Entscheidungsdatum: 29.04.2011
Die Dienststelle ist nicht verpflichtet, Rechtsanwaltskosten, die dem Personalrat im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren entstanden sind, auf der Grundlage einer Vergütungsvereinbarung zu übernehmen.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung oder sind nicht entscheidungserheblich.
1. Der Antragsteller will geklärt wissen, ob sich die Kostentragungspflicht der Dienststelle gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG im Falle einer anwaltlichen Vertretung des Personalrats ausnahmslos auf die nach dem Gegenstandswert zu berechnende Gebühr beschränkt. Die Frage ist eindeutig im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs zu beantworten, so dass es zu ihrer Klärung nicht erst der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf.
a) Entgegen der Annahme des Antragstellers ist der Wortlaut der Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG nicht zwingend dahin zu verstehen, dass die Dienststelle alle durch die Personalratstätigkeit verursachten Kosten nach Grund und Höhe zu übernehmen hat. Er ist vielmehr offen für eine Wertung, die jeweils danach fragt, ob der Personalrat seine Aufwendungen für erforderlich, vertretbar und verhältnismäßig halten durfte. Dass diese Auslegung geboten ist, zeigt schon der rechtssystematische Zusammenhang mit den Regelungen zu Reise- und Schulungskosten in § 44 Abs. 1 Satz 2 und § 46 Abs. 6 BPersVG, die ausdrücklich auf die Merkmale der Notwendigkeit und Erforderlichkeit abstellen. Hinzu kommt, dass der Personalrat als Teil der Verwaltung dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel unterliegt (vgl. Beschlüsse vom 9. Oktober 1991 - BVerwG 6 P 1.90 - BVerwGE 89, 93 <102 ff.> = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 25 S. 47 ff., vom 9. März 1992 - BVerwG 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76 <84 f.> = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 26 S. 59 f., vom 19. Dezember 1996 - BVerwG 6 P 10.94 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 30 S. 8, vom 26. Februar 2003 - BVerwG 6 P 9.02 - BVerwGE 118, 1 <2 f., 6> = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 31 S. 2 und 4 f., vom 14. Juni 2006 - BVerwG 6 P 13.05 - BVerwGE 126, 122 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 35 Rn. 11 f., vom 9. Juli 2007 - BVerwG 6 P 9.06 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 30 Rn. 21, vom 15. April 2008 - BVerwG 6 PB 3.08 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 36 Rn. 8 f. und vom 11. Oktober 2010 - BVerwG 6 P 16.09 - Rn. 14). Daraus folgt ohne Weiteres, dass die Dienststelle Rechtsanwaltskosten nur in Höhe der gesetzlichen Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. der Anlage 1 zum RVG zu übernehmen hat. Dass Personalräte für ihre Vertretung im Beschlussverfahren Rechtsanwälte nur finden können, wenn sie eine Vergütungsvereinbarung abschließen, kann nicht ernsthaft behauptet werden und widerspricht im Übrigen jeglicher gerichtlicher Erfahrung.
Demgemäß entspricht es einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, die Erstattungspflicht der Dienststelle nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG für Rechtsanwaltskosten auf die gesetzliche Vergütung zu beschränken (vgl. VGH München, Beschlüsse vom 13. Juli 1994 - 18 P 94.1807 - PersV 1997, 229 und vom 23. Juli 2003 - 17 P 03.18 - juris Rn. 26; OVG Münster, Beschluss vom 25. März 1999 - 1 A 1973/97.PVL - juris Rn. 5; OVG Hamburg, Beschlüsse vom 11. Juni 2001 - 8 Bf 370/00.PVL - juris Rn. 34, vom 26. November 2001 - 8 Bf 372/00.PVL - juris Rn. 27 und vom 25. Februar 2002 - 8 Bf 378/00 - juris Rn. 18; Kröll, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 44 Rn. 34; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 44 Rn. 11d; Lorenzen, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 44 Rn. 18e). Für den Bereich des Betriebsverfassungsrechts hat das Bundesarbeitsgericht ebenfalls entschieden, dass der Betriebsrat die Beauftragung eines Rechtsanwalts grundsätzlich auf der Grundlage der gesetzlichen Vergütung vorzunehmen hat (vgl. Beschluss vom 20. Oktober 1999 - 7 ABR 25/98 - AP Nr. 67 zu § 40 BetrVG 1972); Gründe für eine "großzügigere" Betrachtungsweise im Personalvertretungsrecht sind nicht erkennbar.
b) Eine Schlechterstellung des Personalrats gegenüber anderen Verwaltungsorganen ist damit nicht verbunden. Zwar mag es zutreffen, dass im Bereich der öffentlichen Verwaltung im Falle der Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht selten eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen wird. Der Prozess, den ein Träger öffentlicher Verwaltung gegen einen Außenstehenden führt, ist jedoch mit dem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht vergleichbar. Denn hier findet anders als dort eine Erstattung außergerichtlicher Kosten durch den Unterlegenen nicht statt. Diese Lücke wird durch § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG geschlossen. Nach den dazu in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen hat die Dienststelle die außergerichtlichen Kosten, die dem Personalrat durch Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sind, immer dann zu tragen, wenn die Rechtsverfolgung nicht von vornherein aussichtslos war oder mutwillig betrieben wurde (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 14 ff. und 22 m.w.N.). Liegen die letztgenannten Voraussetzungen nicht vor, so greift die Erstattungspflicht der Dienststelle selbst dann ein, wenn der Personalrat im Beschlussverfahren unterliegt. Unter Umständen ist auch der Dienststellenleiter berechtigt, sich im Beschlussverfahren eines Rechtsanwalts zu bedienen (vgl. § 11 Abs. 4, § 89 Abs. 1, § 94 Abs. 1 ArbGG). Die Dienststelle hat unabhängig vom Ausgang des Verfahrens die beiderseitigen Anwaltskosten zu tragen.
