Entscheidungsdatum: 26.04.2018
1. (Offene) Ansprüche auf Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen für die zweite Handelsperiode von 2008 bis 2012 sind spätestens mit Ablauf des 30. April 2013 untergegangen.
2. Der Anspruchsuntergang begegnet weder verfassungs- noch unionsrechtlichen Bedenken.
Die Klägerin, ein Unternehmen der Kalkindustrie, begehrt die Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen für die zweite Handelsperiode von 2008 bis 2012.
Sie erhielt für den Betrieb ihres Werkes H. mit mehreren Kalkschachtöfen für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 von der Beklagten insgesamt 4 781 685 kostenlose Emissionsberechtigungen zugeteilt, von denen sie 3 893 430 Berechtigungen zur Erfüllung ihrer Abgabenpflicht abgab.
Nach einer im Februar 2008 immissionsschutzrechtlich genehmigten Kapazitätserweiterung der Anlage wegen des Einsatzes eines neuen Kalk-Drehrohrofens beantragte die Klägerin Ende Oktober 2008 die Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen unter Zugrundelegung eines Emissionswertes von 1,324 t CO2/t Branntkalk.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2009 teilte die Beklagte der Klägerin insgesamt weitere 102 880 Berechtigungen zu. Dabei wurde ein Emissionswert von 0,987 t CO2/t Branntkalk zugrunde gelegt, der bei Anwendung bester verfügbarer Technik und unter ausschließlicher Verwendung von Erdgas als Brennstoff (anstatt Braunkohlestaub) erreichbar sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 zurück.
Das Verwaltungsgericht lehnte einen auf die vorläufige Zuteilung von 35 127 Berechtigungen gerichteten Eilantrag der Klägerin ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht zurück.
Die auf Zuteilung weiterer Berechtigungen sowie - hilfsweise - auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 4. September 2014 ab.
Mit Urteil vom 14. April 2016 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Ihr stehe ein Anspruch auf Zuteilung weiterer Berechtigungen nicht zu. Dieser sei mit Ablauf des 30. April 2013 ersatzlos untergegangen. Ein offener Zuteilungsanspruch aus der zweiten Handelsperiode könne auch nicht durch Zuteilung von Berechtigungen der dritten Handelsperiode erfüllt werden. Für einen solchen Anspruch fehle es an einer Rechtsgrundlage. Mangels planwidriger Regelungslücke bezüglich des rechtlichen Schicksals der Zuteilungsansprüche aus der zweiten Handelsperiode, die bis zum 30. April 2013 nicht erfüllt bzw. beschieden worden sind, komme auch eine analoge Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 2 TEHG 2011 bzw. § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 nicht in Betracht. Aus verfassungsrechtlichen Erwägungen seien ebenfalls keine weiteren Berechtigungen zuzuteilen. Die periodenbezogenen Zuteilungsregelungen und die daran anknüpfende Rechtsfolge des ersatzlosen Untergangs offener Zuteilungsansprüche hielten sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden weiten Gestaltungsspielraumes. Die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Auslegung von Art. 10 EH-RL sei nicht erforderlich, weil durch den Verlust des geltend gemachten Mehrzuteilungsanspruchs die gemäß Art. 10 Satz 2 EH-RL a.F. geforderte Mindestmenge von 90 % kostenlos zuzuteilender Berechtigungen nicht unterschritten werde.
Der hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag sei mangels Feststellungsinteresses bereits unzulässig, weil offensichtlich weder die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs, noch für einen unionsrechtlichen Schadensersatzanspruch oder einen Amtshaftungsanspruch vorlägen.
Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision führt die Klägerin aus, das Urteil beruhe auf einer Verletzung von § 9 Abs. 1 TEHG 2004 i.V.m. § 9 Abs. 5 ZuG 2012 und § 6 Abs. 4 TEHG 2004, weil ein Zuteilungsanspruch für die zweite Handelsperiode auch nach dem 30. April 2013 in unmittelbarer oder analoger Anwendung der Vorschriften begründet sei. Die Annahme eines Untergangs des Zuteilungsanspruchs verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG sowie die Vorgaben der Art. 9, 10 Satz 2, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 und das Kriterium 6 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in der Fassung vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten. Das für den Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse liege vor, weil die Geltendmachung von Entschädigungs- und Schadensersatzansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. April 2016 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. September 2014 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 12. Mai 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 zu verpflichten, ihr weitere 35 127 Berechtigungen, hilfsweise 15 628 Berechtigungen zuzuteilen,
weiter hilfsweise,
festzustellen, dass der Bescheid vom 12. Mai 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 rechtswidrig sind, soweit die Zuteilung weiterer 35 127 Berechtigungen, hilfsweise weiterer 15 628 Berechtigungen abgelehnt wurde.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der geltend gemachte Anspruch auf Mehrzuteilung wäre auch in der Sache nicht begründet, weil der festgesetzte Emissionswert von 0,987 t CO2/t Branntkalk zutreffend sei.
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) hat das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen wegen der Kapazitätserweiterung der Anlage abgelehnt (1.) und ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse verneint (2.)
1. Für die mit dem Hauptantrag begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Zuteilung von weiteren 35 127, hilfsweise 15 628 Emissionsberechtigungen der dritten Handelsperiode zur Erfüllung offener Zuteilungsansprüche aus der zweiten Handelsperiode fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
a) Auf eine unmittelbare Anwendung der für Kapazitätserweiterungen während der zweiten Handelsperiode maßgeblichen Zuteilungsregelungen in § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft vom 8. Juli 2004 (BGBl. I S. 1578, Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz - TEHG 2004), § 9 Abs. 5 und 1 des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 vom 7. August 2007 (Zuteilungsgesetz 2012 - ZuG 2012) i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 kann die Klägerin ihren Anspruch nicht stützen. Die Vorschriften regeln nur die Zuteilung von Berechtigungen für die zweite Handelsperiode und deren Überführung in Berechtigungen der dritten Handelsperiode. Eine Vorschrift zur Überleitung offener Zuteilungsansprüche der zweiten Handelsperiode in die dritte Handelsperiode (2013 bis 2020) enthält weder das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz 2004 noch dessen Neufassung durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Juli 2011 (BGBl. I S. 1475).
