Entscheidungsdatum: 22.02.2018
…
…
…
betreffend das europäische Patent 1 779 545
(DE 60 2005 031 400)
hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2017 durch die Vorsitzende Richterin Friehe sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi, Dipl.-Ing. Matter und Dr.- Ing. Kapels
für Recht erkannt:
I. Das Patent 1 779 545 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der erteilten Patentansprüche 1 bis 7, 9 bis 16, 19 bis 21 und 23 teilweise für nichtig erklärt, soweit die vorgenannten Ansprüche über folgende Fassung hinausgehen:
II. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten tragen die Beklagte zu ¼, alle Klägerinnen gesamtschuldnerisch zur Hälfte und im Übrigen gesamtschuldnerisch die Klägerinnen zu 3 bis 5.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen tragen diese jeweils selbst zu 3/4 und die Beklagte jeweils zu 1/4.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerinnen zu 1, 2, 6 und 7 jeweils zu 1/14, die Klägerinnen zu 3 bis 5 jeweils zu 13/84 und im Übrigen die Beklagte selbst.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
V. Der Gegenstandswert der Klagen der Klägerinnen zu 1, 2, 6 und 7 wird auf 5.000.000 €, derjenige der Klagen der Klägerinnen zu 3 bis 5 auf 7.500.000 € festgesetzt.
Die Beklagte ist seit 7. Oktober 2015 eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 1 779 545 (Streitpatent). Das Streitpatent wurde aufgrund der internationalen Anmeldung PCT/EP2005/053931 der Fa. l… Inc vom 10. August 2005 erteilt. Diese wurde als WO 2006/015983 A1 am 16. Februar 2006 veröffentlicht und nimmt die Priorität aus der Anmeldung US 10/917968 des Herrn A… vom 12. August 2004 für die Fa. W… LLC, auf welche die Anmeldung umgeschrie- ben worden war, in Anspruch. Die Erteilung wurde am 23. November 2011 veröffentlicht.
Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 60 2005 031 400 geführte Streitpatent trägt die Bezeichnung
„COMBINED OPEN LOOP/CLOSED LOOP POWER CONTROL IN A WIRELESS COMMUNICATION SYSTEM“
(in Deutsch laut Streitpatentschrift:
LEISTUNGSREGELUNG MIT KOMBINATION AUS OFFENER SCHLEIFE/GESCHLOSSENER SCHLEIFE IN EINEM DRAHTLOSEN KOMMUNIKATIONSSYSTEM).
und umfasst in der erteilten Fassung 23 Patentansprüche.
Während die Klägerinnen zu 1), 2), 6) und 7) mit ihren am 14. Januar 2016 (Klägerinnen zu 1) und 2)) bzw. 8. März 2016 (Klägerinnen zu 6) und 7)) eingereichten Nichtigkeitsklagen die Nichtigerklärung des Streitpatents lediglich im Umfang der Ansprüche 14 und 19 begehren, greifen die Klägerinnen zu 3) bis 5) mit ihrer am 15. Januar 2016 eingereichten Nichtigkeitsklage das Streitpatent im Umfang der Ansprüche 1 bis 7, 9 bis16, 19 bis 21 und 23 an.
Die angegriffenen erteilten unabhängigen Patentansprüche 1, 12, 14, 19 und 23 lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt:
1. A method of power control in a radio communications system including a base station and a mobile terminal, the method comprising, at the mobile terminal:
determining a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal; the method characterised by:
receiving an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and at least one transmit power control TPC command transmitted to the mobile terminal from the base station on the downlink channel;
setting a transmit power level for the mobile terminal based on the determined path loss and the at least one TPC command; and
transmitting a signal on the scheduled uplink transmission resource at the set transmit power level.
12. A mobile terminal characterised by:
a receiver operable to receive an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and at least one transmit power control TPC command transmitted from a base station on the downlink channel, and operable to measure a power level of a received signal;
computation logic coupled to the receiver and operable to determine a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal;
power level setting logic coupled to the computation logic and operable to set a transmit power level based on the determined path loss and the at least one TPC command; and
a transmitter coupled to the power level setting logic and operable to transmit a signal at the set transmit power level on the scheduled uplink transmission resource.
14. A method of power control in a radio communications system comprising a base station, the method characterised by, at the base station:
transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and at least one transmit power control TPC command to a mobile terminal on the downlink channel; and
receiving an uplink signal from the mobile terminal wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and the at least one transmitted TPC commands.
19. A base station for implementing power control in a radio communication system, the base station characterized by:
a transmitter operably coupled to logic for transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and
at least one transmit power control TPC command to a mobile terminal on the downlink channel; and
a receiver operable for receiving an uplink signal from the mobile terminal wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal determined by the mobile terminal and the at least one transmitted TPC commands.
23. A computer-readable medium comprising program code for controlling power in a radio communication system, the program code operable for performing the method of any of Claims 1 to 11 or 14 to 18.
Auf Deutsch lauten sie laut Streitpatentschrift:
1. Verfahren zur Leistungssteuerung in einem Funkkommunikationssystem, welches eine Basisstation und ein mobiles Endgerät enthält, wobei das Verfahren in dem mobilen Endgerät umfasst:
Bestimmen eines Pfadverlustes eines Funkkanals zwischen der Basisstation und dem mobilen Endgerät, wobei das Verfahren
gekennzeichnet ist durch:
Empfangen einer Zuweisung einer aufgelisteten aufwärts gerichteten Übertragungsressource in einem abwärts gerichteten Kanal und zumindest eines Übertragungsleistungssteuerungs-TPC-Befehls, der von der Basisstation in dem abwärts gerichteten Kanal zu dem mobilen Endgerät übertragen wird,
Festlegen eines Sendeleistungspegels für das mobile Endgerät auf der Grundlage des bestimmten Pfadverlustes und des zumindest einen TPC-Befehls und Übertragen eines Signals in der aufgelisteten aufwärts gerichteten Übertragungsressource bei dem festgelegten Sendeleistungspegel.
12. Mobiles Endgerät,
gekennzeichnet durch:
einen Empfänger, der betreibbar ist, um eine Zuweisung einer aufgelisteten aufwärts gerichteten Übertragungsressource in einem abwärts gerichteten Kanal und zumindest einen Sendeleistungssteuerungs-TPC-Befehl zu empfangen, der von einer Basisstation in dem abwärts gerichteten Kanal gesendet wird, und der betreibbar ist, um einen Leistungspegel eines empfangenen Signals zu messen,
eine Rechenlogik, die mit dem Empfänger verbunden ist und die betreibbar ist, um einen Pfadverlust eines Funkkanals zwischen der Basisstation und dem mobilen Endgerät zu bestimmen,
eine Leistungspegel-Einstelllogik, die mit der Rechenlogik verbunden betreibbar ist,
um einen Sendeleistungspegel auf der Grundlage des bestimmten Pfadverlustes und des zumindest einen TPC-Befehls festzulegen,
und einen Sender, der mit der Leistungspegel-Einstelllogik verbunden ist und der betreibbar ist, um ein Signal bei dem festgelegten Sendeleistungspegel in der aufgelisteten aufwärts gerichteten Sende- bzw. Übertragungsressource zu übertragen.
14. Verfahren zur Leistungssteuerung in einem Funkkommunikationssystem, welches eine Basisstation umfasst, wobei das Verfahren in der Basisstation
gekennzeichnet ist durch:
Übertragen einer Zuweisung einer aufgelisteten aufwärts gerichteten Ressource in einem abwärts gerichteten Kanal und zumindest eines Sendeleistungssteuerungs-TPC-Befehls zu einem mobilen Endgerät in dem abwärts gerichteten Kanal und Empfangen eines aufwärts gerichteten Signals von dem mobilen Endgerät, wobei das aufwärts gerichtete Signal in der zugewiesenen aufwärts gerichteten Übertragungsressource bei einem Sendeleistungspegel übertragen worden ist, der auf einem Pfadverlust zwischen der Basisstation und dem mobilen Endgerät basiert, wie dies durch das mobile Endgerät und den zumindest einen übertragenen TPC-Befehl bestimmt wird.
19. Basisstation zum Ausführen einer Leistungssteuerung in einem Funkkommunikationssystem, wobei die Basisstation gekennzeichnet durch:
einen Sender, der betriebsmäßig mit einer Logik zum Übertragen einer Zuweisung einer aufgelisteten aufwärts gerichteten Übertragungsressource in einem abwärts gerichteten Kanal und zumindest eines Sendeleistungs- steuerungs-TPC-Befehls zu einem mobilen Endgerät in dem abwärts gerichteten Kanal verbunden ist,
und einen Empfänger, der betreibbar ist zum Empfangen eines aufwärts gerichteten Signals von dem mobilen Endgerät, wobei das aufwärts gerichtete Signal in der zugewiesenen aufwärts gerichteten Übertragungsressource bei einem Sendeleistungspegel übertragen worden ist, der auf einem durch das mobile Endgerät bestimmten Pfadverlust zwischen der Basisstation und dem mobilen Endgerät und dem zumindest einen übertragenen TPC-Befehl basiert.
23. Mittels eines Computers lesbares Medium, welches einen Programmcode zum Steuern der Leistung in einem Funkkommunikationssystem umfasst, wobei der Programmcode betreibbar ist zum Ausführen des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 11 oder 14 bis 18.
Bei den übrigen Patentansprüchen, von denen lediglich die Ansprüche 8, 17, 18 und 22 nicht von wenigstens einer der Klägerinnen angegriffen sind, handelt es sich um auf jeweils die vorgenannten Patentansprüche unmittelbar oder mittelbar rückbezogene Unteransprüche.
Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass das Streitpatent im jeweils angegriffenen Umfang wegen unzulässiger Erweiterung und mangelnder Patentfähigkeit für nichtig zu erklären sei. Die Klägerin zu 1) und die Klägerinnen zu 3) bis 5) machen darüber hinaus auch eine mangelnde Ausführbarkeit der angegriffenen Gegenstände geltend.
Dies stützen sie u. a. auf folgende Druckschriften (Kurzzeichen vom Senat):
D1 WO 00/57574 A1
D2 “Performance Evaluation of Combined Closed-Loop/Open-Loop Power Control Scheme for TDD”. TSG-RAN Working Group1 meeting #3 TSGR1#3 (99)155; Source: Inter-Digital Communications Corporation. S. 1 – 8
D2v Veröffentlichungsnachweis zu D2
D3 BRAND, A.; AGHVAMI, H.: “Multiple Access Protocols for Mobile Communications: GPRS, UMTS and Beyond"; John Wiley & Sons, Ltd 2002, ISBN 0 471 49877 7, Auszüge, insbesondere S. 99 – 220
D4a 3 GPP TS 44.060 V6.8.0 (2004-07) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group GSM/EDGE Radio Access Network; General Packet Radio Service (GPRS); Mobile Station (MS) - Base Station System (BSS) interface; Radio Link Control/Medium Access Control (RLC/MAC) protocol (Release 6). S. 1 – 356
D4b 3GPP TS 45.008 V6.8.0 (2004-06) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group GSM/EDGE Radio Access Network; Radio subsystem link control
(Release 6). S. 1 – 109
D4c 3GPP TS 45.002 V6.6.0 (2004-04) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group GSM/EDGE Radio Access Network; Multiplexing and multiple access on the radio path (Release 6). S. 1 – 88
D4abcv Veröffentlichungsnachweise zu den Druckschriften D4a, D4b, D4c
D4aa GSM 04.60 V8.5.0 (2000-07) European Standard (Telecommunications series). Digital cellular telecommunications system (Phase 2+); General Packet Radio Service (GPRS); Mobile Station (MS) - Base Station System (BSS) interface; Radio Link Control/ Medium Access Control (RLC/MAC) protocol (GSM 04.60 version 8.5.0 Release 1999) Available SMG only. S. 1 – 18, 33 -65, 100 – 101, 120 – 122, 160, 202 – 208, 232 – 238
D4bb Draft ETSI EN 300 911 V8.5.0 (2000-07) European Standard (Telecommunications series). Digital cellular telecommunications system (Phase 2+); Radio subsystem link control (GSM 05.08 version 8.5.0 Release 1999). S. 1 – 12, 55, 56, 88 – 91
D4cc Draft ETSI EN 300 908 V8.5.0 (2000-07) European Standard (Telecommunications series). Digital cellular telecommunications system (Phase 2+); Multiplexing and multiple access on the radio path (GSM 05.02 version 8.5.0 Release 1999). S. 1 – 8, 29 – 31
D4aabbccv Screenshots der Webseiten des 3GPP-Servers als Veröffentlichungsnachweis zu D4aa – D4cc
D4e ETSI TS 151 010-1 V5.9.0 (2004-07) Technical Specification. Digital cellular telecommunications system (Phase 2+); Mobile Station (MS) conformance specification; Part 1: Conformance specification (3GPP TS 51.010-1 version 5.9.0 Release 5). Deckblatt, S. 1 – 64; 676 – 700
D4f “Fast Uplink Power Control for EGPRS”. 3GPP TSG GERAN #1 Seattle WA, USA 28 August - 1 September 2000 TSGG (00) 0240
Agenda Item 8.1.5.12. Source: Siemens. S. 1 – 4
D4fv Veröffentlichungsnachweis zu D4f: “Report of TSG GERAN meeting #1, version 0.0.2. S. 1, 2, 17, 28, 78, 87
D5 ETSI TS 125 331 V6.2.0 (2004-06) Technical Specification. Universal Mobile Telecommunications System (UMTS); Radio Resource Control (RRC) protocol specification (3GPP TS 25.331 version 6.2.0 Release 6). S. 1 – 36, 137 – 142, 223 – 232, 365 – 367, 540 – 542, 895 – 897
D5v Veröffentlichungsnachweis zu D5
D5a 3GPP 25.331 V6.0.0 (2003-12). S. 1, 35 – 38, 135 – 139, 470 – 476, 880 – 903
D5b ETSI TS 125 301 V6.0.0 (2003-12) Technical Specification. Universal Mobile Telecommunications System (UMTS); Radio interface protocol architecture (3GPP TS 25.301 version 6.0.0 Release 6). Deckblatt, S. 1 – 19
D5bv Veröffentlichungsnachweis zu D5b
D5b1 3GPP TS 25.301 V6.0.0 (2003-12) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Radio Interface Protocol Architecture (Release 6). S. 1 – 43
D5c ETSI TS 125 221 V6.1.0 (2004-06) Technical Specification. Universal Mobile Telecommunications System (UMTS); Physical channels and mapping of transport channels onto physical channels (TDD) (3GPP TS 25.221 version 6.1.0 Release 6). Deckblatt, S. 1 – 61
D5cv Veröffentlichungsnachweis zu D5c
D5d 3GPP TS 25.221 V6.0.0 (2003-12) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Physical channels and mapping of transport channels onto physical channels (TDD) (Release 6). S. 1 – 97
D5e 3GPP TS 25.321 V6.0.0 (2003-12) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Medium Access Control (MAC) protocol specification (Release 6). S. 1 – 61
D5ev Veröffentlichungsnachweis zu D5e
D5ev1 Übersicht über Standardisierungstreffen und Versionen zu Rel. 14 TS 25.321, abrufbar unter https://portal.3gpp_org/ desktopmodules/ Specifications/Specific_ationDetails.aspxfi
specificationld=l 175
D5f 3GPP TS 25.401 V6.0.0 (2003-03) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; UTRAN Overall Description (Release 6). S. 1 – 44
D5g 3GPP TS 25.201 V6.0.0 (2003-12) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Physical layer - General description (Release 6). S. 1 – 15
D5h 3GPP TS 25.224 V6.0.0 (2003-12) Technical Specification. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Physical layer procedures (TDD) (Release 6). S. 1 - 46
D5gdeafhv Veröffentlichungsnachweise zu D5g, D5d, D5e, D5a, D5f, D5h
D5i 3 GPP TR 25.804 V2.0.0 (2005-02) Technical Report. 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Feasibility Study on Uplink Enhancements for UTRA TDD; (Release 6). S. 1, 2, 21 – 35
D5iv Veröffentlichungsnachweis zu D5i
D5j 3 GPP TR 25.804 V0.2.0 (2004-05), Technical Report 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Feasibility Study on Uplink Enhancements for UTRA TDD; (Release 6). S. 1 – 22
D5jv Veröffentlichungsnachweis zu D5j
D5k WALKE, B.: „Mobilfunknetze und ihre Protokolle 1“, 3. Auflage, B. G. Teubner Stuttgart. August 2001. ISBN 3-519-26430-7. S. 397
D5l_alt HOLMA, H; TOSKOLA, A.: “WCDMA for UMTS”. John Wiley & Sons Ltd, England, Revised Edition. 2001. ISBN 0-471-48687-6 S. 103 – 106, 221 – 225
D5l HOLMA, H.; TOSKOLA, A.: “WCDMA FOR UMTS”. John Wiley & Sons Ltd, England. 2. Aufl. 2002. ISBN 0-470-84467-1. S. 40 – 42, 53, 54, 106 – 109, 214 – 221, 258 – 265
D6 US 2002/0168996 A1
D7 US 2003/0068984 A1
D8 EP 1 315 309 A2
D9 US 6,549,785 B1
D10 US 6,493,541 B1
D11 WO 03/055254 A2
D12 US 2002/0183064 A1
D13 WO 00/62441 A1
D14 WO 01/03328 A1
D15 WO 00/74261 A1
D16 Draft IEEE Standard for Local and metropolitan area networks Part 16: Air Interface for Fixed Broadband Wireless Access Systems. IEEE P802.16-REVd/D5-2004 (Draft Revision of IEEE Std 802.16-2001; IEEE Std 802.16c™-2002, and IEEE Std 802.16a™-2003). Deckblatt, S. i – xxxi, 1-16, 43-51, 76-77, 154-185, 311-318, 336-349, 413-417, 467-476)
D16a IEEE P802.16-REVd Draft Development Schedule, 24 Juni 2004. 3 Seiten
D16b Registration List: IEEE 802.16 Session #31 17-20 May 2004, Shenzhen, China, 8. Juni 2004. 9 Seiten
D16c IEEE-SA Standards Board Operations Manual The Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc. 3 Park Avenue, New York, NY 10016-5997, USA Copyright © 2015 by the Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc. All rights reserved. Published 2015. Printed in the United States of America. Deckblatt, Contents, S. 1 – 45
D18 T 0202/97 – 3.5.2 Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 10. Februar 1999
D22a Recommendation 05.06 Power Control Mechanisms Draft 1.0. CEPT/CCH/GSM/WP2. London, 6th – 10th April 1987. WP2 DOC: 102/87. S. 1 – 6
D22b Record of WP Meeting N°9. CEPT/CCH/GSM/WP2. Martlesham, 6th – 10th April 1987. WP2 DOC: 124/87. S. 1 – 13, Annex 1 – 5
D23 GARG, V. K.: IS-95 CDMA and cdma2000 Cellular/PCS Systems Implementation. Prentice Hall PTR, NJ 07458. 2000. ISBN-0-13-087112-5. S. vii – xvi, S. 196 – 211
D24 Auszug aus WIKIPEDIA zu “Velocity”, zuletzt editiert am 2. Oktober 2017
D25 WO 01/99303 A2
D26 US 6,377,813 B1
D27 US 2002 0 151 322 A1
D28 EP 0 936 752 A1
D29 DE 102 22 683 A1
Die Klägerinnen zu 1), 2), 6) und 7) beantragen jeweils,
das europäische Patent EP 1 779 545 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 14 und 19 für nichtig zu erklären.
