Entscheidungsdatum: 27.06.2011
Gegenstand des Verfahrens ist die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Stabilisierungsmaßnahmen nach dem Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds - Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) vom 17. Oktober 2008 (BGBl I S. 1982) i.d.F. der Änderung durch Art. 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl I S. 1980).
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme nicht bezifferter Garantien und eine Rekapitalisierung in Höhe von 100 000 €. Sie bezeichnete sich als Gründungsgesellschaft und erklärte, sie beabsichtige, eine Software zur Preisbestimmung und Preisanalyse sowie ein EDV-System komplexer Echtzeiterfassung und Echtzeitabrechnung zu vertreiben und weiterzuentwickeln. Da der geplante Geschäftsbetrieb einen bargeldlosen Zahlungs- und Abrechnungsverkehr sowie die Ausgabe und Verwaltung von elektronischem Geld einschließen solle, strebe sie die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften nach § 32 des Kreditwirtschaftsgesetzes (KWG) an. Von ihr fest eingeplante Mittel der Existenzförderung in Höhe von 100 000 € seien ohne weitere Begründung ausgeblieben. Gleiches gelte für die bereits zugesagte unentgeltliche Nutzung von Räumlichkeiten für 12 Monate. Zwar sei die Bedeutung ihres Unternehmens für die Finanzmarktstabilität marginal. Dem entspreche jedoch die vergleichsweise geringe Höhe der begehrten Garantien.
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2010, der der Klägerin nach eigenen Angaben am 2. November 2010 zuging, lehnte der Beklagte die beantragten Maßnahmen ab, da die Klägerin nicht zu den Unternehmen des Finanzsektors im Sinne des § 2 Abs. 1 FMStFG zähle.
Am 1. Dezember 2010 hat Frau Rechtsanwältin Dr. Katharina V. B. für die Klägerin Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2011 hat sie zunächst gebeten, den Ablehnungsbescheid aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Antrag der Klägerin positiv zu bescheiden und an diese 100 000 € zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 3. Juni 2011 hat sie den Klageantrag im Hinblick auf § 13 Abs. 1 FMStFG, der Stabilisierungsmaßnahmen nur bis zum 31. Dezember 2010 zulässt, auf eine von ihr so genannte "Stufenklage" umgestellt. Sie meint, der Anspruch der Klägerin auf die begehrten Maßnahmen sei durch eine rechtswidrige Verzögerung des Verwaltungsverfahrens vereitelt worden. Wegen der Verzögerung habe die Klägerin keinen effektiven Rechtsschutz erlangen können. Dies führe zur Unwirksamkeit des Ablehnungsbescheides und begründe einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 100 000 €. Notfalls werde sie Amtshaftungsklage erheben.
Die Rechtsanwältin beantragt sinngemäß,
1. festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 27. Oktober 2010 unwirksam und daher aufzuheben ist,
2. für den Fall der Feststellung nach Ziffer 1 den Beklagten zu verpflichten, an die Klägerin den Betrag von 100 000 € zu zahlen,
3. die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, die Klägerin gehöre nicht zu den Unternehmen des Finanzsektors im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 FMStFG, denen die begehrten Stabilisierungsmaßnahmen hätten gewährt werden können.
Trotz wiederholter gerichtlicher Aufforderungen, zuletzt mit Verfügung vom 9. Juni 2011 unter Fristsetzung bis zum 20. Juni 2011 und mit Hinweis auf die kostenrechtlichen Folgen einer vollmachtlosen Vertretung, hat die für die Klägerin handelnde Rechtsanwältin weder mitgeteilt, wer die Klägerin zu vertreten berechtigt ist, noch eine Prozessvollmacht vorgelegt.
Mit Schriftsätzen vom 9. Mai und vom 3. Juni 2011 haben der Beklagte und die für die Klägerin handelnde Rechtsanwältin ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Der Senat konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Klage, für die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 16 FMStFG erstinstanzlich zuständig ist, ist unzulässig, da sie nicht ordnungsgemäß erhoben wurde und keine ordnungsgemäße Prozessvollmacht vorliegt.
1. Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Klage unter anderem den Kläger bezeichnen. Wird im Namen einer Gesellschaft Klage erhoben, sind auch die zu ihrer Vertretung Berechtigten zu nennen (vgl. Geiger, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 82 Rn. 3). Die Klageschrift bezeichnet als Klägerin jedoch nur die "Unternehmensgründung M.", ohne die Rechtsform oder die zur Vertretung der Gesellschaft Berechtigten anzugeben. Das ist aber unverzichtbar, um den Kläger einwandfrei identifizieren zu können.