Die Auffassung der Klägerin, einer ausdrücklichen Überleitungsvorschrift bedürfe es nicht, weil mit der sog. Banking-Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 (bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 TEHG 2011) ein Systemwechsel vom Periodenbezug der Berechtigung und einem strikten Banking-Verbot mit ersatz- und entschädigungslosem Wegfall der materiellen Emissionsbefugnis in der ersten Handelsperiode hin zu einer materiell unbeschränkten, periodenübergreifenden Gültigkeit der Emissionsbefugnis und des damit untrennbar verbundenen Zuteilungsanspruchs erfolgt sei, teilt der Senat nicht; sie wird den in der zweiten Handelsperiode unverändert fortbestehenden Besonderheiten des Emissionshandelssystems nicht gerecht.
Zwar lässt § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 das sog. Banking, d.h. die Überführung von Berechtigungen der zweiten in die dritte Handelsperiode, ausdrücklich zu; das strikte Banking-Verbot des § 20 des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 vom 26. August 2004 (BGBl. I S. 2211, Zuteilungsgesetz 2007 - ZuG 2007) galt nur für den Übergang von der ersten zur zweiten Handelsperiode. Die Vorschrift ist aber nicht Ausdruck eines grundlegenden Systemwechsels. Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 TEHG 2004 gelten Berechtigungen jeweils für eine Zuteilungsperiode. Nach der den Periodenbezug aufgreifenden Begriffsdefinition in § 3 Abs. 4 Satz 1 TEHG 2004 ist die Berechtigung die Befugnis zur Emission von einer Tonne Kohlendioxidäquivalent in einem bestimmten Zeitraum. Vom Periodenbezug macht § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 (§ 7 Abs. 2 Satz 2 TEHG 2011) nur insoweit eine Ausnahme, als der wirtschaftliche Wert der zugeteilten Berechtigungen in die dritte Handelsperiode überführt wird; verkörpert wird er durch Berechtigungen dieser Periode. Für die von der Klägerin vorgenommene Differenzierung zwischen einer periodenbeschränkten Gültigkeit der Berechtigung und einer der Berechtigung innewohnenden periodenübergreifenden materiellen Emissionsbefugnis geben diese Vorschriften dagegen nichts her. Die Befugnis zur Freisetzung von Treibhausgasen dem Grunde nach erwirbt der Anlagenbetreiber durch die Emissionsgenehmigung nach § 4 TEHG. Eine darüber hinausgehende Berechtigung benötigt er für den laufenden Betrieb der Anlage nicht, insbesondere muss er für die Emissionen keine CO2-Berechtigungen vorhalten, sondern lediglich die nachträgliche Abgabepflicht des § 6 Abs. 1 TEHG 2004 erfüllen.
Der Zuteilungsanspruch ist auch kein wesensgleiches Minus der Berechtigung. Selbst wenn man ihn als ein Durchgangsstadium auf dem Weg zu deren Erlangung verstehen wollte, ist die Berechtigung das zentrale Element des Emissionshandels; nur sie hat einen durch ihren Preis ausgedrückten wirtschaftlichen Wert, ist nach Art einer Währung handel- und übertragbar und nur mit ihr kann die Abgabepflicht erfüllt werden. Der Untergang offener Zuteilungsansprüche hat daher auch keinen vergleichbaren Einfluss auf den Preis der Berechtigungen wie deren Erlöschen.
b) Ein Anspruch auf Zuteilung von Emissionsberechtigungen der dritten Handelsperiode lässt sich auch nicht über eine analoge Anwendung von § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 2 ZuG 2012 begründen. Im Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass es hierfür schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts folgt aus der ausdrücklich nur auf Berechtigungen bezogenen Banking-Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 im Umkehrschluss zwingend, dass offene Zuteilungsansprüche nach der Vorstellung des Gesetzgebers untergehen sollten. Dafür spreche auch die Regelung zur Prozessreserve in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) ZuG 2012, die zeige, dass der Gesetzgeber das Problem offener Zuteilungsansprüche erkannt, gleichwohl aber keinen periodenübergreifenden Übergang von Zuteilungsansprüchen vorgesehen habe. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Aus der Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 2 ZuG 2012 zur optionalen Überführung der für die zweite Handelsperiode gebildeten Reserve in die dritte Handelsperiode folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nichts anderes.
Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 ZuG 2012 können Berechtigungen in der Reserve, die bis zum Ende der Zuteilungsperiode nicht für in den Absätzen 1 bis 3 genannte Zwecke benötigt werden, veräußert, nach Maßgabe von § 6 Abs. 4 Satz 4 TEHG 2004 in die nachfolgende Zuteilungsperiode überführt oder gelöscht werden. Dass - wie die Klägerin meint - § 5 Abs. 4 Satz 2 ZuG 2012 sinnlos wäre, wenn man von einem Erlöschen offener Zuteilungsansprüche mit Ablauf des 30. April 2013 ausginge, ist nicht ersichtlich. Zwar trifft zu, dass die in § 5 Abs. 2 Nr. 1a) und 2 sowie Abs. 3 ZuG 2012 genannten Reservezwecke sich auf die zweite Handelsperiode beziehen (vgl. BT-Drs. 16/5240 S. 25); für die Prozessreserve in § 5 Abs. 2 Nr. 1b) ZuG 2012 hat es der Senat bereits in seinem Urteil vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - (Buchholz 406.253 § 20 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 39) als naheliegend angesehen, dass diese Norm nur die Fälle erfasst, in denen Zuteilungsansprüche für die erste Zuteilungsperiode nach Abschluss des Zuteilungsverfahrens, oder vor Ende der Zuteilungsperiode rechtskräftig festgestellt werden. Darauf kommt es jedoch nicht an, denn die in § 5 Abs. 4 Satz 2 ZuG 2012 eröffneten Optionen zum Umgang mit dem Restbestand der Reserve am Ende der Handelsperiode knüpfen nicht an die in § 5 Abs. 2 und 3 ZUG 2012 vorgesehenen Reservezwecke an. § 5 Abs. 4 ZuG 2012 erfasst alle zurückgegebenen und nicht ausgegebenen Berechtigungen. Die Vorschrift räumt der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) für die Entscheidung, wie mit den Berechtigungen der Reserve am Ende der zweiten Handelsperiode verfahren werden soll, ein weites Ermessen ein, ohne Vorgaben für die Ermessensausübung zu bestimmen. Dies ist erkennbar dem Umstand geschuldet, dass die Entscheidung über die Verwendung der Reserve erst am Ende der Handelsperiode unter Berücksichtigung der Entwicklung der für den Emissionshandel und die Erreichung der Klimaschutzziele relevanten Parameter in der zurückliegenden Periode und auf der Grundlage einer Prognose der Entwicklung in der kommenden Periode getroffen werden sollte.
