Entscheidungsdatum: 26.11.2014
Ein mit Referenzfilmförderungsmitteln neu herzustellender Film unterfällt nur dann als geförderter Film der Sperrfristenregelung des § 30 FFG 2004, wenn er zum Zeitpunkt seiner regulären Erstaufführung im Kino noch neu ist.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft, die sich mit der Entwicklung, der Finanzierung, der Produktion und dem Vertrieb von Kino- und Fernsehfilmen befasst. Sie wendet sich dagegen, dass die beklagte Filmförderungsanstalt einen Bescheid über die Auszahlung von Referenzfilmförderungsmitteln, die der Klägerin unter Bezug auf den Film „Deep Blue“ zuerkannt worden waren und von ihr für die Herstellung des Films „Unsere Erde“ zu verwenden waren und verwandt wurden, unter Verweis auf eine Verletzung der gesetzlichen Sperrfrist aufgehoben und die ausgezahlten Mittel zurückgefordert hat.
Den Naturdokumentationsfilm „Deep Blue“ produzierte die Klägerin zusammen mit der BBC Worldwide Limited (BBCW), die eine Tochtergesellschaft der British Broadcasting Corporation (BBC) und von dieser mit der kommerziellen Verwertung ihrer Rechte betraut ist. Mit Bescheid vom 31. März 2005 erkannte die Beklagte der Klägerin als Referenzfilmförderung unter Bezug auf den Film „Deep Blue“ einen Zuschuss in Höhe von 668 373,47 € für den nach § 28 Abs. 1 FFG vorrangigen Verwendungszweck der Finanzierung der Herstellungskosten neuer programmfüllender Filme im Sinne der §§ 15 und 16 FFG binnen zwei Jahren zu.
Am 11. Januar 2005 schlossen die BBCW und die Klägerin einen Koproduktionsvertrag zur Herstellung eines weiteren Naturdokumentationsfilms mit dem vorläufigen Arbeitstitel „Planet Earth - the Movie“. Diese vertragliche Grundlage für die Entstehung des später in Deutschland als „Unsere Erde“ betitelten Films ging davon aus, dass die Herstellung des Films mit der Produktion einer Fernsehserie mit dem Titel „Planet Earth“ durch die BBC verknüpft war. Es war festgelegt, dass das Bildmaterial für den Film aus einem Pool entnommen werden sollte, dessen Bestimmung zugleich in der Sammlung des Materials für die Fernsehserie bestand. Die BBC war für die Produktion der Aufnahmen verantwortlich und hatte den Film an die BBCW und die Klägerin zu liefern. Die Fernsehserie „Planet Earth“ wurde im Februar 2006 in Großbritannien ausgestrahlt. Anfang Mai 2007 war der Film „Unsere Erde“ mit einem Anteil von nicht in der Fernsehserie enthaltenem Filmmaterial von ca. 30 % fertiggestellt.
Am 27. Juni 2005 beantragte die Klägerin die Auszahlung der für den Film „Deep Blue“ zuerkannten Referenzfilmförderungsmittel zur Finanzierung des neuen programmfüllenden Films „Unsere Erde“. Auf diesen Antrag hin beschied die Beklagte die Klägerin unter dem 29. Juli 2005 dahingehend, dass der mit dem Bescheid vom 31. März 2005 unter Bezug auf den Film „Deep Blue“ zuerkannte Betrag von 668 373,47 € in fünf Raten entsprechend dem Fortschritt der Herstellung des neuen Films „Unsere Erde“ - die letzte Rate nach Prüfung der Schlusskosten und der Schlussfinanzierung - ausgezahlt werde. Zur Finanzierung der Herstellungskosten dieses neuen programmfüllenden deutschen Films seien die Fördermittel in vollem Umfang und unverzüglich zu verwenden. Am 7. Februar 2008 wurde der Film „Unsere Erde“ in den deutschen Kinos regulär erstaufgeführt.
Folgen der von der BBC, Discovery Channel und NHK in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) und dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) hergestellten Fernsehserie „Planet Erde“, der deutschen Fassung der Serie „Planet Earth“, wurden in dem Zeitraum vom 4. September 2006 bis Anfang April 2007 und damit bereits vor Fertigstellung sowie regulärer Erstaufführung des Films „Unsere Erde“ von der ARD und in anderen Programmen ausgestrahlt. In unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Start des Films in den deutschen Kinos und auch in der darauf folgenden Zeit wurden Folgen der Fernsehserie in verschiedenen Programmen aufgeführt.
Mit dem hier streitgegenständlichen, auf § 30 Abs. 6 FFG gestützten Bescheid vom 10. April 2008 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 29. Juli 2005 über die Auszahlung von Referenzfilmförderungsmitteln für die Herstellung des Films „Unsere Erde“ auf und forderte von der Klägerin die Rückzahlung der bis dahin in Höhe von 550 000 € ausgezahlten Mittel. Der Film „Unsere Erde“ sei am 7. Februar 2008 im Kino gestartet, sei jedoch in Teilen bereits an diversen Terminen zuvor und damit unter Nichteinhaltung der in § 30 Abs. 1 Nr. 4 FFG vorgesehenen Sperrfrist von 24 Monaten ab regulärer Erstaufführung in Form der Fernsehserie „Planet Erde“ im nicht verschlüsselten Fernsehen ausgestrahlt worden. Die Fernsehserie enthalte in großen Teilen Bilder, die mit denjenigen des Kinofilms identisch seien. Unter dem 11. September 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 10. April 2008 zurück und lehnte deren hilfsweise gestellten Antrag ab, nach § 30 Abs. 7 FFG von Maßnahmen nach § 30 Abs. 6 FFG abzusehen.
