Entscheidungsdatum: 13.12.2012
1. Auf die Revision der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2012 - 20 Sa 47/11 - aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer für die Beklagte zu 1. erklärten ordentlichen betriebsbedingten Beendigungskündigung.
Die Beklagte zu 1., eine Aktiengesellschaft nach griechischem Recht mit Sitz in Athen, ist eine ehemalige Fluggesellschaft, deren Hauptanteilseigner der griechische Staat war. Sie unterhielt in Deutschland eine Niederlassung in F mit 36 Arbeitnehmern. Daneben waren weitere 33 Arbeitnehmer in den Stationen Mü, S, B und D tätig. An allen Standorten bestand ein Betriebsrat, zudem war ein Gesamtbetriebsrat gebildet.
Nach Einleitung mehrerer Verfahren wegen unionsrechtswidriger Beihilfen durch die Europäische Kommission wegen Leistungen des griechischen Staats an die Beklagte zu 1. fügte im Jahr 2008 der griechische Gesetzgeber mit Wirkung zum 23. Oktober 2008 mit Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 in das Gesetz 3429/2005 einen Art. 14 A über die Sonderliquidation öffentlicher Unternehmen ein. Auf der Grundlage eines solchen Sonderliquidationsverfahrens wurde die Beklagte zu 1. privatisiert. In der Folge stellte sie Ende September 2009 den Flugbetrieb weltweit ein. Auf Antrag der Griechischen Republik vom 24. September 2009 unterstellte das Berufungsgericht Athen (Efeteio) mit Beschluss vom 2. Oktober 2009 die Beklagte zu 1. der Sonderliquidation nach Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 und setzte die E S.A., eine Aktiengesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in Athen, als Liquidatorin ein.
Die Klägerin war seit April 1984 bei der Beklagten zu 1. bzw. deren Rechtsvorgängerin, der O A S.A., beschäftigt, zuletzt als teilzeitbeschäftigte Ticket- und Reservierungsagentin in der Station S. Das Kündigungsschutzgesetz fand Anwendung. Es war ein einköpfiger Betriebsrat gewählt. Die maßgeblichen Arbeitsbedingungen ergaben sich aus den im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Beschäftigungsbestimmungen. Gemäß Ziff. 20 dieser Bestimmungen galten sie für die im Anhang 1 aufgeführten Personengruppen, die örtlich in Deutschland durch die Beklagte zu 1. angestellt wurden. Dazu gehörte auch der Ticket Agent.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 leitete Rechtsanwalt G, der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1., die Anhörung des Betriebsrats der Station S zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ein. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009, das dem Vertreter der Beklagten zu 1. am selben Tag zuging, wies der Betriebsrat das Anhörungsschreiben nach § 174 BGB zurück.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2009, das der Klägerin am 30. Dezember 2009 zuging, kündigte Rechtsanwalt G „namens und in Vollmacht des Sonderliquidators“ das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31. März 2010. Im Betreff dieses Schreibens ist angegeben:
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„O S.A. ./. … |
hier: Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. |
Dem Kündigungsschreiben war eine von Herrn Ma für die E S.A. unterzeichnete, auf Rechtsanwalt G lautende Originalvollmacht beigefügt. Die Klägerin wies die Kündigung sowohl wegen fehlender Kündigungs- bzw. Vertretungsbefugnis als auch mangels Vollmachtsvorlage mit Schreiben vom 8. Januar 2010 zurück. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dieses Schreiben Rechtsanwalt G bereits am selben Tag per Fax oder erst am 11. Januar 2010 per Post zugegangen ist.
Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage, der eine Ablichtung des Kündigungsschreibens beigefügt war, wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses. Darüber hinaus macht sie Annahmeverzugsansprüche für die Zeit von April 2010 bis September 2011 sowie Schadensersatzansprüche wegen eines nicht gezahlten Arbeitgeberzuschusses zu einer Direktversicherung für denselben Zeitraum geltend. In der Klageschrift ist als Beklagte zu 1. die „E S.A., …, als Insolvenzverwalterin (‚Sonderliquidatorin’) über das Vermögen der Fa. O S.A.“ angegeben. Die Klägerin hat ua. - soweit für die Revision noch von Bedeutung - die Auffassung vertreten, die Kündigung sei mangels ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam. Der Betriebsrat habe die Anhörung unverzüglich nach § 174 BGB zurückgewiesen. Darüber hinaus sei die Beklagte zu 1. nicht kündigungsbefugt gewesen. Die E S.A. sei nicht wirksam als Sonderliquidatorin bestellt worden. Das Sonderliquidationsverfahren nach Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 sei kein Insolvenzverfahren iSd. Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO). Jedenfalls seien die deutschen Gerichte an die Eröffnung dieses Verfahrens nicht gebunden, weil dieses Verfahren zu einem Verstoß gegen den ordre public führe. Schließlich habe sie, die Klägerin, die Kündigung rechtzeitig nach § 174 BGB zurückgewiesen. Soweit sie ursprünglich auch die Beklagte zu 2. als angebliche Betriebserwerberin auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen hatte, hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die Klage zurückgenommen.
Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt
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1. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch die Kündigung vom 29. Dezember 2009 aufgelöst worden ist; |
für den Fall des Obsiegens mit dem Berufungsantrag zu 1.: |
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2. |
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Klägerin 34.980,00 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 13.039,00 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 21.941,00 Euro ab dem 1. Oktober 2011 zu bezahlen; |
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3. |
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an die Klägerin 1.404,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen. |
Die Beklagte zu 1. hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin, vertreten durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt P, Rechtsanwalt in Athen, fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift war nicht nur von Rechtsanwalt P, sondern darüber hinaus von dem auf dem Briefkopf aufgeführten Rechtsanwalt R, H, unterzeichnet. Rechtsanwalt P hat versucht, die Berufung am letzten Tag der bis zum Donnerstag, dem 11. August 2011, verlängerten Begründungsfrist per Telefax zu begründen. Ob bis zum Ablauf der Frist die technischen Signale dieses Faxes im Telefaxgerät des Berufungsgerichts vollständig gespeichert waren, hat das Landesarbeitsgericht nicht aufgeklärt. Es hat der Berufung stattgegeben, ohne sich mit der Zulässigkeit der Berufung näher zu befassen. Es hat die Kündigung für unwirksam gehalten, weil der Betriebsrat das Anhörungsschreiben nach § 174 BGB analog wirksam zurückgewiesen habe und deshalb keine wirksame Anhörung zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin erfolgt sei. Für die Beklagte zu 1. hat es die Revision zugelassen. Die Beklagte zu 1. begehrt mit ihrer Revision die Bestätigung der erstinstanzlichen Abweisung der Kündigungsschutzklage.
Mit Verfügung vom 26. November 2012 hat der Senat auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung hingewiesen. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und vorsorglich wegen der Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist beantragt und einen gleichlautenden Wiedereinsetzungsantrag beim Landesarbeitsgericht gestellt. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2012 hat sie Rechtsanwalt P den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.
Die Revision der Beklagten zu 1. ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung, die Kündigung sei nach § 102 BetrVG unwirksam, weil der Betriebsrat das Anhörungsschreiben wirksam nach § 174 BGB analog zurückgewiesen habe, konnte der Berufung nicht stattgegeben werden. Im Rahmen seiner weiteren Prüfung wird das Landesarbeitsgericht zunächst aufzuklären haben, ob die Klägerin ihre Berufung fristgerecht begründet hat.
A. Der Senat hat bei der Prüfung der Revision der Beklagten zu 1. zugunsten der Klägerin die Zulässigkeit ihrer Berufung unterstellt. Gleichwohl ist die Revision begründet. Die Kündigung vom 29. Dezember 2009 war nicht nach § 102 BetrVG unwirksam.