Anhaltspunkte dafür, dass - wie die Klägerin weiter geltend macht - der Gesetzgeber für den Fall offener Zuteilungsansprüche am Ende der zweiten Handelsperiode davon ausgegangen ist, das Auswahlermessen der DEHSt nach § 5 Abs. 4 Satz 2 ZuG 2012 reduziere sich auf die zwingende Überführung einer Prozessreserve in die dritte Handelsperiode, sind nicht ersichtlich. Anderenfalls hätte es nahegelegen, eine Rechtspflicht zur Überführung der Reserve und deren zweckgebundene Verwendung zur Erfüllung offener Zuteilungsansprüche der zweiten Handelsperiode vorzusehen. Hierzu hatte der Gesetzgeber jedenfalls im Anschluss an das Urteil des Senats vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - (Buchholz 406.253 § 20 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 39) - etwa beim Erlass des TEHG 2012 im Juli 2011 - Gelegenheit und Anlass. Die Annahme der Klägerin, dieses Urteil sei dem zuständigen Fachressort und dem Gesetzgeber möglicherweise nicht bekannt gewesen, ist fernliegend.
Gegen eine planwidrige Regelungslücke spricht schließlich auch, dass das Regelungskonzept des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes und des Zuteilungsgesetzes 2012 auf dem vom Unionsrecht vorgegebenen Grundsatz des Periodenbezugs fußt, der - wie das Oberverwaltungsgericht (juris Rn. 29) unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - (a.a.O. Rn. 34) zutreffend näher ausgeführt hat - auch in der zweiten Handelsperiode nur punktuell durchbrochen wird.
c) Der Untergang offener Zuteilungsansprüche aus der zweiten Handelsperiode verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Da die Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275 S. 32, Emissionshandelsrichtlinie - EH-RL) den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung der Zuteilungsregeln für die zweite Handelsperiode belässt, sind die diesen Freiraum ausfüllenden Vorschriften des Treibhaus-Emissionshandelsgesetzes 2004 und des Zuteilungsgesetzes 2012 an den Grundrechten des Grundgesetzes zu messen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 7 C 9.10 - [insoweit in Buchholz 406.255 § 20 ZuG 2012 Nr. 2 nicht abgedruckt] juris Rn. 25).
aa) Ob der ersatzlose Untergang offener Zuteilungsansprüche mit Ablauf der zweiten Handelsperiode einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG darstellt, kann dahinstehen (vgl. zu einem Fall der Unterallokation mit Berechtigungen BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - Buchholz 406.253 § 20 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 44 sowie zu einer Überallokation Beschluss vom 21. Juni 2012 - 7 B 60.11 - juris Rn. 13). Selbst wenn man den Untergang unerfüllter Zuteilungsansprüche als Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG ansieht, ist dieser jedenfalls durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. März 2018 - 1 BvR 2864/13 - WM 2018, 869 Rn. 42).
Die Einführung des Emissionshandelssystems und die damit verbundene Limitierung der zulässigen Emissionen dient der Erreichung der Klimaschutzziele des Kyoto-Protokolls und stellt eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2005 - 7 C 26.04 - BVerwGE 124, 47 <58 f.>). Es kann offenbleiben, ob der Untergang offener Zuteilungsansprüche mit Ablauf der zweiten Handelsperiode den Klimaschutzzielen unmittelbar dient, weil er zu einer Verknappung von Berechtigungen führt, oder aber - wie die Klägerin meint - die offenen Zuteilungsansprüche klimaschutzneutral aus dem festgelegten Gesamtbudget an Berechtigungen für die dritte Handelsperiode bedient werden müssten. Gleiches gilt für die Frage, ob Letzteres nicht zwangsläufig zu einer systemwidrigen Verteilung dieses Budgets führen würde. Der Anspruchsuntergang erweist sich jedenfalls deshalb als gerechtfertigt, weil für die Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit des Emissionshandelssystems ein bilanzieller Abschluss der in der abgelaufenen Handelsperiode ausgegebenen und abgegebenen sowie durch Emissionsberechtigungen der neuen Handelsperiode ersetzten Berechtigungen erforderlich ist und dies eine zeitlich unbegrenzte Überleitung von Zuteilungsansprüchen für abgelaufene Handelsperioden ausschließt.
Die allgemeine Systematik der Emissionshandelsrichtlinie beruht auf der genauen Verbuchung von Vergabe, Besitz, Übertragung und Löschung der Zertifikate, deren Rahmen in Art. 19 EH-RL festgelegt wird und die Einführung eines standardisierten Registrierungssystems erfordert (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - C-203/12 [ECLI:EU:C:2013:664], Billerud Karlsborg und Billerud Skärblacka - Rn. 27).
Die genaue Verbuchung mittels eines standardisierten Registrierungssystems ist zentraler Gegenstand des periodenbezogenen Emissionshandelssystems; nur auf ihrer Grundlage ist eine Verrechnung und Zurechnung der erbrachten Minderungsleistungen der jeweiligen Mitgliedstaaten möglich (vgl. Art. 56 der Verordnung (EU) Nr. 920/2010 der Kommission vom 7. Oktober 2010 über ein standardisiertes und sicheres Registrierungssystem gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Entscheidung Nr. 280/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 270 S. 1 <20>). In dem standardisierten Register werden offene Zuteilungsansprüche nicht abgebildet; weder die Verordnung (EU) Nr. 920/2010 noch die Verordnung (EU) Nr. 389/2013 der Kommission vom 2. Mai 2013 zur Festlegung eines Unionsregisters gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 122 S. 1) sehen eine Verbuchung offener Zuteilungsansprüche vor.
Der Einwand der Klägerin, die Bilanzierung werde von einer nachträglichen Zuteilung von Emissionsberechtigungen nicht berührt, weil die Menge der Emissionen sich dadurch nicht ändere, greift nicht durch. Die Verrechnungs- und Übertragungsregelungen in Art. 56 f. der EU-RegVO 920/2010 sind ausweislich des auf das Banking bezogenen Erwägungsgrundes Nr. 7 der EU-RegVO 920/2010 neben der gemeinsamen Einhaltung der Minderungsverpflichtungen der Mitgliedstaaten der EU nach dem Kyoto-Protokoll auch auf eine abschließende Ermittlung und einen zentralen, EU-weiten Abgleich und Ausgleich von aus der zweiten in die dritte Handelsperiode überführten Berechtigungen gerichtet. Mit dem Charakter der Verrechnungstransaktionen als Rechnungsabschluss am Ende der Handelsperiode wäre es nicht vereinbar, wenn danach Zuteilungsentscheidungen und damit zugleich die nationale Zuteilungstabelle als Grundlage der Verrechnungstransaktion noch geändert werden könnten. Die Verknüpfung der Verrechnung nach Ablauf der Handelsperiode mit der Übertragung von Emissionsberechtigungen in nachfolgende Handelsperioden kommt auch in Art. 57 EU-RegVO 920/2010 zum Ausdruck. Danach löscht das Unionsregister die Zertifikate für den Verpflichtungszeitraum 2008 bis 2012 innerhalb von zehn Tagen nach Abschluss der Verrechnungstransaktionen und vergibt eine äquivalente Menge Zertifikate für den Zeitraum 2013 bis 2020 in dieselben Konten. Der Periodenbezug des Rechnungsabschlusses zeigt sich schließlich auch darin, dass die EU-Registerverordnung Nr. 920/2010 gemäß Art. 117 Abs. 2 EU-RegVO 389/2013 mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 aufgehoben worden ist. Eine nachträgliche Zuteilung von Emissionsberechtigungen zur Erfüllung von Ansprüchen der zweiten Handelsperiode außerhalb des Buchungs- und Verrechnungssystems für diese Periode kommt nicht in Betracht.
Einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht mit der Begründung verneint, dass die Intensität sowie die Schwere und Tragweite der (unterstellten) Eigentumsbeeinträchtigung mangels Eingriffs in die Substanz des (Anlagen)Eigentums gering ist und das öffentliche Interesse an der Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit des Emissionshandelssystems schwerer wiegt als die durch den Anspruchsuntergang bewirkten Nachteile für einzelne Handelsteilnehmer. Deren vermögensbezogene Interessen werden durch das Staatshaftungsrecht ausreichend geschützt.
Vor diesem Hintergrund scheidet auch eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG aus.
bb) Der Untergang offener Zuteilungsansprüche der zweiten Handelsperiode verstößt nicht gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht angenommen, dass den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG angesichts der Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz und Sekundärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, genügt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - Buchholz 406.253 § 20 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 45).
Der Einwand der Klägerin, Rechtsschutz in der Hauptsache sei in der zweiten Handelsperiode bei der Zuteilung für Neuanlagen und Kapazitätserweiterungen schon normstrukturell ausgeschlossen gewesen, weil die Zuteilungsanträge gemäß § 14 Abs. 2 ZuG 2012 bis zur Inbetriebnahme der Anlage gestellt werden konnten, greift nicht durch. Eine im Gesetz angelegte Priorisierung zugunsten von Bestandsanlagen, für die die Zuteilungsanträge schon Ende 2007 gestellt werden mussten, ergibt sich daraus nicht. Zudem unterliegt der Zeitpunkt der Inbetriebnahme einer Neuanlage oder Kapazitätserweiterung nicht allein, aber in erster Linie unternehmerischer Entscheidung. Abgesehen davon kommt bei der Inbetriebnahme einer Neuanlage oder Kapazitätserweiterung zeitnah vor dem Ablauf der Handelsperiode ohnehin nur eine anteilige Zuteilung von Berechtigungen in Betracht (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 ZuG 2012). Mangels normstruktureller Unmöglichkeit effektiven Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren geht auch der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren (vgl. Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 <113 f.>), nach der die Funktion des Hauptsacheverfahrens nachträglich und unter Aufrechterhaltung des materiellen Anspruchs erfüllt werden müsse, ins Leere.
Die Rüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe sie nicht auf den nur summarischen Eilrechtsschutz verweisen dürfen, ist unbegründet.
Art. 19 Abs. 4 GG gewährt zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache und nicht nur im Eilverfahren (BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 LS 1 und Rn. 29). Rechtsschutzdefizite des Hauptsacheverfahrens können aber unter bestimmten Voraussetzungen, etwa dann, wenn eine durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr abwendbare endgültige Verletzung gewichtiger Rechte eines Beteiligten droht, durch eine umfassendere Prüfung des in Rede stehenden materiellen Anspruchs im Eilverfahren kompensiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2016 - 1 BvL 6/14 u.a. - BVerfGE 143, 216 Rn. 37). Das war hier - ungeachtet der Frage, ob eine endgültige Verletzung gewichtiger Rechte der Klägerin drohte - der Fall. Dass die gerichtlichen Entscheidungen in dem von der Klägerin erst Mitte Februar 2013 angestrengten Eilverfahren nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben, ist nicht ersichtlich. Das zentrale Problem des für die Kapazitätserweiterung maßgeblichen Emissionswertes wird in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. März 2013 (VG 10 L 89.13) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. April 2013 (OVG 12 S 37.13) eingehend behandelt. Der Einwand der Klägerin, es sei nur eine unzulängliche summarische Prüfung erfolgt, weil das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht die Vereinbarkeit des Behördenhandels mit den Vorgaben des Unionsrechts nicht geprüft hätten, ist nicht begründet. Die Klägerin hatte Gelegenheit, ihre Rechtsschutzmöglichkeiten im Eilverfahren auszuschöpfen. Verstöße gegen Unionsrecht durch eine - nach ihrer Auffassung unzulässige Abweichung der Zuteilungsregelungen für Neuanlagen und Kapazitätserweiterungen im ZuG 2012 vom Nationalen Zuteilungsplan für die zweite Handelsperiode (Nationaler Allokationsplan 2008 bis 2012 für die Bundesrepublik Deutschland - NAP II) - hat sie bis zur Entscheidung im Eilverfahren aber weder dort noch im anhängigen Hauptsacheverfahren geltend gemacht. Dass die Notwendigkeit einer solchen Prüfung sich den Vorinstanzen gleichwohl von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, legt die Klägerin nicht dar. Ob den im Eilverfahren ergangenen Entscheidungen im Übrigen materiell-rechtliche oder prozessuale Mängel anhaften, ist nicht relevant. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt keinen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 33).
Schließlich führt auch das Vorbringen der Klägerin, es sei widersprüchlich, sie auf den möglichen Sekundärrechtsschutz zu verweisen, ihr für solche Ansprüche aber zugleich jegliche Erfolgsaussichten abzusprechen, nicht auf einen Bundesrechtsverstoß. Der Verweis auf Sekundäransprüche ist nicht nur dann zulässig, wenn ihr Vorliegen sicher oder zumindest wahrscheinlich ist.
d) Die Überleitung offener Zuteilungsansprüche aus der zweiten in die dritte Handelsperiode ist auch nicht unionsrechtlich geboten.
aa) Der Untergang offener Zuteilungsansprüche mit Ablauf der zweiten Handelsperiode verstößt nicht deshalb gegen Art. 9, 10 Satz 2 und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der EH-RL - in der gemäß der Übergangsregelung in Art. 3 der Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (ABl. L 141 S. 63) bis zum 31. Dezember 2012 fortgeltenden Fassung vom 13. Oktober 2003 -, weil er weder im NAP II noch dem ZuG 2012 ausdrücklich vorgesehen ist und Art. 10 Satz 2 EH-RL einem Anspruchsuntergang entgegensteht, wenn nicht im Einzelfall mindestens 90 % der Berechtigungen kostenlos zugeteilt worden sind.
