wurde jeweils getrennt für die Einsprechende und für die Patentinhaberin am 19. November 2013 von den Unterzeichnenden signiert und anschließend zugestellt. Eine unterschriebene oder signierte Urfassung der Beschlussbegründung liegt in der elektronischen Akte des Deutschen Patent- und Markenamts nicht vor.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2013 eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin, die am 16. Dezember 2013 eingegangen ist.
Mit gerichtlichem Hinweis vom 10. Oktober 2016 hat der Senat auf seine Bedenken hinsichtlich des Fehlens einer Urschrift des angefochtenen Beschlusses hingewiesen und mitgeteilt, dass er aufgrund einer zwischenzeitlich geänderten Verfahrensweise beim Deutschen Patent- und Markenamt beabsichtige, das Beschwerdeverfahren mit dem Ziel einer Entscheidung in der Hauptsache fortzusetzen, sofern innerhalb einer gesetzten Frist keine Stellungnahme der Beteiligten erfolge. Eine Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten ist nicht eingegangen.
Die Beschwerdeführerin verteidigt ihr Patentbegehren zuletzt im Umfang eines neuen Haupt- sowie eines neuen Hilfsantrages 1. Sie ist insbesondere der Auffassung, dass die in dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beanspruchte Drehmomentübertragungseinrichtung in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart sei, sowie gegenüber dem druckschriftlich belegten Stand der Technik neu sei wie auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
In der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2017 beantragte die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin zuletzt,
den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juli 2013 aufzuheben und das Patent aufrecht zu erhalten mit folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schriftsatz vom 19. April 2017,
- Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 3 wie Patentschrift
hilfsweise das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 19. April 2017,
- neue Beschreibung S. 2/8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 26. April 2017,
- ansonsten Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 3 der Patentschrift.
Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin beantragt in der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2017 zuletzt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, dass sowohl der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag wie auch der Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hauptantrag Merkmale beinhalte, die den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen in unzulässiger Weise verallgemeinerten, so dass eine unzulässige Erweiterung vorläge. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht mehr neu gegenüber den Druckschriften
D3: DE 10 2004 052 665 A1 und
D4: DE 10 2004 011 058 A1.
Zumindest sei er jedoch durch eine Zusammenschau der Druckschriften D3 oder D4 mit einem Fachbuchauszug gemäß der Druckschrift
D8: Europa-Lehrmittel: Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik, 27. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2001, S. 403 - 405, ISBN 3-8085-2067-1.
nahe gelegt.
Bezüglich der unzulässigen Erweiterung gelte dies gleichermaßen auch für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sowie für den Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag 1. Zumindest sei jedoch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 durch eine Zusammenschau der Druckschriften D3 oder D4 mit einem Fachbuchauszug gemäß der Druckschrift D8 nahe gelegt.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang (1) eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Antriebseinheit (3) und einem Getriebe (5) angeordneten Drehmomentwandler (6), der ein um eine Drehachse (27) drehbares Wandlergehäuse (28) aufweist, das drehfest mit der Antriebseinheit (3) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehfeste Verbindung zwischen der Antriebseinheit (3) und dem Wandlergehäuse (28) ein Verbindungselement (16, 56, 76) mit einem rohrförmigen Verbindungsabschnitt (15; 55; 75) umfasst, das koaxial zu der Drehachse des Wandlergehäuses (28) angeordnet ist, wobei das Verbindungselement (15, 16) an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist und wobei das Verbindungselement eine Aussparung radial außerhalb des Verbindungselementes und in axialer Richtung zwischen der Antriebseinheit und dem Wandlergehäuse in der Weise erzeugt, daß das Verbindungselement eine Durchführung einer Antriebswelle, die von einem Differential ausgeht, senkrecht zur Drehachse zwischen einem Antriebsblech und dem Wandlergehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht und wobei an dem dem Wandlergehäuse (28) abgewandten Ende des Verbindungselements (16; 56; 76) ein Mitnehmerblech (12; 52; 72) befestigt ist und wobei zur Zentrierung des Drehmomentwandlers (6) zu der Antriebseinheit (3) ein Zentrierelement (20; 60; 80) vorgesehen ist und das Zentrierelement (20; 60; 80) axial in Richtung einer Kurbelwelle über das Mitnehmerblech (12; 52; 72) hinaus ragt.
Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 11 gemäß Hauptantrag an, wobei Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag lautet:
Drehmomentübertragungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass von dem dem Wandlergehäuse (28) zugewandten Ende des Verbindungselements (15,16) ein Befestigungsflansch (24) ausgeht, der an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist und der Befestigungsflansch (24) mehrere Zentriernasen (26) aufweist, die in Zentriervertiefungen eingreifen, die in dem Wandlergehäuse (28) vorgesehen sind.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang (1) eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Antriebseinheit (3) und einem Getriebe (5) angeordneten Drehmomentwandler (6), der ein um eine Drehachse (27) drehbares Wandlergehäuse (28) aufweist, das drehfest mit der Antriebseinheit (3) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehfeste Verbindung zwischen der Antriebseinheit (3) und dem Wandlergehäuse (28) ein Verbindungselement (16, 56, 76) mit einem rohrförmigen Verbindungsabschnitt (15; 55; 75) umfasst, das koaxial zu der Drehachse des Wandlergehäuses (28) angeordnet ist, wobei das Verbindungselement (15, 16) an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist und wobei das Verbindungselement eine Aussparung radial außerhalb des Verbindungselementes und in axialer Richtung zwischen der Antriebseinheit und dem Wandlergehäuse in der Weise erzeugt, daß das Verbindungselement eine Durchführung einer Antriebswelle, die von einem Differential ausgeht, senkrecht zur Drehachse zwischen einem Antriebsblech und dem Wandlergehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht und wobei an dem dem Wandlergehäuse (28) abgewandten Ende des Verbindungselements (16; 56; 76) ein Mitnehmerblech (12; 52; 72) befestigt ist und wobei zur Zentrierung des Drehmomentwandlers (6) zu der Antriebseinheit (3) ein Zentrierelement (20; 60; 80) vorgesehen ist und das Zentrierelement (20; 60; 80) axial in Richtung einer Kurbelwelle über das Mitnehmerblech (12; 52; 72) hinaus ragt und das dem Wandlergehäuse (28) abgewandte Ende des Verbindungselements (15,16) durch eine Abschlusswand (18; 58; 78) geschlossen ist, wobei die Abschlusswand (18; 58; 78) das Zentrierelement (20; 60; 80) aufweist.
Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1 an, wobei Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 dem Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag entspricht.
Wegen des Wortlauts der jeweiligen weiteren Unteransprüche, der angepassten Beschreibung gemäß Hilfsantrag 1 sowie zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Folgende weitere Druckschriften befinden sich im Verfahren: |
D1: DE 103 49 652 A1, |
D9: DE 198 57 232 C1. |
II
1. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 73 Abs. 1 und 2 Satz 1 PatG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG).
Insbesondere liegt ein beschwerdefähiger Beschluss vor, da der Beschluss über den Widerruf des angegriffenen Patents mit seiner Verkündung am Ende der mündlichen Anhörung vor der Patentabteilung (§ 47 Abs. 1 Satz 2 PatG) auch ohne Unterschrift bzw. Signatur der an der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder der Patentabteilung existent und infolgedessen anfechtbar geworden ist (vgl. BPatG Beschluss vom 19. Februar 2014, 19 W (pat) 16/12; BGHZ 137, 49 – Elektrischer Winkelstecker II).
2. In der Sache hat die Beschwerde insoweit Erfolg, als dass sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zu einer beschränkten Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hilfsantrag 1 führt, denn weder sind die Gegenstände der zugehörigen Patentansprüche in unzulässiger Weise erweitert, noch ist dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik am Anmeldetag des Streitpatents eine hinreichende Anregung für einen Gegenstand mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 zu entnehmen oder dieser gar vollständig vorbekannt.
3. Die Beteiligten des Verfahrens haben sich geändert. Zwar ist eine solche Änderung ohne Zustimmung der jeweiligen Gegenseite nur unter engen Voraussetzungen möglich, die hier aber erfüllt sind:
Patentinhaberin war ursprünglich die S… GmbH & Co. KG in H…, deren Stellung im Folgenden durch Umwandlung der Rechtsform auf die S… AG & Co. KG in H… übergegangen ist.
Damit ist in zulässiger Weise eine Änderung der Beteiligtenstellung eingetreten, was in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen worden ist.
4. Der Senat hat von einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG abgesehen, obwohl vorliegend Verfahrensfehler bei der Erstellung und Ausfertigung des elektronischen Beschlussdokuments feststellbar sind. Insbesondere ist in der dem Bundespatentgericht vom Deutschen Patent- und Markenamt per File-Transfer übermittelten elektronischen Patentakte kein wirksam signiertes elektronisches Beschluss-Urdokument der am 19. November 2013 erstellten Beschlussbegründung enthalten und der Beschluss daher mit einem Begründungsmangel behaftet (vgl. BPatG Beschluss vom 19. Februar 2014, 35 W (pat) 413/12; BPatG Beschluss vom 24. November 2014, 19 W (pat) 17/12).
Inzwischen hat jedoch das Deutsche Patent- und Markenamt die anfängliche Methodik und Technik der elektronischen Aktenführung in einer Weise geändert, die nach Ansicht des hier entscheidenden Senats den rechtlichen Bedenken Rechnung trägt, die in der vorgenannten Entscheidung des 35. Senats der Grund für die Zurückverweisung war.
In dieser Veränderung der elektronischen Aktenführung beim Deutschen Patent- und Markenamt wird eine wesentliche neue Tatsache gesehen, die es erlaubt, von der möglichen Zurückverweisung nach § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG im vorliegenden Beschwerdeverfahren abzusehen und das Verfahren in der Hauptsache fortzusetzen. Denn jetzt können die etwa bestehenden Verfahrensmängel nur noch als die Folge der anfänglichen, rechtlich bedenklichen und inzwischen zeitlich begrenzten Praxis des Deutschen Patent- und Markenamt eingeordnet werden, die mit der neuen Praxis des Amtes überwunden wurde (ähnlich Beschluss des 20. Senats vom 12.05.2014, Az.: 20 W (pat) 28/12).