Die Klägerinnen zu 3) bis 5) beantragen,
das europäische Patent EP 1 779 545 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 bis 7, 9 bis 16, 19 bis 21 und 23 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen,
hilfsweise die Klagen abzuweisen, soweit das Patent mit Hilfsanträgen in folgender Reihenfolge verteidigt wird: 1, 1a, 2, 2a, 2b, 3, 3a, 3b, 4, 4a, 4b, 5, 6.
Zur Stützung ihrer Argumentation hat sich die Beklagte u.a. auch auf folgende Druckschriften gestützt (Kurzzeichen vom Senat):
D5m ETSI Drafting Rules, 1st June 2015. S. 177 – 180
D5n ETSI Details of ‘RTS/TSGR-0225331v620’ Work Item
D5o ETSI Details of ‘RTS/TSGR-0125221v610’ Work Item
D17 ETSI TS 136 213 V8.8.0 (2009-10) Technical Specification. LTE; Evolved Universal Terrestrial Radio Access (E-UTRA); Physical layer procedures (3GPP TS 36.213 version 8.8.0 Release 8). S. 1 – 78
D22 Report of TSG GERAN meeting #2, version 0.0.3. Source: Secretary TSG GERAN, Paolo Usai, Norrtälje, Sweden, 6 – 10 November 2000. 136 Seiten
Die unabhängigen Ansprüche 1, 12, 14, 19 und 23 nach den Hilfsanträgen 1, 1a und 2 lauten wie folgt (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung jeweils durch Durch- bzw. Unterstreichungen markiert):
Hilfsantrag 1:
1. A method of power control in a radio communications system including a base station and a mobile terminal, the method comprising, at the mobile terminal:
determining a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal; the method characterised by:
receiving an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and at least one transmit power control TPC commands transmitted to the mobile terminal from the base station on the downlink channel;
setting a transmit power level for the mobile terminal based on the determined path loss and the at least one accumulated TPC commands; and
transmitting a signal on the scheduled uplink transmission resource at the set transmit power level.
12. A mobile terminal characterised by:
a receiver operable to receive an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and at least one transmit power control TPC commands transmitted from a base station on the downlink channel, and operable to measure a power level of a received signal;
computation logic coupled to the receiver and operable to determine a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal;
power level setting logic coupled to the computation logic and operable to set a transmit power level based on the determined path loss and the at least one accumulated TPC commands; and
a transmitter coupled to the power level setting logic and operable to transmit a signal at the set transmit power level on the scheduled uplink transmission resource.
14. A method of power control in a radio communications system comprising a base station, the method characterised by, at the base station:
transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and at least one transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the downlink channel; and
receiving an uplink signal from the mobile terminal wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and the at least one accumulated transmitted TPC commands.
19. A base station for implementing power control in a radio communication system, the base station characterized by:
a transmitter operably coupled to logic for transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and
at least one transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the downlink channel; and
a receiver operable for receiving an uplink signal from the mobile terminal wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal determined by the mobile terminal and the at least one accumulated transmitted TPC commands.
23. A computer-readable medium comprising program code for controlling power in a radio communication system, the program code operable for performing the method of any of Claims 1 to 11 or 14 to 18.
Hilfsantrag 1a unterscheidet sich von Hilfsantrag 1 lediglich darin, dass die Ansprüche 19 bis 22 gestrichen sind, so dass der erteilte Anspruch 23 zu Anspruch 19 wird.
Hilfsantrag 2:
1. A method of power control in a radio communications system including a base station and a mobile terminal, the method comprising, at the mobile terminal:
determining a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal; the method characterised by:
receiving an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and at least one transmit power control TPC commands transmitted to the mobile terminal from the base station on the physical downlink channel;
setting a transmit power level for the mobile terminal based on the determined path loss and the at least one accumulated TPC commands; and
transmitting a signal on the scheduled uplink transmission resource at the set transmit power level.
12. A mobile terminal characterised by:
a receiver operable to receive an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and at least one transmit power control TPC commands transmitted from a base station on the physical downlink channel, and operable to measure a power level of a received signal;
computation logic coupled to the receiver and operable to determine a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal;
power level setting logic coupled to the computation logic and operable to set a transmit power level based on the determined path loss and the at least one accumulated TPC commands; and
a transmitter coupled to the power level setting logic and operable to transmit a signal at the set transmit power level on the scheduled uplink transmission resource.
14. A method of power control in a radio communications system comprising a base station, the method characterised by, at the base station:
transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and at least one transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel; and
receiving an uplink signal from the mobile terminal wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and the at least one accumulated transmitted TPC commands.
19. A base station for implementing power control in a radio communication system, the base station characterized by:
a transmitter operably coupled to logic for transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
at least one transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel; and
a receiver operable for receiving an uplink signal from the mobile terminal wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal determined by the mobile terminal and the at least one accumulated transmitted TPC commands.
23. A computer-readable medium comprising program code for controlling power in a radio communication system, the program code operable for performing the method of any of Claims 1 to 11 or 14 to 18.
Wegen des Wortlauts der Ansprüche nach Hilfsantrag 2a wird auf den Urteilstenor Bezug genommen. Im Übrigen wird wegen des Wortlauts der abhängigen Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1, 1a und 2 sowie der Ansprüche nach den Hilfsanträgen 2b, 3, 3a, 3b, 4, 4a, 4b, 5, 6 auf die Akte verwiesen.
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen und hält das Streitpatent in wenigstens einer der verteidigten Fassungen für patentfähig.
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 11. August 2017 zukommen lassen.
Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 13. Dezember 2017 durch Augenscheinseinnahme, nämlich Einsicht in das im Internet vorhandene Dokument zur dort enthaltenen Version der ETSI TS125331 V 6.2.0 (2004-06). Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen 4 und 5 zum Protokoll vom 13. Dezember 2017 verwiesen (Deckblatt und S. 1037 der elektronischen Version der D5).
A.
Die zulässigen Klagen sind nur teilweise begründet. Das Streitpatent ist im Umfang der mit sämtlichen Klagen angegriffenen Ansprüchen 14 und 19 sowie im Umfang der mit den Klagen der Klägerinnen zu 3) bis 5) darüber hinaus auch angegriffenen Ansprüchen 1 bis 7, 9 bis 13, 15 und 16, 20 bis 21 sowie 23 nur insoweit mangels unzulässiger Erweiterung nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ bzw. mangels Patentfähigkeit nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 56 EPÜ für nichtig zu erklären, als sie über die Fassung nach Hilfsantrag 2a, mit welchem die Beklagte das Streitpatent im angegriffenen Umfang beschränkt verteidigt hat, hinausgehen, weil in der Fassung nach diesem Hilfsantrag Nichtigkeitsgründe nach Artikel II § 6 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 EPÜ nicht mehr vorliegen. Die darüber hinausgehenden Klagen sind daher abzuweisen.
I. Zum Gegenstand des Streitpatents
1. Das Streitpatent betrifft die Leistungsregelung in einem Mobilfunksystem oder einem drahtlosen Kommunikationssystem, insbesondere zur Regelung der empfangenen Leistungspegel in einem Code-Division-Vielfachzugriff-System (Code Division Multiple Access, CDMA), (vgl. Absatz 0001 der Streitpatentschrift).
In einem CDMA-System (zum Beispiel UMTS) können verschiedene Nutzer gleichzeitig auf einem gemeinsamen Frequenzbereich kommunizieren, wobei die den jeweiligen Nutzern zugeordneten Datenströme mittels verschiedener Spreizcodes (channelization codes, vgl. Absatz 0049 der Streitpatentschrift), mit denen sie codiert werden, voneinander unterscheidbar sind.
Wie die Streitpatentschrift in Absatz 0002 erläutert, weisen die mit einer hohen Sendeleistung übertragenen Funksignale auf der Empfangsseite typischerweise weniger Fehler auf als Funksignale, die mıt einer niedrigeren Sendeleistung übertragen werden. Mit einer zu hohen Sendeleistung übertragene Signale hätten allerdings den Nachteil, dass sie den Empfang anderer Signale stören, welche dieselbe Funkverbindung nutzen. Es bedarf daher einer Anpassung der Sendeleistung für jeden Mobilfunkteilnehmer in der Weise, dass die erforderliche Fehlerrate erreicht wird, ohne unnötige Interferenzen zu erzeugen. Um eine Ziel-Fehlerrate eines Signals auf der Funkverbindung einzuhalten, verwenden drahtlose Kommunikationssysteme Verfahren zur Leistungssteuerung.
Falls ein empfangenes Signal eine Fehlerrate oberhalb der Ziel-Fehlerrate aufweise, könne dies zu unerwünschten Effekten für einen bereitgestellten Dienst führen. Beispielsweise könnten übermäßige Fehler zu abgehackter Sprache während eines Sprachtelefonats, niedrigem Durchsatz von Datenverbindungen oder Störungen in angezeigten Videosignalen führen. Wenn andererseits die Fehlerrate des empfangenen Signals deutlich unterhalb der Ziel-Fehlerrate liege, nutze das drahtlose Kommunikationssystem seine Ressourcen nicht optimal. Eine sehr niedrige Fehlerrate könnte bedeuten, dass ein Signal mit einer übermäßigen Leistung übertragen wird und dass der Nutzer mit einer höheren Datenrate versorgt werden könne. Alternativ könnten zusätzliche Nutzer bedient werden, wenn die Übertragungsleistung gesenkt wird. Ein Nutzer könne eine höhere Qualität des Dienstes erhalten, wenn Datenraten erhöht werden. Eine Funkressource könne dann besser genutzt werden, wenn die Ziel-Fehlerrate für jeden Nutzer innerhalb eines Toleranzbereichs liege (vgl. Streitpatentschrift, Absatz 0003).
Wie das Streitpatent in Absatz 0005 weiter erläutert, stehe die Fehlerrate eines empfangenen Signals mit dem Verhältnis des empfangenen Signals zur Summe aus Rauschen und Interferenz (“signal to noise-plus-interference ratio“, SNIR) in Beziehung. Ein höheres SNIR führe im Allgemeinen zu einer niedrigeren Fehlerrate, ein niedriges SNIR umgekehrt im Allgemeinen zu einer höheren Fehlerrate. Die genaue Beziehung zwischen SNIR und Fehlerrate sei jedoch eine Funktion verschiedener Faktoren; so spielten auch der Funkkanaltyp und die Geschwindigkeit, mit welcher sich ein Mobiltelefon bewege, eine Rolle.
Die Ziel-Fehlerrate werde häufig in einem zweistufigen Prozess erreicht, der eine äußere und eine innere Schleife umfasse (vgl. Absatz 0006 der Streitpatentschrift).
Ein erster Prozess könne als äußere Schleife arbeiten. Dieser erste Prozess verfolge Änderungen des Verhältnisses zwischen SNIR und Fehlerrate und lege das Ziel-SNIR fest. Beispielsweise könne die äußere Schleife den Wert für das Ziel-SNIR erhöhen, wenn die tatsächliche Fehlerrate eine gewünschte Fehlerrate überschreite (vgl. Absatz 0006 des Streitpatents).
Der zweite Prozess arbeite als innere Schleife und versuche, die Funkverbindung dazu zu zwingen, das durch die äußere Schleife bestimmte Ziel-SNIR anzunehmen. Diese innere Schleife könne als „offene Schleife“ (open loop) oder „geschlossene Schleife“ (closed loop) betrieben werden (vgl. Absatz 0007 des Streitpatents).
Bei der als “offene Schleife” ausgebildeten inneren Schleife verwende ein Mobiltelefon einen Ziel-SNIR-Wert, welcher vom Netzwerk ermittelt und an das Mobiltelefon gesendet werde. Das Mobiltelefon versuche, das Ziel-SNIR (auf Seite der Basisstation) durch Einstellen der Übertragungsleistung aufrecht zu erhalten. Für die Bestimmung der Übertragungsleistung beobachte das Mobiltelefon die Signalstärke der empfangenen Signale. Das Streitpatent erläutert, dass die „offene Schleife“-Variante vorteilhafterweise schnellen Kanalschwund („fast channel fading“) innerhalb eines sogenannten Rahmens durch entsprechende Einstellung der Übertragungsleistung kompensiere. Ein „Rahmen“ bezeichnet dabei im Telekommunikationsbereich eine Datenübertragungseinheit mit einer Zeitdauer von wenigen Millisekunden, z. B. 10 ms (vgl. Absatz 0048 der Streitpatentschrift). Nachteilig sei aber, dass die Variante „offene Schleife“ relativ langsam bei der Kompensation von Änderungen aufgrund interferierender Signale von anderen Sendern sei (vgl. Absätze 0008 und 0009 des Streitpatents).
Bei der als „geschlossenen Schleife“ (closed loop) ausgebildeten inneren Schleife messe das Netzwerk das empfangene SNIR eines Uplink-Signals. Die SNIR-Messung werde innerhalb des Netzwerks mit dem Ziel-SNIR verglichen. Die innere Schleife steuere das System so, dass das Ziel-SNIR erreicht werde, indem es Leistungssteuerungsbefehle vom Netzwerk an ein Mobiltelefon sende. Die Befehle wiesen das Mobiltelefon an, die Übertragungsleistung um einen vorbestimmten Schritt zu erhöhen oder zu verringern, wobei die Schrittweite typischerweise in der Einheit Dezibel („dB“) angegeben werde. Als Nachteil dieser Variante sieht es das Streitpatent an, dass solche Verfahren mit geschlossener Schleife eine sehr hohe Aktualisierungsrate der Befehle verlangten, um einen schnellen Kanalschwund („fast channel fading“) angemessen kompensieren zu können, weil 1-dB-Schritt-Befehle verwendet würden und daher eine große Anzahl von Iterationen und lange Verzögerungen nötig seien, um eine Leistungsänderung zu kompensieren, die wesentlich größer als der dB-Schritt-Wert sei (vgl. Absatz 0009 der Streitpatentschrift).
Vor diesem Hintergrund stellt sich das Streitpatent die Aufgabe, verbesserte Verfahren und Systeme zu entwickeln, welche die widersprüchlichen Ziele der Reduzierung von Fehlern in einem empfangenen Signal und der gleichzeitigen Reduzierung von Interferenzen besser gegeneinander abwägen. Solch ein Verfahren und solch ein System sollte auch die gesamten verbleibenden SNIR-Fluktuationen reduzieren, welche vom jeweiligen Nutzsignal in einem Empfänger wahrgenommen werden (vgl. Absatz 0010 des Streitpatents).
Zur Lösung schlägt das Streitpatent ein Verfahren zur Leistungssteuerung in einem Funkkommunikationssystem mit den Merkmalen nach Anspruch 1 und 14, ein mobiles Endgerät mit den Merkmalen nach Anspruch 12, eine Basisstation mit den Merkmalen nach Anspruch 19 sowie ein computerlesbares Medium nach Anspruch 23 vor.
2. Die angegriffenen unabhängigen Patentansprüche 1, 12, 14, 19 und 23 lassen sich wie folgt gliedern:
Patentanspruch 1:
1 A method of power control in a radio communications system including a base station and a mobile terminal, the method comprising, at the mobile terminal:
1.1 determining a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal;
the method characterised by:
1.2 receiving an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and
1.3 at least one transmit power control TPC command transmitted to the mobile terminal from the base station on the downlink channel;
1.4 setting a transmit power level for the mobile terminal based on the determined path loss and the at least one TPC command; and
1.5 transmitting a signal on the scheduled uplink transmission resource at the set transmit power level.
Patentanspruch 12:
12 A mobile terminal characterised by:
12.1 a receiver
12.1.1 operable to receive an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and
12.1.2 at least one transmit power control TPC command transmitted from a base station on the downlink channel, and
12.1.3 operable to measure a power level of a received signal;
12.2 computation logic coupled to the receiver and
12.2.1 operable to determine a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal;
12.3 power level setting logic coupled to the computation logic and
12.3.1 operable to set a transmit power level based on the determined path loss and the at least one TPC command; and
12.4 a transmitter coupled to the power level setting logic and
12.4.1 operable to transmit a signal at the set transmit power level on the scheduled uplink transmission resource.
Patentanspruch 14:
14 A method of power control in a radio communications system comprising a base station, the method characterised by, at the base station:
14.1 transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and
14.2 [transmitting] at least one transmit power control TPC command to a mobile terminal on the downlink channel; and
14.3 receiving an uplink signal from the mobile terminal
14.3.1 wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource
14.3.2 at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and the at least one transmitted TPC commands.
Patentanspruch 19:
19 A base station for implementing power control in a radio communication system, the base station characterised by:
19.1 a transmitter operably coupled to logic for transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and
19.2 [for transmitting] at least one transmit power control TPC command to a mobile terminal on the downlink channel; and
19.3 a receiver operable for receiving an uplink signal from the mobile terminal
19.3.1 wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource
19.3.2 at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal determined by the mobile terminal and the at least one transmitted TPC commands.
Bei dem Hilfsantrag 1 sind die folgenden Merkmale gegenüber der erteilten Fassung geändert (Änderungen durch Unter- und Durchstreichungen gekennzeichnet):
Patentanspruch 1:
1.3HA1 at least one transmit power control TPC commands transmitted to the mobile terminal from the base station on the downlink channel;
1.4HA1 setting a transmit power level for the mobile terminal based on the determined path loss and the at least one accumulated TPC commands; and
Patentanspruch 12:
12.1.2HA1 at least one transmit power control TPC commands transmitted from a base station on the downlink channel, and
12.3.1HA1 operable to set a transmit power level based on the determined path loss and the at least one accumulated TPC commands; and
Patentanspruch 14:
14.2HA1 [transmitting] at least one transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the downlink channel; and
14.3.2HA1 at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and accumulated the at least one transmitted TPC commands.
Patentanspruch 19:
19.2HA1 [for transmitting]at least one transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the downlink channel; and
19.3.2HA1 at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal determined by the mobile terminal and the at least one accumulated transmitted TPC commands.
Bei dem Hilfsantrag 2 sind die folgenden Merkmale gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 1 geändert (Änderungen durch Unter- und Durchstreichungen gekennzeichnet):
Patentanspruch 1:
1.2HA2 receiving an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
1.3HA2 transmit power control TPC commands transmitted to the mobile terminal from the base station on the physical downlink channel;
Patentanspruch 12:
12.1.1HA2 operable to receive an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
12.1.2HA2 transmit power control TPC commands transmitted from a base station on the physical downlink channel, and
Patentanspruch 14:
14.1HA2 transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
14.2HA2 [transmitting] transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel; and
Patentanspruch 19:
19.1HA2 a transmitter operably coupled to logic for transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
19.2HA2 [for transmitting]transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel; and
Die unabhängigen Ansprüche 1, 12, 14 und 19 nach Hilfsantrag 2a lassen sich wie folgt gliedern (Änderungen ggü. Hilfsantrag 2 sind mittels Durch- und Unterstreichungen gekennzeichnet):
Patentanspruch 1:
1HA2a A method of power control in a radio communications system including a base station and a mobile terminal, the method comprising, at the mobile terminal and on a recurring basis:
1.1 Determining a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal;
the method characterised by:
1.2HA2 Receiving an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
1.3HA2 transmit power control TPC commands transmitted to the mobile terminal from the base station on the physical downlink channel;
1.4HA1 setting a transmit power level for the mobile terminal based on the determined path loss and accumulated TPC commands; and
1.5 transmitting a signal on the scheduled uplink transmission resource at the set transmit power level.