I. Die deutschen Gerichte sind auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig. Die Beklagte zu 1. als Schuldnerin ist, vertreten durch die E S.A. als Sonderliquidatorin, passivlegitimiert. Die Bestellung der E S.A. zur Liquidatorin sowie ihre Befugnisse und ihre Rechtsstellung beurteilen sich unabhängig davon, ob das Sonderliquidationsverfahren ein Insolvenzverfahren iSv. Art. 2 Buchst. a EuInsVO darstellt, nach griechischem Recht. Einer Vorlage nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung dieser Frage bedarf es darum nicht. Dies hat der Senat im Verfahren - 6 AZR 752/11 - mit Urteil vom 13. Dezember 2012 unter A und B der Gründe ausführlich dargelegt und nimmt darauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
II. Die Klägerin hat ungeachtet der von ihr gewählten Parteibezeichnung mit ihrer Klage die Beklagte zu 1. und damit die richtige Beklagte in Anspruch genommen. Nach den Grundsätzen zur Auslegung der Parteibezeichnung (dazu ausführlich BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - zu D I der Gründe) ist die unrichtige Bezeichnung der Beklagten zu 1. in der Klageschrift dahin auszulegen, dass sich die Klage von vornherein gegen die O S.A. unter Sonderliquidation, vertreten durch die Liquidatorin E S.A., gerichtet hat. Für die Beklagte zu 1. war erkennbar, dass die Kündigungsschutzklage gegen sie erhoben werden sollte. Dafür spricht insbesondere das der Klageschrift beigefügte Kündigungsschreiben. Daraus ist ersichtlich, dass die Kündigung unter dem Betreff „O S.A. ./. … hier: Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ erfolgt ist und der Unterzeichner die E S.A. „als Sonderliquidator“ über das Vermögen der O S.A. vertritt. Damit konnten bei objektiver Würdigung keine berechtigten Zweifel bestehen, dass sich die Klage von Anfang an gegen die Beklagte zu 1. und nicht gegen die E S.A., die die Kündigung nur als Vertreterin hat erklären lassen, richten sollte. Der Senat hat deshalb die ungenaue Parteibezeichnung richtiggestellt.
III. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Kündigung sei nach § 102 BetrVG unwirksam. § 174 BGB findet auf die Betriebsratsanhörung auch dann weder unmittelbar noch analog Anwendung, wenn wie im vorliegenden Fall die Anhörung durch einen betriebsfremden Rechtsanwalt erfolgt. Das hat der Senat im Verfahren - 6 AZR 348/11 - mit Urteil vom 13. Dezember 2012 ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug.
B. Wegen des Rechtsfehlers ist das angegriffene Urteil aufzuheben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung. Ihr Vorliegen ist deshalb von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., vgl. nur BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 6, EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 8). Das gilt auch dann, wenn das Landesarbeitsgericht die Berufung als zulässig angesehen hat (BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 109, 265). Der Senat kann nicht selbst beurteilen, ob die Berufung der Klägerin zulässig war. Der Rechtsstreit war deshalb zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Abhängig vom Ausgang der Prüfung über den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung wird das Berufungsgericht die Wiedereinsetzungsanträge der Klägerin zu bescheiden haben und gegebenenfalls die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Gründe, die nach deren Auffassung zur Unwirksamkeit der Kündigung führen sollen, sowie die geltend gemachten Zahlungsansprüche zu prüfen haben.
I. Die Zulässigkeit der Berufung bestimmt sich nach deutschem Prozessrecht. Nach den Regeln des deutschen internationalen Prozessrechts richtet sich das Verfahren auch in Fällen mit Auslandsberührung nach der lex fori, also nach dem Recht des angerufenen Gerichts und damit nach den inländischen Prozessvorschriften (vgl. BGH 14. Oktober 1981 - IVb ZB 718/80 - BGHZ 82, 34; 21. Dezember 1976 - III ZR 83/74 - WM 1977, 332).
II. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert nicht daran, dass dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Postulationsfähigkeit gefehlt hätte.
1. Rechtsanwalt P tritt in Deutschland mit dem Zusatz „Rechtsanwalt in Athen“ und damit als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt nach §§ 25 ff. des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) auf. Gemäß § 28 EuRAG darf er in gerichtlichen Verfahren mit Anwalts- und Vertretungszwang als Vertreter seines Mandanten nur im Einvernehmen mit einem zugelassenen Rechtsanwalt (Einvernehmensanwalt) handeln. Das Vorliegen dieses Einvernehmens ist gemäß § 29 Abs. 1 EuRAG bei der ersten Handlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachzuweisen. Dem dienstleistenden europäischen Anwalt fehlt ohne diesen Nachweis die Postulationsfähigkeit. Seine Handlungen sind gemäß § 29 Abs. 3 EuRAG auf Dauer unwirksam (Henssler/Prütting/Kilian 3. Aufl. § 29 EuRAG Rn. 3).