5. Das Streitpatent betrifft eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Antriebseinheit und einem Getriebe angeordneten Drehmomentwandler, der ein um eine Drehachse drehbares Wandlergehäuse aufweist, das drehfest mit der Antriebseinheit verbunden ist. Eine solche Drehmomentübertragungseinrichtung sei beispielsweise aus der Druckschrift D2 bekannt (vgl. Absatz [0001] der Streitpatentschrift, im folgenden SPS genannt).
Die Aufgabe der Erfindung sei es, eine bezüglich des Bauraums optimierte Drehmomentübertragungseinrichtung zu schaffen, die einfach aufgebaut und kostengünstig herstellbar ist (vgl. Absatz [0002] der SPS).
Diese Aufgabe werde durch eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 gelöst (vgl. Absatz [0003] der SPS).
6. Als Fachmann ist bei der nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik sowie dem Verständnis der Erfindung von einem Durchschnittsfachmann auszugehen, der als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau ausgebildet ist. Dieser ist auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Antriebssträngen bzw. Antriebsstrangkomponenten für Kraftfahrzeuge tätig und verfügt auf diesem Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung.
7. Hauptantrag
Der mit Hauptantrag verteidigte Anspruchssatz konnte nicht zum Erfolg führen, weil mit diesem das Streitpatent in unzulässiger Weise neu gestaltet wird.
Bei der Verteidigung eines Patents in veränderter Fassung im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren ist die Zulässigkeit dieser Fassung ohne Beschränkung auf die gesetzlichen oder die geltend gemachten Widerrufsgründe zu prüfen (BGH, Beschluss vom 3. Februar 1998 – X ZB 6/97 –, GRUR 1998, 901 – Polymermasse).
Das Einspruchsverfahren dient hierbei allein der Prüfung der Widerrufsgründe und nicht der generellen Überarbeitung bzw. Gestaltung eines Patents. Somit besteht für den Patentinhaber jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis noch nach Patenterteilung im Rahmen des Einspruchs-Beschwerdeverfahrens bzw. Einspruchsverfahrens einen neuen echten Unteranspruch aufzustellen, dessen kennzeichnendes Merkmal in den erteilten Patentansprüchen weder enthalten noch irgendwie angesprochen, sondern allein der Beschreibung zu entnehmen ist, wenn das Patent nicht auch durch eine Neufassung des Hauptanspruchs zugleich beschränkt verteidigt wird (BPatG, Beschluss vom 12. Dezember 2000 – 34 W (pat) 30/00 –, BPatGE 43, 230-232 – Spülgut – in Verbindung mit BPatG, Beschluss vom 21. November 2001 – 20 W (pat) 17/00 –, BPatGE 44, 240-253 – erstes Impulssignal).
Ein solcher echter Unteranspruch ohne beschränkten Hauptanspruch liegt hier vor.
Die Beschwerdeführerin verteidigt ihr Patent mit den mit Schriftsatz vom 19. April 2017 eingereichten geänderten Patentansprüchen 1 bis 11 gemäß Hauptantrag.
Während der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, als einziger unabhängiger Patentanspruch, wörtlich dem erteilten Patentanspruch 1 entspricht, ist in den Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag, aufgrund seiner Rückbezüge sowohl formell wie auch inhaltlich einen Unteranspruch darstellend, gegenüber dem erteilten Patentanspruch 3 das nicht aus den erteilten Patentansprüchen hervorgehende Merkmal zusätzlich aufgenommen, wonach „von dem dem Wandlergehäuse (28) zugewandten Ende des Verbindungselements (15, 16) ein Befestigungsflansch ausgeht, der an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist“. Damit wurde dem Patentanspruch 3 als Unteranspruch ein Merkmal hinzugefügt während der Hauptanspruch in unveränderter Form verteidigt wird.
8. Hilfsantrag 1
In der Fassung des Hilfsantrags 1 erweist sich der auf eine Drehmomentübertragungseinrichtung gerichtete Patentanspruch 1 als bestandsfähig, denn dieser ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart, sowie weder vorbekannt noch durch den Stand der Technik nahe gelegt. Dies gilt ebenso für die Weiterbildungen nach den darauf rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 9.
8.1 Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben.