Die oben genannten Vorschriften der Emissionshandelsrichtlinie über die Zuteilung von Berechtigungen bzw. Zertifikaten verhalten sich nicht zum Umgang mit offenen Zuteilungsansprüchen; sie sehen auch nicht vor, dass der Nationale Zuteilungsplan dazu Regelungen treffen muss. Da sich die Zuteilungsregelungen der Art. 9 bis 11 EH-RL ausdrücklich auf die jeweilige Handelsperiode beziehen, hätte es für die Durchbrechung dieses Prinzips durch die Überleitung offener Zuteilungsansprüche - wie etwa beim Banking von zugeteilten Berechtigungen in Art. 13 Abs. 3 EH-RL - einer ausdrücklichen Regelung bedurft.
Anhaltspunkte dafür, dass der Richtliniengeber von einer "stillschweigenden" Überleitung offener Zuteilungsansprüche am Ende der Handelsperiode ausgegangen ist, zeigt die Klägerin nicht auf und sind auch nicht ersichtlich. Dagegen sprechen neben dem auch die Regelungen der EH-RL prägenden, im hier relevanten Kontext nur für zugeteilte Berechtigungen durchbrochenen Periodenbezug u.a. die auf Art. 19 EH-RL gestützten verordnungsrechtlichen Bestimmungen zum (Unions)Register, die für eine registermäßige Erfassung offener bzw. übergeleiteter Zuteilungsansprüche und deren nachträgliche Erfüllung - wie ausgeführt - ebenfalls keine Regelungen treffen. Mangels normativer Verknüpfung der auf die Zuteilung bezogenen Regelungen in den Art. 9 bis 11 EH-RL mit dem Schicksal unerfüllter Zuteilungsansprüche am Ende der Handelsperiode ist Art. 10 Satz 2 EH-RL daher nicht so zu verstehen, dass der Zuteilungsanspruch allenfalls im Umfang von 10 % untergehen darf.
Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob sich die Vorgabe einer kostenlosen Zuteilung von mindestens 90 % auf die einzelnen Sektoren bzw. Teilsektoren, Anlagen oder - wie die Klägerin meint - die Kapazitätserweiterung als solche bezieht; nur im letztgenannten Fall wäre die 90 %-Schwelle hier um etwa 15 Prozentpunkte unterschritten. Ungeachtet dessen fehlt es für die Auffassung der Klägerin nicht nur in der EH-RL, sondern auch in den Entscheidungen des EuGH vom 17. Oktober 2013 - C-566/11 [ECLI:EU:C:2013:660], Iberdrola, SA u.a. - Rn. 39, vom 26. Februar 2015 - C-34/14 [ECLI:EU:C:2015:120], SKO-Energo - Rn. 28 und vom 22. Juni 2016 - C-540/14 [ECLI:EU:C:2016:469], DK Recycling und Roheisen GmbH/Kommission - Rn. 49 ff., die auf den Schutz der Wettbewerbsfähigkeit der Sektoren bzw. den Blickwinkel der Wirtschaftsteilnehmer der betroffenen Sektoren abstellen, an jeglichen Anhaltspunkten.
Nach den §§ 6 ff. ZuG 2012 erfolgt die Zuteilung für die jeweilige Anlage; § 3 Abs. 3 TEHG 2004 verweist auf Tätigkeiten im Sinne des Anhangs 1, dieser führt als Tätigkeiten diverse Anlagen verschiedener Sektoren auf (vgl. auch Art. 3 Buchst. e EH-RL). Die Kapazitätserweiterung der bestehenden Anlage durch Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen an einem Anlagenteil - im Wesentlichen dem Kalk-Drehrohrofen gemäß immissionsschutzrechtlicher Änderungsgenehmigung vom 25. Februar 2008 - stellt für sich betrachtet keine Tätigkeit/Anlage in diesem Sinne dar. Aus § 9 Abs. 5 ZuG 2012 ergibt sich nichts anderes. Danach finden auf die Zuteilung für eine Kapazitätserweiterung, d.h. eine Erhöhung der Kapazität aufgrund einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Änderung der Anlage (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 ZuG 2012), die für Neuanlagen maßgeblichen Absätze 1 bis 4 entsprechende Anwendung; die Zuteilung für die Anlage im Übrigen bleibt unberührt. Daraus folgt aber nicht, dass das 90 %-Kriterium sich isoliert auf die Zuteilung für die Kapazitätserweiterung bezieht, sondern nur, dass die Zuteilung für Neuanlagen und Kapazitätserweiterungen sich nach anderen materiellen Maßstäben bemisst als diejenige für Bestandsanlagen.
bb) Der Untergang offener Zuteilungsansprüche für eine Kapazitätserweiterung verstößt nicht gegen Art. 11 Abs. 3 Satz 2 und Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Nr. 6 EH-RL.
Gemäß Art. 11 Abs. 3 Satz 2 EH-RL berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung über die Zuteilung die Notwendigkeit, neuen Marktteilnehmern den Zugang zu Zertifikaten zu ermöglichen. Nach dem Kriterium Nr. 6 im Anhang III zur EH-RL muss der Zuteilungsplan Angaben darüber enthalten, wie neue Marktteilnehmer sich am Gemeinschaftssystem in dem betreffenden Mitgliedstaat beteiligen können; unter den Begriff "neue Marktteilnehmer" fallen nach der Definition in Art. 3 Buchst. h EH-RL auch Kapazitätserweiterungen. Der Regelungsgehalt von Art. 11 Abs. 3 Satz 2 EH-RL erschöpft sich schon nach dessen Wortlaut darin, spezifische Regelungen für Neuanlagen und Kapazitätserweiterungen zu fordern, deren Inbetriebnahme während einer laufenden Handelsperiode erfolgt. Inhaltliche Vorgaben dazu, wie die Mitgliedstaaten den Zugang zu Zertifikaten für Neuanlagen im Einzelnen ausgestalten sollen, sind dagegen weder in Art. 11 EH-RL noch im Kriterium Nr. 6 des Anhangs III zur EH-RL vorgesehen. Dies belegen auch die gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 3 EH-RL von der Kommission erarbeiteten "Hinweise zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der in Anhang III der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates aufgelisteten Kriterien sowie über die Bedingungen für den Nachweis höherer Gewalt" vom 7. Januar 2004 (KOM(2003)830 endgültig). Danach verlangt das Kriterium Nr. 6, dass mitgeteilt wird, in welcher Form neue Marktteilnehmer sich am Gemeinschaftssystem beteiligen können. Hierfür werden in den Hinweisen beispielhaft drei Optionen - Kauf der Zertifikate am Markt, Versteigerung oder Schaffung einer Reserve - beschrieben (S. 13 Rn. 50). Diesem Regelungsauftrag ist im NAP II unter Nr. 6.3.1 und in § 9 ZuG 2012 in der Variante der kostenlosen Zuteilung von Berechtigungen aus einer Reserve für Neuanlagen (§§ 9, 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 5 ZuG 2012) Rechnung getragen worden. Die Beteiligung neuer Marktteilnehmer am Gemeinschaftssystem und deren Zugang zu Zertifikaten ist danach rechtlich wie tatsächlich grundsätzlich gewährleistet.