2. Der nach § 29 Abs. 1 EuRAG erforderliche Nachweis ist zwar gegenüber dem Berufungsgericht nicht durch ein gesondertes Schreiben eines Einvernehmensanwalts erfolgt. Für den Nachweis reicht es jedoch aus, dass die Berufungsschrift nicht nur von Rechtsanwalt P, sondern zusätzlich auch noch von Rechtsanwalt R unterzeichnet worden ist. Damit hat ein in Deutschland zugelassener Anwalt die Gewähr dafür übernommen, dass die nach dem deutschen Prozessrecht einzuhaltenden Vorschriften sowie die geltenden Berufs- und Standesregeln beachtet werden (vgl. EuGH 25. Februar 1988 - C-427/85 - [Kommission/Deutschland] Rn. 23, Slg. 1988, 1123). Das Verlangen, ein separates Schreiben vorzulegen, aus dem sich das Einvernehmen ergibt, wäre eine bloße Förmelei, die mit dem Zweck des EuRAG, auch dem europäischen dienstleistenden Anwalt im Interesse des freien Dienstleistungsverkehrs für Rechtsanwälte eine Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen, nicht im Einklang stünde.
3. Aus der Akte ist nicht ersichtlich, dass der Tätigkeitsschwerpunkt von Rechtsanwalt P in der Zeit seiner Bevollmächtigung durch die Klägerin nicht mehr außerhalb Deutschlands gelegen hätte und dieser deshalb seine Tätigkeit in Deutschland nicht nur vorübergehend iSv. § 25 Abs. 1 EuRAG erbracht hätte (zu den Anforderungen der vorübergehenden Tätigkeit Henssler/Prütting/Kilian 3. Aufl. § 25 EuRAG Rn. 2).
III. Der Senat kann nicht selbst feststellen, ob die Klägerin ihre Berufung innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG begründet hat. Die nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG verlängerte Frist ist am 11. August 2011 um 24:00 Uhr abgelaufen. Erst am 15. August 2011 ist per Post die Berufungsbegründung beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat jedoch am letzten Tag der Frist versucht, die Berufungsbegründung per Telefax an das Landesarbeitsgericht zu übermitteln. Ob bis zum Fristablauf auf diesem Wege ein Schriftsatz beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, der den an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung zu stellenden formellen und inhaltlichen Anforderungen entsprach, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Dies lässt sich aus dem Akteninhalt nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln.
1. Ein per Telefax übersandter Schriftsatz ist rechtzeitig bei Gericht eingegangen, wenn vor Ablauf des letzten Tages der Frist die gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät des Gerichts vollständig gespeichert waren (BGH 25. April 2006 - IV ZB 20/05 - Rn. 15 ff., BGHZ 167, 214; vgl. bereits BVerfG 1. August 1996 - 1 BvR 121/95 - zu B I der Gründe, AP ZPO 1977 § 233 Nr. 47 = EzA ZPO § 233 Nr. 37; BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu I der Gründe, BAGE 90, 329).
2. Nach dem Akteninhalt spricht viel dafür, dass es dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt P, nicht gelungen ist, bis zum Fristablauf eine vollständige, von ihm und Rechtsanwalt R unterschriebene Berufungsbegründung zu übermitteln.
a) Am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist, dem 11. August 2011, ist ausweislich der Vorakten erstmals um 23:47 Uhr ein 11-seitiges Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Dabei handelte es sich um die ersten 11 Seiten der Berufungsbegründung. Auf dem in der Akte befindlichen Faxausdruck ist in der Kopfzeile ein Aufdruck durch das Faxgerät des Landesarbeitsgerichts angebracht. Dort findet sich auf allen 11 Seiten links der Aufdruck „11.08.2011 23:47“, anschließend der Name und die Faxnummer von Rechtsanwalt P sowie rechts eine fortlaufende Nummerierung der 11 Seiten von „Seite: 001 von 011“ bis „Seite: 011 von 011“. Eine Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin befand sich weder auf der elften noch einer der vorhergehenden 10 Seiten. Die Seiten 1 bis 11 der Berufungsbegründung setzen sich ausschließlich mit den Ausführungen des Arbeitsgerichts zu einem Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2. auseinander.
