Entscheidungsdatum: 25.07.2017
Phosphatidylcholin
1. Eine Patentanmeldung ist zurückzuweisen, wenn der Gegenstand des Anspruchs, den der Anmelder zur Prüfung stellt, über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht und dieser Mangel nach Aufforderung durch die Prüfungsstelle vom Anmelder nicht behoben wird (Fortführung von BGH, Beschluss vom 17. September 1974, X ZB 17/73, GRUR 1975, 310 - Regelventil).
2. Die Aufnahme eines Merkmals, wonach die beanspruchte Zubereitung eine bestimmte Substanz nicht enthalten darf, stellt nicht ohne weiteres eine unzulässige Erweiterung dar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 12. Juli 2011, X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 - Reifenabdichtmittel).
Auf die Rechtsbeschwerde wird der am 11. September 2015 verkündete Beschluss des 14. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückverwiesen.
A. Die Rechtsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung einer Patentanmeldung.
Die am 16. Mai 2001 eingereichte und als DE 101 23 771 A1 veröffentlichte Anmeldung trägt die Bezeichnung "Verwendung von Elektrolyten zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut". Der unabhängige Anspruch 1 hat in der zuletzt beanspruchten Fassung folgenden Wortlaut:
Kosmetische, nicht therapeutische Verwendung von
a) 5 - 30 Gew.-% NaCl
b) 5 - 30 Gew.-% Glycerin
jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung,
c) wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin1
d) in Handschutzcrèmes, Reinigungsmilchen, Sonnenschutzlotionen, Nährcrèmes, Tages- oder Nachtcrèmes
zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut.
1Merkmal "wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin" nicht ursprünglich offenbart.
Das Patentamt hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, der Disclaimer nach Buchstabe c des Anspruchs sei nicht ursprünglich offenbart. Die Grundsätze der Entscheidung "Winkelmesseinrichtung" des Bundesgerichtshofs ließen sich auf das Prüfungsverfahren nicht anwenden. Habe der Disclaimer danach außer Betracht zu bleiben, erweise sich der Gegenstand nach Anspruch 1 zumindest nicht als neu gegenüber der Lehre der deutschen Patentanmeldungen 198 57 491, 198 57 490 und 198 57 489.
Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Patentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Begehren aus der Beschwerdeinstanz weiter.
B. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht.
I. Die Anmeldung ist in der im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren zu beurteilenden Fassung auf die kosmetische Verwendung von Natriumchlorid und Glycerin in Hautpflegeprodukten gerichtet.
1. In der Beschreibung der Anmeldung wird eingangs die Bedeutung der Zusammensetzung der Epidermis für die Barrierefunktion der Haut erläutert. Produkte zur Hautpflege seien an sich bekannt. Deren Wirkung beruhe bei Salben und Cremes im Wesentlichen auf einer Abdeckung der behandelten Hautbezirke und bei pflegenden Reinigungsprodukten auf einer effizienten Rückfettung mit Sebumlipid-ähnlichen Substanzen. Der Beitrag dieser Produkte zur Regeneration einer physiologisch intakten Hornschicht sei allerdings begrenzt. Soweit zur Unterstützung der natürlichen Hautregeneration den topischen Präparaten zunehmend Interzellular-Lipidmischungen, wie Ceramide oder Ceramidanaloga, zugesetzt würden, handele es sich zumeist um sehr teure Rohstoffe, deren Wirkung zudem meist geringer sei als erhofft.
Die Anmeldung betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, hautpflegende Zubereitungen zur Verfügung zu stellen, welche die Barriereeigenschaften der Haut wirksamer erhalten oder wiederherstellen.
2. Zur Lösung dieses Problems wird in der von der Anmelderin zuletzt vorgelegten Fassung von Anspruch 1 die Verwendung einer Zubereitung mit Natriumchlorid und Glycerin vorgeschlagen, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
1. Kosmetische, nicht therapeutische Verwendung von
a) 5 - 30 Gew.-% NaCl
b) 5 - 30 Gew.-% Glycerin
in Handschutzcrèmes, Reinigungsmilchen, Sonnenschutzlotionen, Nährcrèmes, Tages- oder Nachtcrèmes zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut,
2. wobei sich die Gewichtsangaben auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen beziehen,
3. wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin.