Daran ändert der Umstand, dass offene Zuteilungsansprüche für Neuanlagen/Kapazitätserweiterungen mit Ablauf der Handelsperiode ebenso untergehen wie diejenigen für Bestandsanlagen, nichts. Darauf, ob es zum Ende der zweiten Handelsperiode überhaupt Fälle gegeben hat, in denen Zuteilungsanträge für Neuanlagen und Kapazitätserweiterungen vor Ablauf der Handelsperiode gar nicht beschieden wurden, oder dieser Sachverhalt hypothetisch ist, weil die Zahl der Zuteilungsanträge zum Periodenende hin rückläufig ist und die wesentlichen Fragen geklärt sind, kommt es daher nicht an. Gleiches gilt für den Einwand der Klägerin, neuen Marktteilnehmern seien nach dem NAP II 100 % der Berechtigungen kostenlos zuzuteilen; hierzu verhält sich Art. 11 Abs. 3 Satz 2 EH-RL nicht.
Mangels inhaltlicher Vorgaben des Art. 11 Abs. 3 Satz 2 EH-RL dringt die Klägerin auch mit der Rüge nicht durch, der Anspruchsuntergang wirke sich nachteilig auf die systemrelevante Anreizfunktion der kostenlosen Zuteilung von Berechtigungen für frühzeitige Investitionen in neue Anlagentechnik aus. Ungeachtet dessen zahlen sich Investitionen in effiziente Anlagentechnik perspektivisch immer aus, weil entweder zugeteilte Berechtigungen übrig bleiben und veräußert werden können, oder für den Anlagenbetrieb weniger Berechtigungen zugekauft werden müssen. Aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des EuGH vom 12. April 2018 - C-302/17 [ECLI:EU:C:2018:245], PPC Power a.s. - ergibt sich nichts anderes. Es betrifft die Besteuerung von verkauften oder nicht verwendeten Zertifikaten, die sich nach der Auffassung des EuGH als mit der EH-RL unvereinbar darstellt, weil sie zu einem Verlust des wirtschaftlichen Werts der Zertifikate von 80 % führe und so beinahe jeden Anreiz beseitige, in Maßnahmen zur Verringerung von Emissionen zu investieren, die es ermöglichten, aus dem Verkauf nicht verwendeter Zertifikate einen Gewinn zu erzielen (Rn. 27). Mit diesem Sachverhalt einer unmittelbar auf die Funktionsfähigkeit des Emissionshandelssystems als solches einwirkenden wirtschaftlichen Entwertung zugeteilter Zertifikate ist der Untergang offener Zuteilungsansprüche am Ende der Handelsperiode nicht vergleichbar.
cc) Nach alledem besteht für die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Klärung der Fragen, ob
- die Mitgliedstaaten nach Art. 10 Satz 2 EH-RL a.F. im Handelszeitraum 2008 bis 2012 bei jeder einzelnen Zuteilung mindestens 90 % der nach den Regeln des NAP II vorgesehenen Emissionszertifikate kostenlos zuteilen müssen, und diese Vorgabe verletzt wird, wenn der Anspruch des einzelnen Anlagenbetreibers auf kostenlose Zuteilung vor dem 30. April 2013 nicht zu mindestens 90 % erfüllt und anschließend als untergegangen betrachtet wird,
- Art. 9 bis 11 EH-RL a.F. dahingehend auszulegen sind, dass ein Mitgliedstaat, der die nach seinem nationalen Recht begründeten Ansprüche von Anlagenbetreibern auf eine kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten, die zuvor im NAP II festgelegt und der Kommission zur Prüfung vorgelegt worden waren, nach dem 30. April 2013 nicht mehr erfüllen möchte, dies im NAP selbst bestimmen und der Kommission zur Prüfung vorlegen muss,
kein Anlass. Die periodenbezogenen Regelungen der Art. 9 bis 11 EH-RL enthalten keine Vorgaben für den Umgang mit offenen Zuteilungsansprüchen am Ende der Handelsperiode.
Eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH zur Klärung der Frage, ob Regelungen des europäischen Emissionshandelsrechts einer mitgliedstaatlichen Regelung entgegenstehen, nach der aus dem Nationalen Zuteilungsplan eines Mitgliedstaats für den Handelszeitraum 2008 bis 2012 folgende Ansprüche von Anlagenbetreibern auf eine kostenlose Zuteilung von Zertifikaten, die bis zum 30. April 2013 infolge der Dauer der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren nicht erfüllt wurden, nunmehr durch eine kostenlose Zuteilung von Zertifikaten mit einer Gültigkeit für den Zeitraum 2013 bis 2020 zu erfüllen sind, bedarf es bereits deshalb nicht, weil eine solche nationale Regelung nicht existiert.
2. Ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung einer Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen durch die Beklagte verneint.
Ein schutzwürdiges Feststellungsinteresse kann zwar gegeben sein, wenn die Weiterführung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dazu dienen soll, einen Schadensersatzprozess vor den Zivilgerichten vorzubereiten. Voraussetzung dafür ist aber, dass der beabsichtigte Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Davon ist auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 1.03 - BVerwGE 121, 169 <171 f.>). Diesen Maßstab hat das Oberverwaltungsgericht seiner Prüfung zugrunde gelegt und eine Klage auf Entschädigung wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs sowie Schadensersatz aus unionsrechtlicher Staatshaftung oder Amtshaftung ohne Verletzung revisiblen Rechts als offensichtlich aussichtslos betrachtet.
a) Der Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff setzt voraus, dass rechtswidrig in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen wird, die hoheitliche Maßnahme also unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt, und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - III ZR 282/00 - DVBl. 2001, 1619 <1621>). Diese Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor.
