Entscheidungsdatum: 16.03.2016
1. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verleiht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung des Bundesgesetzgebers, soweit auf sie die Landespressegesetze wegen einer entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht anwendbar sind.
2. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse darf materiell-rechtlich nicht hinter den im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelungen der landesrechtlichen, auf eine Abwägung zielenden Presseauskunftsansprüche zurückbleiben. Auf seiner Grundlage können Pressevertreter in geeigneter Form behördliche Auskünfte verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen privater oder öffentlicher Stellen nicht entgegenstehen.
3. Die durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit des Mandats umfasst den Schutz personenbezogener Daten der Abgeordneten, die im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallabwägung dem Auskunftsanspruch der Presse gegenüber der Verwaltung des Deutschen Bundestages entgegenstehen können.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Amtsausstattung nach § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AbgG für einen Betrag von bis zu 12 000 € jährlich Gegenstände für den Büro- und Geschäftsbedarf anzuschaffen. Zu diesem Zweck hat die Verwaltung des Deutschen Bundestages für alle Abgeordneten ein Sachleistungskonto eingerichtet. Die Versorgung mit Büromaterial erfolgt dabei auf Grundlage eines Rahmenvertrages der Beklagten mit dem beigeladenen Unternehmen, während Geräte des Informations- und Kommunikationsbedarfs bei einem Anbieter nach Wahl erworben werden können.
Der Kläger, ein Journalist, begehrte von der Beklagten mit E-Mail vom 6. Dezember 2009 unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz und das Pressegesetz die Herausgabe von Ablichtungen aller Unterlagen über den Sachleistungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages im Jahr 2009 bezüglich Montblanc-Schreibgeräten und Digitalkameras. Auslöser hierfür war ein Medienbericht über Anschaffungen von Montblanc-Schreibgeräten zahlreicher Abgeordneter. Den Antrag lehnte die Beklagte unter Hinweis auf einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand und auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen ab. Hiergegen legte der Kläger erfolglos Widerspruch ein.
Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Neubescheidung des Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen das Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens haben auf Anfrage der Beklagten lediglich drei Abgeordnete des 16. Deutschen Bundestages sich mit der Weitergabe der Informationen einverstanden erklärt, ohne dass sie einen der fraglichen Gegenstände über die Sachleistungspauschale abgerechnet hatten.
Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen sowie die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Ein Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz sei aufgrund des Schutzes personenbezogener Daten, die im Zusammenhang mit der Mandatsausübung i.S.v. § 5 Abs. 2 IFG stünden, ausgeschlossen. Bei den vom Kläger begehrten Informationen handele es sich um solche Daten. Ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG stehe dem Kläger nicht zu. Der Anspruch aus der grundgesetzlichen Pressefreiheit schaffe keine neuen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung. Auch das Recht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren, begründe keinen Anspruch auf Zugänglichmachung von Informationen, die noch nicht öffentlich zugänglich seien. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes selbst, da hierdurch zwar individuelle Ansprüche auf Informationszugang gegenüber dem Bund gewährt, die davon betroffenen Informationen aber nicht allgemein zugänglich würden.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Revision, die zunächst vor dem 7. Senat verhandelt worden ist. Der 7. Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2014 das Verfahren betreffend die Geltendmachung presserechtlicher Auskunftsansprüche abgetrennt und hinsichtlich der sonstigen Ansprüche auf Informationszugang mit Urteil vom gleichen Tag die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Zur Begründung der auf presserechtliche Ansprüche gestützten Revision trägt der Kläger vor: Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 4 des Berliner Pressegesetzes - PresseG BE -, dessen Anwendbarkeit nicht aus kompetenzrechtlichen Gründen ausgeschlossen sei. Die Auskunft könne nicht wegen eines überwiegenden Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 PresseG BE verweigert werden. Angesichts des hohen Offenbarungsinteresses, welche Abgeordneten Handel mit Montblanc-Schreibgeräten auf Kosten des Steuerzahlers betrieben, trete das Geheimhaltungsinteresse der Abgeordneten zurück. Die Informationen beträfen lediglich deren Sozialsphäre in einem Bereich, der der besonderen öffentlichen Beobachtung unterliege. Die begehrte Nennung der jeweiligen Abgeordneten im Zusammenhang mit der Verwendung der Sachleistungspauschale verstoße nicht gegen Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG. Einen Schutz des Abgeordneten vor einer etwaigen Rechtfertigung seiner Amtsausübung gegenüber der Öffentlichkeit sehe Art. 38 GG nicht vor. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, inwiefern ein etwaiger Rechtfertigungsdruck der Öffentlichkeit für die Amtsausübung des Abgeordneten das freie Mandat berühren solle. Der Abgeordnetenstatus schütze nicht vor einer Kontrolle seiner Tätigkeit. Zudem sei ein Abgeordneter, der die Pauschale zu privaten Zwecken missbrauche, nicht schützenswert.