Patentanspruch 12:
12HA2a A mobile terminal for implementing power control in a radio communication system, the mobil terminal characterised by:
12.1 a receiver
12.1.1HA2 operable to receive an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
12.1.2HA2 transmit power control TPC commands transmitted from a base station on the physical downlink channel, and
12.1.3 operable to measure a power level of a received signal;
12.2 computation logic coupled to the receiver and
12.2.1 operable to determine a path loss of a radio channel between the base station and the mobile terminal;
12.3 power level setting logic coupled to the computation logic and
12.3.1HA1 operable to set a transmit power level based on the determined path loss and accumulated TPC commands; and
12.4 a transmitter coupled to the power level setting logic and
12.4.1 operable to transmit a signal at the set transmit power level on the scheduled uplink transmission resource;
12.6HA2a wherein the mobile station is adapted to perform the corresponding power control on a recurring basis.
Patentanspruch 14:
14HA2a A method of power control in a radio communications system comprising a base station, the method characterised by, at the base station and on a recurring basis:
14.1HA2 Transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
14.2HA2 [transmitting] transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel; and
14.3 receiving an uplink signal from the mobile terminal
14.3.1 wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource
14.3.2HA1 at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and accumulated transmitted TPC commands.
Patentanspruch 19:
19 A base station for implementing power control in a radio communication system, the base station characterised by:
19.1HA2 a transmitter operably coupled to logic for transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
19.2HA2 [for transmitting] transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel; and
19.3 a receiver operable for receiving an uplink signal from the mobile terminal
19.3.1 wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource
19.3.2HA1 at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal determined by the mobile terminal and accumulated transmitted TPC commands;
19.5HA2a wherein the base station is adapted to perform said power control on a recurring basis.
3. Die im Streitpatent und in den vorgenannten Ansprüchen nach der erteilten Fassung und nach den Hilfsanträgen 1 bis 2a verwendeten Begriffe bedürfen der Erläuterung. Der zuständige Fachmann, ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektro- oder Nachrichtentechnik mit Universitätsabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung sowie einschlägigen Kenntnissen auf dem Gebiet der Konzeption von Mobilfunksystemen, insbesondere im Bereich CDMA-Systeme, wird den technischen Hintergrund und die Begriffe wie folgt verstehen:
a) Technischer Hintergrund
Das einzige Ausführungsbeispiel des Streitpatents geht aus von den beiden im UTRA-Standard (UTRA = UMTS Terrestrial Radio Access) vorgesehenen TDD-Varianten 3GPP 3.84 Mcps und 3 GPP 1.28 Mcps (vgl. Abs. 0032 – 0051 der Streitpatentschrift), wie sie z. B. aus der Technischen Spezifikation nach Druckschrift D5f (TS 25.401 – UTRAN Overall Description (Release 6)) bekannt sind (vgl. D5f, S. 12, „6 UTRAN Architecture“, Abs. 4: „There are two chip-rate options in the TDD mode: 3.84 Mcps TDD and 1.28 Mcps TDD.“).
aa) Duplex-Betrieb
Neben den unterschiedlichen Sendesignalcodierungen gibt es in einem CDMA-System wie UMTS eine weitere Art der Signaldifferenzierung, nämlich die zwischen den Uplink- (Mobilstation zur Basisstation) und den Downlink-Signalen (Basisstation zur Mobilstation). Dem Fachmann ist bekannt (vgl. Druckschrift D5g, S. 8, Kap. 4.2.1), dass für die Trennung von Uplink- und Downlinksignalen im UMTS grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Bei FDD (frequency division duplex) finden Uplink und Downlink bei unterschiedlichen Frequenzen statt (Bsp. deutsches Telekom-Netz: Uplink: 1969,8 MHz – 1979,7 MHz; Downlink: 2159,8 MHz – 2169,7 MHz, d. h. 190 MHz Duplex-Abstand). Jedes Frequenzband im Uplink oder im Downlink hat eine Bandbreite von 5 MHz (vgl. Druckschrift D5g, S. 8, Kap. 4.2.1). Damit stehen im Uplink und Downlink die gleichen Datenübertragungskapazitäten zur Verfügung, was vorteilhaft für symmetrische Verbindungen, wie Telefonie oder Videotelefonie ist. Wegen der großen Bandbreite von 5 MHz spricht man auch von W-CDMA (Wideband CDMA).
Bei TDD (time division duplex, vgl. Abs. 0030 der Streitpatentschrift; Druckschrift D5g, S. 8, Kap. 4.2.1) finden Uplink und Downlink bei gleicher Frequenz statt. Die Trennung erfolgt ähnlich wie bei einem TDMA-System (time division multiple access) dadurch, dass Zeitschlitze gebildet werden und in einigen Zeitschlitzen nur Downlink- und in anderen Zeitschlitzen nur Uplink-Signale übertragen werden. In einem Zeitschlitz können mit Hilfe unterschiedlicher Codierungen – wie bei UMTS FDD – mehrere Signale gleichzeitig übertragen werden. Ein physikalischer TDD-Kanal benötigt zu seiner Beschreibung zumindest Angaben zur Frequenz, Codierung und zu dem (den) Zeitschlitz(en). TDD bietet die Möglichkeit, die Datenübertragungskapazität zwischen Uplink und Downlink flexibel, d. h. insbesondere asymmetrisch, aufzuteilen, was z. B. für den Download von größeren Datenmengen aus dem Internet vorteilhaft ist.
Der UMTS-Standard definiert zwei unterschiedliche TDD-Systeme: Ein Breitband-TDD-System mit – wie bei UMTS FDD – 5 MHz Bandbreite und einer Chiprate von 3.84 Mcps (daher die Bezeichnung 3.84 Mcps TDD, wobei Mcps für mega chips per second steht und sich die Chiprate aus der Multiplikation der Symbolrate mit dem Spreizfaktor ergibt) und ein Schmalband-TDD-System mit einer Bandbreite von 1,6 MHz und einer Chiprate von 1.28 Mcps (1.28 Mcps TDD) (vgl. Druckschrift D5g, S. 8, Kap. 4.2.1).
Bei 3.84 Mcps TDD werden zeitliche Rahmen (frames) von 10 ms Länge in 15 Zeitschlitze von jeweils 0,67 ms Länge unterteilt, bei 1.28 Mcps TDD werden ebenfalls Rahmen von 10 ms Länge gebildet, welche aus zwei 5 ms langen Unterrahmen bestehen, die jeweils aus 10Zeitschlitzen von 0,5 ms Länge bestehen (vgl. Druckschrift D5g, S. 8, Kap. 4.2.1).
bb) Leistungsregelung
Bei einem CDMA-System wie UMTS ist eine Leistungsregelung noch wichtiger als bei einem TDMA/FDMA-System wie z. B. GSM. Während bei GSM die einzelnen Signale im Zeit- und im Frequenzbereich vollständig getrennt sind, überlagern sich bei CDMA ggfs. sehr viele Signale in einer Funkzelle in der Weise, dass sie zeitlich überlappend bei der gleichen Frequenz ausgesendet werden. Die einzelnen Sendesignale sind nur aufgrund ihrer unterschiedlichen (Spreiz-) Codierung im Empfänger wieder unterscheidbar. Dieser empfängt somit einen breiten Frequenzbereich (Bandbreite wie ausgeführt 5 MHz bei UMTS-FDD und UMTS 3.84 Mcps TDD bzw. 1,6 MHz bei UMTS 1.28 Mcps TDD im Gegensatz zu nur 0,2 MHz bei GSM) mit vielen Signalen und erhält „sein“ Nutzsignal erst nach einer digitalen Bearbeitung aus dem Signalgemisch.
Damit fällt es einem UMTS-Empfänger besonders schwer, das jeweilige Nutzsignal mit ausreichender Qualität zu empfangen, wenn in dem breiten Frequenzbereich viele Störsignale anderer Mobilstationen anzutreffen sind, insbesondere wenn diese eine wesentlich größere Leistung aufweisen als das Nutzsignal. Daher benötigt ein CDMA-System wie UMTS zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit eine Leistungsregelung, insbesondere im Uplink, damit die Basisstation die Signale der einzelnen Mobilstationen mit ungefähr gleicher Leistung empfangen kann (vgl. D5f, S. 27, Kap. 7.2.4.8; D5h, S. 9, Kap. 4.2.1 und S. 24, Kap. 5.1, Abs. 1).
aaa) Äußere Schleife (outer loop)
Wie zum Gegenstand des Streitpatents ausgeführt, ist ein die Qualität der Übertragung kennzeichnender Parameter eines digitalen Übertragungssystems die Fehlerrate, d. h. z. B. die Anzahl der fehlerhaft empfangenen Bits (BER = bit error rate) oder die Anzahl der fehlerhaft empfangenen Blöcke (BLER = block error rate) in einer bestimmten Übertragungszeitspanne. Um in einer Funkzelle möglichst viele verschiedene Funkverbindungen zu ermöglichen, sollen diese – innerhalb eines Toleranzbereiches – mit einer Zielfehlerrate (target error rate) betrieben werden, so dass die Übertragung weder „zu gut“ noch „zu schlecht“ ist (vgl. Absätze 0003, 0041 der Streitpatentschrift).
Die Messung der Fehlerrate erfordert zum einen eine relativ lange Zeitspanne (um ausreichend viele Bits oder Blöcke auswerten zu können), zum anderen ist die Fehlerrate mit schneller messbaren Parametern wie dem SNIR-Wert (Signal to Noise plus Interference Ratio) über eine zeitvariable Funktion verknüpft, die beispielsweise von der Geschwindigkeit, mit der sich ein mobiler Nutzer bewegt, abhängen kann. Daher muss zum Einhalten der Zielfehlerrate der Zielwert für den SNIR-Wert (SNIR target value) nachgeregelt werden (Abs. 0005 der Streitpatentschrift).
Diese sogenannte äußere Regelschleife (outer loop) dient somit dazu, in größeren zeitlichen Abständen zu prüfen, ob der Zielwert für die Fehlerrate der von der Basisstation empfangenen Signale eingehalten wird. Hierzu misst die Basisstation wie ausgeführt die Fehlerrate (BER, BLER) der von der Mobilstation empfangenen Signale und verändert falls nötig den SNIR-Zielwert, der dann an die innere Schleife, in der die Leistung der Mobilstation eingestellt wird, weitergegeben wird.
Damit dient die äußere Schleife dazu, die langsamen Schwankungen in der Beziehung zwischen SNIR und Fehlerrate auszuregeln und der inneren Schleife ihren Sollwert (SNIR target value) zu liefern.
bbb) Innere Schleife (inner loop)
aaaa) Innere Schleife als offene Schleife (open loop) ausgestaltet
In diesem Fall misst die Mobilstation die empfangene Leistung des von der Basisstation auf einem speziellen Rundsendekanal (broadcast beacon) ausgesendeten Signals (vgl. Absätze 0007, 0008, 0056, 0064 der Streitpatentschrift). Da sie die Sendeleistung dieses Basisstationssignals kennt, kann sie den Kanalverlust (= Pfaddämpfung = Pfadverlust) des Downlink-Kanals bestimmen. Unter der Annahme, dass der Kanalverlust im Uplink ungefähr genauso groß wie im Downlink ist, kann die Mobilstation errechnen, wie groß ihre Sendeleistung sein muss. Zusätzlich benötigt sie noch den SNIR-Zielwert und die summierte Störsignalleistung an der Basisstation.
Die Figur 2 der Streitpatentschrift zeigt den entsprechenden Stand der Technik mit äußerer Schleife und innerer Schleife, wobei letztere als offene Schleife ausgebildet ist. Die Figur 2 ist nachfolgend mit vom Senat farbig eingezeichneten Schleifen (rot = äußere Schleife, grün = innere Schleife) wiedergegeben, wobei man erkennt, dass die äußere Schleife zwei Pfade aufweist:
Der erste Pfad der äußeren Schleife dient – wie vorstehend beschrieben – zur Nachregelung des SNIR-Zielwertes und besteht daher aus den Verfahrensschritten (vgl. Abs. 0037ff: der Streitpatentschrift):
· 200 – 204 (Senden 200 der Nutzerdaten 204 im Uplink 202 an die Basisstation)
· 206 (Bestimmen der Fehlermetrik (Fehlerrate) des Uplink-Signals),
· 210 (Aktualisieren des SNIR-Zielwertes in Abhängigkeit der in Schritt 206 bestimmten Fehlerrate)
· 212 – 216 (Senden 212 des SNIR-Zielwertes 216 über den Downlink 214)
· 220 (Speichern des SNIR-Zielwertes in der Mobilstation)
· 234 (Einstellen der Sendeleistung in der Mobilstation u. a. in Abhängigkeit des SNIR-Zielwertes)
Der zweite Pfad der äußeren Schleife misst die Summe der Leistungen der Interferenzsignale an der Basisstation und überträgt diesen Wert an die Mobilstation, die diesen Wert ebenfalls zur Einstellung der Sendeleistung heranzieht. Der zweite Pfad besteht daher aus den Verfahrensschritten (vgl. Abs. 0037ff: der Streitpatentschrift):
· 200 – 204 (Senden 200 der Nutzerdaten 204 im Uplink 202 an die Basisstation)
· 207 (Messen der Uplink-Interferenzpegel in der Basisstation)
· 208 (Aktualisieren der entsprechenden Tabelle in der Basisstation)
· 222, 228 (Übertragen der Interferenz-Messwerte 228 auf einem Rundsendekanal)
· 232 (Abspeichern der Interferenz-Messwerte in der Mobilstation)
· 234 (Einstellen der Sendeleistung der Mobilstation u. a. in Abhängigkeit von den Interferenz-Messwerten)
Die Sendeleistung der Mobilstation PTX-MS berechnet der Fachmann dann zu:
PTX-MS = Pfadverlust + gewünschte Empfangsleistung an der Basisstation
PTX-MS = (PTX-BS – PRX-MS) + (SNIRTarget + NIBS)
bzw. mit den Bezugszeichen aus der Figur 2:
234 = (226 – 230) + (220 + 232)
wobei gilt:
PTX-MS Sendeleistung der Mobilstation, also die zu regelnde Größe
PTX-BS Sendeleistung der Basisstation auf dem Rundsendekanal (der Mobilstation bekannt durch Übertragung dieses Wertes auf dem Rundsendekanal, vgl. 222 in Figur 2)
PRX-MS von der Mobilstation gemessene Empfangsleistung des Rundsendesignals der Basisstation
SNIRTarget gewünschtes Signal-zu-(Rauschen+Interferenzen)-Verhältnis an der Basisstation (der Mobilstation bekannt durch Übertragung dieses Wertes auf dem Downlink-Kanal 214)
NIBS von der Basisstation gemessene Summenleistung aus Rauschen und Interferenzen (der Mobilstation bekannt durch Übertragung dieses Wertes auf dem Rundsendekanal, vgl. 222 in Figur 2)
Dabei ist die Differenz (PTX-BS – PRX-MS) der Kanalverlust auf dem Downlink.
bbbb) Innere Schleife als geschlossene Schleife (closed loop) ausgestaltet
In diesem Fall misst die Basisstation nicht nur die Fehlerrate, sondern auch den aktuellen SNIR-Wert und vergleicht diesen mit dem SNIR-Zielwert. In Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses sendet die Basisstation Befehle an die Mobilstation, um die Sendeleistung der Mobilstation jeweils um eine bestimmte Schrittweite zu erhöhen oder zu erniedrigen (vgl. Abs. 0009, Zeilen 46 bis 50 der Streitpatentschrift).
Nachfolgend die vom Senat ergänzte Figur 3 der Streitpatentschrift (äußere Schleife in rot; innere, geschlossene Schleife in grün):
Die Sendeleistung der Mobilstation berechnet der Fachmann dann zu:
PTX-MS = PTX-MS_Start + step *
bzw. mit den Bezugszeichen aus der Figur 3:
322 = 322Start + step *
wobei gilt:
PTX-MS Sendeleistung Mobilstation, also die zu regelnde Größe
TPC_i Wert -1 oder +1 (oder 0)
step Schrittweite, typischerweise 1 dB
cccc) Innere Schleife als Kombination aus offener und geschlossener Schleife
Das Streitpatent kombiniert in der inneren Schleife die Ausgestaltung mit der offenen Schleife nach Figur 2 mit der geschlossenen Schleife nach Figur 3:
Dabei besteht die innere Schleife (in grün dargestellt) aus zwei Anteilen (offene Schleife mit Bestimmung des Kanalverlusts und geschlossene Schleife mit Messung SNIR-Wert in Basisstation und daraus abgeleiteter Bestimmung der TPC-Befehle). Bei der äußeren Schleife (in rot dargestellt) ist – wie ein Vergleich mit der Figur 2, Bezugszeichen 212 – 216, zeigt – die Signalisierung des SNIR-Wertes von der Basisstation an die Mobilstation weggefallen.
Hier gilt für die Sendeleistung:
PTX-MS = Sendeleistung_open_loop + Sendeleistung_closed_loop
PTX-MS = (PTX-BS – PRX-MS + C) + (step *
wobei C nun eine Konstante ist (nach Figur 2 entspricht C dem Term SNIRTarget - NIBS, da nun jedoch zumindest SNIRTarget nicht mehr signalisiert wird, wird offenbar mit einem konstanten SNIRTarget gerechnet) und wobei der Startwert PTX-MS_Start bei dem Anteil aus der geschlossenen Schleife wegfällt, weil dieser jetzt durch den open-loop-Anteil ersetzt wird,
bzw. mit den Bezugszeichen aus der Figur 4:
436 = 428 – 432 + C + step *
b) Begriffe und Angaben in den Ansprüchen des Streitpatents in den verschiedenen Fassungen
aa) Die unabhängigen Ansprüche 1, 12, 14 und 19 sind zwar nach ihren Oberbegriffen jeweils nur auf Teile eines Funkkommunikationssystems gerichtet, jedoch umfasst der jeweilige Gegenstand sowohl die basis- als auch die mobilstationsseitigen Aspekte der beanspruchten kombinierten open loop / closed loop Leistungsregelung.
bb) Eine bestimmte Reihenfolge der den Merkmalen 1.1 bis 1.5 bzw. 14.1 bis 14.3 entsprechenden Verfahrensschritte entnimmt der Fachmann den Ansprüchen 1 bzw. 14 nicht. Gemäß der erteilten Fassung können einzelne oder alle Verfahrensschritte auch nur einmalig durchgeführt werden. Die Fassungen nach den Hilfsanträgen 1, 1a, 2 und 2a präzisieren, dass zumindest mehrere TPC-Befehle von der Basisstation an die Mobilstation übertragen werden (Merkmale 1.3HA1, 12.1.2HA1, 14.2HA1, 19.2HA1) und dementsprechend die Sendeleistung der Mobilstation u. a. auf diesen akkumulierten TPC-Befehlen basiert (Merkmale 1.4HA1, 12.3.1HA1, 14.3.2HA1, 19.3.2HA1).