Oa Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang (1) eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Antriebseinheit (3) und einem Getriebe (5) angeordneten Drehmomentwandler (6),
Ob der ein um eine Drehachse (27) drehbares Wandlergehäuse (28) aufweist,
Oc das drehfest mit der Antriebseinheit (3) verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
Ka die drehfeste Verbindung zwischen der Antriebseinheit (3) und dem Wandlergehäuse (28)
Kb ein Verbindungselement (16, 56, 76) mit einem rohrförmigen Verbindungsabschnitt (15; 55; 75) umfasst,
Kc das koaxial zu der Drehachse des Wandlergehäuses (28) angeordnet ist,
Kd wobei das Verbindungselement (15, 16) an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist und
Ke wobei das Verbindungselement eine Aussparung radial außerhalb des Verbindungselementes und in axialer Richtung zwischen der Antriebseinheit und dem Wandlergehäuse in der Weise erzeugt,
Kf dass das Verbindungselement eine Durchführung einer Antriebswelle, die von einem Differential ausgeht, senkrecht zur Drehachse zwischen einem Antriebsblech und dem Wandlergehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht und
Kg wobei an dem dem Wandlergehäuse (28) abgewandten Ende des Verbindungselements (16; 56; 76) ein Mitnehmerblech (12; 52; 72) befestigt ist und
Kh wobei zur Zentrierung des Drehmomentwandlers (6) zu der Antriebseinheit (3) ein Zentrierelement (20; 60; 80) vorgesehen ist
Ki und das Zentrierelement (20; 60; 80) axial in Richtung einer Kurbelwelle über das Mitnehmerblech (12; 52; 72) hinaus ragt
Kj und das dem Wandlergehäuse (28) abgewandte Ende des Verbindungselements (15, 16) durch eine Abschlusswand (18; 58; 78) geschlossen ist, wobei die Abschlusswand (18; 58; 78) das Zentrierelement (20', 60', 80) aufweist.
8.2 Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert regelmäßig eine Auslegung des Patentanspruchs, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind (BGH – Polymerschaum, Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 117/11 –, BGHZ 194, 107-120, BPatGE 53, 299-300). Dies gilt auch für das Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren. Dazu ist zu ermitteln, was sich aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellten technische Lehre ergibt, wobei der Fachmann auch die Beschreibung und Zeichnung heranzuziehen hat (BGH – Informationsübermittlungsverfahren, Beschluss vom 17. April 2007 – X ZB 9/06 –, BGHZ 172, 108-118, BPatGE 2008, 291).
Der vorstehend definierte Fachmann entnimmt dem geltenden Patentanspruch 1 eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Antriebseinheit und einem Getriebe angeordneten Drehmomentwandler, der ein um eine Drehachse drehbares Wandlergehäuse aufweist. Dieses ist mittels einer drehfesten Verbindung zwischen der Antriebseinheit und dem Wandlergehäuse drehfest mit der Antriebseinheit verbunden (Merkmale Oa, Ob, Oc, Ka).
Die drehfeste Verbindung umfasst gemäß den Merkmalen Kb, Kc, Kd und Kg ein Verbindungselement mit einem rohrförmigen Verbindungsabschnitt, wobei das Verbindungselement koaxial zu der Drehachse des Wandlergehäuses angeordnet sowie an dem Wandlergehäuse befestigt ist und an welchem an dem dem Wandlergehäuse abgewandten Ende ein Mitnehmerblech befestigt ist.
Die beanspruchte Befestigung kann dabei die feste Verbindung zweier getrennter Bauteile herstellen, so wie es exemplarisch für das in der Figur 1 dargestellte erste Ausführungsbeispiel beschrieben ist und bei dem das dortige separat ausgebildete Mitnehmerblech 12 mit dem ebenfalls separaten Verbindungselement 16 verschweißt ist (vgl. Absatz [0023] der Beschreibung). Sie kann aber auch durch eine einstückige Verbindung miteinander realisiert sein, wie dies zum einen das erfindungsgemäß zweite, in Figur 2 offenbarte Ausführungsbeispiel zeigt, bei welchem das Mitnehmerblech 52 und das Verbindungselement 56 einstückig im Sinne eines elementaren Bauteils ausgebildet sind (vgl. Absatz [0027] der Beschreibung), und zum anderen dem geltenden Patentanspruch 6 als Unteranspruch zu dem geltenden Patentanspruch 1 zu entnehmen ist.
Die rohrförmige Ausbildung des in dem Verbindungselement umfassten Verbindungsabschnitts ist für den Fachmann im Sinne eines rotationssymmetrischen Hohlkörpers zu sehen, denn nur ein rotationssymmetrisches geformtes Bauteil ist geeignet, die von der Antriebseinheit ausgehende Drehbewegung über das Verbindungselement und den Verbindungsabschnitt auf das Wandlergehäuse in dynamischer Hinsicht optimal zu übertragen. Die der Figur 1 entnehmbare, in Absatz [0022] beschriebene und somit auf das erste Ausführungsbeispiel bezogene Gestalt des Verbindungselements in Form eines Kreiszylindermantels steht hierzu nicht im Widerspruch, denn auch ein Kreiszylindermantel ist ein rotationssymmetrischer Hohlkörper. Allein aus Ausführungsbeispielen darf allerdings nicht auf ein engeres Verständnis des Patentanspruchs geschlossen werden, als es dessen Wortlaut für sich genommen nahe legt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll (BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 – X ZR 153/05 –, Mehrgangnabe).
Der Auffassung, dass die Rohrförmigkeit des Verbindungsabschnitts ferner dadurch gekennzeichnet ist, dass dessen Durchmesser deutlich kleiner sei als dessen Länge, so wie es die Beschwerdegegnerin in ihrem Schriftsatz vom 19. April 2017 unter Punkt 3.2.2 ausführt, kann jedoch nicht zugestimmt werden. So offenbaren auch die erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiele Verbindungsabschnitte, deren Durchmesser deutlich größer als dessen Länge ist. Der Figur 1 ist in diesem Zusammenhang exemplarisch zu entnehmen, dass der dort dargestellte Verbindungsabschnitt 15 etwa eine Länge aufweist, die durch den Überdeckungs- bzw. Befestigungsbereich mit dem Mitnehmerblech 14 vorgegeben und die deutlich kleiner als dessen Durchmesser ist.