Anschließend findet sich in der Akte ein Faxvorblatt mit dem Briefkopf von Rechtsanwalt P, der Anschrift des Landesarbeitsgerichts und dem Kurzrubrum des Verfahrens einschließlich Aktenzeichen. In der Kopfzeile dieses Vorblattes ist links der Aufdruck „12.08.2011 00:06“, anschließend wieder der Name und die Faxnummer von Rechtsanwalt P und der Zusatz „Seite: 001 von 029“ angebracht. Sodann folgen die Seiten 12 bis 16 der Berufungsbegründung, die ausweislich des Aufdrucks in der Kopfzeile am 12. August 2011 um 0:24 Uhr beim Landesarbeitsgericht eingegangen sind. Daran schließt sich ein Fehlerbericht vom 12. August 2011 um 0:28 Uhr an, wonach Seite 6 nicht empfangen sei. Als Folgeseite ist die nur unvollständig übermittelte Seite 17 der Berufungsbegründung (dh. die sechste Seite des Faxes, das um 0:24 Uhr beim Landesarbeitsgericht, beginnend mit Seite 12 der Begründung, eingegangen ist) abgeheftet. Die Seiten 12 bis 16 sowie die unvollständig übermittelte Seite 17 der Begründung sind fortlaufend mit „Seite: 001 von 019“ bis „Seite: 006 von 019“ überschrieben. Um 0:36 Uhr ist ein weiteres 14-seitiges Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Dabei handelt es sich um die Seiten 17 bis 20 der Berufungsbegründung mit Unterschriften von Rechtsanwalt P und Rechtsanwalt R sowie 10 Seiten Anlagen (Anlage K 14 bis K 20). Diese 14 Seiten sind per Faxaufdruck fortlaufend von „Seite: 001 von 014“ bis „Seite: 014 von 014“ nummeriert. Anschließend ist ein weiterer Fehlerbericht vom 12. August 2011 um 0:04 Uhr eingeheftet, wonach Seite 1 nicht empfangen worden sei. Um 0:53 Uhr ist schließlich ein 30-seitiges Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangen, bei dem es sich um die vollständige Berufungsbegründung nebst den Anlagen K 14 bis K 20 handelt. Dieses Fax ist fortlaufend mit dem Faxaufdruck „Seite: 001 von 030“ bis „Seite: 030 von 030“ sowie der Zeitangabe „00:53“ überschrieben.
b) Dieser Akteninhalt lässt darauf schließen, dass das Faxgerät des Landesarbeitsgerichts so eingestellt war, dass der Ausdruck nicht während des fortlaufenden Empfangs der technischen Signale, sondern jeweils nach vollständigem Empfang des zu übermittelnden Dokuments erfolgte bzw. nach Feststellung eines Übertragungsfehlers und bis dahin die gesendeten Daten im Faxgerät gespeichert wurden (vgl. dazu BGH 25. April 2006 - IV ZB 20/05 - Rn. 17, BGHZ 167, 214). Der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs der übermittelten Signale ist in der Kopfzeile des ausgedruckten Dokuments ausgewiesen. Anders dürfte es schwerlich zu erklären sein, dass die 11 ersten Seiten der Berufungsbegründung ebenso wie die 14 Seiten von Seite 17 der Berufungsbegründung bis zur Anlage K 20 sowie schließlich die 30 Seiten der vollständigen Begründung nebst Anlagen jeweils eine einheitliche Uhrzeit, nämlich 23:47 bzw. 0:36 bzw. 0:53 Uhr, als Empfangszeit ausweisen.
c) Bei Zugrundelegen dieses Akteninhalts wären bis zum Fristablauf die Seiten 12 bis 20, die die Berufung gegen die Beklagte zu 1. betreffen, nicht beim Faxgerät des Landesarbeitsgerichts eingegangen. Eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des Arbeitsgerichts, soweit sie die Wirksamkeit der von der Beklagten zu 1. erklärten Kündigung betrafen, wäre damit innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht erfolgt (vgl. zu diesen Anforderungen BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 7, EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 8). Darüber hinaus fehlte es an der gemäß § 130 Nr. 6 ZPO iVm. § 520 Abs. 5 ZPO erforderlichen eigenhändigen Unterschrift durch einen zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt unter der Berufungsbegründung als bestimmendem Schriftsatz (zu dieser nach st. Rspr. zu stellenden Anforderung zuletzt BAG 5. August 2009 - 10 AZR 692/08 - Rn. 17 ff., AP ZPO § 130a Nr. 1 = EzA ZPO 2002 § 130 Nr. 1; BGH 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11 - Rn. 6). Die Seite 20 der Berufungsbegründung, auf der sich die Unterschriften befinden, ist nach dem Akteninhalt erst nach 24:00 Uhr und damit nach Fristablauf auf dem Gerät des Landesarbeitsgerichts eingegangen. Ohne die Übermittlung der letzten Seite mit der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten ist eine per Telefax übersandte Berufungsbegründung nicht vollständig (BAG 27. Juni 2002 - 2 AZR 427/01 - zu 2 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 25 = EzA ZPO § 236 Nr. 6).