Da der Untergang offener Zuteilungsansprüche als (unterstellter) Eigentumseingriff jedenfalls gerechtfertigt ist, fehlt es insoweit an einem rechtswidrigen Eingriff in eine geschützte Rechtsposition. Soweit das Oberverwaltungsgericht einen Entschädigungsanspruch wegen eines Eingriffs in die Substanz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes durch das Vorenthalten weiterer Emissionsberechtigungen abgelehnt hat (UA S. 19 f.), steht dies im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, wonach eine verkürzte Zuteilung von Zertifikaten durch eine Überausstattung mit Berechtigungen ausgeglichen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2007 - 7 C 33.07 - BVerwGE 129, 328 <344> und Beschluss vom 21. Juni 2012 - 7 B 60.11 - juris Rn. 11 f). Dem Einwand der Klägerin, die Überallokation in der zweiten Handelsperiode könne ihr nicht entgegengehalten werden, weil sie in den Jahren 2013 bis 2015 eine Unterallokation in Höhe von 437 673 Berechtigungen zu verzeichnen hatte und für den Zeitraum von 2016 bis 2020 eine Unterallokation in Höhe von 1 409 598 Berechtigungen drohe, hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entgegengehalten, dass es angesichts der Überallokation mit 888 255 Berechtigungen und der schrittweisen Reduzierung der kostenlosen Zuteilungsmenge in der dritten Handelsperiode am erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der gerügten Minderzuteilung von 35 127 Berechtigungen und etwaigen Nutzungseinschränkungen fehlt. Die saldierende Gesamtbetrachtung ist nicht deshalb unzulässig, weil - wie die Klägerin geltend macht - die begehrte Mehrzuteilung nicht am Anlagenbestand, sondern an einer Eigenleistung in Gestalt der Kapazitätserweiterung anknüpft. Am fehlenden Zurechnungszusammenhang ändert dies angesichts der ganz erheblichen Überallokation und der erwähnten schrittweisen Umstellung des Zuteilungssystems in der dritten Handelsperiode sowie der Ungewissheit über den tatsächlichen Umfang der Unterallokation in den Jahren bis 2020 nichts.
b) Ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. [ECLI:EU:C:2014:2005], Specht u.a. -.
Zumindest ein qualifizierter Verstoß gegen individualschützende Normen des Unionsrechts sowie ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen Rechtsverstoß und Schaden können hier offensichtlich ausgeschlossen werden.
aa) Es kann dahinstehen, ob - wie die Klägerin geltend macht - der Bescheid vom 12. Mai 2009 gegen individualschützende Regelungen der EH-RL verstößt, weil die ihm zugrunde gelegte Vorschrift des § 9 Abs. 3 ZuG 2012 zur Ermittlung und Bestimmung des einschlägigen Emissionswertes für Neuanlagen/Kapazitätserweiterungen von den Regelungen des NAP II abweicht und diese Abweichung der Kommission nicht den Anforderungen des Art. 9 Abs. 3 EH-RL entsprechend notifiziert worden ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts (EuG) und des EuGH dient das Verfahren nach Art. 9 Abs. 3 EH-RL der Vorabkontrolle, ob der Nationale Zuteilungsplan mit Art. 10 EH-RL und den Kriterien des Anhangs III der EH-RL vereinbar ist (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-267/11 [ECLI:EU:C:2013:624], Kommission/Lettland -Rn. 54; EuG, Urteil vom 22. März 2011 - T-369/07 [ECLI:EU:T:2011:103] - Rn. 54). Selbst wenn die Regelungen der Art. 9 bis 11 EH-RL und die Kriterien des Anhangs III teils auch individualbezogene Vorgaben aufweisen sollten, folgt daraus aber weder zwingend, dass die Notifizierungspflicht als solche drittschützenden Charakter hat, noch, dass ein - vermeintlicher - Verstoß gegen die Notifizierungspflicht zugleich einen Verstoß gegen individualschützende materiell-rechtliche Normen des Unionsrechts begründet.
bb) Ungeachtet dessen wäre ein Verstoß jedenfalls nicht hinreichend qualifiziert. Von einer dafür erforderlichen offenkundigen und erheblichen Ermessensüberschreitung der Beklagten kann nicht die Rede sein. Das Verfahren bei einer nachträglichen Änderung des NAP II war weder in den unionsrechtlichen Normen eindeutig im Sinne der Klägerin geregelt, noch stand deren Auslegung zugunsten der Klägerin durch den EuGH fest (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - BVerwGE 150, 234 Rn. 29 f.). Die Beklagte musste daher nicht offenkundig davon ausgehen, dass § 9 Abs. 3 ZuG 2012 keine Anwendung finden darf. Sie durfte im Gegenteil annehmen, dass den formellen Anforderungen des Art. 9 Abs. 3 EH-RL dadurch Genüge getan worden ist, dass der Kommission mit Schreiben vom 14. August 2007 die "abschließende Änderung und Umsetzung des deutschen Nationalen Allokationsplans für die Periode 2008 bis 2012" in Form des zwischenzeitlich beschlossenen Zuteilungsgesetzes 2012 mitgeteilt worden war und die Kommission hiergegen in ihrer Entscheidung vom 26. Oktober 2007 keine Einwendungen erhoben hatte. Aus dem Hinweis der Klägerin auf Art. 3 Abs. 3 der Entscheidung der Kommission vom 29. November 2006 sowie den Erwägungsgrund Nr. 10 der Entscheidung vom 26. Oktober 2007, in denen die Bedeutung der in Art. 11 Abs. 2 EH-RL vorgesehenen Frist (31. Dezember 2006) als Ausschlussfrist für nicht von der Kommission veranlasste Änderungen des NAP II betont werde, folgt nichts anderes. Dabei handelt es sich lediglich um die Wiedergabe einer nicht verbindlichen, in späteren Entscheidungen des EuG (vgl. Urteil vom 7. November 2007 - T-374/04 [ECLI:EU:T:2007:332] - Rn. 105 f.) und des EuGH (Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-267/11 - Rn. 48) als unzutreffend erkannten Rechtsauffassung der Kommission. Nach diesen Entscheidungen sind Änderungen auch nach dem 31. Dezember 2006 möglich und setzen eine neue "Drei-Monats-Frist" in Gang; mit deren Ablauf besteht grundsätzlich eine Rechtmäßigkeitsvermutung für den NAP (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-267/11 - a.a.O.).