Das Verbindungselement ist im Weiteren derart ausgebildet, dass es eine Aussparung, die radial außerhalb des Verbindungselementes und in axialer Richtung zwischen der Antriebseinheit und dem Wandlergehäuse gelegen ist, in der Weise erzeugt, dass das Verbindungselement eine Durchführung einer Antriebswelle, die von einem Differential ausgeht, senkrecht zur Drehachse zwischen einem Antriebsblech und dem Wandlergehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht (Merkmale Ke, Kf).
Gemäß den Merkmalen Kh, Ki und Kj ist zur Zentrierung des Drehmomentwandlers zu der Antriebseinheit ein Zentrierelement vorgesehen. Dieses ist an einer Abschlusswand angeordnet, die das dem Wandlergehäuse abgewandte Ende des Verbindungselements schließt. Dabei ragt das Zentrierelement axial in Richtung einer Kurbelwelle über das Mitnehmerblech hinaus.
Die durch das Zentrierelement bewirkte Zentrierung gewährleistet dabei eine räumliche Lageorientierung des Drehmomentwandlers zu der Antriebseinheit in der Art und Weise, dass sich die Drehachse des Drehmomentwandlers bzw. dessen Wandlergehäuses und die Drehachse der Antriebseinheit im Bereich der Zentrierung zumindest schneiden und so ausgerichtet werden, dass kein Achsversatz zwischen den beiden Drehachsen auftritt.
Soweit die Beschwerdegegnerin die beanspruchte Zentrierung allerdings derart beschränkend auslegt, dass diese nicht nur als einen Achsversatz vermeidend, sondern darüber hinaus auch zwingend als eine Koaxialität der beiden Achsen herstellend auszulegen ist, kann ihr darin nicht gefolgt werden. So wird in den Ausführungsbeispielen das von der Antriebseinheit bewirkte Drehmoment nicht über die Zentrierung, sondern über das zwischen der Antriebseinheit und dem Verbindungselement angeordnete Antriebsblech und das daran befestigte Mitnehmerblech übertragen. Das Antriebsblech ist dabei als „flex plate“ ausgebildet (vgl. Absatz [0021]). Eine derartige Flexplatte ist für den Fachmann ein im Wesentlichen flächig ausgebildetes Bauelement, das auf Grund seiner inhärenten Flexibilität insbesondere zum Ermöglichen einer Relativtaumel- bzw. Kippbewegung vorteilhaft ist. Insofern mag in den Figuren 1 bis 3 eine koaxiale Anordnung der Antriebsdrehachse und der Drehachse des Wandlergehäuses abgebildet sein, aufgrund des Einsatzes des als flex plate ausgebildeten Antriebsblechs ist jedoch eine leichte Verkippung der beiden Drehachsen zueinander möglich. Diese Kippbewegung kann auch nicht durch die in den Ausführungsbeispielen dargestellte Form des Zentrierelements unterbunden werden, denn dieses ist gemäß Absatz [0022] pilzförmig ausgebildet und weist daher, wie auch den Figuren entnehmbar, nur eine kleine unmittelbare Kontaktfläche mit der Antriebseinheit, hier der Bohrung in der Kurbelwelle, auf.
8.3 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist zulässig, denn dessen Gegenstand ist in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart sowie auch beschränkt gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung.
Der Senat legt zur Beurteilung des Inhalts der Anmeldung in der ursprünglichen eingereichten Fassung die damit vollständig übereinstimmende Offenlegungsschrift DE 10 2006 054 517 A1, im folgenden OS genannt, zugrunde.
Die Merkmale Oa, Ob, Oc, Ka und Kc gehen unmittelbar und wörtlich aus dem ursprünglichen Patentanspruch 1 hervor. Das darüber hinaus noch in diesem enthaltene Merkmal, wonach das Wandlergehäuse ein im Wesentlichen rohrförmiges Verbindungselement aufweist, findet sich – unstreitig zulässig – in beschränkter Form unter Berücksichtigung der Ausführungen in Absatz [0021] der OS in Merkmal Kb wieder.
Zu dem Merkmal Kd trägt die Beschwerdegegnerin vor, dass hinsichtlich der in diesem Merkmal abstrakt als „Befestigung“ angegebenen Anbindung des Verbindungselements an das Wandlergehäuse in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen ausschließlich die Anbindung durch eine Schweißnaht entnommen werden könne. Andere Ausgestaltungsmöglichkeiten für diese Befestigung, beispielsweise durch Anschrauben oder Annieten, offenbarten die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hingegen nicht. Angesichts des angestrebten Erfolgs, Bauraum für die Hindurchführung einer Welle bereitzustellen, sei es jedoch äußerst zweifelhaft, ob der Fachmann in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen derartige alternative Arten der Befestigung auch tatsächlich als dem angestrebten Erfolg förderlich erkennen würde.
