Entscheidungsdatum: 27.01.2011
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2009 - 3 Sa 11/09 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten noch darüber, ob die Klägerin für die Monate November 2007 bis Mai 2008 Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 6, der Anlage A TVöD (VKA) hatte und ihr eine Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA iHv. monatlich 90,57 Euro brutto zustand.
Der Beklagte ist eine kommunale Gebietskörperschaft. Die am 6. Oktober 1942 geborene Klägerin war bei ihm zuletzt als Fallmanagerin in der ARGE H beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich ab dem 1. Oktober 2005 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung sowie dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Im TVöD-AT in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung hieß es:
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„§ 33 Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. |
(1) Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, |
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a) mit Ablauf des Monats, in dem die/der Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet hat, |
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(5) 1Soll die/der Beschäftigte, deren/dessen Arbeitsverhältnis nach Absatz 1 Buchst. a geendet hat, weiterbeschäftigt werden, ist ein neuer schriftlicher Arbeitsvertrag abzuschließen. ...“ |
Die Klägerin, die bis Ende des Jahres 2005 Mitglied der Gewerkschaft ver.di war, beantragte am 20. Juli 2007 beim Beklagten, sie nach der Vollendung ihres 65. Lebensjahres im Oktober 2007 über diesen Monat hinaus als Fallmanagerin weiter zu beschäftigen. Der Beklagte, der der Klägerin bis Oktober 2007 Vergütung der Entgeltgruppe 9, Stufe 6, der Anlage A TVöD (VKA) und eine Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA zahlte, bot ihr am 26. Juli 2007 den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags für die Monate November 2007 bis Mai 2008 an mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 9, Stufe 2, der Anlage A TVöD (VKA).
§ 16 TVöD-AT (VKA) regelt:
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„§ 16 (VKA) Stufen der Entgelttabelle. |
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(2) 1Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. …“ |
Am 2. Oktober 2007 schlossen die Klägerin, die seit November 2007 gesetzliche Altersrente bezieht, und der Beklagte für die Monate November 2007 bis Mai 2008 einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag. Dieser verweist auf den TVöD (VKA) sowie auf den TVÜ-VKA mit dem Klammerzusatz „§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA“. Nach § 4 des neuen Arbeitsvertrags ist die Klägerin in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert. Welcher Stufe dieser Entgeltgruppe die Klägerin zugeordnet ist, ist nicht angegeben. Der Beklagte vergütete die Klägerin für ihre Tätigkeit als Fallmanagerin in den Monaten November 2007 bis Mai 2008 nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 2, der Anlage A TVöD (VKA). Eine Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA erhielt die Klägerin ab November 2007 nicht mehr.
Die Klägerin hat gemeint, der Beklagte habe sie wie bis Oktober 2007 auch in den Monaten November 2007 bis Mai 2008 nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 6, der Anlage A TVöD (VKA) vergüten müssen. Sie habe deshalb Anspruch auf den Differenzbetrag zwischen der vom Beklagten geschuldeten und der von ihm gezahlten Vergütung. Darüber hinaus stehe ihr auch für die Monate November 2007 bis Mai 2008 die kinderbezogene Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA zu. Das alte und das neue Arbeitsverhältnis beträfen einen einheitlichen Lebenssachverhalt. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, sie untertariflich zu vergüten.
Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt:
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Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin vom 1. November 2007 bis zum 31. Mai 2008 nach der Vergütungsgruppe 9, Stufe 6, TVöD einschließlich der kinderbezogenen Besitzstandszulage zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen den Vergütungsgruppen 9, Stufe 2, TVöD und 9, Stufe 6, TVöD einschließlich der kinderbezogenen Besitzstandszulage beginnend mit dem 1. November 2007 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise ab Rechtshängigkeit, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. |
Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, er habe die Klägerin nach ihrer Neueinstellung zum 1. November 2007 tarifgerecht vergütet. Die einschlägige Berufserfahrung der Klägerin habe nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD-AT (VKA) zur Zuordnung zur Stufe 2 der Entgeltgruppe 9 der Anlage A TVöD (VKA) geführt.