3. Dem Schutzbegehren dieses Anspruchs ist folgende technische Lehre zu entnehmen:
a) Zur Stärkung der epidermalen Barriere wird der Fachmann angewiesen, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitung je 5 - 30 Gewichtsprozent Natriumchlorid und Glycerin beizumischen. Nach den Angaben der Offenlegungsschrift (Abs. 23-26) stimuliert dieses Wirksystem überraschenderweise den hauteigenen Stoffwechsel von Lipiden und Proteinen, die zur Aufrechterhaltung der epidermalen Barriere ständig neu gebildet werden müssen.
b) Als hautpflegende Zubereitungen nimmt die Anmeldung allein Handschutz-, Nähr-, Tages- und Nachtcremes sowie Reinigungsmilchen und Sonnenschutzlotionen in den Blick. Hinsichtlich der Formen der Zubereitungen legt sich der Anspruch zwar auf Lotion oder Milch einerseits und Creme andererseits fest und gibt damit Emulsionen bzw. Emulsion-Gel-Strukturen vor. Jedoch wird die Zusammensetzung dieser kosmetischen Zubereitungen im Einzelnen - mit Ausnahme der Vorgaben aus Merkmalen 1 und 3 - ins fachmännische Können und Belieben gestellt. Der Anspruch umfasst im Übrigen jede Zubereitung, die die angegebenen Anteile an Kochsalz und Glycerin enthält und für die kosmetische Verwendung geeignet ist. In der Beschreibung heißt es dazu (Abs. 29 und 33), die erfindungsgemäße Zubereitung könne wie üblich zusammengesetzt sein und je nach konkreter Verwendung und struktureller Ausgestaltung kosmetische Hilfsstoffe enthalten, etwa Konservierungsmittel, Bakterizide, Parfüme, Substanzen zum Verhindern des Schäumens, Farbstoffe, Pigmente, Verdickungsmittel, oberflächenaktive Substanzen, Emulgatoren, weichmachende, anfeuchtende und/oder feuchthaltende Substanzen, Fette, Öle, Wachse oder andere übliche Bestandteile einer kosmetischen Formulierung, etwa Antioxidantien (Abs. 39 ff.), UVB- oder UVA-Filter (Abs. 31).
c) Eine Beschränkung erfährt der beanspruchte Gegenstand nach Merkmal 3 nur insoweit, als die Zubereitungen frei von Phosphatidylcholin sein müssen. Dabei handelt es sich um Phospholipide, die sich aus Fettsäuren, Glycerin, Phosphorsäure und Cholin zusammensetzen und klassisch als Lecithine bezeichnet werden. Sie sind Bestandteile der Zellmembran tierischer und pflanzlicher Lebewesen, werden industriell vorwiegend aus Soja(roh)öl gewonnen und finden u.a. als Emulgator Verwendung.
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung (BPatG, GRUR 2016, 583) im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die geänderte Fassung von Anspruch 1, wonach die Zubereitungen frei von Phosphatidylcholin sind, weise ein nicht ursprungsoffenbartes Merkmal auf, das den Gegenstand der Anmeldung unzulässig erweitere. Die Anmelderin habe schon im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt eingeräumt, dass der Anspruch durch die Aufnahme dieses Merkmals über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehe, und die entsprechende Feststellung der Prüfungsstelle im Beschwerdeverfahren nicht in Abrede gestellt. Da sie den Mangel der unzulässigen Erweiterung im Erteilungsverfahren nicht beseitigt habe, sei die Anmeldung zurückzuweisen gewesen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein nicht ursprünglich offenbartes, aber den beanspruchten Patentgegenstand lediglich beschränkendes Merkmal grundsätzlich im Anspruch verbleiben könne, indes zur Stützung der Patentfähigkeit des Erfindungsgegenstands nicht herangezogen werden dürfe (BGH, Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 161/12, BGHZ 204, 199 Rn. 42 mwN - Wundbehandlungsvorrichtung), könne nur für das Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren und das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren Geltung beanspruchen, sei jedoch nicht auf das Erteilungsverfahren übertragbar. In diesem stehe das Interesse der Allgemeinheit daran im Vordergrund, dass nur bestandskräftige Patente erteilt werden. Dem berechtigten Interesse des Anmelders an der Gewährung eines angemessenen Schutzes seiner Erfindung werde bereits dadurch Rechnung getragen, dass er von der Prüfungsstelle zunächst auf den Mangel hingewiesen und zu seiner Beseitigung aufgefordert werde und eine Zurückweisung durch Beschluss erst erfolge, wenn der Anmelder dem nicht nachkomme. Die Anmelderin habe konkret keinen rechtlich relevanten Nutzen aufzeigen können, den die Aufnahme eines nicht ursprungsoffenbarten Merkmals haben könne. Die Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamts zur Zulässigkeit von Disclaimern rechtfertige keine andere Bewertung.