Die Angabe „on a recurring basis“ (Merkmale 1HA2a, 12.6HA2a, 14HA2a, 19.5HA2a) in der Fassung der Ansprüche nach Hilfsantrag 2a bringt zum Ausdruck, dass alle Verfahrensschritte, insbesondere auch die Bestimmung des Pfadverlusts zwischen Basis- und Mobilstation (Merkmale 1.1, 12.2.1, 14.3.2HA1, 19.3.2HA1), wiederholt – wenn auch nicht notwendigerweise mit der gleichen Wiederholfrequenz – ausgeführt werden bzw. dass die Basis- und die Mobilstation dementsprechend ausgebildet sind.
Hingegen kann nach der erteilten Fassung sowie nach den Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1, 1a und 2 die Bestimmung des Pfadverlusts auch nur einmalig durchgeführt werden.
cc) Unter „path loss (of a radio channel) between the base station and the mobile terminal“ (Merkmale 1.1, 12.2.1, 14.3.2, 19.3.2) versteht der Fachmann die Dämpfung einer elektromagnetischen Welle einer bestimmten Frequenz bei ihrer Ausbreitung von der abstrahlenden Basisstation zu der empfangenden Mobilstation. Diese auch als Kanalverlust bzw. -dämpfung oder Pfadverlust bzw. -dämpfung bezeichnete Ausbreitungsdämpfung ist im Freifeld, d. h. ohne äußere Einflüsse, umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung zwischen Sender und Empfänger. In einer realen Umgebung verursachen im Wesentlichen zwei Effekte Abweichungen von der genannten funktionalen Abhängigkeit: das von der Geländekontur, insbesondere von Abschattungen, verursachte sogenannte „long term fading“ (vgl. Streitpatentschrift, Absatz 0028: „Slower changes may also occur due to signal obstruction by buildings, vehicles and hills“) und das durch Mehrwegeffekte hervorgerufene, zeitlich noch variablere, „short term fading“ (vgl. Streitpatentschrift, Absatz 0028: „Rapid changes may occur as a result of a transmitted signal combining constructively and destructively as the signal travels along multiple paths from a base station and to the user.“).
Unter der Voraussetzung, dass die Übertragungen von der Basisstation zur Mobilstation (downlink) und zurück (uplink) bei der gleichen Frequenz stattfinden und einen hinreichend kleinen zeitlichen Abstand aufweisen, kann der von der Mobilstation bestimmte Downlink-Kanalverlust als Schätzung für die zu erwartende Uplink-Ausbreitungsdämpfung verwendet werden, denn dann werden die vorstehend genannten Fading-Effekte sich im Uplink in ähnlicher Weise auswirken wie im Downlink (vgl. Streitpatentschrift, Absatz 0030: „In Time Division Duplex (TDD) systems, both uplink and downlink share the same carrier frequency. Due to this reciprocity in the links, path loss measurements made on the downlink by a mobile radio may be used estimate the path loss on the uplink. That is, a measured downlink path loss may be used to estimate the uplink path loss. The estimated uplink path loss will be less reliable with the passing of time but may be adequate within a frame period.”).
dd) Unter einem „downlink channel“ (Merkmale 1.2, 12.1.1, 14.1, 19.1) versteht der angesprochene Fachmann einen von der Basisstation an eine (dedicated channel), mehrere (shared channel) oder alle (common channel, broadcast channel) Mobilstationen einer Funkzelle gerichteten Kanal, wobei alle drei Kanaltypen (dedicated, shared, common) entsprechend dem OSI-Schichtenmodell der ISO entweder als logischer Kanal, Transportkanal oder physikalischer Kanal ausgebildet sein können. Die Kanäle der unterschiedlichen Schichten (logisch, Transport-, physikalisch) werden aufeinander abgebildet (= mapping; vgl. beispielhaft Druckschrift D3, Seite xiv, Zeilen 2, 4, 16; Druckschrift D5b, S. 11, Figur 2 und S. 16, Kap. 5.3.1.1.2; D5c, S. 11, Kap. 4.1 und S. 60, Kap. 7).
ee) Dementsprechend differenziert auch das Streitpatent sowohl zwischen dedizierten und geteilten Kanälen (vgl. Streitpatentschrift, Absatz 0085: „dedicated or shared uplink physical channels“) als auch zwischen einem Downlink-Kanal und einem physikalischen Downlink-Kanal („physical downlink channel“, Merkmale 1.2HA2, 12.1.1HA2, 14.1HA2, 19.1HA2, Hilfsanträge 2 und 2a). Letzteren schlägt es für die gemeinsame Übertragung von Allokationsinformationen und TPC-Befehlen (vgl. Streitpatentschrift Absatz 0085) bzw. für die gemeinsame Übertragung von Downlink-Sendeleistungsanzeige und TPC-Befehlen vor (vgl. Streitpatentschrift, Absatz 0087).
ff) In einem CDMA-TDD-System wie UMTS ist ein physikalischer Kanal definiert durch seine Frequenz, seine zeitliche Platzierung (welche(r) Rahmen, welche(r) Zeitschlitz(e) innerhalb des/der Rahmen(s)) und seine Kanalkodierung (vgl. D5c, S. 36, Abs. 2: „a physical channel is defined by frequency, timeslot, channelisation code, burst type and Radio Frame allocation“).
Ein dedizierter („dedicated“) physikalischer Downlink-Kanal dient der Kommunikation zwischen Basisstation und nur einer Mobilstation. Die Adressierung der Mobilstation erfolgt inhärent über die Kanalkodierung. Sollen mithilfe eines physikalischen Downlink-Kanals, d. h. bei einer Frequenz, in einem Zeitschlitz und mit einer Kanalkodierung, mehrere Mobilstationen mit jeweils unterschiedlichen Informationen versorgt werden, ist eine zusätzliche explizite Adressierung der einzelnen Mobilstationen erforderlich. In diesem Fall handelt es sich um einen geteilten („shared“) physikalischen Downlink-Kanal (vgl. D5b, S. 13, erster und zweiter Spiegelstrich; D5c, S. 11, Kap. 4.1).
Den Merkmalen 1.2HA2 und 1.3HA2 (bzw. 12.1.1HA2, 12.1.2HA2; 14.1HA2, 14.2HA2; 19.1HA2; 19.2HA2) kann der Fachmann nicht entnehmen, ob es sich um einen dedizierten oder einen geteilten physikalischen Downlink-Kanal handelt, insbesondere da im Absatz 0085 der Streitpatentschrift in Bezug auf diesen Kanal beide Möglichkeiten genannt sind („the combined scheme may be applied to existing channel types (dedicated or shared uplink physical channels)”; wobei der Fachmann hier “uplink” als offensichtliche Unrichtigkeit erkennt und zu “downlink” korrigiert).
gg) Unter „allocation of a scheduled uplink transmission resource“ (Merkmale 1.2, 12.1.1, 14.1, 19.1) versteht der Fachmann Informationen zu demjenigen physikalischen Uplink-Kanal, der für eine zukünftige Übertragung von der Mobilstation zu der Basisstation verwendet werden soll (vgl. Streitpatentschrift, Absatz 0085: „thereby informing the UE of the uplink resources that it may use“). Im Zusammenhang mit den im Streitpatent genannten UMTS TDD-Systemen (vgl. Streitpatentschrift, Absätze 0030, 0032 – 0034, 0040, 0085) umfassen diese Informationen – wie unter ff) vorstehend ausgeführt – zumindest diejenigen Angaben, die den physikalischen Uplink-TDD-Kanal definieren, d. h. Sendefrequenz, Codierung, Rahmennummer(n) und Zeitschlitz(e) innerhalb der Rahmen.
hh) Die „transmit power control TPC command(s)“ (Merkmale 1.3, 12.1.2, 14.2, 19.2) versteht der Fachmann als differentiell wirkende Sendeleistungssteuerbefehle des „closed loop“-Anteils der beanspruchten kombinierten open loop / closed loop-Regelung. Die TPC-Befehle der Basisstation signalisieren der Mobilstation, ob sie für die nächste Uplink-Übertragung die Sendeleistung um eine definierte Schrittweite, z. B. 1 dB, erhöhen oder verringern soll, d. h. die Mobilstation korrigiert den zuvor geltenden Sendeleistungswert entsprechend, womit eine Akkumulation der TPC-Befehle einhergeht (vgl. Streitpatentschrift Absatz 0009: „The commands instruct the UE to increase or decrease its transmitted power by a predetermined step dB amount.“; Absatz 0043: „A UE accumulates the increase and decrease TPC commands to determine a proper uplink transmit power level.“; Absatz 0044: „In a closed loop TPC scheme, the inner loop SNIR is maintained via a closed loop method using binary feedback. The feedback indicates either power up or power down. Every time a TPC command is received an integrator in the UE is used within the inner loop to update the UE transmit power by a step amount +/-∆ dB.”; Absatz 0050: “the closed loop can only move by a step ∆ dB during each update.”; Gleichung in Absatz 0060).
Gemäß Absatz 0057 der Streitpatentschrift kann auch ein mehrstufiger TPC-Befehl gesendet werden („Alternately, a multi-level TPC command may be used.“). Der Fachmann versteht hierunter, dass mehrere Bits signalisieren, ob die vorherige Sendeleistung verändert werden soll (z. B. +/- 1 dB, +/- 2 dB oder +/- 3 dB).
Die Übertragung eines nicht-differentiell wirkenden Sendeleistungsbefehls, der eine absolute oder relative Sendeleistung repräsentiert und nicht zum vorher eingestellten Wert akkumuliert wird, entnimmt der Fachmann auch einem solchen mehrstufigen TPC-Befehl nicht.
Zum Prioritätszeitpunkt waren differentiell wirkende Befehle im Zusammenhang mit einer geschlossenen Regelschleife unter der Bezeichnung TPC bekannt, mithin handelt es sich um einen festgefügten Fachbegriff (vgl. D1, S. 3, Z. 20 – S. 4, Z. 8; D2, S. 1, Kap. 2.1; S. 2 und Kap. 2.2; D5h, S. 25, Kap. 5.1.1.4 und S. 38, Annex A. 2; D7, Abs. 0014, 0018, 0019; D10, Sp. 8, Z. 20 – 31; D13, S. 13, Z. 15 – 17; D14, S. 6, Z. 7 – 14).
Insofern liest der Fachmann die in den Merkmalen 1.4HA1, 12.3.1HA1, 14.3.2HA1, 19.3.2HA1 in der Fassung der Hilfsanträge 1, 1a, 2 und 2a explizit genannte Akkumulierung der TPC-Befehle bei einer mehrfachen Übertragung dieser Befehle bei der Fassung nach Hauptantrag bereits mit, jedenfalls bei einer mindestens zweimaligen Übertragung der TPC-Befehle von der Basisstation an die Mobilstation.
ii) Die Sendeleistung der Mobilstation basiert auf dem von ihr bestimmten Pfadverlust zwischen Basisstation und Mobilstation sowie auf den von der Basisstation an die Mobilstation gesendeten TPC-Befehlen (Merkmale 1.4, 12.3.1, 14.3.2, 19.3.2). Wie bereits ausgeführt, kann gemäß der erteilten Fassung und gemäß den Fassungen nach den Hilfsanträgen 1, 1a und 2 die Bestimmung des Pfadverlustes auch nur einmal ausgeführt werden. Darunter fällt auch eine insoweit kombinierte open loop / closed loop-Sendeleistungsregelung, bei der die anfängliche Leistung jedenfalls auf dem Pfadverlust basiert (open loop Anteil) und für die folgenden Übertragungen ausschließlich TPC-Befehle (closed loop Anteil) ausgewertet werden. Da letztgenannte differentiell wirken, basiert die eingestellte Sendeleistung in dieser, nach der erteilten Fassung und den Hilfsanträgen 1, 1a und 2 möglichen, Variante in den nachfolgenden Übertragungen (immer noch) auch auf dem anfangs bestimmten Pfadverlust.
jj) Der Fachmann entnimmt dem Streitpatent die Lehre, bei einem CDMA TDD-System, wie z. B. UMTS, von dem es ausgeht, eine kombinierte open loop / closed loop Sendeleistungsregelung der Mobilstation vorzusehen und auf einem physikalischen Downlink-Kanal sowohl Informationen über die von der Mobilstation zu verwendenden Uplink-Ressourcen als auch TPC-Befehle zu übertragen, so dass die Mobilstation nach Empfang dieser Informationen Kenntnis besitzt, wann, wo und mit welcher Leistung sie zur Basisstation senden darf.
Nach Ansicht der Beklagten umfasst das Streitpatent auch FDD-Systeme. Dieser Auffassung kann aus mehreren Gründen nicht beigetreten werden. So erwähnt das Streitpatent explizit nur TDD-Systeme (Absätze 0030, 0032, 0033, 0034, 0040, 0085). Sodann ist – wie unter cc dargelegt – eine sinnvolle Schätzung des Uplink-Pfadverlusts aus dem gemessenen Downlink-Pfadverlust nur für TDD-Systeme möglich. Schließlich entnimmt der Fachmann der Übertragung einer „fast allocation and scheduling information“ von der Basisstation an die Mobilstation (vgl. Absatz 0085 der Streitpatentschrift) nur ein TDD-System (vgl. z. B. auch Druckschrift D5b1, S. 36, Kap. 5.6.6.2 „Resource allocation and UE identification on USCH“; Satz 1: “The information which physical uplink shared channels to transmit on and when“, wobei der USCH (Uplink shared channel) nur für TDD definiert ist, vgl. D5b1, S. 13: „Uplink Shared Channel (USCH) An uplink channel shared by several UEs carrying dedicated control or traffic data, used in TDD mode only“).
II. Zur erteilten Fassung
1. In der erteilten Fassung ist das Streitpatent für nichtig zu erklären, weil es nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ unzulässig erweitert ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung darf der Gegenstand eines Patentanspruchs nicht über das hinausgehen, was den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist. Dieser prüfende Vergleich bezieht sich nicht nur auf die in der Anmeldung formulierten Patentansprüche; entscheidend ist vielmehr, was der Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen kann (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 - X ZR 36/14, juris, Rn. 26 -; BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 45 m. w. N. - Polymerschaum; BGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 - X ZB 5/16, juris - Phosphatidylcholin, Rn. 21).
Für die Beurteilung, ob der erteilte Patentanspruch über die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinausgeht, gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts die Grundsätze der Neuheitsprüfung. Danach ist erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 - X ZR 36/14, juris, Rn. 27 -; Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 Rn. 25 - Olanzapin; Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910 - Fälschungssicheres Dokument; Urteil vom 9. Juni 2015 - X ZR 51/13, GRUR 2015, 976 Rn. 45 - Einspritzventil; EPA (GrBK) Amtsbl. 2001, 413 = GRUR Int. 2002, 80; EPA GRUR Int. 2008, 511 - Traction sheave elevator/KONE, BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12 - Kommunikationskanal).
b) Die Anweisungen “receiving / operable to receive / transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a downlink channel and (at least one) transmit power control TPC command(s) […] on the downlink channel ” (Merkmale 1.2, 1.3, 12.1.1, 12.1.2, 14.1, 14.2, 19.1, 19.2) erweitern den Gegenstand der Anmeldung.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die alleinige Quelle für diese Merkmale in der ursprünglichen Anmeldung (unter der Annahme, dass die WO 2006/015983 A1 nicht von den ursprünglichen Anmeldeunterlagen abweicht) auf S. 21, Z. 15 – 21 der WO 2006/015983 A1 liegt. Diese Textpassage lautet (Unterstreichungen vom Senat hinzugefügt):
“In a system using the combined power control scheme, a new physical channel on the downlink may be used to carry fast allocation and scheduling information to a user, thereby informing the UE of the uplink resources that it may use. This new physical channel could also be used as the feedback channel for the combined power control scheme. For example, an allocation/scheduling channel could carry TPC commands. Alternatively, the combined scheme may be applied to existing channel types (dedicated or shared uplink physical channels ) for UTRA TDD as well as to other TDD systems.”
In diesem Absatz wird eine gemeinsame Übertragung der Uplink-Ressourcen und der TPC-Befehle von der Basisstation an die Mobilstation auf einem neuen („new“) oder auf einem bereits existierenden („existing“) physikalischen Downlink-Kanal vorgeschlagen, wobei der Fachmann ohne weiteres die Formulierung „dedicated or shared uplink physical channels“ als offensichtliche Unrichtigkeit erkennt und zu „dedicated or shared downlink physical channels“ richtigstellt.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die gemeinsame Übertragung der Uplink-Ressourcen und der TPC-Befehle stelle das Element dar, das in Kombination mit der wiederholten Ausführung der kombinierten open loop / closed loop-Leistungsregelung die Erfindung vom Stand der Technik abgrenze und somit ihre Patentfähigkeit begründe. Denn daraus resultiere die Möglichkeit, die Sendeleistung der Mobilstation bereits bei der ersten Uplink-Übertragung auf einem „Nicht-RACH-Kanal“ (RACH = random access channel, ein solcher ist in nahezu jedem Mobilfunksystem vorhanden und wird von der Mobilstation genutzt, um der Basisstation einen Übertragungswunsch zu signalisieren verbunden mit der Hoffnung, von dieser nachfolgend eine Nachricht mit Allokationsinformationen, also mit Senderechten für die Zukunft, zu erhalten) nicht nur basierend auf dem Pfadverlust, sondern auch aufgrund eines TPC-Befehls einzustellen.
Dem stimmt der Senat grundsätzlich zu. Das Gegenargument der Klägerinnen, die Basisstation habe in dieser Situation noch keine Information, um den TPC-Befehl geeignet festzulegen, geht dabei fehl; denn die Basisstation kann bereits aus dem ersten von der Mobilstation auf dem RACH empfangenen Signal einen SNIR-Wert berechnen und hat somit eine Grundlage für die Bestimmung des richtigen TPC-Befehls.
Des Weiteren hat die Beklagte ausgeführt, erst durch die Übertragung der beiden Informationen (Uplink-Ressourcen und TPC-Befehle) auf einem Downlink-Kanal ergebe sich der Vorteil, dass der zeitliche Abstand zwischen dem Empfang dieser Informationen und der diese nutzenden Uplink-Übertragung der Mobilstation gering ausfalle und damit zu einer Verbesserung der Regeleigenschaften führe.
Dem ist allerdings nur insoweit zuzustimmen, wie die gemeinsame Übertragung auf einem physikalischen Downlink-Kanal stattfindet. Denn der Fachmann erkennt, dass nur in diesem ursprünglich offenbarten Fall die Möglichkeit besteht, die Uplink-Ressourcen und die TPC-Befehle auf einer Frequenz, mit einer Codierung und insbesondere in einem Downlink-Zeitschlitz des im Streitpatent adressierten TDD-Systems zu übertragen, so dass beide Informationen in der Mobilstation nahezu gleichzeitig empfangen und dekodiert werden können, wodurch sie beide für den unmittelbar nächsten geplanten Uplink-Zeitschlitz nutzbar sind.
Dieser Vorteil wäre bei der gemeinsamen Übertragung auf einem logischen Downlink-Kanal nicht gegeben, denn die zu übertragenden Informationselemente in einem logischen Kanal werden nicht notwendigerweise so auf einen Transportkanal und danach auf einen physikalischen Kanal abgebildet („mapping“), dass eine Gewähr für die geschilderte gleichzeitige Übertragung besteht.