Die Vorinstanzen haben die Klage, soweit für die Revision von Interesse, abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 6, der Anlage A TVöD (VKA) und auf Zahlung der kinderbezogenen Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA iHv. monatlich 90,57 Euro weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin für die Monate November 2007 bis Mai 2008 Vergütung nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 6, der Anlage A TVöD (VKA) und eine Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA beansprucht hat.
I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Trotz ihres Vergangenheitsbezugs liegt das nach § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt. Das angestrebte Feststellungsurteil ist auch geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann vom Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass er einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommt (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt 22. April 2010 - 6 AZR 620/08 - Rn. 14, EzTöD 240 TV-Ärzte/TdL § 16 Nr. 3; 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 3).
II. Die Klage ist unbegründet. Für den Anspruch der Klägerin auf Vergütung gemäß der Entgeltgruppe 9, Stufe 6, der Anlage A TVöD (VKA) und auf Zahlung einer Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA iHv. monatlich 90,57 Euro fehlt für den Klagezeitraum eine Anspruchsgrundlage.
1. Allerdings war die Klägerin bis zum 31. Oktober 2007 nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 6, der Anlage A TVöD (VKA) zu vergüten. Auch hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt gemäß § 11 TVÜ-VKA Anspruch auf eine kinderbezogene Besitzstandszulage iHv. monatlich 90,57 Euro. Die am 6. Oktober 1942 geborene Klägerin hat jedoch im Oktober 2007 ihr 65. Lebensjahr vollendet. Dies hatte zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. a TVöD-AT aF zum 31. Oktober 2007 endete. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegen tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Befristungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Dazu gehören auch tarifliche Altersgrenzen (vgl. 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12, 13, 15, EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 27. November 2002 - 7 AZR 655/01 - zu B II 1 a der Gründe, AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 2). Die Klägerin hat sich bei Abschluss des neuen schriftlichen Arbeitsvertrags am 2. Oktober 2007 gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT weder vorbehalten, die Rechtsunwirksamkeit der tariflichen Altersgrenze geltend zu machen, noch hat sie die Rechtsunwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Oktober 2007 gemäß § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach diesem Zeitpunkt geltend gemacht, so dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls gemäß § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gilt.
2. Der Beklagte hat der Klägerin mit Recht ab dem 1. November 2007 keine kinderbezogene Besitzstandzulage mehr gezahlt und sie tarifgerecht der Stufe 2 der Entgeltgruppe 9 der Anlage A TVöD (VKA) zugeordnet.
a) Die Vergütung der Klägerin richtete sich auch im neuen Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des TVöD (VKA). Die Parteien haben in § 2 des Arbeitsvertrags vom 2. Oktober 2007 auf die Bestimmungen dieses Tarifvertrags Bezug genommen. Die Vorschriften des TVöD (VKA) begründen keinen Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile. Der Anspruch auf eine kinderbezogene Besitzstandszulage ist nicht im TVöD (VKA), sondern in § 11 TVÜ-VKA geregelt.
b) Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD-AT (VKA) erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, wenn die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr verfügt; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Die Parteien haben am 2. Oktober 2007 das neue Arbeitsverhältnis für die Monate November 2007 bis Mai 2008 vereinbart. Die Einstellung der Klägerin erfolgte damit vor dem 1. Januar 2008.
aa) § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) spricht von der Stufenzuordnung „bei Einstellung“ und nicht von der „erstmaligen Einstellung“. Die Tarifvertragsparteien haben mit dem Begriff „Einstellung“ in § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) auch nicht zwischen Neueinstellungen und Wiedereinstellungen differenziert. Vom Wortsinn her liegt eine Einstellung nicht nur bei der erstmaligen Begründung eines Arbeitsverhältnisses vor, sondern auch dann, wenn ein neues Arbeitsverhältnis im (unmittelbaren) Anschluss an ein vorheriges Arbeitsverhältnis begründet wird.