Auf die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 10. April 2008 aufgehoben: Eine nach § 30 Abs. 6 FFG zu sanktionierende Sperrfristverletzung der Klägerin läge selbst dann nicht vor, wenn man die Fernsehserie „Planet Erde“ als Teil des Kinofilms „Unsere Erde“ ansähe. Denn die Ausstrahlung der Fernsehserie als - unterstellter - Teil des Films sei nicht im Sinne des § 30 Abs. 1 FFG als ein Auswerten durch die Klägerin oder ein ihr zuzurechnendes Auswertenlassen zu qualifizieren. Eine relevante Form der Auswertung sei nur gegeben, wenn der Förderungsempfänger die Verwertungsrechte an dem betreffenden Film besitze und diese entweder selbst auswerte oder an einen Dritten zur Auswertung weiterreiche. Eine solche Fallgestaltung sei hier nicht gegeben. Die Klägerin sei nicht Herstellerin der Fernsehserie „Planet Erde“ und es gebe keinen Anhalt dafür, dass sie infolge der mit der Herstellung des Films „Unsere Erde“ erworbenen Verwertungsrechte berechtigt gewesen wäre, auf die Auswertung der Fernsehserie Einfluss zu nehmen.
Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht durch das angefochtene Urteil zurückgewiesen: Es könne dahinstehen, ob § 30 Abs. 6 FFG mit dem in ihm enthaltenen Begriff des Förderungsbescheids überhaupt zur Aufhebung eines Auszahlungsbescheids und nicht nur eines Zuerkennungsbescheids ermächtige. Denn für eine Aufhebung des Auszahlungsbescheids vom 29. Juli 2005 fehle es jedenfalls an der erforderlichen Sperrfristverletzung. Durch die Ausstrahlung der Fernsehserie „Planet Erde“ seien der Film „Unsere Erde“ oder Teile desselben deshalb nicht im Sinne von § 30 Abs. 1 FFG ausgewertet worden, weil der Film zur Zeit der Produktion und auch der erstmaligen Ausstrahlung der Fernsehserie noch gar nicht existiert habe, sondern im Gegenteil die Fernsehserie zeitlich vor dem Film hergestellt worden sei. Für die Auswertung eines Films sei jedoch dessen Existenz begriffsnotwendig. Entsprechend sei die Vorschrift des § 30 Abs. 1 FFG nach ihrem eindeutigen Wortlaut zu verstehen, zumal die dort geregelten Sperrfristen erst mit der regulären Erstaufführung des Films in den deutschen Kinos zu laufen begännen. Dem Umstand, dass im vorliegenden Fall das Bildmaterial von Anfang an sowohl für den Film als auch für die Fernsehserie angefertigt worden sei, komme keine maßgebliche Bedeutung zu. Denn dieses Material habe noch nicht den Film ausgemacht. So enthalte auch die Fernsehserie nicht Teile des Films, sondern der Film bestehe überwiegend aus Teilen der zuvor produzierten Fernsehserie. Mithin hätten weder die Ausstrahlungen der Fernsehserie vor der regulären Erstaufführung des Films noch diejenigen danach Sperrfristverletzungen dargestellt. Eine Identität von Film und Fernsehserie bestehe nicht. Zwar enthalte der Film zu ca. 70 % Bildmaterial, das auch in der Fernsehserie verwandt worden sei. Die Serie bestehe mit ihrer Gesamtlaufzeit von über acht Stunden aber weit überwiegend aus Material, das nicht Bestandteil des 99 Minuten dauernden Films sei. Eine Produktion, die nur zu einem Anteil von etwa einem Siebtel Material verwende, das auch Gegenstand eines Films sei, stelle nicht lediglich eine andere Schnittfassung desselben Films dar. Bei dieser Sachlage sei es ohne Belang, inwieweit Thema und Handlung von Film und Fernsehserie übereinstimmten. Es sei schließlich nichts dafür ersichtlich, dass Vertragskonstruktion und Produktionsreihenfolge gewählt worden seien, um die Sperrfristenregelungen zu umgehen bzw. eine Förderung der nicht förderfähigen Fernsehserie zu erreichen. Eine Umdeutung des angefochtenen Bescheids in einen Rücknahme- oder Widerrufsbescheid nach § 48 bzw. § 49 VwVfG scheitere jedenfalls daran, dass es an der nach diesen Vorschriften erforderlichen Ermessensausübung der Beklagten fehle.
