Entscheidungsdatum: 03.05.2016
Soweit der Kläger einen presserechtlichen Anspruch geltend macht, wird das Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 7 C 12.16 (neu 7 C 3.17) fortgeführt.
Das Verfahren 7 C 13.15 wird bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Verfahren - C-15/16, Baumeister - ausgesetzt.
1. Die Trennung der Verfahren beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.
Der Kläger macht erstmals in der Revisionsinstanz neben dem auf das Informationsfreiheitsgesetz gestützten Informationszugangsanspruch auch einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend. Dabei handelt es sich um eine Klageänderung (§ 91 Abs. 1 VwGO) im Sinne einer Klagehäufung. Denn das Klagebegehren wird damit nicht lediglich im Sinne einer Anspruchsnormenkonkurrenz auf eine weitere Rechtsgrundlage gestützt; vielmehr wird ein neuer Streitgegenstand ins Verfahren eingeführt.
Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 2014 - 9 B 63.13 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 8 Rn. 13; BGH, Beschluss vom 27. November 2013 - III ZB 59/13 - BGHZ 199, 159 Rn. 16, jeweils m.w.N.).
Der Klageanspruch als prozessualer Anspruch und Rechtsfolgenbehauptung wird insbesondere im Verwaltungsprozess gerade auch von der einschlägigen Rechtsschutzform bestimmt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 90 Rn. 7; Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 121 Rn. 58; Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 121 Rn. 45; Germelmann, in: Gärditz, VwGO, 2013, § 121 Rn. 85). Vorliegend führen die beiden in Anspruch genommenen Rechtsgrundlagen auf unterschiedliche Klagearten und deshalb auf unterschiedliche Streitgegenstände. Gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 IFG wird der allgemeine Informationszugangsanspruch mit einer Verpflichtungsklage durchgesetzt (ebenso der Zugangsanspruch nach dem Umweltinformationsgesetz, siehe Ziekow/Debus, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Stand Dezember 2007, § 6 UIG Bund Rn. 38 f.; Schoch, IFG, 2009, § 9 Rn. 76; jeweils m.w.N.), während der Presseauskunftsanspruch im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen ist (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 15 und vom 27. November 2013 - 6 A 5.13 - Buchholz 402.71 BNDG Nr. 3 Rn. 10; siehe auch Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015, § 4 LPG Rn. 186; Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl. 2012, 22. Kap. Rn. 2). Streitgegenstand der Verpflichtungsklage ist neben dem verfolgten prozessualen Anspruch auf Vornahme des begehrten Verwaltungsakts zugleich die Rechtsbehauptung des Klägers, dass die Versagung des beantragten Verwaltungsakts, bezogen auf die Anspruchs- bzw. Ermächtigungsgrundlage, rechtswidrig ist (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 28; vgl. auch Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 121 Rn. 51; Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 121 Rn. 63 f., jeweils m.w.N.). Diese Bezugnahme auf einen Verwaltungsakt und die streitgegenstandsprägende Anspruchsgrundlage fehlt indessen bei der auf einen Realakt gerichteten allgemeinen Leistungsklage.
Wollte man von diesen Unterschieden in der sachdienlichen Antragstellung gleichwohl absehen und den - für das Sachinteresse des Klägers entscheidenden - tatsächlichen Vollzug des Informationszugangs als maßgeblich für die Bestimmung des Streitgegenstands erachten, ergäbe sich nichts anderes. Denn mit der Berufung auf presserechtliche Vorschriften ändert sich auch der Klagegrund.
Der Klagegrund geht über die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus; zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Das ist dann der Fall, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn er nach mehreren Anspruchsgrundlagen einer je eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich ist. Bei gleichem Antrag liegt eine Mehrheit von Streitgegenständen dagegen dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BVerwG, Beschluss vom 7. März 2016 - 7 B 45.15 - juris Rn. 6 im Anschluss an BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - BGHZ 194, 314 Rn. 19, m.w.N. und Beschluss vom 27. November 2013 - III ZB 59/13 - BGHZ 199, 159 Rn. 17; vgl. auch Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, Einl. Rn. 70, 75; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 263 Rn. 13 ff.; Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, Einl. Rn. 76; kritisch Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2008, Bd. 4 vor § 253 Rn. 12; siehe auch Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 24).
Die Rechtsordnung hat das grundsätzlich voraussetzungslose Jedermannsrecht auf Informationszugang und den besonderen Auskunftsanspruch der Presse in vielerlei Hinsicht unterschiedlich ausgestaltet; dies gilt etwa für die Zugangsarten, die Anspruchsvoraussetzungen, die Begrenzung - bei dem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch im Sinne der Gewährung eines Mindeststandards -, die Verfahrensregelungen und nicht zuletzt die Kostenfrage. Mit diesen Unterschieden soll der informationsrechtlichen Stellung der Presse und deren besonderen Funktionsbedürfnissen Rechnung getragen werden (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 28). Der Pressevertreter kann sich zwar auch auf das Jedermannsrecht berufen (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 45 f.); er nimmt in seiner Eigenschaft als Presseorgan und als Jedermann aber gleichwohl verschiedene Funktionen bzw. Rollen wahr, die einen je eigenständigen Lebensvorgang kennzeichnen.
Über den presserechtlichen Anspruch als eigenständigen Streitgegenstand kann der 7. Revisionssenat nach der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entscheiden; vielmehr ist die Zuständigkeit des 6. Revisionssenats gegeben, so dass eine Abtrennung und Abgabe des Verfahrens geboten ist. Unbeachtlich ist, dass einer Sachentscheidung bereits § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO entgegensteht. Denn auch insoweit ist eine verbindliche Feststellung allein dem zuständigen Spruchkörper vorbehalten.
Der Senat hat mit Beschluss vom 4. November 2015 - 7 C 4.14 - (VersR 2016, 511) den Gerichtshof der Europäischen Union um die Klärung der Reichweite des Berufsgeheimnisses nach Art. 54 der Richtlinie 2004/39/EG ersucht, der für das Verständnis von § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 9 KWG maßgeblich ist. Die aufgeworfenen Auslegungsfragen sind auch für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblich. Unter diesen Umständen ist es sachgerecht, den Rechtsstreit auszusetzen, ohne zugleich den Gerichtshof erneut anzurufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2000 - 3 C 3.00 - BVerwGE 112, 166 <169 f.>).