Daher ist die Verallgemeinerung von der ursprünglich offenbarten Formulierung „physikalischer Downlink-Kanal“ auf „Downlink-Kanal“ nicht zulässig, denn die Verallgemeinerung umfasst Varianten (logischer Downlink-Kanal, Transport-Downlink-Kanal), die vom Fachmann als nicht zur Erfindung gehörend angesehen werden.
Der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, die hier vorliegende Verallgemeinerung sei im Hinblick auf die Entscheidung „Kommunikationskanal“ des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12) zugrunde liegenden Grundsätzen zulässig, trifft nicht zu. Denn der im Absatz 0085 der Streitpatentschrift (identisch zu S. 21, Z. 15 – 21 der WO 2006/015983 A1) beschriebene physikalische Downlink-Kanal mag sich zwar auf den ersten, oberflächlichen, Blick als Ausgestaltung eines Downlink-Kanals auffassen lassen, jedoch ist – aus den dargelegten Gründen – der allgemeine Downlink-Kanal zur gemeinsamen Übertragung von Senderessourcen und TPC-Befehlen der ursprünglichen Anmeldung in dieser Allgemeinheit gerade nicht als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar. Vielmehr ist der gemeinsame physikalische Downlink-Kanal eine Voraussetzung zur Lösung des genannten Problems (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. November 2017 - X ZR 63/15 - Digitales Buch).
Der weitere Einwand der Beklagten, der Satz „For example, an allocation/scheduling channel could carry TPC commands” offenbare einen allgemeinen Kanal zur gemeinsamen Übertragung, geht ebenfalls ins Leere. Denn wie das oben vollständig wiedergegebene Zitat zeigt, handelt es sich dabei entweder um ein unabsichtliches Auslassen oder um ein sprachliches Mittel mit dem Ziel, das Adjektiv „physical“ nicht zu oft zu wiederholen.
2. In der erteilten Fassung ist das Streitpatent auch deshalb für nichtig zu erklären, weil es nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ nicht patentfähig ist.
Wie zur Auslegung dargelegt, umfassen die unabhängigen Patentansprüche in der erteilten Fassung eine Variante, wonach die Sendeleistung der Mobilstation zwar auf den TPC-Befehlen und dem Pfadverlust basiert, letzterer jedoch nur einmal, z. B. zu Beginn einer Reihe von Uplink-Übertragungen, bestimmt wird.
Eine solche Kombination von anfänglicher open loop und nachfolgender closed loop Sendeleistungsregelung einer Mobilstation war jedoch am Prioritätstag bereits aus dem Stand der Technik bekannt.
a) UMTS-Standard (D5 – D5h)
Die von den Klägerinnen genannten Technischen Spezifikationen des UMTS-Standards gehören alle zum „Release 6“ (D5a, D5b, D5d, D5e, D5f, D5g, D5h in der Version 6.0.0, D5c in der Version 6.1.0, D5 in der Version 6.2.0).
aa) Die Beklagte hat die Vorveröffentlichung der genannten UMTS-Spezifikationen der ETSI bestritten; hierzu hat sie sich u. a. auf das Dokument D5m (von der Beklagten als Anlage B11 zum nachgelassenen Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 eingereicht), die Seiten 177 bis 180 der „ETSI Drafting Rules, 1st June 2015“ bezogen. Unter Verweis insbesondere auf Seite 179, Kapitel 2.10.1.1 „Public availability of the normative references“ hat sie ausgeführt, dass dort ausdrücklich zwischen Veröffentlichung („publication“) und der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit („public availability“) unterschieden werde („If public availabilty cannot be guaranteed after publication of the ETSI deliverable has occurred“), so dass der Hinweis „publication“ im Rahmen der jeweiligen ETSI-Spezifikation also nicht heiße, dass das Dokument tatsächlich an dem angegebenen Datum auch öffentlich zugänglich gewesen sei.
Diese Argumentation der Beklagten geht fehl, denn das Kapitel 2.10 und die entsprechenden Unterkapitel (so auch 2.10.1.1 auf S. 179) der „ETSI Drafting Rules“ beziehen sich darauf, wie andere Dokumente („References“) in einem zu erstellenden ETSI-Dokument („ETSI deliverable“) referenziert werden. Das Kapitel 2.10.1.1 schreibt vor, dass bei der Erstellung eines ETSI-Dokuments selbstverständlich die darin referenzierten Dokumente zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des neuen ETSI-Dokuments (bzw. sogar schon in dessen „approval phase“) öffentlich verfügbar sein müssen („A normative reference shall be publicly available in English language during the approval phases, at the time of publication and for the duration of the expected lifespan of the ETSI deliverable“). Diese Forderung hinsichtlich der referenzierten Dokumente erlaubt also keine Rückschlüsse hinsichtlich der Veröffentlichung des zu erstellenden ETSI-Dokuments.
Aus den in der mündliche Verhandlung in Augenschein genommenen Seiten 1 und 1037 des vom Senat aus dem Internet (http://www.etsi.org/deliver/etsi_ts/125300_125399/125331/06.02.00_60/ts_125331v060200p.pdf) heruntergeladenen vollständigen elektronischen Dokument ETSI TS 125 331 V6.2.0 (2004-06) kann entnommen werden, dass z. B. das Dokument D5 (ETSI TS 125.331 V6.2.0 Release 6) im Juni 2004 veröffentlicht wurde (vgl. Seite 1, Titelzeile, und S. 1037 letzte Zeile). Die Einstellung eines ETSI-Dokuments auf dem ETSI-Server ist ein nachgelagerter Prozess. Gemäß des von der Beklagten als Anlage B12 eingereichten Dokuments D5n ist das Dokument D5 jedenfalls spätestens am 3. August 2004 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht geworden (vgl. D5n, S. 2, letzte Zeile). Nach dem von den Klägerinnen eingereichten Dokument D5v geschah dies bereits am 2. August 2004.
Soweit die Beklagte hiergegen in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, die Mehrzahl unterschiedlicher Veröffentlichungszeitpunkte erschüttere zumindest den Anscheinsbeweis, vermag sich der Senat dieser Sichtweise nicht anzuschließen. Denn aus der Mehrzahl der Zeitangaben (Juni 2004, 2. Juli 2004, 2. August 2004, 3. August 2004) lässt sich entnehmen, dass das Dokument jedenfalls am 3. August2004 und damit deutlich vor dem Prioritätstag des Streitpatents durch Einstellung auf dem ETSI-Server für jeden zugänglich war.
Entsprechende Überlegungen gelten auch für die Dokumente D5a bis D5h.
Soweit die Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Januar 2018 auf einen aus ihrer Sicht einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Beschluss einer Beschwerdekammer des EPA hingewiesen hat, gibt dies dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 156 a ZPO wiederzueröffnen. Nach Auffassung des Senats handelt es sich hierbei nämlich um einen anderen Sachverhalt.
Im Übrigen sieht der Senat die Spezifikationen des UMTS-Standards Release 6 als ein Dokument an, denn die Aufteilung auf einzelne Spezifikationen/Dokumente wird regelmäßig (nur) aus Gründen der Handhabbarkeit vollzogen und die Dokumente verweisen wechselseitig aufeinander (vgl. z. B. D5, S. 27 – 29: „2 References“).
bb) Die im Zusammenhang mit der im Streitpatent beschriebenen Leistungsregelung relevante UMTS-Spezifikation ist die Druckschrift D5. Kapitel 8.2.7 („Physical Shared Channel Allocation [TDD only]“; S. 137 ff.) und Kapitel 8.2.8 („PUSCH capacity request [TDD only]“; S. 140 ff.) beschäftigen sich mit der Allokation von Funkressourcen u. a. für den Transportkanal USCH (Uplink Shared Channel) im TDD-Modus. Wenn die Mobilstation UE eine sogenannte PUSCH-Ressource (physical uplink shared channel), also einen physikalischen Uplink-Kanal, von der Basisstation bzw. dem Netzwerk UTRAN für eine nachfolgende Übertragung an die Basisstation anfordert (PUSCH capacity request), antwortet das Netzwerk im Downlink mit einer Nachricht (Physical Shared Channel Allocation), die Informationen über die von der Mobilstation zu benutzenden Ressourcen enthält, vgl. D5, Fig. 8.2.8-1 auf S. 140:
Die Downlink-Nachricht wird auf den Downlink-Kanälen SHCCH (Shared Control Channel) oder DCCH (Dedicated Control Channel) übertragen (vgl. D5, S. 137, Kap. 8.2.7.2). Dabei werden auch Informationen für die Leistungsregelung übertragen, nämlich für die 1.28 Mcps TDD-Variante die Parameter „PRX PUSCHdes “ und „TPC step size“ (vgl. S. 139, in der Mitte). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Parameter „TPC step size“ kein TPC-Befehl im dargelegten differentiellen Sinne ist, sondern angibt, wie groß die Schrittweite ist (vgl. S. 541, Kap. 10.3.6.65, letzter Tabelleneintrag: 1, 2 oder 3 dB).
In Kap. 8.5.7 (Open loop power control; D5, S. 227 – 232) finden sich Angaben zur Berechnung der Sendeleistung der Mobilstation im Uplink. Für die 1.28 Mcps TDD-Variante (D5, S. 230, vorletzter Absatz bis S. 232) wird für die anstehende Uplink-Übertragung auf dem PUSCH zunächst die initiale Leistung über einen open loop Ansatz berechnet wird und danach – falls die Mobilstation TPC-Bits empfangen hat – auf eine closed loop Leistungsregelung umgeschaltet, vgl. S. 231, Absatz 4:
Die Allokationsnachricht kann – wie oben ausgeführt – im Downlink über den logischen Kanal DCCH übertragen werden, der auf die Transportkanäle DCH bzw. DSCH abgebildet werden kann (vgl. Druckschrift D5e, Tabelle 6.2.1.1, S. 20). Diese Transportkanäle DCH bzw. DSCH können wiederum auf die physikalischen Downlink-Kanäle DPCH bzw. PDSCH abgebildet werden (vgl. Druckschrift D5c, Figur 22, S. 60).
Da auf dem physikalischen Kanal DPCH auch TPC-Bits übertragen werden (vgl. D5c, Kap. 5A.2, Kap. 5A.2.2.2 = S. 37, 38 ff.) gibt es gemäß dem UMTS-Standard zumindest eine Variante, bei der Allokationsinformationen einer geplanten Uplink-Übertragung und TPC-Befehle auf dem gleichen physikalischen Downlink-Kanal übertragen werden.
Da entsprechend der obigen Auslegung der Ansprüche in der erteilten Fassung nicht verlangt ist, dass die Leistung auf einer wiederkehrenden Basis, d. h. auf einer kontinuierlichen Kombination von open loop und closed loop beruht, sind die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche in der erteilten Fassung aus dem zum Prioritätstag geltenden ETSI-UMTS-Standard bekannt, denn wie ausgeführt wird in der 1.28 Mcps TDD-Variante die anfängliche Leistung nach einem open loop Ansatz mit Messung des Pfadverlustes und anschließend über einen closed loop Ansatz mit TPC-Befehlen durchgeführt.
cc) Nach alledem ist beispielsweise der Gegenstand des Anspruchs 14 in der erteilten Fassung aus dem UMTS-Standard Release 6 wie folgt bekannt:
14 A method of power control in a radio communications system (UMTS) comprising a base station (Node B), the method characterised by, at the base station (Node B):
(vgl. D5f, S. 11, Fig. 1; S. 13, Fig. 4; S. 27, Kap. 7.2.4.8: “RF power control”; S. 27, Kap. 7.2.4.8.1: “UL Outer Loop Power Control”; S. 27, Kap. 7.2.4.8.1, Abs. 1: “Inner Loop Power Control which is located in Node B for … 1.28 Mcps TDD”)
14.1 transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource (PUSCH resources) on a downlink channel (DPCH) and
(vgl. D5, S. 140, Kap. 8.2.8.1, Abs. 1: “the UTRAN responds with a PHYSICAL SHARED CHANNEL ALLOCATION message, which … allocates the requested PUSCH resources”; S. 137, Kap. 8.2.7.2: “To initiate the Physical Shared Channel Allocation procedure, the UTRAN sends the "PHYSICAL SHARED CHANNEL ALLOCATION" message on … the downlink DCCH”, wobei der logische Kanal DCCH auf den Transportkanal DCH (vgl. D5e, S. 20, Tab. 6.2.1.1, untere Hälfte (“Downlink (Tx)”), dort Z. 8) und der Transportkanal DCH auf den physikalischen Kanal DPCH abgebildet wird (vgl. D5c, S. 60, Fig. 22, Zeile 1))
14.2 [transmitting] transmit power control TPC commands (TPC bits) to a mobile terminal (UE) on the downlink channel (DPCH); and
(vgl. D5, S. 231, Abs. 4, Satz 2: “Once the UE receives TPC bits relating to the PUSCH”; D5c, S. 37, Kap. 5A.2 “Dedicated physical channel (DPCH)”; S. 38, Kap. 5A.2.2.2: “Transmission of TPC The burst type for dedicated channels provides the possibility for transmission of TPC in uplink and downlink.”)
14.3 receiving an uplink signal from the mobile terminal (UE)
(der Fachmann liest mit, dass ein von der Mobilstation ausgesendetes Signal – vgl. die folgenden Ausführungen zum Merkmal 14.3.1 - von der Basisstation empfangen wird)
14.3.1 wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource
(vgl. D5, S. 139, Zeile 13: “5> configure the physical resources according to the information given in IE "PUSCH Info".”; S. 139, letzte Zeile: “3> transmit USCH Transport Block Sets as required”)
14.3.2 at a transmit power level (P USCH ) based on a path loss (L PCCPCH ) between the base station (Node B) and the mobile terminal (UE) as determined by the mobile terminal (UE) and transmitted TPC commands (TPC bits)
(vgl. D5, S. 230, vorletzter Abs.: „For 1.28 Mcps TDD the UE shall …“; S. 231, Z. 7: “1> calculate the initial UL transmit power according to the following formula for the PUSCH”; S. 231, Z. 11: “P USCH =PRX PUSCHdes +L PCCPCH ”; S. 231, Z. 7, 8: “Once the UE receives TPC bits relating to the PUSCH then it transitions to closed loop power control.”;, S. 231, unter Seitenhälfte, Aufzählung, 2. Spiegelstrich: “L PCCPCH : Measurement representing path loss in dB“; D5h, S. 25, Kap. 5.1.1.4; damit basiert die Sendeleistung sowohl auf dem Pfadverlust – der in den Startwert der Sendeleistung eingeht – als auch auf den empfangenen TPC-Befehlen)
Der Gegenstand des Anspruchs 14 in der erteilten Fassung ist daher aus dem UMTS-Standard Release 6 (Druckschriften D5, D5c, D5e, D5f und D5h) neuheitsschädlich vorweggenommen. Dies gilt gleichermaßen für die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1, 12, 19 und 23.
b) WiMax-Standard (Druckschrift D16)
Bei der D16 handelt es sich um einen Entwurf der Organisation IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) für den sogenannten WiMax-Standard (Worldwide Interoperability for Microwave Access) zur schnellen Datenübertragung. Zur Trennung von Uplink und Downlink sind – wie bei UMTS – TDD und FDD vorgesehen (vgl. D16, S. 2, Tab. 1).
Die D16 zeigt zwar – wie der UMTS-Standard – keine kontinuierliche Kombination von open loop und closed loop Leistungsregelung, sondern nur eine Einstellung der anfänglichen Sendeleistung, die auf einer open loop Pfadverlust-Messung basiert und danach eine closed loop Leistungsregelung mit TPC-Befehlen. Da jedoch, wie dargelegt, die unabhängigen Ansprüche nach Hauptantrag keine kontinuierliche Kombination von open und closed loop Leistungsregelung verlangen, ist der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hauptantrag auch aus der D16 bekannt, denn diese zeigt:
14 A method of power control in a radio communications system (IEEE WirelessMAN 802.16) comprising a base station (BS), the method characterised by, at the base station (BS):
(vgl. D16, S. 347, Kap. 8.1.7.3 “Power Control”)
14.1 transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource (Uplink_Burst_Profile; UL-MAP_IE()) on a downlink channel (downlink PHY) and
(vgl. D16, S. 44, Tab. 14, Nachrichtentyp 0 UCD – Uplink Channel Descriptor und Typ 3 UL-MAP Uplink Access Definition; S. 48, Kap. 6.3.2.3.3, Abs. 1: “A UCD shall be transmitted by the BS at a periodic interval (Table 340) to define the characteristics of an uplink physical channel.”; S. 49, Tab. 17, Eintrag “Uplink_Burst_Profile”; S. 311 f., Kap. 8.1.4 Dowlink PHY; S. 312, Kap. 8.1.4.1, Abs. 1: “UL-MAP”; S. 11: “3.68 uplink map (UL-MAP): A set of information that defines the entire access for a scheduling interval.”; S. 50, Kap. 6.3.2.3.4 Uplink map (UL-map) message, Abs. 1: “The UL-MAP message allocates access to the uplink channel”; S. 50, Tab. 18, Eintrag UL-MAP_IE)
14.2 [transmitting] transmit power control TPC commands (Power control extended IE; power delta) to a mobile terminal (SS) on the downlink channel (downlink PHY); and
(vgl. D16, S. 415, Kap. 8.2.1.9.3.2 Power control extended IE; Tab. 202, Zeile “Power delta … Signed integer, which expresses the change in power level (in 0.25 dB units) that the SS should apply to correct its current transmission power.”)
14.3 receiving an uplink signal (Uplink PHY) from the mobile terminal (SS)
(vgl. D16, S. 336, Kap. 8.1.5 Uplink PHY)
14.3.1 wherein the uplink signal (Uplink PHY) had been transmitted on the allocated uplink transmission resource
(liest der Fachmann mit)
14.3.2 at a transmit power level (P TX ) based on a path loss (BS_EIRP - RSS) between the base station (BS) and the mobile terminal (SS) as determined by the mobile terminal (SS) and transmitted TPC commands (Power delta)
(vgl. D16, S. 178, Gleichung (10), welche die anfängliche maximale Leistung der Mobilstation beschreibt; über die differentiellen Leistungssteuerbefehle „Power delta“ kann die Leistung erhöht oder erniedrigt werden, dabei findet eine Akkumulation der einzelnen „Power delta“-Befehle statt)
III. Zu den Hilfsanträgen 1 und 1a
Da das Streitpatent in den Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 1a das einschränkende Merkmal „physical“ ebenfalls nicht enthält, kann die Beklagte das Streitpatent auch nicht in der Fassung nach den Hilfsanträgen 1 und 1a erfolgreich beschränkt verteidigen, da diesen ebenfalls der für die erteilte Fassung festgestellte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c) EPÜ entgegensteht.
Zudem steht dem Streitpatent in den Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 1a auch der für die erteilte Fassung festgestellte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ entgegen. Denn die in den Hilfsanträgen 1 und 1a hinzugefügten Merkmale der mehrfachen Übertragung von TPC-Befehlen und deren Akkumulation in der Mobilstation (Merkmale 1.3HA1, 1.4HA1, 12.1.2HA1, 12.3.1HA1, 14.2HA1, 14.3.2HA1, 19.2HA1, 19.3.2HA1) sind aus der UMTS-Spezifikation nach D5 bzw. der WiMax-Spezifikation nach D16 ebenfalls bekannt (vgl. D5h, S. 38, Anhang A.2; D16, S. 415, Tab. 202, letzte Zeile).