bb) Diesem Verständnis des Begriffs „Einstellung“ in § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) steht die Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) nicht entgegen. Letztgenannte Vorschrift regelt die Stufenlaufzeit und stellt dabei, soweit das Erreichen der nächsten Stufe nicht von der Leistung der/des Beschäftigten abhängt, auf Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit ab. Die Klägerin hat ihre Tätigkeit beim Beklagten nicht ununterbrochen im Sinne dieser Bestimmung ausgeübt, die systematisch auf der in § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) getroffenen Regelung aufbaut und damit voraussetzt, dass die ununterbrochene Tätigkeit in demselben Arbeitsverhältnis und nicht in mehreren Arbeitsverhältnissen ausgeübt worden ist. Dass die in § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) geregelte Stufenlaufzeit nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur bei einem rechtlich nicht unterbrochenen Bestand des Arbeitsverhältnisses maßgebend sein soll, wird auch aus der in § 17 Abs. 3 TVöD-AT getroffenen Regelung deutlich. Nach dieser Vorschrift stehen Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) nur solche Zeiten gleich, bei denen der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses außer Frage steht (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand September 2010 § 17 Rn. 26; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2010 § 17 Rn. 30).
cc) Hätten nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des TVöD (VKA) die in einem vorherigen Arbeitsverhältnis erreichte Stufe oder die in diesem erworbene einschlägige Berufserfahrung nicht nur teilweise im neuen Arbeitsverhältnis berücksichtigt werden sollen, hätte es nahe gelegen, für den Fall der Einstellung des Beschäftigten im Anschluss an ein vorheriges Arbeitsverhältnis eine § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD-AT (Bund) nachgebildete Regelung zu vereinbaren. Wenn die Tarifvertragsparteien davon abgesehen haben und in Übereinstimmung mit der für die Entgeltgruppen 2 bis 8 in § 16 Abs. 3 TVöD-AT (Bund) getroffenen Regelung in § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) angeordnet haben, dass die/der Beschäftigte bei einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens einem Jahr der Stufe 2 zugeordnet wird, wird daraus deutlich, dass sie eine weitergehende Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei der Stufenzuordnung nicht für angemessen gehalten haben. Deshalb überzeugt die nicht näher begründete Auffassung (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2010 § 16 TVöD-AT (VKA) Rn. 70) nicht, § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) sei nicht anzuwenden, wenn sich beim Auslaufen eines zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses ein weiteres befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber anschließt. Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht nur verlängert bzw. in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt, sondern an der ursprünglich vereinbarten Befristung festgehalten und für die Zeit danach ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen, liegt keine bloße Fortsetzung eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses vor. Soweit tariflich nichts anderes geregelt ist, gilt auch der unmittelbare Anschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses an ein beendetes Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber für die Stufenzuordnung als Neueinstellung mit der Folge, dass die in einem früheren Arbeitsverhältnis zurückgelegten Stufenlaufzeiten nur im Rahmen der Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung oder als förderliche Zeiten bzw. jetzt als „Vordienstzeiten“ im öffentlichen Dienst nach § 16 Abs. 2a TVöD-AT (VKA) angerechnet werden können, mögen auch die Ergebnisse der tariflichen Regelung nicht durchweg sachgerecht sein (so Fieberg GKÖD Bd. IV § 16 TVöD/TV-L Rn. 16). Die Regelung in § 16 Abs. 2a TVöD-AT (VKA), wonach unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen die in dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigt werden kann, ist erst durch § 1 Nr. 6 des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 mit Wirkung zum 1. Januar 2008 und damit nach der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses der Parteien eingefügt worden.
c) Die Zuordnung der Klägerin zur Stufe 2 der Entgeltgruppe 9 der Anlage A TVöD (VKA) verstößt nicht gegen das Verbot der Benachteiligung befristet beschäftigter Arbeitnehmer in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.