3. Die Klägerin hat jedoch auf den Hinweis des Senats vom 26. November 2012, nach dem Akteninhalt bestünden Zweifel, ob die Berufungsbegründung per Telefax vor Fristablauf eingegangen sei, geltend gemacht, die Berufungsbegründung sei noch am 11. August 2011 per Telefax vollständig beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
a) Sie hat mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 vorgetragen, dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei auf dessen telefonische Nachfrage am Folgetag von der Mitarbeiterin „der“ Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts versichert worden, das Telefax sei fristwahrend eingegangen. Auch sei auf dem Fax der Vermerk „1-fach“ angebracht. Dies erfolge nach der Praxis „der“ Geschäftsstelle nur bei vollständig übermittelten Telefaxen. Das sei dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. November 2012 von der Mitarbeiterin der Geschäftsstelle M mitgeteilt worden. Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, etwa um 22:45 Uhr sei am 11. August 2011 die Berufungsbegründung vollständig übermittelt worden, nur einige Seiten Anlagen hätten noch gefehlt, als die Übermittlung abgebrochen sei. Schließlich seien die übermittelten Seiten nicht so zur Gerichtsakte gelangt, wie sie am 11. August 2011 eingegangen seien. Die chronologische Reihenfolge des Faxeingangs sei offensichtlich nicht gewahrt. Es erscheine denkbar, dass die Geschäftsstelle der Übersichtlichkeit halber nur einen vollständigen Satz des Schriftsatzes zusammengestellt habe und die weiteren Faxsendungen nicht zur Akte genommen worden seien.
b) Die Klägerin beruft sich zum Beleg ihrer Behauptung, sie habe die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt, demnach auf Gerichtsinterna, die der Senat allein über die Einholung dienstlicher Äußerungen der Gerichtsverwaltung und der Bediensteten der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts und gegebenenfalls deren Vernehmung als Zeugen verifizieren könnte. Er sieht von derartigen Ermittlungen jedoch ab, weil das sachnähere Landesarbeitsgericht die erforderlichen Feststellungen, insbesondere die Prüfung, ob es denkbar ist, dass nicht alle per Fax übermittelten Seiten zur Akte gelangt sind, weitaus besser treffen kann. Der Klägerin darf zudem nicht die Möglichkeit genommen werden, dass das Landesarbeitsgericht aufgrund seiner größeren Sachnähe für die Klägerin günstigere Tatsachen ermittelt, als dies dem Senat möglich wäre, und die Frage, ob überhaupt eine Fristsäumnis vorliegt, günstiger beurteilt, als dies der Senat täte.
IV. Die Zurückverweisung ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Senat die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist unterstellen und der Klägerin Wiedereinsetzung in den Lauf dieser Frist bewilligen könnte. Dem Senat fehlt die Kompetenz, über die begehrte Wiedereinsetzung zu entscheiden.
1. Nach § 237 ZPO ist für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Gericht zuständig, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung, hier also die Berufungsbegründung, zusteht. Das ist hier das Landesarbeitsgericht. Diese Zuständigkeit gilt sowohl für einen ausdrücklich gestellten Wiedereinsetzungsantrag als auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO (BGH 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - NJW 1982, 1873). Zwar ist, wie ausgeführt, die Zulässigkeit der Berufung als Prozessfortführungsvoraussetzung vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass das Revisionsgericht die Prüfung der Wiedereinsetzung uneingeschränkt an sich ziehen könnte. Dem steht entgegen, dass nach § 238 Abs. 3 ZPO eine vom Berufungsgericht gewährte Wiedereinsetzung unanfechtbar und damit auch für das Revisionsgericht bindend ist. Mit der Entscheidungskompetenz des Berufungsgerichts ist für die fristsäumige Partei die Chance verbunden, mit bindender Wirkung Wiedereinsetzung bewilligt zu erhalten (BAG 4. Juni 2003 - 10 AZR 586/02 - AP InsO § 209 Nr. 2 = EzA InsO § 209 Nr. 1; BGH 12. Dezember 2000 - X ZB 17/00 -; 22. September 1992 - VI ZB 22/92 - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 24). Diese Chance darf ihr durch eine Entscheidung des Revisionsgerichts über die Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht genommen werden.