Zumindest ergebe sich der Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieser sei nur dann ausgeschlossen, wenn Gründe vorlägen, die auch nach Maßgabe der Landespressegesetze aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen die Behörden zu einer Verweigerung der Auskunftserteilung berechtigten. Dies sei hier nicht der Fall. Es bestehe der Verdacht, dass die Pauschale von den Abgeordneten für den Kauf von Montblanc-Schreibgeräten verwendet worden sei, um durch ihren Weiterverkauf ein steuerfreies Nebeneinkommen zu erzielen. Die Rechtswidrigkeit der Mittelinanspruchnahme sei zudem offensichtlich, wenn der Abgeordnete eine unangemessene Sachleistung beziehe. Unangemessen seien Gegenstände, die der Abgeordnete nicht benötige oder deren Preis den Wert vergleichbarer Gebrauchsgegenstände um ein Vielfaches übersteige.
Schließlich folge ein Anspruch aus Art. 10 EMRK. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lasse sich aus dieser Norm ein presserechtlicher Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen herleiten.
Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Die Revision des Klägers gegen das angefochtene Urteil ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Zwar verletzt das berufungsgerichtliche Urteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch auf Informationen aus der grundrechtlichen Gewährleistung der Pressefreiheit generell verneint (1.). Es stellt sich jedoch im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil der Kläger weder auf der Grundlage des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs noch gemäß Art. 10 EMRK die begehrten Informationen verlangen kann (2.).
1. Das Grundrecht der Pressefreiheit verleiht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung des Bundesgesetzgebers, soweit auf sie die Landespressegesetze wegen einer entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht anwendbar sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 29 und vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:250315U6C12.14.0] - BVerwGE 151, 348 Rn. 24; Beschluss vom 20. Juli 2015 - 6 VR 1.15 [ECLI:DE:BVerwG:2015:200715B6VR1.15.0] - NVwZ 2015, 1383 Rn. 6). Diese Voraussetzungen treffen für Auskunftsansprüche gegenüber der Bundestagsverwaltung hinsichtlich der Rechtsstellung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu.
Der in § 4 Abs. 1 PresseG BE landesrechtlich normierte Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Behörden ist nicht anwendbar. Die Regelungskompetenz behördlicher Auskunftspflichten gegenüber der Presse lässt sich zwar wesensmäßig dem Presserecht zuordnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 18). Doch weist das Grundgesetz die Regelungskompetenz für Auskunftsansprüche betreffend die Rechtsstellung der Abgeordneten dem Bundesgesetzgeber zu. Nach Art. 38 Abs. 3 und Art. 48 Abs. 3 Satz 3 GG sind Einzelheiten der Rechtsstellung der Abgeordneten durch Bundesgesetz zu bestimmen. Hierzu gehört der Anspruch der Abgeordneten auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung (Art. 48 Abs. 3 Satz 1 GG), die als Aufwandsentschädigung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AbgG die Amtsausstattung umfasst. Zu der Amtsausstattung, welche die Wahrnehmung des Mandats ermöglicht, zählt die Bereitstellung eines eingerichteten Büros am Sitz des Bundestages (§ 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AbgG). Auskunftspflichten, die die Amtsausstattung betreffen, beziehen sich hiernach auf die Rechtsstellung der Abgeordneten. Über Gegenstand und Reichweite solcher Auskunftspflichten hat der Bundesgesetzgeber in Ausübung seiner Kompetenz nach Art. 38 Abs. 3 GG zu entscheiden und dabei die betroffenen Rechtsgüter einem angemessenen Ausgleich zuzuführen (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u.a. - BVerfGE 118, 277 <353>). Von dieser Kompetenz hat er bisher keinen Gebrauch gemacht, sodass sich der Kläger auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch berufen kann.