III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Patentgerichts, wonach eine Anmeldung zurückzuweisen ist, wenn der Gegenstand des Anspruchs, den der Anmelder zur Prüfung stellt, über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht und dieser Mangel nach Aufforderung durch die Prüfungsstelle vom Anmelder nicht behoben wird (Benkard/Schäfers, PatG, 11. Auflage § 38 Rn. 39 f.; Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Auflage § 38 Rn. 34, Schulte/Moufang, PatG, 10. Auflage § 38 Rn. 19 f.; Mes, PatG, 4. Auflage § 38 Rn. 21; Stortnik in BeckOK, PatR, 5. Edition § 38 Rn. 52a).
a) Änderungen der in der Anmeldung enthaltenen Angaben im Verlauf des Prüfungsverfahrens sind unzulässig, sofern sie den Gegenstand der Anmeldung erweitern (§ 38 Abs. 1 PatG). Der Anspruch auf Erteilung eines Patents mit dem durch die Anmeldung herbeigeführten Zeitrang besteht allein im Rahmen des Gegenstands der Anmeldung in ihrer ursprünglichen Fassung. Wird ein entsprechender Mangel nach Aufforderung der Prüfungsstelle vom Anmelder nicht beseitigt, führt dies zur Zurückweisung der Anmeldung (§ 48 Satz 1 i.V. mit § 45 Abs. 1 Satz 1 PatG). Das Gesetz will im Interesse der Rechtssicherheit ausschließen, dass das Patent mit einem unzulässig geänderten Inhalt erteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 1974 - X ZB 17/73, GRUR 1975, 310, 312 - Regelventil, zu § 26 Abs. 5 PatG a.F.) und fordert daher die Beseitigung einer unzulässigen Änderung in jedem Verfahrensstadium des Prüfungsverfahrens.
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es nicht geboten, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei einem erteilten deutschen oder europäischen Patent, dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, eine Nichtigerklärung oder Löschung nicht erforderlich ist, sofern die Änderung in der Einfügung eines nicht ursprungsoffenbarten Merkmals besteht, die zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führt (BGH, Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 161/12, BGHZ 204, 199 Rn. 48 mwN - Wundbehandlungsvorrichtung), auf das Prüfungsverfahren zu übertragen. Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Inhaber nach der Erteilung des Patents daran gehindert ist, das Merkmal zu streichen, das in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist, weil dies zu einer Erweiterung des Schutzbereichs führte und damit wiederum einen Widerrufs- oder Nichtigkeitsgrund ausfüllte (§ 22 Abs. 1 PatG, Art. 123 Abs. 3, Art. 138 Abs. 1 Buchst. d EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 5 IntPatÜG). Diese Schwierigkeit besteht im Prüfungsverfahren nicht. Denn vor der abschließenden Entscheidung der Behörde hat der Anmelder nicht nur die Möglichkeit, die Einfügung eines nicht ursprungsoffenbarten Merkmals rückgängig zu machen; vielmehr ist er gehalten so zu verfahren, weil anderenfalls die Anmeldung zurückzuweisen ist.
2. Unzutreffend ist jedoch die von der Rechtsbeschwerde geteilte Annahme des Patentgerichts, die Aufnahme von Merkmal 3 in Anspruch 1, wonach die Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin, habe den Gegenstand der Anmeldung unzulässig erweitert.
Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der zur Prüfung gestellte Anspruch mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Der Anspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet sein, den die Anmeldeunterlagen in der ursprünglich eingereichten Fassung aus Sicht des Fachmanns nicht als zur Erfindung gehörend erkennen lassen. Nach dieser Maßgabe hat die Einfügung von Merkmal 3 in Anspruch 1 nicht zu einer unzulässigen Änderung geführt.
a) In den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen ist die kosmetische Verwendung einer Zubereitung offenbart, die jeweils bis zu 30 Gewichtsprozent Kochsalz und Glycerin enthält. Weitere ausdrückliche Vorgaben hinsichtlich der Zusammensetzung der Zubereitung sind der Anmeldung nicht zu entnehmen, sie ergeben sich lediglich mittelbar aus der Angabe, dass die Zubereitung der kosmetischen Verwendung in Cremes, Milchen oder Lotionen dienen soll. Die Unterlagen nennen mehrere Gruppen von Substanzen, aus denen die Lipidphase der Emulsion gewählt werden kann. Sofern hierfür Öl Verwendung finden soll, ist wiederum eine Reihe von Stoffgruppen aufgeführt, aus denen dieses gewählt werden kann. Im Übrigen enthält die Beschreibung, wie bereits erwähnt, einen umfassenden Katalog weiterer Substanzen, die in der Zubereitung, je nach den gewünschten Verwendungsmöglichkeiten, enthalten sein können, aber nicht enthalten sein müssen.