2. Eine Prüfung der Wiedereinsetzung durch das Revisionsgericht in einem bei ihm anhängigen Rechtsmittelverfahren kommt angesichts der grundlegenden Entscheidungskompetenz des Berufungsgerichts nur in Ausnahmefällen in Betracht.
a) Einen solchen Ausnahmefall hat die Rechtsprechung angenommen, wenn nach Aktenlage ohne Weiteres Wiedereinsetzung zu gewähren ist (BGH 22. September 1992 - VI ZB 22/92 - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 24), über das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen also kein Zweifel besteht. Das ist hier nicht der Fall. Die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 sowie von Rechtsanwalt P in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 30. November 2012 behaupteten Versuche, mit dem technisch intakten Telefaxgerät von Rechtsanwalt P die Berufungsbegründung am 11. August 2011 bereits ab 21:00 Uhr zu übermitteln, ergeben sich aus der Akte nicht. Insbesondere fehlt es an Fax-Sendeberichten, die diese Behauptung bestätigen würden. Rechtsanwalt P hat in seiner eidesstattlichen Versicherung vielmehr angegeben, sein Computer-Fax dokumentiere erfolglose Übermittlungsversuche nicht. Auch Fehlermeldungen des Faxgeräts des Landesarbeitsgerichts vom 11. August 2011 finden sich nicht in der Akte. Der behauptete Anruf von Rechtsanwalt P bei der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts am 12. August 2011 ist nicht dokumentiert.
b) Das Revisionsgericht kann außerdem selbst über die Wiedereinsetzung entscheiden, wenn das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft eine Entscheidung über den bei ihm gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung unterlassen hat (BGH 29. September 1993 - XII ZB 49/93 - NJW-RR 1994, 127) oder die Berufung verworfen und dabei den Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt hat (BGH 12. Dezember 2000 - X ZB 17/00 -). Auch diese Konstellationen liegen nicht vor.
c) Schließlich kann das Revisionsgericht ausnahmsweise selbst entscheiden, wenn die Entscheidung über die Revision materiell-rechtlich zum selben Ergebnis wie eine Versagung der Wiedereinsetzung führt. Dann kann die Wiedereinsetzung zugunsten der fristsäumigen Partei unterstellt werden (vgl. BAG 4. Juni 2003 - 10 AZR 586/02 - AP InsO § 209 Nr. 2 = EzA InsO § 209 Nr. 1). Ob die Klage unbegründet ist, kann der Senat nicht entscheiden, ohne in Beurteilungsspielräume des Landesarbeitsgerichts einzugreifen, die hinsichtlich der von der Klägerin gerügten Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung vorliegen, insbesondere hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Unverzüglichkeit der Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB.
C. Sollte das Landesarbeitsgericht zu der Erkenntnis gelangen, dass die Berufungsbegründungsfrist versäumt worden ist, wird es bei seiner dann erforderlichen Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den Lauf dieser Frist Folgendes zu beachten haben:
I. Der Wiedereinsetzungsantrag ist grundsätzlich unzulässig, weil in dem Zeitpunkt, in dem er gestellt worden ist, die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO verstrichen war.
1. Allerdings ist nach der Rechtsprechung § 234 Abs. 3 ZPO ungeachtet des absoluten Charakters dieser Bestimmung nicht anzuwenden, wenn die Überschreitung der Frist allein dem Gericht zuzurechnen ist. Das ist bejaht worden, wenn das Berufungsgericht innerhalb der Jahresfrist über ein Prozesskostenhilfegesuch nicht entschieden hat (BGH 20. Februar 2008 - XII ZB 179/07 - Rn. 15, MDR 2008, 642), wenn das Revisionsgericht erst nach mehr als einem Jahr bemerkt hat, dass die Revisionsbegründung nicht unterschrieben und die Revision deshalb unzulässig war (BAG 2. Juli 1981 - 2 AZR 324/79 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 35, 364), oder wenn das Landesarbeitsgericht nicht bemerkt hat, dass die Berufungsbegründungsfrist aufgrund der Übergangsvorschrift des § 26 EGZPO noch nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht zu berechnen war und einen ausdrücklichen Hinweis erteilt hatte, dass es die Berufung für zulässig halte (BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - zu II 1 d bb der Gründe, BAGE 109, 265).