Die Beklagte macht mit ihrer von dem Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision geltend: Eine Sperrfristverletzung nach § 30 Abs. 1 FFG komme nicht nur dann in Betracht, wenn der geförderte Film zum Zeitpunkt der erstmaligen Auswertung durch Darbietung aus ihm entnommenen Materials bereits existiert habe. Vielmehr seien auch weitere Auswertungen nach der regulären Erstaufführung des Films innerhalb der laufenden Sperrfrist relevant. Wiederholungen von Folgen der Serie in der seit der regulären Erstaufführung des Films am 7. Februar 2008 laufenden Sperrfrist seien deshalb als fristverletzende Auswertungen zu bewerten. Der Wortlaut des § 30 Abs. 1 FFG biete für das von dem Oberverwaltungsgericht zu Grunde gelegte Verständnis der Auswertung des Films als physische Entnahme von Material aus diesem und die Annahme einer Erschöpfungs- bzw. Verbrauchswirkung der erstmaligen Auswertung keinen Anhalt. Maßgeblich sei nach dem Wortlaut nur, ob eine Auswertung des geförderten Films oder von Teilen desselben überhaupt - und damit gegebenenfalls auch in Gestalt einer Wiederholung - während des Laufs der Sperrfrist stattgefunden habe. Gesetzessystematisch habe der Gesetzgeber die Fälle einer von ihm für geboten erachteten Einschränkung der Sperrfristenregelung in § 30 Abs. 5 und 9 FFG geregelt. Nach ihrem Sinn und Zweck solle die Sperrfristenregelung die vorrangige Auswertung von geförderten Filmen im Kino generell und damit auch in der hier gegebenen Konstellation sicherstellen.
Das sowohl für den Film „Unsere Erde“ als auch für die Fernsehserie „Planet Erde“ zur Verfügung stehende Bildmaterial sei im Wege einer Gemeinschaftsproduktion für Film und Serie entstanden und sei bereits zu dem von dem Oberverwaltungsgericht als entscheidend erachteten Zeitpunkt der erstmaligen Ausstrahlung der Fernsehserie im September 2006 vollständig hergestellt gewesen. Mithin habe bereits zu diesem Zeitpunkt auch das später für den geförderten Film verwandte Bildmaterial als Teil desselben existiert. Teile dieses Materials seien schon durch die erste Ausstrahlung der Fernsehserie ausgewertet worden und dies in einer von § 30 Abs. 1 FFG erfassten Weise, weil in der Serie 70 % des Bildmaterials des später erstaufgeführten Films gezeigt worden seien. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei entscheidend in welchem Maß der geförderte Film durch Ausstrahlung der Fernsehserie ausgewertet worden sei, und nicht, was die Serie im Vergleich zum Film Zusätzliches enthalte. Das Oberverwaltungsgericht habe gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen und sei seiner Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO nicht nachgekommen, weil es die bei den Akten befindlichen Bildträger mit dem Film „Unsere Erde“ und der Fernsehserie „Planet Erde“ nicht in Augenschein genommen habe.
Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil: Die Tatbestandsmerkmale des § 30 Abs. 1 und 6 FFG seien wegen der Bedeutung der Vorschrift für grundrechtlich geschützte Betätigungen eng auszulegen. Deshalb verbiete sich eine erweiternde Auslegung des Begriffs des geförderten Films, die zur Erfassung einer ein aliud darstellenden Fernsehserie führe. Ebenso wenig unterfalle ein Auszahlungsbescheid dem Begriff des Förderungsbescheids. Ferner bezögen sich die Sperrfristenregelungen nur auf bereits erstaufgeführte Filme.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Revision der Beklagten für begründet: Das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass die Sperrfristen des § 30 Abs. 1 FFG bereits und erst recht vor Fertigstellung des geförderten Films einzuhalten seien.
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts jedenfalls im Ergebnis im Einklang mit Bundesrecht zurückgewiesen (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 10. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2008 kann nach dem im vorliegenden Fall allein maßgeblichen revisiblen Recht weder unter dem Gesichtspunkt einer Sperrfristverletzung (1.) noch unter demjenigen einer Verfehlung der Förderungsvoraussetzungen (2.) auf eine tragfähige Rechtsgrundlage gestützt werden.
1. Der angefochtene Bescheid wird durch die Rechtsgrundlage des § 30 Abs. 6 des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (Filmförderungsgesetz - FFG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 24. August 2004 (BGBl. S. 2277) nicht getragen. Nach dieser Vorschrift ist bei einer Verletzung von Sperrfristen der Förderungsbescheid zu widerrufen oder zurückzunehmen; bereits ausgezahlte Fördermittel sind zurückzufordern. Die Sperrfristen als solche sind in § 30 Abs. 1 FFG ausgeformt. Danach darf derjenige, der Referenzfilm-, Projektfilm- oder Absatzförderungsmittel nach dem Filmförderungsgesetz in Anspruch nimmt, den geförderten Film oder Teile desselben zum Schutz der einzelnen Verwertungsstufen vor Ablauf der in den Nummern 1 bis 4 der Vorschrift umschriebenen Sperrfristen weder durch Bildträger im Inland oder in deutscher Sprachfassung im Ausland noch im Fernsehen oder in sonstiger Weise auswerten lassen oder auswerten. Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 FFG beträgt die Sperrfrist für die Bildträgerauswertung sechs Monate nach Beginn der regulären Filmtheaterauswertung im Inland (reguläre Erstaufführung). Die Sperrfrist für die Auswertung durch nicht verschlüsseltes Fernsehen beträgt gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 FFG 24 Monate nach regulärer Erstaufführung.