2. Das angefochtene Urteil stellt sich aber aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar, weil ein Auskunftsanspruch weder auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (a) noch auf Art. 10 EMRK gestützt werden kann (b).
a) Aufgrund des in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Pressevertreter in geeigneter Form behördliche Auskünfte verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen nicht entgegenstehen (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 29 und vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 24; Beschluss vom 20. Juli 2015 - 6 VR 1.15 - NVwZ 2015, 1383 Rn. 6). Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch fordert eine Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall (dazu unter aa). Im Rahmen der Abwägung kommt eine Bewertung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich nicht in Betracht (bb). Entscheidend ist vielmehr, ob dem Informationsinteresse der Presse schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen (cc).
aa) Der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs wird maßgeblich durch die Funktionen bestimmt, die die Presse in der freiheitlichen Demokratie erfüllt. Ihr kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. September 2015 - 1 BvR 857/15 - NJW 2015, 3708 Rn. 16). Die effektive funktionsgemäße Betätigung der Presse setzt voraus, dass ihre Vertreter in hinreichendem Maß von staatlichen Stellen Auskunft über Angelegenheiten erhalten, die nach ihrem Dafürhalten von öffentlichem Interesse sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 30). Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse hat diesen Funktionen Rechnung zu tragen. Dies ist gewährleistet, wenn er in seinem materiell-rechtlichen Gehalt nicht hinter dem Inhalt derjenigen presserechtlichen Auskunftsansprüche zurückbleibt, die die Landesgesetzgeber im Wesentlichen inhaltsgleich, auf eine Abwägung zielend und den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genügend in den Landespressegesetzen normiert haben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Juli 2015 - 1 BvR 1452/13 - NVwZ 2016, 50 Rn. 12). Der auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beruhende Auskunftsanspruch fordert dementsprechend hier eine Abwägung im Einzelfall.
bb) Dem presserechtlichen Auskunftsanspruch gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass ein vorrangiges Informationsinteresse der Presse nicht anzuerkennen sei, weil eine Kontrolle der Inanspruchnahme der Sachleistungspauschale durch die Verwaltung des Bundestages nur mit Einschränkungen verfassungsrechtlich zulässig sei und hieraus nicht die Notwendigkeit einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit folge. Denn im Rahmen der Abwägung im Einzelfall kommt eine Bewertung und Gewichtung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich nicht in Betracht. Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit gewährleistet nicht nur die Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen; sie schützt den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503 <504>; BVerwG, Urteil vom 28. März 2012 - 6 C 12.11 - BVerwGE 143, 74 Rn. 33).
Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse wäre es nicht vereinbar, wenn die Durchsetzung ihres Informationsinteresses von einer staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens abhinge. Die Presse muss nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361 <389>; Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503 <505>; BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014:011014U6C35.13.0] - Buchholz 11 Art. 5 Abs. 1 GG Nr. 3 Rn. 41). Diese Maßgaben, die sich als Gebot staatlicher Inhaltsneutralität verstehen lassen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503 <506>), sind nicht nur für das Stadium der Publikation, sondern auch für das vorgelagerte Stadium der Recherche von Belang. Es ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung im Recherchewege aufzubereiten. Staatlichen Stellen dürfen sich keine Möglichkeiten bieten, über den Informationswert bestimmter Gegebenheiten mit zu entscheiden und auf diese Weise mittelbar auf den Publikationsinhalt Einfluss zu nehmen (BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35.13 - Buchholz 11 Art. 5 Abs. 1 GG Nr. 3 Rn. 41). Eine solche Möglichkeit der unzulässigen Einflussnahme wäre gegeben, wenn dem Auskunftsanspruch der Presse mit dem Hinweis auf eine nur eingeschränkte Kontrollmöglichkeit der Bundestagsverwaltung bei der Inanspruchnahme der Sachleistungspauschale ein nur geringeres Gewicht in der gebotenen Einzelfallabwägung beigemessen werden könnte.
cc) Dem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch stehen die Interessen der Abgeordneten an dem Schutz ihrer personenbezogenen Daten, nicht aber schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen entgegen. Letztere sind im Rahmen der gebotenen Einzelfallabwägung aufgrund der bindenden Tatsachenfeststellungen im berufungsgerichtlichen Urteil, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen sind, nicht anzuerkennen.