Für die Ursprungsoffenbarung des Gegenstands eines Patentanspruchs ist es nach der ständigen Rechtsprechung erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann. Dabei sind zur Vermeidung einer unbilligen Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen (BGH Urteil vom 17. Juli 2012, X ZR 117/11, BGHZ 194, 107-120 – Polymerschaum m. w. N. unter Rz. 52). Dies vornehmlich dann, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind, denn es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, dass ein Patentanspruch nur in der Weise beschränkt werden könne, dass sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die der Aufgabenlösung förderlich sind, insgesamt in den Patentanspruch eingefügt werden müssten (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 – X ZB 9/89 –, BGHZ 110, 123-127, BPatGE 31, 277-278 – Spleißkammer; BGH, Urteil vom 15. November 2005 – X ZR 17/02 –, BPatGE 2006, 286 – Koksofentür).
Nach diesem Grundsatz ist das Merkmal Kd bereits in dem ursprünglichen Patentanspruch 2 offenbart. Denn in diesem wird sehr allgemein beansprucht, dass das dem Wandlergehäuse zugewandte Ende des Verbindungselements an dem Wandlergehäuse befestigt ist, ohne eine bestimmte Art und Weise der Befestigung anzuführen. Die in der Beschreibung explizit erläuterte Befestigung mittels Verschweißens stellt jeweils nur ein Ausführungsbeispiel einer solch allgemeinen Befestigung dar.
Damit wird für den Fachmann deutlich, dass die Befestigung zwischen dem Verbindungselement und dem Wandlergehäuse nicht auf diese beispielhafte Ausführung beschränkt ist.
Insofern die Beschwerdegegnerin zu den Merkmalen Ke und Kf ausführt, dass die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen lediglich zeigten, dass die Antriebswelle in einem Raum geführt ist, der begrenzt ist von dem Befestigungsflansch des Verbindungselements einerseits und einem an das Verbindungselement angeschweißten Mitnehmerblech andererseits, somit die Merkmale Ke und Kf einen Raumbereich angeben würden, der nicht in Übereinstimmung mit der ursprünglichen Offenbarung stehe, vermag diese Argumentation hier nicht zu greifen. Denn Absatz [0024] der OS ist explizit zu entnehmen, dass das Verbindungselement eine Durchführung der Antriebswelle, die von einem Differential ausgeht, senkrecht zur Drehachse zwischen der flex plate und dem Gehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht, wobei die flex plate gemäß Absatz [0020] der OS dem Antriebsblech entspricht. Der in Merkmal Ke gewählte Begriff „Aussparung“ zur Charakterisierung dieses offenbarten, jedoch in der Beschreibung nicht explizit mit einer Bezeichnung versehenen Raumbereichs ist, so wie dies die Beschwerdegegnerin darüber hinaus anführt, in den ursprünglichen Unterlagen zwar nicht enthalten, dies stellt aber ebenso keine unzulässige Erweiterung dar. Denn die Aufnahme eines nicht ursprungsoffenbarten Begriffs stellt – anders als die Aufnahme eines nicht ursprünglich offenbarten technischen Merkmals – dann keine unzulässige Änderung dar, wenn die entsprechende technische Lehre selbst, wie hier vorliegend, offenbart war (BGH – Koksofentür, a. a. O. m. w. N. unter Rz. 27). Die Merkmale Ke und Kf sind somit ursprünglich offenbart.
Das Merkmal Kg geht unmittelbar und wortwörtlich aus dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 9 hervor.
Das Merkmal Kh sowie das gegenüber der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 beschränkend wirkende Merkmal Kj ergeben sich aus den ursprünglichen Patentansprüchen 5 und 8 sowie den Ausführungen in der Beschreibung Absatz [0027] der OS. Das Merkmal Ki ist den Figuren zu entnehmen, denn zur Offenbarung eines Merkmals als zur Erfindung gehörend kann die Darstellung in einer Zeichnung genügen, auf die sich die Beschreibung oder die Patentansprüche der Anmeldeunterlagen beziehen. Maßgeblich ist, ob die merkmalsgemäße Ausgestaltung nach der Gesamtoffenbarung aus fachmännischer Sicht als mögliche Ausführungsform der zum Patent angemeldeten Erfindung erscheint (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 – Xa ZR 52/08 –, BPatGE 51, 301 – Formteil), was hier zutrifft.
Soweit die Beschwerdegegnerin wiederum eine unzulässige Erweiterung darin sehen möchte, dass nicht alle der Erfindung förderlichen Merkmale des Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch 1 aufgenommen wurden, wie z. B. das Vorsehen einer das Zentrierelement aufnehmenden Aussparung in der Kurbelwelle, verkennt sie, wie vorstehen bereits erläutert, dass es hierzu keinen Rechtsatz diesen Inhalts gibt (BGH – Polymerschaum, a. a. O.; BGH – Spleißkammer, a. a. O.; BGH – Koksofentür, a. a. O.).
8.4 Der gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik unstreitig neu.
Darüber hinaus beruht er auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
8.4.1 Die Druckschrift D4 offenbart eine mit der Bezeichnung „Antriebsanordnung“ benannte Drehmomentübertragungseinrichtung 10 (Absatz [0019]; Figur) mit einem im Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Kurbelwelle 26 einer Antriebseinheit und einem Getriebe 14 angeordneten Anfahrelement 20 (Absatz [0019]; Figur).