Auch gemäß den Hilfsanträgen 1 und 1a kann die Pfadverlustmessung, wie nach der erteilten Fassung, nur einmal – beispielsweise zu Beginn der Leistungsregelung – durchgeführt werden, so dass aus den bereits dargelegten Gründen der UMTS-Standard (D5) und der WiMax-Standard (D16) den Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 1a ebenfalls entgegenstehen.
IV. Zu Hilfsantrag 2
Die Beklagte kann das Streitpatent auch nicht in der Fassung nach Hilfsantrag 2 erfolgreich beschränkt verteidigen. Der für die erteilte Fassung sowie für die Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 1a festgestellte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung steht der Fassung nach Hilfsantrag 2 zwar nicht entgegen, da hier in den unabhängigen Ansprüchen 1, 12, 14 und 19 jeweils die Einschränkung auf einen „ physical downlink channel“ enthalten ist.
Der für die erteilte Fassung und die Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 1a festgestellte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit steht jedoch auch der Fassung nach Hilfsantrag 2 entgegen, da auch gemäß dieser Fassung keine fortlaufende Kombination von open loop und closed loop-Leistungsregelung gefordert ist und zudem sowohl gemäß dem UMTS-Standard (Konglomerat D5) als auch gemäß dem Wimax-Standard (D16) – wie zu erteilten Fassung im einzelnen dargelegt – jeweils ein gemeinsamer physikalischer Downlink-Kanal für die Übertragung der Uplink-Ressourcen und der TPC-Befehle verwendet werden kann.
Daher liegt die zu der erteilten Fassung und den Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 1a festgestellte mangelnde Patentfähigkeit auch bei der Fassung nach Hilfsantrag 2 vor.
V. Zu Hilfsantrag 2a
Demgegenüber kann die Beklagte das Streitpatent mit der Fassung der angegriffenen erteilten Ansprüche nach Hilfsantrag 2a zulässigerweise und erfolgreich beschränkt verteidigen, da dieser Fassung des Streitpatents im angegriffenen Umfang keine Nichtigkeitsgründe nach Art. II § 6 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 EPÜ mehr entgegenstehen und die bei einer beschränkten Verteidigung zu erfüllenden Anforderungen aus Art. 84 EPÜ erfüllt sind.
1. Der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 PatG, Art. 138 Buchst. c) liegt bei der Fassung nach Hilfsantrag 2a nicht vor.
a) Für die Beurteilung sind die ursprünglichen Anmeldeunterlagen relevant. Die Anweisungen in den einzelnen Merkmalen des Anspruchs 14 in den Fassung nach Hilfsantrag 2a gehen in zulässiger Weise auf folgende Stellen der ursprünglich eingereichten Unterlagen (jeweils Bezug zur WO 2006/015983 A1) zurück:
14HA2a A method of power control in a radio communications system comprising a base station, the method characterised by, at the base station and on a recurring basis:
(Anspruch 11: „at the first radio“; Anspruch 19: „the first radio includes a CDMA base station“; S. 9, Z. 1 – 3: „beacon signal is transmitted either once […] every 10 ms”; S. 13, Z. 21: „same update rate […] once per 10 ms […] TPC”; S. 18, Z. 1 – S. 19, Z. 4; S. 21, Z. 15 – 21. Der Fachmann entnimmt der ursprünglichen Anmeldung die Lehre, dass die Messung des Pfadverlusts, der Empfang der TPC-Befehle und die darauf basierende Bestimmung der Sendeleistung der Mobilstation auf einer wiederkehrenden Basis, insbesondere für jeden Rahmen der Länge 10 ms durchgeführt wird. Wie zur Auslegung dargelegt, kann das Senden der „allocation of a scheduled transmission resource“ nach Merkmal 14.1HA2 seltener durchgeführt werden als das Senden der TPC-Befehle, was jedoch nicht zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung führt, denn der Fachmann entnimmt der ursprünglichen Anmeldung (S. 21, Z. 15 – 21) nicht, dass die beiden Informationen (allocation, TPC) zwingend mit gleicher Häufigkeit übertragen werden.)
14.1HA2 transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel and
(S. 21, Z. 15 – 21: “a new physical channel on the downlink may be used to carry fast allocation and scheduling information to a user, thereby informing the UE of the uplink resources that it may use. […] allocation/scheduling channel […] Alternatively […] applied to existing channel types”. Offenbart ist somit die Schaffung eines “neuen” physikalischen Downlink-Kanals bzw. die Nutzung eines „existierenden“ Kanals (im Sinne von bereits in einem technischen Standard definierten) zur Übertragung von Informationen über die Uplink-Ressourcen, die die Mobilstation zum Senden verwenden darf.)
14.2HA2 [transmitting] transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel; and
(S. 17, Z. 4 – 7: “The network generates and transmits 414 a TPC command based on the comparison 412. A downlink signal 416 carries the TPC command 418 over the radio link. The UE accumulates 420 the TPC commands”; Anspruch 11: “transmitting a transmit power control (TPC) command”; Anspruch 8: “corresponding sequence of received TPC commands”; S. 13, Z. 22, 23: “transmission of the TPC commands”; S. 2, Z. 8: “A base station may be referred to as a Node-B”; S. 18, Z. 10 – 12: “The Node-B would signal […] a TPC command”; S. 21, Z. 15 – 21: “This new physical channel could also be used as the feedback channel for the combined power control scheme […] could carry TPC commands”)
14.3 receiving an uplink signal from the mobile terminal (Anspruch 11: “receiving a signal transmitted from the second radio”; Anspruch 19: “the second radio includes user equipment”; Figur 4: “Uplink 402”)
14.3.1 wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource (vgl. S. 21, Z. 15 – 21; S. 17, Z. 7, 8: „to set 436 the transmit power level for future uplink transmissions 400“; S. 18, Z. 14: „transmit the next burst“)
14.3.2HA1 at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and accumulated transmitted TPC commands (vgl. Anspruch 1: “setting a transmit power level for the second radio based on the path loss and the TPC command; and transmitting a signal at the set transmit power level”; Figur 4: Schritte 432, 420, 436 und 400; S. 17, Z. 6 – 8: “The UE accumulates 420 the TPC commands and uses the accumulated TPC commands in part to set 436 the transmit power level for future uplink transmissions 400.”; S. 15, Z. 7 Gleichung für Popen(k) und S. 16, Z. 3, Formel für PTX(k))
b) Nach Ansicht der Klägerinnen gehen folgende Merkmale bzw. Merkmalsteile über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus:
aa) Den gesamten Anspruch 14 betreffend, insbesondere Merkmale 14.1HA2 und 14.3.2HA1‘.
Nach Ansicht der Nichtigkeitsklägerinnen sind wegen der nicht erfolgten Einschränkung der Ansprüche des Streitpatents auf TDD-Systeme auch FDD-Systeme umfasst, wodurch der Gegenstand der Anmeldung unzulässig erweitert sei. Sie verweisen darauf, dass das Merkmal 14.1HA2, die Übertragung von Informationen über die zu verwendenden Uplink-Ressourcen, nur im Zusammenhang mit TDD-Systemen offenbart sei (vgl. S. 21, Z. 15 bis 21 der WO 2006/015983 A1).
Weiterhin sind die Klägerinnen der Auffassung, dass die zur Bestimmung des open loop Anteils der kombinierten Leistungsregelung verwendete Pfadverlustmessung im Downlink-Kanal nur bei TDD-Systemen für eine zutreffende Schätzung des Pfadverlustes im Uplink-Kanal verwendet werden könne. Denn nur bei TDD-Systemen ergäbe sich durch die Verwendung gleicher Frequenzen für Downlink und Uplink ein reziproker Funkkanal, bei FDD-Systemen sei dies wegen der unterschiedlichen Frequenzen nicht der Fall.
Wie zur Auslegung dargelegt, ist der Pfad- oder Kanalverlust im Freifeld umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands zwischen Sender und Empfänger. Danach könnte unter Berücksichtigung eines festen Korrekturfaktors trotz unterschiedlicher Frequenzen von dem Downlink-Pfadverlust auf den Uplink-Pfadverlust geschlossen werden. Jedoch treten in einer realen Umgebung Multipfad-/Fading-Effekte auf, die stark frequenzabhängig sind. Aufgrund der dann fehlenden oder zumindest stark reduzierten Reziprozität des Funkkanals in einem FDD-System besitzt der gemessene Downlink-Pfadverlust nur eine sehr eingeschränkte Aussagekraft für den zu schätzenden Uplink-Pfadverlust (vgl. D7, Abs. 0011; D15, S. 1, Z. 28 – 31).
Wie ebenfalls bereits zu Auslegung dargelegt, entnimmt der Fachmann dem Streitpatent unmittelbar und eindeutig eine kombinierte open loop / closed loop Sendeleistungsregelung und eine gemeinsame Übertragung von Informationen über zu verwendende Uplink-Ressourcen und TPC-Befehle auf einem gemeinsamen physikalischen Downlink-Kanal nur für TDD-Systeme.
Insofern liegt diesbezüglich auch keine unzulässige Erweiterung vor.
bb) Merkmal 14HA2a
“A method of power control in a radio communications system comprising a base station, the method characterised by, at the base station and on a recurring basis:”
Die Klägerinnen haben hiergegen eingewandt, einzelne Vorrichtungen eines Netzwerks wie eine CDMA-Basisstation oder eine Mobilstation seien in der Anmeldung nie als separate Einheiten offenbart, sondern immer innerhalb eines Systems in Zusammenwirkung mit anderen Vorrichtungen. Auch die ursprünglich eingereichten Ansprüche richteten sich nicht auf einzelne Vorrichtungen, sondern auf Systeme mit mehreren Vorrichtungen. Selbst der für die Bewertung, ob eine einzelne Basisstation ursprünglich offenbart wurde, unerhebliche ursprünglich eingereichte Anspruch 20 betreffe explizit nicht nur ein „user equipment“, sondern einen Apparat mit einem solchen, also ein größeres System. Die Formulierungen der Ansprüche 14 und 19 führten somit ebenfalls zu einer unzulässigen Erweiterung über die ursprüngliche Fassung hinaus, sofern sie als lediglich auf eine einzelne Basisstation abzielend zu interpretieren wären.
Diese Einwände vermögen indessen nicht durchzugreifen. Es trifft zwar zu, dass die im Streitpatent thematisierte Kombination aus offener und geschlossener Schleife zur Leistungsregelung der Uplink-Signale auf Verfahrensschritte sowohl in der Basisstation als auch in der Mobilstation angewiesen ist, um ihre volle Funktionalität zu entfalten. Dem steht jedoch nicht entgegen, bei einem komplexen System mit verteilter Funktionalität Ansprüche zu formulieren, die nur auf einzelne Teile des Systems gerichtet sind. Zudem sind die ursprünglichen Ansprüche 1, 11, 20 und 22 bereits auf einzelne Teile gerichtet, so Anspruch 1 auf ein Verfahren in einer Mobilstation, Anspruch 11 auf ein Verfahren in einer Basisstation, Anspruch 20 auf eine Mobilstation und Anspruch 22 auf eine Basisstation. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch 14 auch Verfahrensmerkmale umfasst, die in der Mobilstation durchgeführt werden.
Zudem sind die Klägerinnen der Auffassung, es sei ursprünglich nicht offenbart, dass alle der in Anspruch 14 genannten Verfahrensschritte wiederholt ausgeführt würden („on a recurring basis“). Auch diesem Einwand vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Wie vorstehend zum Merkmal 14.1HA2a ausgeführt, entnimmt der Fachmann der ursprünglichen Anmeldung die Lehre, dass die kombinierte open loop / closed loop Regelung der Sendeleistung der Mobilstation mit der Pfadverlustmessung und der Übertragung der TPC-Befehle auf einer wiederkehrenden Basis durchgeführt wird. Wie zur Auslegung dargelegt, könnte z. B. der Schritt des Sendens der „allocation of a scheduled transmission resource“ seltener durchgeführt werden als das Senden der TPC-Befehle. Dies führt jedoch nicht zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung; denn der Fachmann entnimmt der ursprünglichen Anmeldung (WO 2006 015 983 A1, S. 21, Z. 15 – 21) nicht, dass die beiden Informationen (allocation, TPC) mit gleicher Häufigkeit übertragen werden.
cc) Merkmal 14.1HA2
Die ursprüngliche Offenbarung für das Merkmal 14.1HA2,
„transmitting an allocation of a scheduled uplink transmission resource on a physical downlink channel”
findet in der ursprünglichen Anmeldung nur eine stützende Stelle, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Sie lautet (Seite 21, Zeilen 15 bis 21 der WO 2006/015983 A1) mit vom Senat hinzugefügten Unterstreichungen:
“In a system using the combined power control scheme, a new physical channel on the downlink may be used to carry fast allocation and scheduling information to a user, thereby informing the UE of the uplink resources that it may use . This new physical channel could also be used as the feedback channel for the combined power control scheme. For example, an allocation/scheduling channel could carry TPC commands . Alternatively, the combined scheme may be applied to existing channel types (dedicated or shared uplink physical channels) for UTRA TDD as well as to other TDD systems .”
Nach Auffassung der Klägerinnen steht dieser Abschnitt der Beschreibung schon nicht im Zusammenhang mit einem in der Basisstation auszuführenden Verfahren. Dem ist nicht zuzustimmen, denn fachüblich obliegen die Planung und die Zuweisung von Funkressourcen, wie Frequenzen, Zeiten, Bandbreiten und Kodierungen für die einzelnen Verbindungen in einem Mobilfunksystem der Basisstation. Nur für den allerersten Zugriff einer Mobilstation auf eine Basisstation zum Zweck eines Verbindungsaufbaus darf eine Mobilstation unsynchronisiert auf einen speziellen Uplink-Kanal (z. B. den RACH (random access channel) in GSM und UMTS, vgl. D4aa, Seite 12 unten, fünftletzter Spiegelstrich; D5, Seite 30) zugreifen.
Des Weiteren haben die Klägerinnen vorgetragen, ursprünglich offenbart sei nur das Übertragen von zwei verschiedenen Informationen, nämlich der „fast allocation … information“ und der „scheduling information“, nicht jedoch eine „allocation of a scheduled uplink transmission resource“. Die Übertragung beider Informationen sei notwendig, weil sich der zitierte Absatz und im Übrigen das gesamte Streitpatent eindeutig nur auf TDD-Systeme beziehe. Bei diesen sei die Übertragung der „scheduling“-Informationen zwingend notwendig, damit die Basisstation die Mobilstation korrekt über die zu verwendenden Zeitschlitze für die nächsten Übertragungen informiere. Nur bei UMTS-TDD-Systemen werde der Ausdruck „scheduling information“ verwendet, wozu die Klägerinnen auf das Dokument D5i (eine Machbarkeitsstudie zu UMTS-TDD-Systemen) verweist. Im Gegensatz dazu komme es bei FDD-Systemen nicht auf die „scheduling“-Information an, da es keine separaten Zeitschlitze für Up- und Downlink gebe, sondern die beiden Übertragungsrichtungen über verschiedene Frequenzen getrennt seien.
Auch diese Bedenken vermag der Senat nicht zu teilen. Die Formulierung „allocation of a scheduled uplink transmission ressource“ bringt für den Fachmann zum Ausdruck, dass die Basisstation fachüblich verschiedene Informationen an die Mobilstation sendet, um ihr mitzuteilen, in welchem Zeitschlitz, auf welcher Frequenz und mit welcher Kodierung sie an die Basisstation senden soll bzw. darf. Selbstverständlich handelt es sich dabei um „eingeplante“ (scheduled) Ressourcen, denn die Planung obliegt der Basisstation, die zudem auch diese eingeplanten Ressourcen den einzelnen Mobilstationen zuweist (allocation). Daher wird die ursprüngliche Formulierung „to carry fast allocation and scheduling information“ von dem Fachmann in dem beanspruchten Sinn verstanden wird, d. h. es handelt sich nicht um zwei getrennte, sondern um aufeinander bezogene Informationen.
Auch der weitere Einwand der Klägerinnen, aus der Formulierung “thereby informing the UE of the uplink resources that it may use” entnehme der Fachmann, dass die Mobilstation von der Basisstation umfassend über die erforderlichen Ressourcen (Zeit, Frequenz, Code) für die geplante Aufwärtsverbindung informiert würde und daher die Formulierung „a scheduled uplink transmission resource“ (= Singular, nur eine Ressource) den Gegenstand der Anmeldung erweitere, vermag nicht zu greifen. Der Fachmann sieht vielmehr den Fall der Übertragung nur einer Ressource von der ursprünglichen Offenbarung mit umfasst, denn ihm ist bewusst, dass bei bestehenden Verbindungen zwischen Basis- und Mobilstation nur sich ändernde (etwa zum nächsten zu verwendenden Zeitschlitz), nicht jedoch gleichbleibende Informationen (etwa zum Frequenzband, Modulationsart, Kodierung) wiederholt übertragen werden müssen.
dd) Merkmal 14.2HA2
[transmitting] transmit power control TPC commands to a mobile terminal on the physical downlink channel
Hierzu wird von den Klägerinnen geltend gemacht, dass die Übertragung von Sendeleistungssteuerungsbefehlen immer nur im Zusammenhang mit der vorausgehenden Messung des SNIR-Wertes in der Basisstation und anschließendem Vergleich des gemessenen SNIR-Wertes mit einem Schwellwert offenbart sei, wobei der von dem Vergleichsergebnis abhängige Befehl stets zusammen mit einem „step indicator“ versandt werde. Diese Auffassung ist nicht zutreffend, denn es gibt zahlreiche Stellen in der ursprünglichen Anmeldung, in denen der Sendeleistungssteuerbefehl TPC ohne den „step indicator“ genannt wird, z. B. WO 2006 015 938 A1, S. 3, Z. 26, 27: „receiving a transmit power control (TPC) command transmitted from the frst radio“; S. 4, Z. 10, 11: „a transmit power control (TPC) command transmitted from a base station“; S. 17, Z. 5, 6: „A downlink signal 416 carries the TPC command 418 over the radio link.”; S. 21, Z. 18, 19: „an allocation/scheduling channel could carry TPC commands”. Danach ist es zulässig, dass der „step indicator“ im Merkmal 14.2 nicht genannt ist. Zudem muss nicht jedes Merkmal eines Ausführungsbeispiels – wie hier die vorangehende Messung des SNIR-Werts durch die Basisstation – in einen Anspruch aufgenommen werden, denn die Basisstation könnte statt der Messung des SNIR-Wertes auch eine andere Größe, etwa nur die Leistung des Nutzsignals, bestimmen.