In den Unterlagen, zu denen der Kläger Zugang begehrt, sind Informationen über die Anschaffungen der einzelnen Abgeordneten für ihre Amtsausstattung enthalten. Hierbei handelt es sich um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 BDSG (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 19.12 [ECLI:DE:BVerwG:2014:271114U7C19.12.0] - AfP 2015, 184 Rn. 20, 22). Diese Daten stehen im rechtlichen Zusammenhang mit der Mandatsausübung. Denn Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG liegt der Doppelstatus des Abgeordneten als Mandatsträger und Privatperson zugrunde. Beide Sphären lassen sich nicht strikt trennen; die parlamentarische Demokratie fordert den Abgeordneten als "ganzen Menschen". Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet auch die Berücksichtigung der Individualinteressen des Abgeordneten, sodass diesbezügliche verfassungsrechtliche Wertungen im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung berücksichtigt werden können (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u.a. - BVerfGE 118, 277 <354 f.>; BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 A 1.08 - BVerwGE 135, 77 Rn. 32).
Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG sind die Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Das hierdurch garantierte freie Mandat gewährleistet die freie Willensbildung des Abgeordneten, die gegenüber unzulässigen Einflussnahmen aus verschiedenen Richtungen - durch Interessengruppen, durch Parteien und Fraktionen und durch die Exekutive - geschützt werden soll (vgl. zu Letzterem BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 - 2 BvE 6/08, 2 BvR 2436/10 - BVerfGE 134, 141 Rn. 92 f.; s. auch BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 C 1.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:250615U7C1.14.0] - NJW 2015, 3258 Rn. 20). Die Inanspruchnahme der Sachleistungspauschale für die Amtsausstattung berührt zwar nicht die politische Willensbildung im parlamentarischen Raum, die den Kern der Mandatsausübung bildet; sie ermöglicht aber die Ausübung des Mandats. Die durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Freiheit des Mandats gewährleistet auch in diesem Bereich die Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten der Abgeordneten, welche dem Informationsanspruch der Presse grundsätzlich entgegen gehalten werden kann.
Der einzelne Abgeordnete ist aufgrund des Zusammenhangs zwischen der Amtsausstattung und der individuellen Aufgabenerledigung in seiner Entscheidung frei, wie er sein Büro am Sitz des Bundestages einrichtet, sofern er die rechtlichen Grenzen der Inanspruchnahme der Sachleistungspauschale beachtet. § 12 Abs. 1 Satz 1 AbgG erlaubt die Erstattung von durch das Mandat veranlassten Aufwendungen, fordert also einen Bezug der abgerechneten Gegenstände zur Mandatserledigung. Ist der Mandatsbezug gegeben, ermöglicht das System der Sachleistungspauschale die Anschaffung von repräsentativen ebenso wie von technischen Gegenständen, die für die mandatsbezogene Aufgabenerledigung genutzt werden. Allerdings ist die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel durch das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung geprägt, das in § 7 Abs. 1 BHO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 73). Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens muss der Abgeordnete sich nicht - wie der Kläger meint - darauf verweisen lassen, günstigere Gebrauchsgegenstände zu kaufen, zu leihen oder sich mit anderen Abgeordneten zusammenzuschließen und einen gemeinsamen Gegenstand anzuschaffen.
Ein vorrangiges Informationsinteresse der Presse gegenüber dem Interesse des Abgeordneten an dem Schutz seiner personenbezogenen Daten ist indes anzuerkennen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Abgeordnete die rechtlichen Grenzen der Inanspruchnahme der Sachleistungspauschale überschreiten oder über die Sachleistungspauschale ordnungsgemäß abgerechnete Gegenstände zweckentfremdet verwenden. In diesen Fällen können schutzwürdige personenbezogene Daten in der Person eines einzelnen Abgeordneten oder aber auch für eine Gruppe von Abgeordneten dem Informationsinteresse nicht entgegengehalten werden. Letzteres bedingt, dass konkrete Anhaltspunkte für einen verbreiteten Missbrauch bei der Abrechnung von Gegenständen über die Sachleistungspauschale festgestellt werden können. Nur unter dieser Voraussetzung ist es gerechtfertigt, personenbezogene Daten nicht nur einzelner Abgeordneter, sondern entsprechend dem Begehren des Klägers sämtlicher betroffener Abgeordneter der Presse zugänglich zu machen.
Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch des Klägers über sämtliche Abgeordnete, die Montblanc-Schreibgeräte oder Digitalkameras abgerechnet haben, unter Nennung ihrer Namen nicht vor.
Hinsichtlich der Abrechnung von Digitalkameras rechtfertigt die Einschätzung des Klägers, ihre Anschaffung sei nicht mandatsbezogen, schon mit Blick auf die Entscheidungsfreiheit der Abgeordneten nicht die Annahme konkreter Anhaltspunkte für einen verbreiteten Missbrauch der Sachleistungspauschale.