Zwar stellt ein Bescheid, der wie die Verfügung der Beklagten vom 29. Juli 2005 die Auszahlung zuvor zuerkannter Referenzfilmförderungsmittel und deren Zweckbestimmung für die Herstellung eines neuen Films regelt, ebenso einen Förderungsbescheid im Sinne des § 30 Abs. 6 FFG dar, wie es sich bei einem neuen Film um einen geförderten Film im Kontext des § 30 Abs. 1 FFG handelt (a). Gleichwohl findet der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 10. April 2008 in § 30 Abs. 6 FFG keine Stütze. Die Beklagte sieht diesen Bescheid nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Film „Unsere Erde“ als solcher unter Verletzung der Sperrfrist von 24 Monaten nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 FFG im Fernsehen gesendet worden wäre. Entsprechende Feststellungen gibt es nicht. Die Beklagte will vielmehr den Umstand sanktioniert wissen, dass die Fernsehserie „Planet Erde“, die sie für identisch mit dem Film „Unsere Erde“ bzw. zumindest mit Teilen desselben hält, bereits vor der regulären (Kino-) Erstaufführung des Films am 7. Februar 2008 ausgestrahlt und danach innerhalb eines der Sperrfrist entsprechenden Zeitraums wiederholt worden ist. Diese Fernsehausstrahlungen der Serie stellen jedoch auch dann keine Sperrfristverletzungen dar, wenn man mit der Beklagten - und insoweit auch deren in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrügen erledigend - von einer (Teil-) Identität von Film und Fernsehserie ausgeht. Denn geförderter Film und damit Objekt des durch die Sperrfristen des § 30 Abs. 1 FFG gewährten Schutzes wie auch einer Sanktion nach § 30 Abs. 6 FFG im Fall einer Sperrfristverletzung kann ein Film, für dessen Neuheit Referenzfilmförderungsmittel ausgezahlt worden sind, nur dann sein, wenn er als ein neuer und nicht als ein schon gezeigter und deshalb bereits vorhandener Film in die Kinos kommt. Ein Film, der vor seiner Erstaufführung in den Kinos schon anderweitig verwertet worden ist, hat bereits die von § 28 Abs. 1 FFG geforderte Neuheit als Voraussetzung der Referenzfilmförderung verfehlt und unterfällt deshalb nicht der Sperrfristenregelung, sondern allein den Vorschriften, die auch sonst bei anfänglichem Fehlen oder späterem Wegfall von Förderungsvoraussetzungen anzuwenden sind (b).
a) Der von der Beklagten unter dem 29. Juli 2005 erlassene Auszahlungsbescheid, der bestimmte, dass die mit dem Zuerkennungsbescheid vom 31. März 2005 zugesagten Referenzfilmförderungsmittel für die Finanzierung der Herstellungskosten des neuen Films „Unsere Erde“ zu verwenden waren, ist - jedenfalls auch und unabhängig von einer entsprechenden Qualifikation des Zuerkennungsbescheids - ein Förderungsbescheid im Sinne des § 30 Abs. 6 FFG. Dies ergibt sich spiegelbildlich aus dem Umstand, dass - jedenfalls auch und unabhängig von einer entsprechenden Qualifikation des Referenzfilms - ein mit Förderungsmitteln hergestellter neuer Film von dem Begriff des geförderten Films gemäß § 30 Abs. 1 FFG erfasst wird.
Der Kerngedanke der Referenzfilmförderung besteht darin, dass demjenigen Filmhersteller, der bereits einen wirtschaftlich erfolgreichen programmfüllenden Kinofilm - den Referenzfilm - produziert hat, zum vorrangigen Zweck der Herstellung eines neuen solchen Films eine Förderung in der Form eines Zuschusses gewährt wird. Der Zuschuss wird zunächst nach §§ 24, 25 Abs. 1 FFG auf einen entsprechenden Antrag des Filmherstellers hin durch einen Zuerkennungsbescheid in bestimmter Höhe zugesagt, wenn die Vorgaben der in § 22 FFG enthaltenen Referenzpunktregelungen erfüllt sind und der Referenzfilm den in §§ 15, 16 und 18 FFG geregelten Kriterien genügt. Auf weiteren Antrag hin ergeht als zweiter Verwaltungsakt ein Auszahlungsbescheid. Dieser wird - anders als der Zuerkennungsbescheid - in § 25 FFG nicht ausdrücklich erwähnt, jedoch von § 25 Abs. 3 Satz 1 FFG vorausgesetzt. Er bestätigt hiernach, dass die Förderungshilfen eine den Bestimmungen des Gesetzes entsprechende Verwendung finden, wobei allerdings dieser Bestätigung nur eine Schlüssigkeitsprüfung zu Grunde liegen kann, da die ausgezahlten Mittel erst in der Folgezeit tatsächlich verwandt werden (vgl. zum Ganzen, wenn auch zumeist auf neuere Gesetzesfassungen bezogen: Hertel/Müller/Schapiro, FFG, 1. Aufl. 2012, vor § 24 Rn. 1 ff., § 24 Rn. 18 ff., § 26 Rn. 1 ff.; v. Have, FFG, 2005, § 24 Rn. 3, § 25 Rn. 1 ff.; v. Have/Schwarz, in: v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 5. Aufl. 2011, 117. Kapitel Rn. 2 ff., 17 ff.).