Das Klagevorbringen wurde auch nicht nachträglich gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1 VwGO um die erforderliche Angabe der Vertretungsberechtigten ergänzt. Drei darauf gerichtete Aufforderungen des Gerichts, zunächst mit der Eingangsverfügung vom 13. Dezember 2010 unter Fristsetzung zum 27. Januar 2011 sowie anschließend mit Verfügungen der Berichterstatterin vom 4. Mai und 9. Juni 2011 unter Fristsetzung jeweils zum 3. Juni und 20. Juni 2011, sind erfolglos geblieben. Gründe, die einer fristgerechten Ergänzung entgegengestanden hätten, hat die für die Klägerin auftretende Rechtsanwältin nicht vorgetragen. Dass die Aufforderungen sie nicht rechtzeitig erreicht haben könnten, ist ausgeschlossen. Auf die Eingangsverfügung hin hat die Rechtsanwältin am 27. Januar 2011 die Klagebegründung vorgelegt. Die Verfügungen vom 4. Mai und 9. Juni 2011 sind ihr ausweislich der von ihr eigenhändig unterzeichneten Empfangsbekenntnisse jeweils am 10. Mai und 14. Juni 2011 zugegangen.
Den für die Klägerin zu den Akten gereichten Unterlagen lassen sich die Namen der Vertretungsberechtigten ebenfalls nicht entnehmen. Der mit der gerichtlichen Verfügung vom 4. Mai 2011 unter Fristsetzung angeforderte Gesellschaftsvertrag wurde ebenso wenig vorgelegt wie eine schriftliche Prozessvollmacht. Dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Businessplan lassen sich keine Angaben zur aktuellen Vertretungsbefugnis entnehmen.
Die ordnungsgemäße Bezeichnung der Klägerin ist schließlich nicht wegen der in der Klageschrift enthaltenen Versicherung anwaltlicher Vollmacht entbehrlich.
2. Unabhängig davon kann nicht vom Bestehen einer wirksamen Vollmacht ausgegangen werden. Die für die Klägerin auftretende Rechtsanwältin hat die nach § 67 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderliche schriftliche Prozessvollmacht trotz entsprechender gerichtlicher Aufforderungen vom 4. Mai und 9. Juni 2011 unter Fristsetzung jeweils zum 3. Juni und 20. Juni 2011 nicht zu den Akten gereicht. Wie bereits festgestellt, sind beide Verfügungen ihr rechtzeitig vor Fristablauf zugegangen.
§ 67 Abs. 6 Satz 4 VwGO hindert den Senat nicht, das Fehlen der Vollmacht ohne entsprechende Rüge des Beklagten zu berücksichtigen. Die Vorschrift verpflichtet das Gericht zur Berücksichtigung des Mangels der Vollmacht von Amts wegen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. In diesem Fall entfällt die Pflicht, nicht jedoch auch die Befugnis, den Mangel der Vollmacht unabhängig von einer Rüge anderer Beteiligter zu prüfen und zu berücksichtigen. Vielmehr kann die Art und Weise der Prozessführung dem Gericht dazu berechtigten Anlass geben. Ob dafür genügt, dass die Prozessführung Zweifel am Bestehen einer Vollmacht weckt (so etwa Meissner/Schenk, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 67, Stand: Juli 2009, Rn. 101, im Anschluss an die Rechtsprechung zu §§ 67 a.F., 173 VwGO i.V.m. § 88 ZPO, vgl. Urteil vom 22. Januar 1985 - BVerwG 9 C 105.84 - BVerwGE 71, 20 <23 f.> m.w.N. = Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 66; Beschluss vom 25. März 1996 - BVerwG 4 A 38.95 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 85 S. 5), muss hier nicht geklärt werden. Jedenfalls darf das Gericht den Mangel von Amts wegen berücksichtigen, wenn der auftretende Rechtsanwalt trotz gerichtlicher Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist weder die Vollmacht nachreicht, noch auch nur den angeblich vertretenen Kläger ordnungsgemäß bezeichnet. In diesem Fall ist nicht zu erkennen, für wen der Prozess geführt wird und wer dem Rechtsanwalt eine wirksame Vollmacht erteilt haben oder die Prozessführung noch vor Ergehen einer die Instanz abschließenden Entscheidung wirksam genehmigen könnte (vgl. dazu GmS-OGB, Beschluss vom 17. April 1984 - GmS-OGB 2/83 - BVerwGE 69, 380 = Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 64). Wie bereits festgestellt, liegt ein solcher Fall hier vor.
3. Die Kosten des Verfahrens sind entsprechend § 89 Abs. 1 Satz 3 ZPO i.V.m. § 173 VwGO der für die Klägerin auftretenden Rechtsanwältin als vollmachtloser Vertreterin aufzuerlegen. Eine Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO kommt schon mangels Identifizierbarkeit der Klägerin nicht in Betracht.