aa) Nach dieser Bestimmung darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Eine schlechtere Behandlung liegt vor, wenn befristet Beschäftigte für die gleiche Arbeitsleistung eine geringere Bezahlung als die unbefristet Beschäftigten erhalten. Dauerbeschäftigten gewährte Vorteile dürfen befristet Beschäftigten deshalb nicht wegen der Befristung vorenthalten werden (Senat 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 19, BAGE 128, 317). Auch tarifvertragliche Regelungen müssen mit § 4 Abs. 2 TzBfG vereinbar sein. Das in dieser Vorschrift geregelte Diskriminierungsverbot steht nach § 22 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien (Senat 11. Dezember 2003 - 6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110, 113).
bb) Die Klägerin wird jedoch wegen der Befristung ihres früheren Arbeitsverhältnisses nicht schlechter behandelt als vergleichbare unbefristet Beschäftigte. Die tarifliche Stufenzuordnung bei der Einstellung knüpft nicht an die Befristung eines vorherigen Arbeitsverhältnisses an. Zu Unterbrechungen kann es nicht nur bei befristeten Arbeitsverhältnissen, sondern auch bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen durch Kündigungen oder Aufhebungsverträge kommen (vgl. Senat 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 20, BAGE 128, 317).
cc) Ob § 4 Abs. 2 TzBfG auch ein Verbot der mittelbaren Benachteiligung wegen befristeter Beschäftigung enthält (zum Streitstand vgl. MünchKomm-BGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 16 mwN; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG § 4 Rn. 185), kann offenbleiben. Zwar hätte die Klägerin bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die bisherige Vergütung weiter erhalten. § 4 Abs. 2 TzBfG bezweckt jedoch nicht die Vermeidung von Nachteilen, die erst nach Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses entstehen. Die Vorschrift verbietet nur eine Ungleichbehandlung während der Dauer der Befristung. Sie schützt Arbeitnehmer, die im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber eingehen, nicht vor einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen (vgl. Senat 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 21, BAGE 128, 317; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110, 119). Mit dem Ablauf der bisherigen Vertragsbedingungen wirkt sich nur der Nachteil aus, der mit einer Befristung stets verbunden ist oder verbunden sein kann. Nach dem Ende einer wirksamen Befristung sind die Parteien bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen frei und an frühere Abmachungen nicht gebunden (Senat 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - aaO; BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - BAGE 109, 369, 375). Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG, wonach für befristet und unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen sind, wenn bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig sind, liegt nicht vor. § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) differenziert hinsichtlich der Stufenzuordnung bei der Einstellung nicht zwischen befristet und unbefristet Beschäftigten.
d) Die Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVöD-AT (VKA) ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 12, PersR 2010, 482; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - BAGE 129, 93). Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem.
bb) An diesem Maßstab gemessen werden bei kommunalen Arbeitgebern beschäftigte Arbeitnehmer angesichts der den Tarifvertragsparteien zustehenden typisierenden Betrachtungsweise (vgl. Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 18, PersR 2010, 482; 30. März 1995 - 6 AZR 765/94 - ZTR 1996, 34) nicht ungerechtfertigt benachteiligt, wenn bei ihnen Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei der Stufenzuordnung nicht ebenso berücksichtigt werden wie Zeiten einschlägiger Berufserfahrung bei ununterbrochenem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Es liegt grundsätzlich innerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeübte Tätigkeiten auf die Stufenlaufzeit angerechnet werden (vgl. zur Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitgeber Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - aaO). Tarifvertragsparteien dürfen deshalb Beschäftigte, die die einschlägige Berufserfahrung in einem ununterbrochen fortbestehendem Arbeitsverhältnis erworben haben, bei der Stufenzuordnung gegenüber Beschäftigten begünstigen, die nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen sind. Dies gilt grundsätzlich auch im Falle der Wiedereinstellung im unmittelbaren Anschluss an das vorherige Arbeitsverhältnis. Diesen Sonderfall mussten die Tarifvertragsparteien nicht der Beschäftigung in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis gleichstellen. Sie durften annehmen, dass typischerweise ein Beschäftigter nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht sofort vom Arbeitgeber wieder eingestellt wird. Ob den Tarifvertragsparteien mit der nur teilweisen Anrechnung der Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber eine zweckmäßige und überzeugende Regelung gelungen ist, hat der Senat nicht nachzuprüfen (st. Rspr., vgl. zuletzt Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 17, aaO). Maßgebend ist, dass die Tarifvertragsparteien bei typisierender Betrachtung die Grenzen ihrer Einschätzungsprärogative nicht überschritten haben.