b) Phosphatidylcholin wird, wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung, in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen nur an zwei Stellen erwähnt. Zum einen wird Sojaöl, eine Lecithinquelle, als eines von zahlreichen Fettsäureglyceriden genannt, welche wiederum als eine von mehreren Gruppen von Substanzen aufgeführt sind, die als Ölphase für die Emulsion gewählt werden können (Abs. 47). Zum anderen wird Lecithin als einer von mehreren Dutzend möglichen Emulgatoren aufgeführt (Abs. 55).
c) Aus den Anmeldeunterlagen ergibt sich danach kein Anhalt dafür, dass Phosphatidylcholin notwendiger Bestandteil der Zubereitung ist oder dass seine Zugabe auch nur als vorteilhaft angesehen wird. Dies wird dadurch bestätigt, dass die in der Beschreibung beispielhaft aufgeführten Zubereitungen 1 bis 3 jeweils fünf Gewichtsprozent Glycerin und sieben Prozent Kochsalz, jedoch kein Phosphatidylcholin enthalten (Abs. 101-103).
Die Aufnahme von Merkmal 3 in den Anspruch führt auch nicht dazu, dass dieser nunmehr, abweichend von den ursprünglichen Anmeldeunterlagen, auf eine Zusammensetzung gerichtet ist, die nur aus bestimmten Komponenten bestehen darf (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 Rn. 35 ff. - Reifenabdichtmittel). Das Merkmal bringt vielmehr nur zum Ausdruck, dass von der nach den ursprünglichen Anmeldeunterlagen möglichen Vielzahl möglicher Zusammensetzungen der Zubereitung solche ausgenommen sind, die Phosphatidylcholin enthalten. Es dient damit lediglich dazu, den Gegenstand der Anmeldung von dem Stand der Technik abzugrenzen, wie er in den deutschen Offenlegungsschriften DE 198 57 489 bis 492 offenbart wird, in denen jeweils Hautschutzpräparate beschrieben sind, die neben Salzen und Feuchthaltemitteln als notwendigen Bestandteil auch gesättigtes oder ungesättigtes Phosphatidylcholin enthalten.
Eine solche Beschränkung des Anspruchs steht im Einklang mit den Kriterien, die die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts zur Zulässigkeit eines Disclaimers zur Herstellung der Neuheit gegenüber dem Stand der Technik entwickelt hat (EPA, Große Beschwerdekammer, Entscheidungen vom 4. April 2004 - G 1/03 und 2/03, ABl. EPA 2004, 413 und 448 - Disclaimer/PPG und Disclaimer/GENETIC SYSTEMS; Entscheidung vom 30. August 2011 - G 2/10, ABl. EPA 2012, 367 - Disclaimer/SCRIPPS). Danach steht es der Zulässigkeit eines Disclaimers im Sinne eines negativ formulierten technischen Merkmals, durch das bestimmte Ausführungsformen oder Bereiche eines allgemein gefassten Merkmals ausgeschlossen werden sollen (EPA ABl. 2012, 376, 390, unter 2.2 der Entscheidungsgründe), entgegen, wenn sich die dadurch bewirkte Beschränkung als technisch relevant erweist (EPA ABl. 2004, 413, 441, unter 2.6.1 der Entscheidungsgründe; ABl. 2012, 376, 403, unter 4.4.2 der Entscheidungsgründe). Im Streitfall sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass mit der durch Merkmal 3 bewirkten Beschränkung des Gegenstands eine zusätzliche technische Wirkung einhergeht oder erzielt werden soll oder der Fachmann hierdurch neue technische Informationen erhält.
3. Danach kann die Entscheidung des Patentgerichts insoweit keinen Bestand haben, als es die Beschwerde gegen die Versagung der Patenterteilung damit begründet hat, der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei gegenüber den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen durch die Aufnahme von Merkmal 3 unzulässig erweitert. Die von der Anmelderin dem Anspruch beigefügte Fußnote ist damit entbehrlich.
Da dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt ist (§ 108 Abs. 1 PatG), ist die Sache an das Patentgericht zurückzuverweisen.
IV. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 Halbsatz 2 PatG).
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