Des Weiteren haben die Klägerinnen eingewandt, der Begriff „mobile terminal“ sei nicht ursprünglich offenbart. Allenfalls sei in der Anmeldung von "user equipment”, "second radio" oder "remote transceiver" die Rede. Diese Begriffe hätten unterschiedlichen Bedeutungsgehalt. Beispielsweise bezeichne ”user equipment" eine mobile Station für 3GPP-Systeme wie UMTS, die ein UMTS Subscriber Identity Module (SIM) aufweisen muss (siehe etwa D5f, Seite 8, vorletzte Zeile). Ein "user equipment" könne als ein "mobile terminal" angesehen werden, aber nicht jedes "mobile terminal" sei ein "user equipment". Auch könne "remote transceiver" eine einzelne spezielle Schaltung bezeichnen, welche sowohl als Sender (transmitter) als auch Empfänger (receiver) wirke. Das mache die Bedeutung dieses Begriffs nicht deckungsgleich mit der Bezeichnung "mobile terminal". Das willkürliche Ersetzen verschiedener Begriffe durch den nicht offenbarten Ausdruck ”mobile terminal" sei daher ebenfalls unzulässig.
Auch dieser Angriff geht ins Leere. In der ursprünglichen Anmeldung heißt es auf der Seite 2, Zeilen 6 bis 8: „A mobile radio is not necessarily mobile and may also be referred to as a mobile, a user, user equipment (UE), a terminal or terminal equipment.” Hieraus entnimmt der Fachmann, dass die Begriffe „user equipment (UE)“ und „terminal“ synonym verwendet werden. Insofern stellt der Begriff „mobile terminal“ eine zulässige Einschränkung dar, die der Fachmann der ursprünglichen Anmeldung als zur Erfindung gehörend entnehmen kann.
ee) Merkmale 14.3.1, 14.3.2HA1
„wherein the uplink signal had been transmitted on the allocated uplink transmission resource
at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and accumulated transmitted TPC commands”
Die Klägerinnen sind der Auffassung, ein Zusammenhang, wonach der Leistungspegel eines Signals, welches in der zugewiesenen aufwärts gerichteten Ressource übertragen wird, von dem übertragenen Sendeleistungssteuerungsbefehl abhängt, lasse sich aus der Seite 21, Z. 15 – 21 der ursprünglichen Offenbarung nicht entnehmen. Auch deswegen sei der Anspruch 14 nicht zulässig.
Dem kann nicht zugestimmt werden. Der Fachmann liest vor dem Hintergrund der gesamten ursprünglichen Offenbarung in der genannten Stelle mit, dass die Mobilstation nach dem gemeinsamen Empfang des TPC-Befehls und der Informationen zur Zuweisung einer eingeplanten Ressource auf dem physikalischen Downlink-Kanal diese beiden Informationen für die nächste Uplink-Übertragung verwendet, d. h. das nächste Uplink-Signal wird mit einem Sendeleistungspegel gesendet, der auch auf den empfangenen TPC-Befehlen basiert.
ff) Merkmal 14.3.2HA1
at a transmit power level based on a path loss between the base station and the mobile terminal as determined by the mobile terminal and accumulated transmitted TPC commands.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, es liege eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor, weil das Akkumulieren der TPC-Befehle nur in einem speziellen Zusammenhang offenbart sei. Die TPC-Befehle würden nämlich konkret durch eine Messung des SNIR-Wertes in der Basisstation erzeugt. Darüber hinaus sei angegeben, dass die Mobilstation die TPC-Befehle nur teilweise dazu verwende, ihre Sendeleistung einzustellen. Zudem offenbare die ursprüngliche Anmeldung, dass die Pfadverlust-Messung die "closed loop"-Bestimmung der TPC-Befehle in ganz bestimmter Weise ergänze, nämlich nur in Übertragungspausen oder Pausen von empfangenen TPC-Befehlen. Außerdem sei die Akkumulierung der TPC-Befehle ausschließlich in der Mobilstation offenbart, wohingegen die unabhängigen Ansprüche in unzulässiger Weise offen ließen, welche Einheit TPC-Befehle akkumuliere.
Diese Auffassung vermag der Senat ebenfalls nicht zu teilen. Der Fachmann entnimmt nämlich der ursprünglichen Offenbarung unmittelbar und eindeutig, dass es sich bei der inneren Schleife um eine Kombination von offener und geschlossener Schleife handelt, wobei mindestens zwei Zeitschlitze (einmal downlink, einmal uplink) für einen Schleifendurchlauf benötigt werden und der Anteil der geschlossenen Schleife gedächtnisbehaftet ist, d. h. es wird bei jedem Schleifendurchlauf der closed-loop-Anteil der Sendeleistung um einen festen Wert erhöht, verringert oder gleich gelassen, was sich z. B. in der Formel auf Seite16 der ursprünglichen Offenbarung WO 2006 015 983 A1 widerspiegelt:
Der Summenterm drückt den Anteil der geschlossenen Schleife aus, wobei für den aktuellen Rahmen k die „K“-letzten Werte akkumuliert werden (Bsp.: k = 10; K = 9). Weiter ist dem Fachmann bewusst, dass die Messung des SNIR-Wertes in der Basisstation nur eine Möglichkeit für die Bestimmung der TPC-Befehle ist. Alternativ könnte auch die einfachere Messung der empfangenen Leistung in der Basisstation ausreichen. Die von den Klägerinnen angesprochene Bestimmung des Pfadverlustes nur in Übertragungspausen oder Pausen von empfangenen TPC-Befehlen bezieht sich nur auf optionale Interferenzmessungen, vgl. WO 2006 015 983 A1, Seite 17, Zeilen 10 – 12: „The UE may use the saved received interference measurements I(k) to adjust the transmission power following a pause in transmission or following a pause in receipt of TPC commands.“
gg) Auch die Gegenstände der übrigen Patentansprüche nach Hilfsantrag 2a gehen – was auch die Klägerinnen nicht bestritten haben – in zulässiger Weise auf die ursprünglichen Unterlagen zurück.
2. Der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Ausführbarkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 PatG, Art. 138 Buchst. b) liegt bei der Fassung nach Hilfsantrag 2a nicht vor.
Da der Fachmann – wie zur Auslegung dargelegt – dem Streitpatent eine Leistungsregelung nur für TDD-Systeme entnimmt, liegt der von den Klägerinnen geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit für FDD-Systeme nicht vor.
3. Die Anforderung aus Art. 84 EPÜ sind bei der Fassung nach Hilfsantrag 2a erfüllt.
Die Klägerinnen machen geltend, die Angabe „on a recurring basis“ (Merkmal 14HA2a) im Anspruch 14 nach Hilfsantrag 2a könne so verstanden werden, dass alle Schritte einschließlich derjenigen nach den Merkmalen 14.3.1 und 14.3.2, die in der Mobilstation durchgeführt würden, wiederholt durchgeführt werden sollten Andererseits heiße es in Merkmal 14HA2a „at the base station and on a recurring basis“, was dafür spreche, dass nur Abläufe in der Basisstation wiederholt durchgeführt würden, während der Anspruch 14 für die mobilstationsseitigen Aktivitäten diesbezüglich keine Vorgaben machen wolle. Für den Fachmann sei nicht ersichtlich, welche dieser beiden möglichen Bedeutungen von Hilfsantrag 2a zutreffe.
Gegen diese Ansicht der Klägerinnen spricht, dass der Fachmann, wie zur Auslegung dargelegt, dem Anspruch 14 entnimmt, dass die Verfahrensschritte 14.1HA2 bis 14.3.2HA1, d. h. sowohl die basisstations- als auch die mobilstationsseitigen, wiederholt ausgeführt werden. Denn es handelt sich um eine Leistungsregelung, deren Verfahrensschritte schleifenförmig wiederholt durchlaufen werden, wobei die Wiederholfrequenzen der einzelnen Verfahrensschritte auch unterschiedlich sein können. So kann z. B. zwischenzeitlich die Übertragung der TPC-Befehle ausgesetzt sein und dennoch die Regelung weitergeführt werden (vgl. Streitpatentschrift, Absätze 0048, 0067, 0074).
Insofern gibt der Anspruch 14 den Gegenstand an, für den Schutz begehrt wird, ist deutlich und knapp gefasst und von der Beschreibung gestützt. Entsprechendes gilt für die übrigen Ansprüche nach Hilfsantrag 2a.
4. Der Nichtigkeitsgrund der Erweiterung des Schutzbereichs nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG, Art. 138 Buchst. d) EPÜ liegt bei der Fassung nach Hilfsantrag 2a nicht vor.
Die im Vergleich zur erteilten Fassung hinzugefügten Teilmerkmale „accumulated“, „physical“ und „on a recurring basis“ schränken den jeweiligen Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1, 12, 14 und 19 in zulässiger Weise ein. Die Klägerinnen haben auch nichts Gegenteiliges vorgetragen.
5. Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Buchst. a) EPÜ liegt bei der Fassung nach Hilfsantrag 2a nicht vor.
a) Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt gegenüber dem Stand der Technik nach der WO 00/57574 A1 (Druckschrift D1) als neu.
Die D1 beschreibt anhand ihrer Figuren 1 und 2 den Aufbau und die Funktion eines drahtlosen Spreizspektrum-TDD-Systems, wobei sie mit Hinblick auf die in Zeitschlitze (time slots) eingeteilten Rahmen (frames) ausführt, dass bei einem solchen CDMA-TDD-System ein Zeitschlitz mehrere unterschiedlich kodierte Signale umfassen kann und daher eine Kombination aus einem Kode und einem Zeitschlitz (und selbstverständlich einer Frequenz) als eine Ressourceneinheit (resource unit) bezeichnet wird (vgl. D1, S. 1, Z. 6 – S. 2, Z. 3).
Sodann führt die D1 aus, dass in CDMA-TDD-Systemen üblicherweise eine adaptive Leistungsregelung eingesetzt wird, um sowohl eine hinreichend gute Signalqualität als auch möglichst niedrige Störpegel zu erzielen (D1, S. 2, Z. 4 – 13). Wie das Streitpatent nennt die D1 die alternativen Lösungen nach dem open loop und dem closed loop Prinzip mit den jeweiligen Nachteilen (vgl. D1, S. 2, Z. 14 – S. 3, Z. 15). Zur Vermeidung dieser Nachteile habe die ARIB (Association of Radio Industries and Business) eine Kombination der beiden Regelungsarten vorgeschlagen (vgl. D1, S. 3, Z. 16 – S. 4, Z. 8). Nach dem ARIB-Vorschlag bestimme sich die Sendeleistung einer Mobilstation zu:
wobei TUE die zu regelnde Sendeleistung der Mobilstation, PBS die gewünschte Empfangsleistung an der Basisstation, L den Pfadverlust, bTPC den von der Basisstation an die Mobilstation gesendeten TPC-Befehl (+1 oder -1) und DTPC die inkrementelle Veränderung der Leistung (typisch 1 dB) angeben (vgl. D1, S. 3, Z. 16 – S. 4, Z. 8).
Bereits dieser in der Druckschrift D1 als Stand der Technik genannte ARIB-Vorschlag stimmt somit hinsichtlich der Leistungsregelung im Uplink mit der im Streitpatent genannten Berechnungsmethode (vgl. Streitpatentschrift Absatz 0060 i. V. m. den Absätzen 0056, 0059)
PTx(k) = (PTX-BS – RSCP(k) + C) + (step *
überein, denn es gilt PTX(k) = TUE, PTX-BS – RSCP(k) + C = L, step = DTPC, TPCi = bTPC und step * = PBS(i-1) + step*TPC_i = PBS(i) = PBS(n)
Die Druckschrift D1 nennt als Nachteil dieser kombinierten open loop / closed loop Regelung eine Verschlechterung der Genauigkeit der Pfadverlustschätzung bei hochdynamischen Umgebungsbedingungen, wie sie beispielsweise bei einer sich bewegenden Mobilstation aufträten. Die D1 bildet daher den ARIB-Vorschlag insofern weiter, als dass sie den Pfadverlust L mit einem Faktor gewichtet, der davon abhängt, wieviel Zeit zwischen der Bestimmung des Pfadverlusts im Downlink und der Aussendung des Uplink-Signals vergangen ist. Nach dieser modifizierten Berechnungsmethode gilt für die Sendeleistung der Mobilstation im Uplink (vgl. D1, S. 11 – 13, Gleichungen (4), (5), (6) und (7)):
PTS = P0 + G(n) + α*L
P0 = SIRTARGET + IRS
G(n) = G(n-1) + bTPC * DTPC
α = 1 - (D - 1)/Dmax
woraus durch Einsetzen folgt:
PTS = SIRTARGET + IRS + G(n-1) + bTPC * DTPC + α*L
PTS = (α + SIRTARGET + IRS) + G(n-1) + bTPC * DPC
wobei gilt:
P0 gewünschte Empfangsleistung an der Basisstation
SIRTARGET gewünschtes SIR an der Basisstation (Wert wird von der Basisstation an die Mobilstation übertragen)
IRS Interferenzlevel an der Basisstation (signalisiert oder rundgesendet von der Basisstation an die Mobilstation)
G(n) closed loop Leistungssteuerungsfaktor
G(n-1) vorheriger closed loop Leistungssteuerungsfaktor
bTPC +1 oder -1
DTPC Leistungssprung/-änderung, typisch 1 dB
α Gewichtungsfaktor, es gilt 0 ≤ α ≤ 1
D Anzahl der Zeitschlitze zwischen der Pfadverlustschätzung und dem ersten Zeitschlitz, in dem die Mobilstation an die Basisstation sendet
Dmax maximale Anzahl der Zeitschlitze zwischen der Pfadverlustschätzung und der ersten Zeitschlitz, in dem die Mobilstation an die Basisstation sendet (z. B. Dmax = 6 bei 15 Zeitschlitzen pro Rahmen)
Bis auf den Gewichtungsfaktor α für den Pfadverlust stimmt auch diese Formel mit der entsprechenden Berechnungsmethode
PTx(k) = (PTX-BS – RSCP(k) + C) + (step *
des Streitpatents (vgl. Streitpatentschrift Abs. 0060 i. V. m. den Absätzen 0056, 0059) überein, denn es gilt:
PTX-BS – RSCP(k) = L
C = SIRTARGET + IRS
(step * = G(n-1) + bTPC * DTPC
Unstreitig sind aus der Druckschrift D1 die Merkmale 14HA2a, 14.3, 14.3.1 und 14.3.2HA1 bekannt (vgl. die vorstehenden Ausführungen, sowie D1, Fig. 3, 4, Ansprüche 1, 4, 6, 8 und 10).
Die Druckschrift D1 verhält sich nicht zu der Frage, auf welchem Downlink-Kanal die Mobilstation von der Basisstation Informationen über die zu verwendenden Uplink-Ressourcen erhält. Lediglich auf Seite 13, Zeilen 10 bis 14 der D1 sind die Uplink-Übertragung und die hierzu notwendigen Ressourcen-Informationen angesprochen (Unterstreichung vom Senat hinzugefügt):
“Data to be transmitted in a communication from the transmitting station 52 is produced by a data generator 106. The communication data is spread and time-multiplexed with a training sequence by the spreading and training sequence insertion device 104 in the appropriate time slots and codes of the assigned resource units producing a communication burst. The spread signal is amplified by the amplifier 74 and modulated by the modulator 70 to radio frequency.”
Der Fachmann kann dem nur entnehmen, dass der Mobilstation Uplink-Ressourcen zugewiesen wurden (assigned resource units), welche, wie bei TDD-Systemen üblich, Zeitschlitze und Kodes umfassen. Auf welche Art und Weise, insbesondere auf welchem Kanal diese Ressourcenzuweisungen die Mobilstation erreichen, ist aus der Druckschrift D1 nicht zu entnehmen.
Der Fachmann liest hier noch mit, dass diese Information bei einem Mobilfunksystem, wie es die Druckschrift D1 zeigt, fachnotorisch von der Basisstation an die Mobilstation übertragen wird und dass dafür zwingend (irgend-)ein physikalischer Downlink-Kanal verwendet werden muss.
Insofern entnimmt der Fachmann auch das Merkmal 14.1HA2 aus der Druckschrift D1.
Zu der Frage, wie die TPC-Befehle von der Basisstation an die Mobilstation übertragen werden (Merkmal 14.2HA2), äußert sich die D1 auf Seite 8, Zeilen 6 bis 8:
“The closed loop power control command, b TPC , is typically sent in a dedicated channel , dedicated to the communication between the receiving station 50 and transmitting station 52.”,
und auf Seite 11, Zeilen 11 bis 13;
“If the power command, b TPC , was sent in the communication's data , …”.
Der Fachmann versteht – wie zur Auslegung erläutert – unter einem „dedicated channel“ einen Kanal, der ausschließlich der Kommunikation zwischen der Basisstation und genau einer Mobilstation dient. Daneben gibt es in Mobilfunksystemen Kanäle, die der Kommunikation mit einer Gruppe von Mobilstationen („shared channels“) oder allen Mobilstationen („common channels“, „broadcast channels“) in einer Funkzelle dienen.
Weiter ist dem Fachmann bekannt, dass es – wie ebenfalls zur Auslegung dargelegt – in Mobilfunksystemen entsprechend dem OSI-Schichtenmodell drei verschiedene Kanaltypen, nämlich logische Kanäle, Transportkanäle und physikalische Kanäle gibt. Dabei kann jeder dieser Kanaltypen als dedizierter Kanal ausgebildet sein (z. B. in UMTS: vgl. D5e, S. 18, Kap. 4.3.1, 4.3.2: dedizierte logische Kanäle sind der DCCH (Dedicated Control Channel) und der DTCH (Dedicated Traffic Channel); dedizierter Transportkanal ist der DCH (Dedicated Channel); vgl. D5c, S. 37, Kap. 5A.2: dedizierter physikalischer Kanal ist der DPCH (Dedicated physical channel)).
Das Merkmal 14.2HA2 ist damit nur insoweit aus der Druckschrift D1 bekannt, als dass TPC-Befehle auf (irgend-)einem physikalischen Downlink-Kanal von der Basisstation an die Mobilstation gesendet werden.
Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt damit als neu gegenüber dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren.
b) Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt gegenüber der Zusammenschau der Druckschrift D1 und dem UMTS-Standard (Druckschriften D5 – D5i) auch als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents gab es bereits einige in der Definitionsphase oder im Betrieb befindliche CDMA-Mobilfunksysteme, wie IS-95, cdma2000 und UMTS. Die Druckschrift D1 beschäftigt sich – wie ausgeführt – mit einer vorteilhaften Weiterentwicklung der aus dem ARIB-Standard (vgl. D1, S. 3, Z. 17; S. 5, Z. 16; S. 14, Z. 12; S. 15, Z. 16, 18; Fig. 5 – 10) bekannten kombinierten open loop / closed loop Leistungsregelung. Der Fachmann wird somit zur Umsetzung der Lehre der Druckschrift D1 auf dem bestehenden ARIB-Standard aufbauen.