e) Aus der Regelung in § 33 Abs. 5 TVöD-AT kann nicht abgeleitet werden, dass die Klägerin im neuen Arbeitsverhältnis der im vorherigen Arbeitsverhältnis erreichten Stufe zuzuordnen war. § 33 Abs. 5 Satz 1 TVöD-AT aF regelte nur, dass ein neuer Arbeitsvertrag abzuschließen war, wenn die/der Beschäftigte nach der Vollendung des 65. Lebensjahres weiter beschäftigt werden sollte. Wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, kann das Arbeitsverhältnis zwar nach § 33 Abs. 5 Satz 2 TVöD-AT jederzeit mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Im Übrigen verhält sich die Vorschrift zu den Arbeitsbedingungen im neuen Arbeitsverhältnis jedoch nicht. Aus ihr kann nicht im Wege eines Umkehrschlusses gefolgert werden, dass sich der Inhalt des neuen Arbeitsverhältnisses mit Ausnahme der Kündigungsfrist nach dem Inhalt des vorherigen Arbeitsverhältnisses bestimmt. Die besondere Regelung der Kündigungsfrist ist dem Umstand geschuldet, dass sich die Kündigungsfristen gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT nach der beim Arbeitgeber zurückgelegten Beschäftigungszeit richten, auch wenn sie unterbrochen ist (BeckOK B/B/M/S/Eylert TVöD § 34 Rn. 63).
f) Der Anspruch der Klägerin auf die Zuordnung zur Stufe 6 der Entgeltgruppe 9 der Anlage A TVöD (VKA) und auf die kinderbezogene Besitzstandszulage folgt nicht aus Vorschriften des TVÜ-VKA. Diese fanden im neuen Arbeitsverhältnis der Parteien mangels Tarifbindung der Klägerin nur Anwendung, soweit die Parteien dies im Arbeitsvertrag vom 2. Oktober 2007 vereinbart hatten. Das trifft nur auf § 1 Abs. 2 TVÜ-VKA zu. Aber auch dann, wenn zugunsten der Klägerin angenommen wird, dass der Beklagte nicht tarifgebundene und tarifgebundene Beschäftigte gleich behandelt und die Klägerin tarifgerecht vergüten wollte, wäre die Klage unbegründet.
aa) § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA stellt die allgemeine Regel auf, dass der TVÜ-VKA nur Anwendung findet, wenn das Arbeitsverhältnis über den 1. Oktober 2005 hinaus ununterbrochen fortbesteht. Grundsätzlich ist danach jede rechtliche Unterbrechung für die Anwendung des TVÜ-VKA schädlich (Senat 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 16, BAGE 128, 317).
bb) Die Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA idF des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom 1. August 2006 zum TVÜ-VKA (ÄTV Nr. 1) hilft der Klägerin nicht weiter. Diese regelte zwar, dass in der Zeit bis zum 30. September 2007 Unterbrechungen von bis zu einem Monat unschädlich sind. Das alte Arbeitsverhältnis endete jedoch mit Ablauf des 31. Oktober 2007 und damit erst nach diesem Stichtag.