2. Das Landesarbeitsgericht wird nach den von ihm anzustellenden weiteren Ermittlungen zu entscheiden haben, ob auch im vorliegenden Fall das Verstreichen der Jahresfrist allein in die Sphäre des Berufungsgerichts fiele. Das käme insbesondere in Betracht, wenn der Klägerin der Nachweis gelänge, dass ihr damaliger Prozessbevollmächtigter bei einer telefonischen Nachfrage eine unzutreffende Auskunft der Geschäftsstelle, die Berufungsbegründung sei fristgerecht vollständig per Telefax eingegangen, erhalten hat. Hat er dagegen eine solche Nachfrage, die sich angesichts der von ihm behaupteten vielfachen vergeblichen Versuche, den Schriftsatz zu übermitteln, aufgedrängt hätte, unterlassen, gereichte ihm dies zum Vorwurf (vgl. BGH 15. März 2000 - VIII ZR 217/99 - zu II 2 a der Gründe, NJW-RR 2000, 1591).
II. Die von der Klägerin vorsorglich beantragte Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGH 24. September 1986 - VIII ZB 42/86 - VersR 1987, 256). Dies steht im Einklang mit der Verfassung (BVerfG 18. Dezember 1972 - 2 BvR 756/71 - nv., zitiert nach BGH 24. September 1986 - VIII ZB 42/86 -).
III. Hält das Landesarbeitsgericht den Wiedereinsetzungsantrag für verfristet, wird es eine amtswegige Wiedereinsetzung prüfen müssen.
1. Ist wie im vorliegenden Fall die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO nachgeholt worden, kann Wiedereinsetzung gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch ohne Antrag gewährt werden. Das setzt jedoch voraus, dass innerhalb der Antragsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen aktenkundig oder angegeben und glaubhaft gemacht worden sind (BAG 27. Juni 2002 - 2 AZR 427/01 - zu 4 der Gründe, AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 25 = EzA ZPO § 236 Nr. 6; BGH 19. Mai 1978 - IV ZB 90/77 - VersR 1978, 825; 20. Januar 1983 - IX ZR 19/82 - VersR 1983, 376). Auch im Anwendungsbereich des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO müssen also die Wiedereinsetzungstatsachen nach § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO innerhalb der Antragsfrist dargelegt werden oder sich aus der Akte unmittelbar ergeben. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte lediglich das Erfordernis des Wiedereinsetzungsantrags entfallen lassen. Auch wenn eine Wiedereinsetzung von Amts wegen möglich ist, hat das Gericht nicht von Amts wegen Wiedereinsetzungsgründe zu ermitteln. Der Amtsermittlungsgrundsatz ist dem Zivilprozess fremd (BAG 6. Dezember 1979 - 2 AZB 9/79 - zu C II 2 der Gründe, AP ZPO § 236 Nr. 1 = EzA ZPO § 233 Nr. 1).
2. Das Landesarbeitsgericht wird prüfen müssen, ob unter Beachtung des Vortrags der Klägerin im Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 Wiedereinsetzungstatsachen aktenkundig waren, etwa durch den handschriftlichen Zusatz „zwischendurch Seiten unvollst., dann doppelt“ auf dem ersten Blatt der per Fax übermittelten Berufungsbegründung. Es wird weiter prüfen müssen, ob von dem Erfordernis, dass Wiedereinsetzungstatsachen aktenkundig sein müssen, eine Ausnahme zu machen ist, wenn Rechtsanwalt P auf eine telefonische Nachfrage durch Mitarbeiter der Geschäftsstelle die Auskunft erteilt worden sein sollte, die Berufungsbegründung sei fristgerecht eingegangen, so dass die Fristsäumnis durch die Klägerin erst durch den Hinweis des Senats vom 26. November 2012 erkennbar geworden wäre (vgl. dazu BAG 6. Dezember 1979 - 2 AZB 9/79 - zu C II 3 c der Gründe, AP ZPO § 236 Nr. 1 = EzA ZPO § 233 Nr. 1; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 236 Rn. 5).
3. Erschiene nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine unverschuldete Fristsäumnis lediglich als möglich, könnte Wiedereinsetzung nicht gewährt werden (BGH 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04 - zu II A 2 d der Gründe, NJW-RR 2005, 143).
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Reiner Koch |