Normgeschichtlich war es über Jahrzehnte erklärter Wille des Gesetzgebers, einen speziellen filmförderungsrechtlichen Schutz für eine Filmauswertung im Kino allein im Hinblick auf den Referenzfilm zu gewähren. So verpflichtete die Ursprungsvorschrift des § 12 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films vom 22. Dezember 1967 (BGBl. I S. 1352) - FFG 1967 - den Filmhersteller, der den seinerzeit als Bestandteil der Referenzfilmförderung ausgereichten und nach § 10 Abs. 1 Satz 1 FFG 1967 für die Finanzierung neuer programmfüllender Filme zu verwendenden Grundbetrag nach § 8 FFG 1967 in Anspruch nahm, das ihm zustehende ausschließliche Inlandsfernsehnutzungsrecht an dem Referenzfilm gegen Zahlung eines Entgelts für begrenzte Zeit auf die Filmförderungsanstalt zu übertragen. Auch die Verwertungs- bzw. Nutzungseinschränkung im Sinne einer Sperrfrist, durch die § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films vom 9. August 1971 (BGBl. I S. 1251) - FFG 1971 - die vormalige Pflicht zur Rechteübertragung ersetzte, erfasste ebenfalls explizit nur den Referenzfilm. Diese ausschließliche Ausrichtung der Sperrfristenregelung auf den Referenzfilm wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 6. August 1998 (BGBl. I S. 2046) - FFG 1999 - beendet. Es verband in seinem § 30 Abs. 1 und 2 mit der Inanspruchnahme von Referenzfilmförderungsmitteln die Verpflichtung des Filmherstellers, nicht nur den Referenzfilm, sondern auch den neuen Film nicht vor Ablauf einer Sperrfrist zur Auswertung durch Bildträger freizugeben oder das ihm zustehende ausschließliche Fernsehnutzungsrecht an diesen beiden Filmen nur mit der Maßgabe einer zu beachtenden Sperrfrist zu übertragen. In den Gesetzesmaterialien wurde für den Referenzfilm und für den neuen Film der Sammelbegriff des geförderten Films verwandt (BT-Drs. 13/9695 S. 27). In deutlicher Anknüpfung hieran und damit unter Beibehaltung des Bezugs auch auf den neuen Film definiert die hier anwendbare Fassung des § 30 Abs. 1 FFG als Schutzobjekt der Sperrfristen den geförderten Film.
Dieser entstehungsgeschichtlich erreichte Regelungsstand der Einbeziehung - jedenfalls auch - des neuen Films in den Schutz der Sperrfristenregelung wird aus Sicht der Systematik sowie des Sinn und Zwecks des Gesetzes bestätigt. Denn die Bestimmung der Referenzfilmförderungsmittel liegt darin, dass sie - obgleich mit Bezug auf den Referenzfilm zuerkannt - der Herstellung des neuen Films dienen. Gesetzessystematisch und teleologisch rechtfertigungsbedürftig ist deshalb in erster Linie nicht der Sperrfristenschutz für den neuen Film, sondern derjenige für den Referenzfilm, in dessen Herstellung Förderungsmittel geflossen sein können, aber nicht geflossen sein müssen (vgl. v. Have, FFG, 2005, § 25 Rn. 11 und § 30 Rn. 1; Radmann, ZUM 2008, 197 <200>).
b) Die Beklagte durfte indes die Ausstrahlung der Fernsehserie „Planet Erde“ bereits vor der regulären Erstaufführung des Films „Unsere Erde“ am 7. Februar 2008 - und in Konsequenz dessen auch die Wiederholungen von Folgen der Fernsehserie nach dem Kinostart des Films - selbst bei Annahme der von ihr vertretenen (Teil-) Identität von Fernsehserie und Film nicht auf der Grundlage des § 30 Abs. 6 FFG als Sperrfristverletzung sanktionieren. Denn der Film „Unsere Erde“ war unter Zugrundelegung der besagten Annahme bei seinem Start in den Kinos nicht mehr neu und damit nicht (mehr) förderungsfähig. Nach dem Wortlaut (aa), der Systematik (bb) sowie dem Sinn und Zweck (cc) der Sperrfristenregelung des § 30 FFG bildet die reguläre Erstaufführung die Grenze, die im Rahmen der Referenzfilmförderung den Bereich der zu kontrollierenden Förderungsvoraussetzungen - hier der Voraussetzung der Neuheit des Films - von dem Schutz des förderungsfähigen und in diesem Sinne geförderten Films durch die Sperrfristenregelung scheidet. Ein Film, der im Zeitpunkt seiner regulären Erstaufführung im Kino nicht mehr neu ist, wird von der Sperrfristenregelung nicht erfasst.