cc) Allerdings haben die Tarifvertragsparteien mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 31. März 2008 zum TVÜ-VKA (ÄTV Nr. 2) den Anwendungsbereich des TVÜ-VKA wieder erweitert. Sie haben die Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA so gefasst, dass Unterbrechungen von bis zu einem Monat unschädlich sind. Die Neufassung der Protokollerklärung ist jedoch erst am 1. Januar 2008 und damit nach dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses der Parteien am 1. November 2007 in Kraft getreten.
dd) Der Umstand, dass in den Monaten Oktober bis Dezember 2007 auch Unterbrechungen von bis zu einem Monat nicht unschädlich waren, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
(1) Die Tarifvertragsparteien sind durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht daran gehindert, für bestimmte Lebenssachverhalte wie besitzstandswahrende Regelungen Stichtage einzuführen (vgl. BVerfG 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 ua. - BVerfGE 87, 1, 43). Stichtage sind als Ausdruck einer pauschalierten Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Zeitpunktes am zu regelnden Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist (Senat 11. Dezember 2003 - 6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110, 120; BAG 25. Juni 2003 - 4 AZR 405/02 - BAGE 106, 374, 381 f.; 18. Oktober 2000 - 10 AZR 643/99 - AP BAT-O § 11 Nr. 24 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 76; 19. April 1983 - 1 AZR 498/81 - BAGE 42, 217, 222). Eine Umstellung von Vergütungssystemen wäre ohne Stichtagsregelungen nicht durchführbar. Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-VKA durften deshalb die Regelung, dass Unterbrechungen bis zu einem Monat unschädlich sind, in der Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA auf einen Zeitraum von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des TVöD (VKA) und des TVÜ-VKA am 1. Oktober 2005 und damit zeitlich bis zum 30. September 2007 begrenzen. Wenn sie die Erweiterung des Anwendungsbereichs des TVÜ-VKA durch die Protokollnotiz zunächst nur für einen Zeitraum von zwei Jahren für angemessen gehalten haben, hält sich diese Einschätzung im Rahmen ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten autonomen Regelungsbefugnis.
(2) Auch mit der Neufassung der Protokollerklärung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA durch den ÄTV Nr. 2 vom 31. März 2008 haben die Tarifvertragsparteien die Grenzen ihrer Regelungsmacht noch nicht überschritten. Allerdings haben sie die nicht mehr auf einen bestimmten Zeitraum begrenzte Anordnung, dass Unterbrechungen von bis zu einem Monat unschädlich sind, nicht mit Rückwirkung zum 1. Oktober 2007, sondern nur rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt. Damit werden Unterbrechungen von bis zu einem Monat in der Zeit von Oktober bis Dezember 2007 von der Regelung zwar nicht erfasst. Maßgebend ist jedoch, dass die Tarifvertragsparteien den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung der Protokollerklärung nicht willkürlich gewählt haben. Die Wahl des Stichtags „1. Januar 2008“ ist noch sachlich vertretbar. Zum 1. Januar 2008 haben die Tarifvertragsparteien eine Vielzahl von Vorschriften des TVÜ-VKA und des TVöD durch den ÄTV Nr. 2 und den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 31. März 2008 zum TVöD geändert, aufgehoben oder in Kraft gesetzt.
ee) Schließlich mussten die Tarifvertragsparteien auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes die Neufassung der Protokollerklärung rückwirkend zum 1. Oktober 2007 in Kraft setzen. Bei Unterbrechungen nach dem 30. September 2007 hatten Beschäftigte bis zum Abschluss des ÄTV Nr. 2 am 31. März 2008 von der in § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA aufgestellten allgemeinen Regel auszugehen, dass der TVÜ-VKA nur Anwendung findet, wenn das Arbeitsverhältnis über den 1. Oktober 2005 hinaus ununterbrochen fortbesteht, und damit grundsätzlich jede rechtliche Unterbrechung für die Anwendung des TVÜ-VKA schädlich ist (vgl. Senat 27. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 16, BAGE 128, 317).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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