Gleiches gilt für die Anschaffung von Montblanc-Schreibgeräten. Nach der in das vorinstanzliche Verfahren eingeführten Presseberichterstattung haben 115 Abgeordnete 396 Montblanc-Schreibgeräte im Gesamtwert von ungefähr 68 800 € angeschafft und abgerechnet. Von den Anschaffungen fielen allein 216 Schreibgeräte in den Zeitraum von August bis Oktober 2009, wobei diese nach der Berichterstattung auch an aus dem Bundestag ausscheidende Abgeordnete geliefert worden sind. Insoweit liegen zwar Anhaltspunkte für eine die rechtlichen Grenzen überschreitende Inanspruchnahme der Sachleistungspauschale durch einzelne Abgeordnete vor, weil sie die Anschaffungen in zeitlicher Nähe zum Ablauf der Legislaturperiode getätigt haben und zum Anschaffungszeitpunkt bereits für sie feststand, dass sie aus dem Bundestag ausscheiden. Jedoch genügen diese Anhaltspunkte noch nicht für die Annahme eines verbreiteten Missbrauchs. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Inanspruchnahme der Aufwandsentschädigung nach § 12 AbgG zeitlich nicht begrenzt ist. Eine Ausnahme im Bereich der Amtsausstattung gilt nur für Abgeordnete, die im letzten Vierteljahr der Wahlperiode in den Bundestag eintreten, denn sie haben nach § 13 AbgG keinen Anspruch auf die Leistungen nach § 12 Abs. 2 und 3 AbgG, wenn der Bundestag seine Tätigkeit bereits abgeschlossen hat. Zum anderen birgt die Freiheit des Mandats ein Mindestmaß an Vertrauen in die Abgeordneten, dass die vom Volk Gewählten ganz überwiegend mit Umsicht und verantwortlich mit ihrer Freiheit umgehen. Das Prinzip der Freiheit verlangt hier, dass zwar ein Missbrauch aufgedeckt sowie gezielt und konsequent offengelegt wird, nicht aber, dass aus dem möglichen abweichenden Verhalten einzelner weniger Abgeordneter ein genereller Verdacht gegen sämtliche Abgeordnete hergeleitet wird und personenbezogene Daten vollumfänglich zugänglich gemacht werden (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 u.a. - BVerfGE 118, 277 <348 f.>).
Dem Kläger bleibt unbenommen, durch weitere Fragestellungen ohne Personenbezug zu der Anzahl angeschaffter Schreibgeräte je Abgeordneten und dem genauen Zeitpunkt der Anschaffungen der Schreibgeräte und Digitalkameras den Kreis derjenigen Abgeordneten zu spezifizieren, bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine Missachtung der rechtlichen Grenzen der Inanspruchnahme der Sachleistungspauschale vorliegen können. Dass er dieses unterlassen hat, kann nicht zu einer Pflicht zur Offenlegung von personenbezogenen Daten sämtlicher Abgeordneter führen, die die entsprechenden Gegenstände abgerechnet haben.
b) Ein Anspruch auf Zugang zu den Unterlagen besteht ebenso wenig nach Art. 10 EMRK. Ob Art. 10 Abs. 1 EMRK nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein allgemeines - und nicht nur auf besonders gelagerte Fallgruppen beschränktes - Recht der Presse auf Zugang zu Verwaltungsinformationen begründet, kann offen bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 33 und Beschluss vom 20. Juli 2015 - 6 VR 1.15 - NVwZ 2015, 1383 Rn. 14). Denn ein solches Recht fände jedenfalls seine Schranken u.a. in Bestimmungen zum Schutz der Rechte anderer sowie zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen (vgl. Art. 10 Abs. 2 EMRK). Solche Bestimmungen müssen, um das durch Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht in konventionskonformer Weise beschränken zu können, legitim und in einer demokratischen Gesellschaft erforderlich, d.h. im Sinne des deutschen Rechts verhältnismäßig, sein (vgl. EGMR, Urteil vom 14. April 2009 - Rechtssache 37374/05 - Ziff. 33 ff.; Grote/Wenzel, in: Dörr/Grote/Marauhn
Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. Juni 2013 - Nr. 48135/06 - (EuGRZ 2014, 520 <522>), da auch hiernach die Ausübung der Meinungsfreiheit Einschränkungen unterworfen werden kann und diese Einschränkungen - wie hier gegeben - mit nationalem Recht im Einklang stehen müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.