aa) Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 FFG beträgt die Sperrfrist für die Auswertung eines Films durch nicht verschlüsseltes Fernsehen 24 Monate nach regulärer Erstaufführung, das heißt nach dem Beginn der regulären Filmtheaterauswertung im Inland. Sie beginnt demnach wie die Sperrfristen generell mit dem Kinostart des Films und endet nach der bezeichneten Zeitspanne (vgl. Hertel/Müller/Schapiro, FFG, 1. Aufl. 2012, § 20 Rn. 5; v. Have/Schwarz, in: v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 5. Aufl. 2011, 116. Kapitel Rn. 18). Die Annahme, die Sperrfristen könnten bereits vor ihrem Beginn verletzt werden, liegt trotz des Umstands fern, dass § 30 Abs. 1 FFG Auswertungen „vor Ablauf“ der Sperrfristen untersagt. Denn auf den Ablauf einer Frist kann nach dem Wortsinn nur abgestellt werden, wenn ihr Lauf überhaupt begonnen hat. Für eine - wie auch immer einzugrenzende - Vorwirkung der Sperrfristen findet sich im Wortlaut des Gesetzes kein hinreichender Anhalt.
An diesem Befund ändert auch eine Berücksichtigung der weiteren normativen Entwicklung der Sperrfristenregelung des Filmförderungsgesetzes nichts. Zwar umschreibt der nunmehr einschlägige § 20 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes in seiner Fassung durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3082) - FFG 2014 - die Sperrfristen nicht mehr mit Hilfe des Verbs „betragen“, sondern benutzt hierfür das Verb „enden“. Hierdurch soll nach der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass eine Sperrfristverletzung auch dann vorliege, wenn der Film oder Teile desselben bereits vor der regulären Erstaufführung im Kino in einer der anderen Auswertungsstufen ausgewertet worden seien (BT-Drs. 17/12370 S. 23). Diese Gesetzesänderung hat jedoch auch im Sinne einer Klarstellung keinen rückwirkenden Bezug.
bb) Nach der Gesetzessystematik stellt die Neuheit des Films eine Förderungsvoraussetzung dar, die bis zum Zeitpunkt der regulären Erstaufführung des Films gegeben sein muss. Erst danach greift der durch die Sperrfristenregelung des § 30 FFG gewährte zusätzliche Auswertungsschutz für den zu diesem Zeitpunkt zu Recht geförderten Film ein.
Gemäß § 28 Abs. 1 FFG besteht der vorrangige Verwendungszweck von Referenzfilmförderungsmitteln in der Herstellung neuer programmfüllender Filme im Sinne des § 15 oder des § 16 FFG. Die Neuheit der Filme, die in § 15 FFG geregelten Anforderungen im Hinblick auf ihren programmfüllenden Charakter, ihre Hersteller, Regisseure, Sprachfassung, Produktions- und Aufführungsorte und die in § 16 FFG vorgesehenen Bedingungen für förderungsfähige internationale Koproduktionen stellen damit Voraussetzungen der Förderung dar. Hinzu kommen etwa die Vorgaben des § 18 FFG für die Herstellung der Kopien, die in § 19 FFG aufgestellten inhaltlichen Maßstäbe und die in § 26 enthaltenen Maßgaben in finanzieller Hinsicht.
Die Förderungsfähigkeit des neuen Films nach diesen Voraussetzungen ist von der Beklagten zunächst vor Erlass des Auszahlungsbescheids zu prüfen, dies allerdings, wie bereits erwähnt, nur in Gestalt einer Schlüssigkeitsprüfung. Diese hat sich - soweit erforderlich unter Beachtung einer erteilten Bescheinigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nach § 17 FFG - darauf zu erstrecken, dass die Förderungsmittel einem bestimmten, nach den genannten Maßstäben förderungsfähigen Projekt zugeordnet werden und eine realistische Aussicht auf die Durchführung desselben besteht (Hertel/Müller/Schapiro, FFG, 1. Aufl. 2012, § 26 Rn. 8 f., 19; § 28 Rn. 8 f., 27; v. Have/Schwarz, in: v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 5. Aufl. 2011, 117. Kapitel Rn. 17 ff., 22; vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie der Beklagten für die Referenzfilmförderung). Erweist sich bereits zu diesem Zeitpunkt, dass ein Film, für den die Auszahlung zuerkannter Förderungshilfen beantragt wurde, die Förderungsvoraussetzung der Neuheit nicht erfüllt, also bereits hergestellt (dazu: Hertel/Müller/Schapiro, a.a.O., § 26 Rn. 23; v. Have/Schwarz, a.a.O., 116. Kapitel Rn. 8) oder sogar bereits gezeigt worden ist, ist die Auszahlung nach § 25 Abs. 3 Satz 1, § 26 FFG zu versagen.