Es erscheint daher bereits zweifelhaft, ob der Fachmann die aus der Druckschrift D1 bekannte, kombinierte und fortlaufende open loop / closed loop Leistungsregelung für eine Weiterentwicklung des UMTS-Standards in Betracht zieht, denn jener liefert eine in sich geschlossene Lösung (open loop zu Beginn, danach Wechsel zu closed loop) der Leistungsregelung, bei der der Fachmann keine offensichtlichen Nachteile erkennt.
aa) Selbst wenn man den Klägerinnen darin folgen wollte, dass der Fachmann versuchen würde, die in der Druckschrift D1 bestehenden Lücken bezüglich der Art und Weise der Downlink-Übertragung von Allokationsinformationen und TPC-Befehlen durch Rückgriff auf den UMTS-Standard zu schließen, wäre der Patentgegenstand mit den Merkmalen nach Hilfsantrag 2a für ihn nicht nahegelegt. Denn dann ergäbe sich hinsichtlich der TPC-Befehle folgendes Bild:
Würde der Fachmann den in der Druckschrift D1 hierzu verwendeten dedizierten Kanal als physikalischen Downlink-Kanal verstehen, gäbe es im UMTS-Standard als dedizierten physikalischen Kanal den DPCH (vgl. D5c, S. 37, Kap. 5A.2). Bei einer Interpretation als Transportkanal gäbe es den dedizierten Transportkanal DCH, der wiederum auf den dedizierten physikalischen Kanal DPCH abgebildet wird (vgl. D5c, S. 60, Fig. 22). Bei einem Verständnis als logischer Kanal gäbe es die beiden dedizierten logischen Kanäle DCCH und DTCH, die jeweils auf die Transportkanäle FACH, DSCH, HS-DSCH und DCH und diese wiederum auf die physikalischen Kanäle S-CCPCH, PICH, PDSCH, DwPCH, FPACH, HS-PDSCH, HS-SCCH, HS-SICH und DPCH abgebildet werden (vgl. D5b, S. 15, Fig. 3; S. 16, Kap. 5.3.1.1.2.2; D5c, S. 60, Fig. 22).
Der UMTS-Standard verhält sich auch selber zur Übertragung von TPC-Befehlen, die in der 1.28 Mcps TDD-Variante zur closed loop Leistungsregelung verwendet werden. Danach werden die TPC-Befehle entweder auf dem dedizierten physikalischen Kanal DPCH (Dedicated Physical Channel, vgl. D5c, S. 37, Kap. 5A.2; S. 38, 39, Kap. 5A.2.2.2, insbesondere S. 39, Fig. 18G) oder dem geteilten physikalischen Kanal PDSCH (Physical Downlink Shared Channel, vgl. D5c, S. 52, Kap. 5A.3.7) übertragen.
Es ist aber nicht ersichtlich, warum der Fachmann den in der D1 genannten dedizierten Kanal bevorzugt als dedizierten Transportkanal oder dedizierten physikalischen Kanal auffassen sollte. Hierzu haben auch die Klägerinnen nichts vorgetragen. Somit verbleiben für die Übertragung der TPC-Befehle ausgehend von der D1 unter der Berücksichtigung des UMTS-Standards nur die beiden physikalischen Downlink-Kanäle DPCH (Dedicated Physical Channel) und PDSCH (Physical Downlink Shared Channel).
bb) Bezüglich der Art und Weise der Downlink-Übertragung von Ressourceninformationen gemäß dem UMTS-Standard ergibt sich für den Fachmann folgendes Bild:
Informationen über die von der Mobilstation zukünftig zu verwendenden Uplink-Ressourcen werden im UMTS-Standard von der Basisstation entweder auf dem logischen Kanal SHCCH (Shared Control Channel) oder dem logischen Kanal DCCH (Dedicated Control Channel) übertragen (vgl. D5, S. 137, Kap. 8.2.7.2). Der logische Kanal SHCCH wird auf einen der beiden Transportkanäle FACH oder DSCH, der logische Kanal DCCH auf einen der Transportkanäle FACH, DSCH, HS-DSCH oder DCH abgebildet (vgl. D5b, S. 16, Kap. 5.3.1.1.2.2). Die vier möglichen Transportkanäle werden auf die physikalischen Kanäle S-CCPCH, PICH, PDSCH, DwPCH, FPACH, HS-PDSCH, HS-SCCH, HS-SICH und DPCH abgebildet (vgl. D5c, S. 60, Fig. 22).
Danach ergeben sich für den Fachmann, der ausgehend von der Druckschrift D1 unter Berücksichtigung des UMTS-Standards ermitteln möchte, auf welchem Downlink-Kanal die Uplink-Ressourcen-Informationen übertragen werden können, neun verschiedene mögliche physikalische Downlink-Kanäle.
cc) Nach alledem ist nicht ersichtlich, warum es sich für den Fachmann in naheliegender Weise ausgehend von der Druckschrift D1 unter Berücksichtigung des UMTS-Standards – sofern er diesen in Betracht zieht – ergeben sollte, den DPCH oder den PDSCH als physikalischen Downlink-Kanal für die gemeinsame Übertragung von TPC-Befehlen und Allokationsinformationen auszuwählen.
Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 unter Berücksichtigung des UMTS-Standards (Konglomerat D5).
c) Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt gegenüber der Zusammenschau der WO 00/57574 A1 (Druckschrift D1) und der EP 1 315 309 A2 (Druckschrift D8) als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Die Druckschrift D8 beschäftigt sich mit einer adaptiven Leistungsregelung der Uplink-Signale, insbesondere für eine Paketdatenübertragung, in einem CDMA-System (Absätze 0002, 0003), um Änderungen des Pfadverlusts, wie sie durch Fading und Bewegung der mobilen Empfänger entstehen, ausgleichen zu können (Absatz 0014). Die Figur 2 der D8 zeigt schematisch den Verbindungsaufbau zwischen einer Mobilstation und einer Basisstation, beginnend mit den unsynchronisierten Zugriffsversuchen der Mobilstation auf den Uplink-Kanal RACH 22 (random access channel). Über den „downlink shared control channel“ 21 sendet die Basisstation nach Registrierung des Zugriffswunsches der Mobilstation in einem Zeitschlitz ein „allocation signal 26“ mit Informationen über die Zuweisung einer geplanten Uplink-Ressource („dedicated control channel allocation (transmission timing)“) und anschließend in einem anderen Zeitschlitz einen TPC-Befehl („TPC command“) zur Einstellung der Leistung, mit der die Mobilstation im nächsten Uplink-Rahmen senden soll. Hier werden somit die Allokationsinformationen und die TPC-Bits nicht auf dem gleichen physikalischen Kanal übertragen. Hingegen werden bei bereits bestehender Verbindung beide Informationen innerhalb eines Zeitschlitzes und somit auf einem physikalischen Downlink-Kanal übertragen (Figur 3 der D8).
Ausgehend von der Druckschrift D1, die ein CDMA-System mit TDD (time division duplex) und einer kombinierten open loop / closed loop Leistungsregelung zeigt, ist es bereits fraglich, ob ein Fachmann die Druckschrift D8, die sich zu der Duplex-Frage (TDD/FDD) nicht verhält und keine open loop Leistungsregelung lehrt, speziell für die Beantwortung der Frage nach der Übertragung der Allokationsinformationen und der TPC-Befehle heranziehen würde.
Zudem lehrt sie – wie dargelegt – zumindest in der Verbindungsaufbauphase die Verbindung von zwei unterschiedlichen physikalischen Downlink-Kanälen für die Übertragung der beiden in Rede stehenden Informationen von der Basis- an die Mobilstation.
Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 in Kombination mit der Druckschrift D8.
d) Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt gegenüber der Zusammenschau der WO 00/57574 A1 (Druckschrift D1) und der WO 03/055254 A2 (Druckschrift D11) als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Die Druckschrift D11 beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit einem CDMA nutzenden sogenannten WLL-System (wireless local loop), bei dem mehrere Teilnehmerstationen mit einer Basisstation kommunizieren (D11, Fig. 1; S. 8, Z. 3 – 18; S. 9, Z. 13, 14). Über einen geteilten Downlink-Kanal (“downlink control channel shared by at least two of said plurality of subscriber stations and said base station“, D11, S. 4 Z. 4 – 6) überträgt die Basisstation neben Informationen für alle Mobilstationen auch solche, die an einzelne gerichtet sind und festlegen, welche Mobilstation als nächstes auf einen geteilten Uplink-Kanal zugreifen darf (D11, S. 17, Z. 10 – 14). Dabei ist eine explizite Adressierung der Mobilstationen vorgesehen (vgl. D11, Fig. 2; S. 10, Z. 21 – 30: „… active subscriber station field 64 comprises six bits, which can indicate any one of up to sixty-three different active subscriber stations 44”; S. 11, Z. 7 – 19; S. 19, Z. 7 – 10). Zudem werden auf dem geteilten Downlink-Kanal differentielle TPC-Befehle übertragen (vgl. D11, S. 11, Z. 20 – 24; S. 14, Z. 1 – 9).
Die D11 definiert Downlink-Kanäle als geteilte Kanäle (vgl. D11, S. 8, Z. 20 – 23) und erwähnt dedizierte Kanäle nur im Zusammenhang mit leitungsvermittelten Verbindungen (vgl. D11, S. 9, Z. 28 – S. 10, Z. 1).
Insbesondere verwendet die D11 keinen dedizierten Downlink-Kanal zur Übertragung von TPC-Befehlen, so dass der Fachmann bereits aus diesem Grund keine Veranlassung hat, die D11 in Betracht zu ziehen, um die in der D1 nicht näher erläuterte Übertragung der TPC-Befehle über einen dedizierten Downlink-Kanal auszugestalten. Zudem beschreibt die Druckschrift D11 – im Gegensatz zur D1, die eine kombinierte open loop / closed loop Leistungsregelung innerhalb eines Mobilfunksystems zeigt – ein WLL-System mit einer reinen closed loop Leistungsregelung, so dass auch aus diesem Grund für den Fachmann keine Veranlassung besteht, ausgehend von der D1 die D11 für die Beantwortung der Frage nach der Übertragung von Allokationsinformationen und TPC-Befehlen heranzuziehen.
Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 in Kombination mit der Druckschrift D11.
e) Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt gegenüber der Zusammenschau der WO 00/57574 A1 (Druckschrift D1) und der US 2002/0183064 A1 (Druckschrift D12) als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Die Druckschrift D12 beschäftigt sich mit der Kontrolle des Zugriffs der Mobilstationen auf einen geteilten Uplink-Kanal in einem CDMA-System (vgl. D12, Abs. 0005, 0006, 0008, 0010, 0011). Die Basisstation sendet über einen als „forward schedule grant channel“ bezeichneten Downlink-Kanal eine Allokations-Information für eine eingeplante Uplink-Ressource sowie über den gleichen oder einen anderen Downlink-Kanal auch Leistungssteuerungsbefehle (vgl. D12, Abs. 0017, 0030). Zwar kann dieser Downlink-Kanal sowohl als geteilter Kanal als auch als dedizierter Kanal ausgebildet sein (vgl. D12, Abs. 0030), jedoch wird der Fachmann die D12 nicht heranziehen, um ausgehend von der D1 das Senden der Allokationsinformationen und der TPC-Befehle auszugestalten, denn die D12 enthält keinen Hinweis auf ein TDD-System und zeigt insbesondere nicht die Ausgestaltung der Leistungsteuerungsbefehle als differentiell wirkende TPC-Befehle. Darüber hinaus äußert sich die D12 nicht zu der Art der Kanäle, so dass sie keinen gemeinsamen physikalischen Downlink-Kanal zur Übertragung von Allokationsinformationen und TPC-Befehlen zeigt.
Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 in Kombination mit der Druckschrift D12.
f) Auch der übrige von den Klägerinnen genannte Stand der Technik vermag dem Fachmann keine Anregung geben, ausgehend von der Druckschrift D1 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a zu gelangen. Gegenteiliges haben auch die Klägerinnen nicht im Einzelnen vorgetragen.
g) Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt gegenüber dem zum Prioritätstag geltenden UMTS-Standard (Konglomerat D5) und dem WiMax-Standard (D16) als neu und als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Die beiden Standards stehen zwar – wie dargelegt – dem Hauptantrag sowie den Hilfsanträgen 1, 1a und 2 neuheitsschädlich entgegen, lehren jedoch in Bezug auf die kombinierte open loop / closed loop Leistungsregelung lediglich eine anfängliche Berücksichtigung des Pfadverlustes (open loop Anteil) und eine sich daran anschließende alleinige Auswertung der von der Mobilstation empfangenen TPC-Befehle (closed loop Anteil). Eine Veranlassung für den Fachmann, diese zeitlich zweigeteilte Regelung abzuändern und eine fortlaufende Kombination von open loop und closed loop vorzusehen, fehlt.
h) Der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a gilt gegenüber dem zum Prioritätstag geltenden GSM/EDGE-Standard (Konglomerat D4) als neu und als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Zum Prioritätszeitpunkt im Jahre 2004 gab es im GSM/EDGE-Standard für leitungsvermittelte Sprach- oder Datenverbindungen auf dem logischen Verkehrskanal E-TCH (vgl. D4c, S. 8, Kap. 3.2.1, Abs. 1: „Traffic channels (TCH's) are intended to carry either encoded speech or user data in circuit switched mode. […] iii) Enhanced circuit switched full rate traffic channel (E-TCH/F).“; Abs. 2: „Packet data traffic channels (PDTCH's) are intended to carry user data in packet switched mode.“) einen sogenannten „fast power control (FPC)“-Modus zur schnellen closed-loop Regelung der Sendeleistung einer Mobilstation mittels differentieller Befehle. Dabei wird die Sendeleistung der Mobilstation durch Addition des von der Basisstation übertragenen positiven oder negativen Offsets zu dem zuvor eingestellten Sendeleistungwert bestimmt (vgl. D4b, S. 12, Kap. 4.2, Abs. 6: „When on an E-TCH, the MS shall […] use FPC (fast power control)“; S. 13, Kap. 4.3, Abs. 3: „the fast power control scheme for E-TCH [is] based on differential control to adjust the employed RF power level“; S. 13, Kap. 4.3, Tabelle; S. 14, Kap. 4.7.2, Abs. 1: „The initial power control level to be used by the MS immediately after switching shall […] be the level last commanded by the normal power control mechanism.“).
Das Dokument D4f, eine Studie der Firma Siemens aus dem Jahr 2000, zeigt die entsprechenden Vorüberlegungen für die Implementierung einer schnellen closed-loop-Regelung bei leitungsvermittelten Verbindungen, insbesondere bei Sprechverbindungen (vgl. D4f, S. 1, Kap. 1: „requirement for use of fast power control for provision of voice on EGPRS“; D4f, S. 1, Kap. 3: „Fast power control (FPC)“).
Im Gegensatz dazu wurde bei paketorientierten Verbindungen nach dem GSM/EDGE-Standard die Sendeleistung der Mobilstation zwar – wie beim Streitpatent – durch eine fortlaufende Kombination von open-loop und closed-loop-Anteilen bestimmt, jedoch für den closed-loop-Anteil nur solche Leistungswerte übertragen, die die Sendeleistung für jeden Durchlauf ohne Berücksichtigung des vorherigen Wertes neu festlegen und somit keine differentiell wirkenden TPC-Befehle darstellen (vgl. D4b, S. 96, Annex B, Abs. 2: „P= G 0 - G CH – α*(C + 48) […] constants G 0 and 48 are included only for optimising the coding of G CH “; S. 66, Gl. (2)“; S. 63, Kap. 10.2.1; S. 98, Kap. B.5, Abs. 2, 3; D4a, S. 308, Tab. 12.13.2; S. 302, Tab. 12.9.2). Der von der Basisstation an die Mobilstation übertragene Leistungssteuerparameter GCH legt die Sendeleistung zusammen mit den Konstanten „G 0 “ und „48“ und dem Wert „C“, der ein Maß für den Pfadverlust ist, bei jedem Durchlauf neu fest.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass nach dem GSM/EDGE-Standard die Basisstation ein „Logbuch“ über den Leistungssteuerparameter G CH führt, so dass sein Verlauf in die Berechnung des nächsten zu sendenden Parameters eingeht. Für den Fachmann bestehe kein Hinderungsgrund, alternativ hierzu das „Logbuch“ in der Mobilstation vorzusehen und von der Basisstation differentielle TPC-Befehle im Sinne des Streitpatents an die Mobilstation zu übertragen. Hierdurch ergäbe sich eine Reduzierung der Rechenleistung in der Basisstation und eine Entlastung der Funkstrecke.
Diese Argumentation geht fehl, denn auch bei der Lösung nach dem Streitpatent muss die Basisstation nach jedem empfangenen Uplink-Signal neu berechnen, ob die Leistung der Mobilstation erhöht oder reduziert werden soll. Zudem ergibt sich durch die differentiell wirkenden Befehle mit geringer Schrittweite eine langsamere Regelung als bei der Übertragung des die Sendeleistung absolut festlegenden GCH-Parameters nach dem GSM/EDGE-Standard. Weder die frühe Studie nach der D4f aus dem Jahr 2000, deren Vorveröffentlichung von der Beklagten bestritten wird, noch der GSM-Standard nach D4a bis D4c aus dem Jahr 2004 zeigen nach alledem einen Modus, oder legen einen solchem dem Fachmann nahe, bei dem sowohl eine fortlaufende Messung des Pfadverlusts (open-loop-Anteil) als auch eine wiederkehrende Übertragung von differentiell wirkenden TPC-Befehlen stattfindet.
Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 14 nach Hilfsantrag 2a für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem zu Prioritätszeitpunkt bekannten GSM/EDGE-Standard (D4a, D4b, D4c), auch nicht unter Berücksichtigung der Studie nach D4f.
i) Die übrigen Druckschriften liegen vom Gegenstand des Streitpatents in der Fassung nach Hilfsantrag 2a weiter ab. Auch die Klägerinnen haben keine nähere Ausführungen dazu gemacht, aus welchen Gründen sie in naheliegender Weise zum Erfindungsgegenstand führen könnten.
VI. Ergebnis
Da sich das Streitpatent somit in der beschränkten Fassung der angegriffenen Ansprüche nach Hilfsantrag 2a als schutzfähig erweist, war es unter Abweisung der Klagen im Übrigen nur insoweit für nichtig zu erklären, als die erteilte Fassung über diese beschränkte Fassung hinausgeht. Ob es darüber hinaus auch in einer der Fassungen nach den übrigen Hilfsanträgen beschränkt verteidigt werden kann, bedarf bei dieser Sachlage keiner Entscheidung mehr.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO und § 100 ZPO.
Dabei hat der Senat zum einen berücksichtigt, in welchem Umfang sich der wirtschaftliche Wert des Streitpatent infolge der teilweisen Nichtigerklärung reduziert hat. Insofern geht der Senat davon aus, dass die Einschränkungen nach Hilfsantrag 2a den Wert des Streitpatents um ein Viertel vermindern. Und zum anderen ist bei der Kostenverteilung berücksichtigt, in welchem wirtschaftlichen Verhältnis der Wert der Klagen der Klägerinnen zu 3 bis 5, welcher, da das Streitpatent mit ihnen in einem weitergehenden Umfang als mit den Klagen der übrigen Klägerinnen angegriffen ist, der Festsetzung des (Gesamt-) Streitwerts zugrunde liegt, zu dem gemeinsamen Angriff aller Klägerinnen steht; hier nimmt der Senat an, dass der gemeinsame Angriff aller Klägerinnen 2/3 des Streitwerts ausmacht, so dass die darüber hinaus durch die Klagen der Klägerinnen zu 3 bis 5 angefallenen Kosten nur zwischen diesen und der Beklagten entsprechend dem oben genannten Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen aufzuteilen sind. Aufgrund dieser Überlegungen waren die Kosten daher insgesamt wie tenoriert zwischen den Parteien aufzuteilen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.