Wesentlicher Aspekt dieser Antriebsanordnung ist es zum ersten, einen nötigen Freigang für eine im Bereich des Anfahrelementes quer verlaufende Antriebswelle eines seitlich angeordneten Differentiales herzustellen (Absatz [0002] in Verbindung mit Absatz [0003]), und zum zweiten eine bauliche vereinfachte Konstruktion zu verwirklichen, die es ermöglicht, geringe Planlauffehler und daraus resultierende Verspannungen in der Antriebsanordnung auszugleichen (Absatz [0007]).
Hierzu setzt sich die rotationssymmetrische Antriebsanordnung 10 im Wesentlichen aus einem flexiblen Mitnehmerblech 16, einem topfförmigen Zwischenflansch 18, dem Anfahrelement 20 und einer Führungshülse 22 zusammen, die um eine Eingangswelle 24 des Getriebes 14 angeordnet sind (Absätze [0021; 0022]).
Mittels des topfförmigen Zwischenflansches 18 kann das Anfahrelement 20 in einfacher Weise derart zur Stirnwand einer Brennkraftmaschine 12 beabstandet sein, dass eine quer verlaufende Antriebswelle 38 eines seitlich zur Brennkraftmaschine 12 und zum Wechselgetriebe 14 positionierten Differentiales unterhalb der Eingangswelle 24 durchführbar ist. Dementsprechend ist das Mitnehmerblech 16 unmittelbar der Stirnwand der Brennkraftmaschine 12 benachbart, während das Anfahrelement 20 zur Herstellung des Freiganges der besagten Antriebswelle 38 entsprechend axial versetzt angeordnet ist (Absatz [0011]).
Figur der Druckschrift D4
Gegebenenfalls durch Planlauffehler oder Fluchtungsfehler sich ergebende, geringfügige Rundlaufabweichungen des Anfahrelementes 20 relativ zur Kurbelwelle 26 werden über das begrenzt flexible Mitnehmerblech 16 sowie die speziell ausgebildete Führungshülse 22 und deren Lagerung innerhalb einer in der Kurbelwelle 26 angeordneten Lageraufnahme 26a kompensiert (Absätze [0006; 0007; 0025; 0035]). Die Führungshülse in der Funktion eines patentgemäßen Zentrierelements ragt, wie in der Figur ersichtlich, axial in Richtung der Kurbelwelle über das Mitnehmerblech 16 hinaus.
lm einzigen in der Druckschrift D4 beschriebenen Ausführungsbeispiel ist als bevorzugtes Anfahrelement 20 eine Reibungskupplung mit Zweimassenschwungrad dargestellt. Jedoch erhält der Fachmann in Absatz [0005] den Hinweis, dass als Anfahrelement alternativ auch ein Drehmomentwandler vorgesehen sein kann.
Da sich in der Druckschrift D4 jedoch keine weiteren Ausführungen hinsichtlich des Drehmomentwandlers finden lassen und somit der Druckschrift D4 nicht zu entnehmen ist, wie eine einen Drehmomentwandler umfassende Antriebsanordnung zuverlässig technisch zu realisieren ist, ist der einen konstruktiven Nachbau anstrebende Fachmann gehalten, hierzu auf ihm aus dem Stand der Technik oder aus seinem Fachwissen bekannte Elemente zurückzugreifen.
Ein grundsätzlicher Aufbau eines Drehmomentwandlers ist dem Fachmann dabei aus der Druckschrift D8 bekannt.
Bild 1 auf Seite 403 der Druckschrift D8
Der in Bild 1 auf Seite 403 gezeigte hydrodynamische Drehmomentwandler besitzt einen Antriebsflansch („Antrieb), über den das auf diesen übertragende Drehmoment zunächst auf ein mit dem Antriebsflansch drehfest verbundenes, um eine Drehachse drehbares Wandlergehäuse und anschließend von diesem auf ein mitdrehendes Pumpenrad übertragen wird.
Zur Befestigung des Antriebsflanschs an einer Drehmomentquelle, beispielsweise einer Antriebseinheit, ist dieser mit über den Umfang verteilten Befestigungslöchern versehen, die zur Aufnahme von Schrauben zur Befestigung an einem antreibenden Gegenflansch dienen.
Selbst wenn der Fachmann jedoch diesen aus der Druckschrift D8 bekannten Drehmomentwandler an die Antriebsanordnung der Druckschrift D4 adaptieren würde, so führt dies nicht zu dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.
So könnte der Fachmann den Antriebsflansch der Druckschrift D8 funktionell dem Zwischenflansch 18 der Antriebsanordnung der Druckschrift D4 gleichsetzen. Denn aufgrund des Durchmessers des Lochkreises der Befestigungslöcher des Antriebflansches bietet sich für den Fachmann eine unmittelbare Befestigung des aus der Druckschrift D8 bekannten Antriebflanschs mittels der Schrauben 34 an dem aus der Druckschrift D4 bekannten Mitnehmerblech 16 an, da der Lochkreisdurchmesser dieser Schrauben 34 in etwa vergleichbar ist, so dass aufwendige Änderungen der Konstruktion an sich vermieden werden können. Aber auch eine unmittelbare Anordnung des Zwischenflanschs 18 der Antriebsanordnung der Druckschrift D4 an dem Antriebsflansch der Druckschrift D8 ist denkbar.