Mit der (Schlüssigkeits-) Prüfung der Förderungsfähigkeit vor Erlass des Auszahlungsbescheids hat es nach der Systematik des Filmförderungsgesetzes nicht sein Bewenden. Das Gesetz selbst sieht in § 29 Abs. 1 Satz 1 FFG für einige besonders umschriebene Konstellationen, in denen sich erst später zeigt, dass die Förderungsvoraussetzungen bei Erlass des Auszahlungsbescheids nicht vorgelegen haben oder danach weggefallen sind, die Verpflichtung des Filmherstellers zur Rückzahlung der Förderungshilfen vor. Diese Vorschriften werden - wie im Folgenden darzulegen sein wird - durch die allgemeinen Vorschriften der §§ 48 bis 49a VwVfG ergänzt und erweitert.
Es ist kein Gesichtspunkt ersichtlich, der in systematischer Hinsicht dafür sprechen könnte, dass das Filmförderungsgesetz in der hier anwendbaren Fassung von den Voraussetzungen der Referenzfilmförderung allein die Neuheit des mit Förderungsmitteln versehenen Films den Vorschriften über die Förderungskontrolle entzogen haben könnte, um sie stattdessen in den Anwendungsbereich der Sperrfristenregelung einzugliedern. Die Sperrfristenregelung ist in ihrer Ausgestaltung nicht darauf angelegt, den Verwendungszweck der Förderung im Hinblick auf den entstehenden Film zu sichern. Sie befasst sich vielmehr damit, den bereits entstandenen und zu Recht geförderten Film nach seiner regulären Erstaufführung den einzelnen Stufen der sog. filmwirtschaftlichen Auswertungskaskade zuzuordnen. Dies wird insbesondere deutlich an den in § 30 Abs. 2 bis 5 FFG enthaltenen differenzierten Bestimmungen über die Verkürzung der Sperrfristen. Diese Vorschriften sind, jedenfalls was die verkürzte Frist als solche anbelangt, vollständig auf die Zeit nach der regulären Erstaufführung des jeweiligen Films ausgerichtet. Ein Zugriff auf die Zeit davor ist ausgeschlossen. Auch § 30 Abs. 9 FFG, wonach eine geringfügige ausschnittsweise Nutzung eines Films, insbesondere zu Werbezwecken, nicht als Sperrfristverletzung gilt, spricht - soweit sie Werbeeinspielungen für demnächst erstaufgeführte Filme betrifft - gegen eine Ausdehnung der Sperrfristenregelung auf die Zeit vor der regulären Erstaufführung eines Films.
cc) Schließlich ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Sperrfristenregelung des § 30 FFG, dass dieser nur Filme unterfallen, die zum Zeitpunkt ihrer regulären Erstaufführung noch neu und damit in ihrer Förderungsfähigkeit nicht beeinträchtigt sind.
Die Sperrfristenregelung hat den Zweck, die sog. filmwirtschaftliche Auswertungskaskade mit der für alle weiteren Nutzungen maßgeblichen Auswertung im Kino an der Spitze zu schützen (BT-Drs. 10/5448 S. 13 und 15/1506 S. 24; Hertel/Müller/Schapiro, FFG, 1. Aufl. 2012, § 20 Rn. 3; v. Have/Schwarz, in: v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 5. Aufl. 2011, 116. Kapitel Rn. 13; Radmann, ZUM 2008, 197 <198>). Sie will, wie es dem vorrangigen Bezug sämtlicher Instrumente des Filmförderungsgesetzes auf den Kinofilm entspricht (vgl. für die Filmabgabe nach §§ 66 ff. FFG: BVerwG, Urteil vom 20. August 2014 - 6 C 15.13 - juris Rn. 28, 53), insbesondere den wirtschaftlichen Erfolg des neuen - und deshalb förderungsfähigen - Films im Kino sicherstellen und diesen deshalb gegen seine vorzeitige anderweitige Verwertung schützen. Nicht umfasst, sondern vorausgesetzt wird hierdurch, dass der Film sich im Hinblick auf die Voraussetzung seiner Neuheit als förderungsfähig erwiesen hat und diese Voraussetzung insbesondere nicht durch eine anderweitige Verwertung vor der regulären Erstaufführung im Kino entfallen ist. Denn für den von der Sperrfristenregelung bezweckten Schutz gibt es kein Substrat mehr, wenn ein Film bei seiner regulären Erstaufführung nicht mehr neu ist.
2. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 10. April 2008 kann indes selbst bei einer Übernahme der von der Beklagten vertretenen Annahme einer (Teil-) Identität des Films „Unsere Erde“ mit der Fernsehserie „Planet Erde“ auch nicht unter Verweis auf eine Verfehlung der Förderungsvoraussetzung der Neuheit des Films „Unsere Erde“ aufrechterhalten bleiben. Dieser Mangel unterfällt keiner der in § 29 Abs. 1 Satz 1 FFG ausgeformten Rückforderungsvorschriften (a). Die Voraussetzungen der allgemeinen Regelungen der §§ 48 bis 49a VwVfG sind nicht erfüllt (b).
a) Die Tatbestände des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FFG (aa) und des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FFG (bb), die aus dem Kreis der in § 29 Abs. 1 FFG enthaltenen Rückzahlungsvorschriften für eine Anwendung im vorliegenden Fall allenfalls in Betracht kommen, sind nicht erfüllt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Fall des Eingreifens einer dieser Vorschriften für die in jedem Fall erforderliche Aufhebung des zu Grunde liegenden Förderungsbescheids die §§ 48, 49 VwVfG ergänzend heranzuziehen sind.
aa) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FFG ist der Filmhersteller zur Rückzahlung von Förderungshilfen verpflichtet, wenn diese zur Finanzierung eines Films verwendet worden sind, der den §§ 15, 16, 18 oder 19 FFG nicht entspricht.