Der Einwand, die Beklagte habe nicht von einer Billigung des § 9 Abs. 3 ZuG nach Ablauf der "Drei-Monats-Frist" ausgehen dürfen, weil die Kommission ausdrücklich nur die auf ihre Aufforderung hin geänderten Regelungen des NAP II geprüft und "genehmigt" habe, greift ebenfalls nicht durch. Auch insoweit fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Offensichtlichkeit, dass die Regelung in § 9 Abs. 3 ZuG zur Bestimmung des Emissionswertes eine substanzielle Änderung von Nr. 6.3.1 des NAP II und nicht lediglich eine Konkretisierung und Präzisierung auf der Grundlage eines zwischenzeitlichen Erkenntnisgewinns darstellt. Dies gilt umso mehr, als die Prüfbefugnis der Kommission sich wie ausgeführt auf die Vereinbarkeit des NAP II mit den Kriterien des Anhangs III und Art. 10 EH-RL beschränkt. Das Kriterium Nr. 6 im Anhang II gibt aber, wie bereits dargelegt, für die Bestimmung des Emissionswertes bei Neuanlagen/Kapazitätserweiterungen nichts her.
cc) Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich auch einen unmittelbaren Ursachenzusammenhang zwischen dem - unterstellten - Unterlassen der Änderungsmitteilung und dem geltend gemachten Schaden durch eine Minderzuteilung von Emissionsberechtigungen zu Recht verneint. Seine Begründung, es sei offen, wie die Kommission auf eine (ausdrückliche) Notifizierung von Änderungen der Nr. 6.3.1 des NAP II durch § 9 Abs. 3 ZuG 2012 reagiert, und ob dies zu einem Mehrzuteilungsanspruch geführt hätte, ist nicht zu beanstanden. Mit ihrem Einwand, nach der im NAP II vorgesehenen Methode wären ihr die begehrten Emissionsberechtigungen in voller Höhe zugeteilt worden, zumal die vorliegenden Rechtsakte der Kommission nur den Schluss auf eine Ablehnung der Änderung zuließen, dringt die Klägerin nicht durch. Angesichts des eingeschränkten Prüfprogramms der Kommission erscheint es keinesfalls zwingend, dass sie einen produktbezogenen Emissionswert bei der Zuteilung für Neuanlagen beanstandet hätte, zumal weder Art. 10 EH-RL noch die Kriterien im Anhang III zur EH-RL hierfür verbindliche Vorgaben machen.
dd) Fehlt es demnach an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht und am unmittelbaren Zusammenhang zwischen Pflichtwidrigkeit und Schaden, ist die Vorlagefrage der Klägerin, ob Art. 9 bis 11 EH-RL auch eine individualschützende Funktion zukommt, die bei Verstößen der Mitgliedstaaten gegen diese Bestimmungen im Zusammenhang mit der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten an die Betreiber der einzelnen Anlage Entschädigungsansprüche nach den Grundsätzen der Staatshaftung der Mitgliedstaaten für Verstöße gegen das Unionsrecht ermöglichen, nicht entscheidungserheblich.
c) Schließlich ist ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG mangels eines Verschuldens der Mitarbeiter der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) offensichtlich unbegründet. Zutreffend stellt das Oberverwaltungsgericht unter Verweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts darauf ab, dass den Mitarbeitern unabhängig von der Geltung der sog. Kollegialgerichtsregel ein Verschulden bei der Berechnung des Emissionswertes für die Anlage der Klägerin nicht angelastet werden kann.
Der von den Vorinstanzen angelegte Verschuldensmaßstab, nach dem jeder Amtsträger bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet ist, die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und nicht jeder objektive Rechtsirrtum geeignet ist, einen Schuldvorwurf zu begründen (vgl. BGH, Urteile vom 3. Juli 1997 - III ZR 205/96 - BGHZ 136, 182 und vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04 - BGHZ 161, 305 m.w.N.), und dies insbesondere in den Fällen gilt, in denen die objektiv unrichtige Rechtsanwendung eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt zweifelhaft sein kann und noch nicht durch höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04 - a.a.O.; Beschluss vom 24. Juni 2010 - III ZR 315/09 - NVwZ-RR 2010, 675), steht im Einklang mit Bundesrecht.
Diesen Maßstab zugrunde gelegt, hat das Verwaltungsgericht, dessen Ausführungen das Oberverwaltungsgericht sich zu eigen gemacht hat, zu Recht darauf abgestellt, dass das Emissionshandelsrecht eine komplizierte Rechtsmaterie ist, deren Ausgestaltung sich in jeder Handelsperiode ändert und für die es an einer Orientierungshilfe durch höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls zu Beginn einer Handelsperiode regelmäßig fehlt. Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsanwendung und -auslegung durch die Mitarbeiter der DEHSt bei der Bestimmung des für die Kapazitätserweiterung der Klägerin maßgeblichen produktbezogenen Emissionswertes unter Berücksichtigung der besten verfügbaren Technik nicht auf einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung beruht, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Soweit die Klägerin rügt, es sei nicht erkennbar oder gar dokumentiert, dass die hoch spezialisierten Mitarbeiter der DEHSt sich auch mit den relevanten unionsrechtlichen Fragen, insbesondere der Abweichung vom NAP II und ihren Folgen, auseinandergesetzt hätten, begründet dies keinen Verschuldensvorwurf. Warum sich ihnen die Notwendigkeit einer unionsrechtlichen Prüfung hätte aufdrängen müssen, obwohl auch die fachkundig vertretene Klägerin unionsrechtliche Bedenken weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erhoben hat, legt die Klägerin nicht dar und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
Die Frage, ob ein Mitgliedstaat für die Zuteilung von Zertifikaten an neue Marktteilnehmer beim Vollzug des NAP II die Berücksichtigung anlagenspezifischer Angaben und eines hierzu vorgelegten Sachverständigengutachtens ablehnen und auf ein produktspezifisches Emissionsniveau abstellen darf, wenn er zuvor im Rahmen des nach Art. 9 Abs. 3 EH-RL an die Kommission übermittelten NAP II ausschließlich anlagenspezifische Festlegungen getroffen und vom Anlagenbetreiber die Vorlage eines Sachverständigengutachtens über die zuteilungsrelevanten Eigenschaften der Anlage gefordert hat und diese Änderung der Kommission nicht mitgeteilt wurde, ist nicht entscheidungserheblich. Sie würde sich in dieser Form erst bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12. Mai 2009 im Rahmen der Begründetheit der Fortsetzungsfeststellungsklage stellen. Einer Vorlage an den EuGH bedarf es daher auch insoweit nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.