2. Die zweite Fragestellung zielt ausweislich der Beschwerdebegründung des Antragstellers darauf ab, ob die Dienststelle ausnahmsweise zur Erstattung auf der Grundlage einer Vergütungsvereinbarung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten verpflichtet ist.
a) Letzteres ist nicht auszuschließen. Dies ist selbstverständlich und bedarf keiner Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren. Ob ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und einer verallgemeinerungsfähigen Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich. Im Übrigen ist dem Verwaltungsgerichtshof ohne Weiteres darin beizupflichten, dass eine einmalige Erstattung der Dienststelle zu den Sätzen einer Vergütungsvereinbarung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände beim Personalrat kein Vertrauen dahin erzeugen kann, eine Erstattung zu diesen Bedingungen werde auch für künftige Beschlussverfahren und weitere Instanzen vorgenommen.
b) Die Formulierung der zweiten Grundsatzfrage in der Beschwerdebegründung (S. 9 f.) stellt zudem ausdrücklich darauf ab, dass der Personalrat nach dem vertrauenserzeugenden Verhalten der Dienststelle eine neue Vergütungsvereinbarung abgeschlossen hat. Angesichts dessen erweist sich die zweite Fragestellung nicht als entscheidungserheblich. Denn die drei hier in Rede stehenden Vergütungsvereinbarungen vom 15. Juli, 20. August und 26. September 2008 sind sämtlich abgeschlossen worden, bevor der Beteiligte - erst- und einmalig - unter dem 16. Dezember 2008 zu den Sätzen der Vergütungsvereinbarung vom 20. August 2008 erstattet hat. Dass es nach dem 16. Dezember 2008 zum Abschluss einer weiteren Vergütungsvereinbarung gekommen ist, wird in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 92a Satz 2 ArbGG) und erscheint im Übrigen nach dem vorliegenden Akteninhalt ausgeschlossen (vgl. namentlich die Darstellung im Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 29. Juli 2009 an den Beteiligten).
3. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene dritte Fragestellung geht offensichtlich fehl. Eine Haftung der Dienststelle für die Anwaltskosten unter Fürsorgegesichtspunkten scheidet aus.
In der Senatsrechtsprechung ist geklärt, dass Vertragspartner des Rechtsanwalts, den der Personalrat zwecks Durchsetzung seiner personalvertretungsrechtlichen Befugnisse mit seiner Vertretung im Beschlussverfahren beauftragt, der Personalrat ist (vgl. Beschluss vom 9. März 1992 a.a.O. S. 80 f. bzw. S. 56 f.). Eine Haftung einzelner Personalratsmitglieder für die Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts ist daher ausgeschlossen. Der Personalrat selbst kann wegen seiner Vermögenslosigkeit für die Anwaltsvergütung nicht aufkommen (vgl. Beschluss vom 9. März 1992 a.a.O. S. 83 bzw. S. 58). Dies hat aber entgegen der Annahme des Antragstellers nicht zur Folge, dass der Rechtsanwalt wegen seiner Vergütungsansprüche auf das Wohlwollen des Personalrats und der Dienststelle angewiesen ist. Vielmehr hat der Personalrat ein dringendes Eigeninteresse daran, einen bestehenden Erstattungsanspruch aus § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG gegenüber der Dienststelle gerichtlich durchzusetzen. Anderenfalls könnte er nicht mehr auf die Vertretungsbereitschaft von Rechtsanwälten zählen. Zudem hat er die Option, seinen Erstattungsanspruch an seine bevollmächtigten Rechtsanwälte abzutreten.
Freilich trägt der Rechtsanwalt das Risiko, bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 BPersVG mit seiner Kostenforderung auszufallen (vgl. Beschlüsse vom 9. März 1992 a.a.O. S. 83 bzw. S. 58 und vom 19. Dezember 1996 a.a.O. S. 9). Dies ist nicht rechtsstaatswidrig. Denn vom Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege kann erwartet werden, dass er den Personalrat von einer Rechtsverfolgung abhält, die offensichtlich aussichtslos oder mutwillig ist (vgl. Beschluss vom 9. März 1992 a.a.O. S. 88 bzw. S. 62). Nur unter diesen Voraussetzungen scheitert - wie bereits erwähnt - die Übernahme von Rechtsanwaltskosten durch die Dienststelle. Ebenso wenig unterliegt Bedenken, dass der Rechtsanwalt mit Ansprüchen ausfällt, die über die gesetzliche Vergütung hinausgehen. Denn mit dem Abschluss einer Vergütungsvereinbarung geht er angesichts der einhellig ablehnenden Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur ein erhebliches Risiko ein.