Diese Vorschrift erfasst die hier in Rede stehende Konstellation bereits nach ihrem Wortlaut nicht, weil die Förderungsvoraussetzung der Neuheit des Films, wie bereits dargelegt, nicht in den in Bezug genommenen Bestimmungen der §§ 15, 16, 18 oder 19 FFG, sondern in § 28 Abs. 1 FFG geregelt ist. Erst nach der Fassung, die § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FFG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 3000) - FFG 2009 - erhalten hat, besteht eine Verpflichtung zur Rückzahlung von Förderungen, die zur Finanzierung eines Films verwandt worden sind, der (den Voraussetzungen) des § 28 Abs. 1 FFG nicht entspricht.
bb) Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FFG trifft den Filmhersteller die Verpflichtung zur Rückzahlung der Förderungshilfen, wenn er den Nachweis über deren zweckentsprechende Verwendung nicht erbracht hat.
Trotz des weiten Wortlauts dieser Norm kann ihr der vorliegende Fall aus systematischen und teleologischen Gründen nicht zugeordnet werden. In der Vorschrift spiegelt sich die von der Beklagten seit langem geübte (vgl. dazu: BT-Drs. 16/10294 S. 33) und auch in dem Auszahlungsbescheid vom 29. Juli 2005 festgeschriebene Praxis wider, die Schlussrate einer Förderung erst nach Vorlage des Verwendungsnachweises und nach Prüfung der Schlusskosten sowie der Schlussfinanzierung auszuzahlen. Nur auf dieses regelmäßig erst geraume Zeit nach der regulären Erstaufführung eines Films stattfindende Verfahren, nicht aber auf bereits zuvor feststellbare Verletzungen von Förderungsvoraussetzungen bezieht sich die Bestimmung. Hätte ihr der Gesetzgeber die Bedeutung einer generalklauselartigen Rückzahlungsverpflichtung für jeden Fall der materiellen Verfehlung des Förderungszwecks beimessen wollen, hätte es daneben der weiteren, speziell ausgeformten Rückzahlungsvorschriften des § 29 Abs. 1 Satz 1 FFG nicht bedurft.
b) Ist der Anwendungsbereich der in § 29 Abs. 1 Satz 1 FFG umschriebenen Rückzahlungsverpflichtungen nicht betroffen, steht einem Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 48 bis 49a VwVfG nichts entgegen. Für eine in dieser Konstellation bestehende Sperrwirkung der Rückzahlungsvorschriften des § 29 Abs. 1 Satz 1 FFG gibt es keinen Anhalt.
Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 10. April 2008 wird jedoch den Voraussetzungen nicht gerecht, die er für eine Aufhebung des Auszahlungsbescheids vom 29. Juli 2005 - hier naheliegend nach § 49 VwVfG - hätte erfüllen müssen, ohne die wiederum ein Erstattungsverlangen nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG nicht durchdringen kann. Denn die Beklagte hat jedenfalls ihr Aufhebungsermessen - nach § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG - nicht ausgeübt. Sie hat keine Ermessenserwägungen zu einer Aufhebung des Auszahlungsbescheids wegen einer Verfehlung der Förderungsvoraussetzung der Neuheit des Films angestellt. Die in dem Widerspruchsbescheid vom 11. September 2008 enthaltenen Ermessenserörterungen zu dem von der Klägerin gestellten Antrag nach § 30 Abs. 7 FFG hatten einen vollständig anderen, gesetzlich festgelegten Bezug.
Ein Anwendungsfall für ein sog. intendiertes Ermessen, das bei der Aufhebung von Subventionsbescheiden unter Berufung auf die haushaltsrechtlichen Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit regelmäßig anerkannt wird (BVerwG, Urteile vom 16. Juni 1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <58> und vom 10. Dezember 2003 - 3 C 22.02 - Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 44 S. 20), ist hier nicht gegeben. Es handelt sich vielmehr um einen komplexen Einzelfall, der Überlegungen über die Auswirkungen einer Referenzfilmförderung an der Schnittstelle von Kinofilm und Fernsehproduktion erfordert hätte. Die Ermessensausübung der Beklagten hätte sich insbesondere auf den großen Zuschauererfolg des Films „Unsere Erde“ im Kino trotz oder aber gerade wegen der Vorabausstrahlung der Fernsehserie „Planet Erde“ im Fernsehen und eine etwaige Vertrauensposition der Klägerin aus dem Ablauf des Förderungsverfahrens - auch unter Berücksichtigung des Vorgängerprojekts „Deep Blue“ - beziehen müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.