Dabei wird der Fachmann bei der Adaption grundsätzlich jedoch nicht ohne ersichtlichen Anlass die wesentlichen vorstehend beschriebenen Aspekte der Druckschrift D4 außer Acht lassen. Das heißt, er wird nach wie vor die Antriebseinheit derart gestalten, dass einerseits der nötige Freigang für eine im Bereich des Anfahrelementes quer verlaufende Antriebswelle eines seitlich angeordneten Differentiales vorhanden ist und andererseits geringe Planlauffehler und daraus resultierende Verspannungen in der Antriebsanordnung ausgeglichen werden können.
Somit wird der Fachmann aus diesen Gründen die topfförmige Struktur des Zwischenflansch der Druckschrift D4 beibehalten bzw. den Antriebsflansch der Druckschrift D8 entsprechend ausbilden und im Weiteren mit Vorbild aus der Druckschrift D4 auch eine entsprechende Zentrierung mit einer Führungshülse in einer Lageraufnahme der Kurbelwelle vorsehen. Dass dabei wie vorstehend beschrieben, mehrere konstruktive Ausführungen möglich sind, ist hinsichtlich der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit insofern nicht von Bedeutung, als dass auch mehrere Lösungsalternativen nahe liegend sein können, wenn der Fachmann zur Lösung eines Problems mehrere Alternativen in Betracht zieht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 – X ZR 5/14 –, Anrufroutingverfahren; BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 – X ZR 49/94 –, BGHZ 133, 57-70 – Rauchgasklappe).
Allerdings führt selbst die vorstehend erläuterte Adaption nicht zu einem Gegenstand mit dem Merkmal Kj. Denn für das Vorsehen einer Abschlusswand, an dem dem Wandlergehäuse abgewandten Ende des Verbindungselements, die darüber hinaus auch noch das Zentrierelement aufweist, kann weder die Druckschrift D4 noch die Druckschrift D8 ein Vorbild oder einen Anlass geben. Ein solcher wurde auch nicht vorgetragen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – jedoch in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, Urteil vom 30. April 2009 – Xa ZR 92/05 –, BGHZ 182, 1-10, BPatGE 51, 289 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht daher gegenüber den Druckschriften D4 und D8 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
8.4.2 Die Druckschrift D3 ist am 29. Oktober 2004 angemeldet, jedoch erst am 4. Mai 2006 veröffentlicht worden. Sie stellt daher lediglich einen Stand der Technik dar, der nach § 3 Abs. 2 PatG zu berücksichtigen ist. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist sie dagegen nach § 4 Satz 2 PatG nicht in Betracht zu ziehen.
8.4.3 Alle weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften hat die Beschwerdegegnerin zu Recht in der mündlichen Verhandlung zur Frage der Patentfähigkeit nicht aufgegriffen. Deren Gegenstände liegen auch nach dem Verständnis des Senats offensichtlich von der Erfindung noch weiter ab als der zuvor berücksichtigte Stand der Technik. Sie können daher ebenfalls keine Anregung zu dem Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 geben.
8.4.4 Aus alledem folgt, das der insgesamt in Betracht gezogene Stand der Technik – in welcher Zusammenschau auch immer – dem Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht hat nahe legen können.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist daher patentfähig.
8.5 Mit ihm sind es auch die konkreten Weiterbildungen der Drehmomentübertragungseinrichtung nach den darauf rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1.
Insofern die Beschwerdegegnerin bezüglich des Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 ausführt, dass dessen Gegenstand unzulässig erweitert sei, da das neu in diesen Patentanspruch eingefügte Teilmerkmal, wonach „von dem dem Wandlergehäuse (28) zugewandten Ende des Verbindungselements (15, 16) ein Befestigungsflansch ausgeht, der an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist“, nicht zwingend hinsichtlich der Befestigung wiederum auf eine Schweißverbindung beschränkt ist, kann dieser Auffassung vom Senat nicht gefolgt werden. So ist zum einen die Aufnahme neuer Merkmale in den als Unteranspruch formulierten Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag 1 hier zulässig, da auch der zugehörige Hauptanspruch neu gefasst und beschränkt verteidigt wird (BPatG – erstes Impulssigna, a. a. O.) und zum anderen, wie vorstehend analog zu Merkmal Kd des Patentanspruch 1 bereits ausgeführt, hat es der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher der Erfindung förderlicher Merkmale beschränkt (BGH – Spleißkammer, a. a. O.).
8.6 Die vorgenommenen Änderungen der Bezeichnung bzw. der geltenden Beschreibungsunterlagen betreffen sprachliche Korrekturen und Anpassungen von Textpassagen an den nun beanspruchten Gegenstand im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung und ohne Erweiterung des Schutzbereichs.
Derartige Änderungen sind ohne weiteres zuzulassen.