Entscheidungsdatum: 17.11.2015
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 17. Februar 2015 dahin geändert, dass dieser Angeklagte wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.
Die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil entfallen.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten K. und die Revision des Angeklagten H. werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten K. "wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27.08.2014 bezüglich der gefährlichen Körperverletzung in Höhe von 9 Monaten Freiheitsstrafe und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt"; ferner hat es die Adhäsionsentscheidung aus jenem Urteil aufrechterhalten. Den Angeklagten H. hat das Landgericht wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen die Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel der Angeklagten; der Angeklagte H. beanstandet zudem das Verfahren. Die Revision des Angeklagten K. hat hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung und Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung Erfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch hinsichtlich der Tat vom 9. August 2014 richtet. Jedoch haben die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil keinen Bestand.
a) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde der Angeklagte K. am 27. Februar 2009 vom Amtsgericht Essen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt (Tatzeit: 9. November 2008). Auf die hiergegen eingelegte Berufung hin verurteilte das Landgericht Essen den Angeklagten am 27. August 2014 unter Einbeziehung einer Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. In diesem Strafbefehl war gegen den Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten (mit Bewährung) verhängt worden (Tatzeit: 13. Januar 2014). Den nunmehr abgeurteilten besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hat der Angeklagte am 9. August 2014 begangen.
b) Angesichts dieser Feststellungen war die nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 richtig; insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 Zäsurwirkung zukommt. Da die nunmehr abgeurteilte Tat aber erst nach diesem Strafbefehl vom 15. Juli 2014 begangen wurde, scheidet eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB aus.
In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die (zeitlich) erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass eine später begangene Straftat gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 4 StR 111/13, StraFo 2013, 345 f.). So verhält es sich hier. Damit ist eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB mit der verhängten Einzelstrafe für die am 9. November 2008 begangene, jedoch erst am 27. August 2014 abgeurteilte Tat ausgeschlossen; sie ist infolge der in diesem Urteil zutreffend gebildeten nachträglichen Gesamtstrafe gesamtstrafenrechtlich "verbraucht" und steht für eine erneute Gesamtstrafenbildung nicht mehr zur Verfügung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 4 StR 574/13 mwN).
2. Das Rechtsmittel des Angeklagten H. hat insgesamt keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO; vgl. zur Abgrenzung zwischen Raub und Diebstahl auch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2002 – 1 StR 47/02, NStZ 2003, 89, und vom 9. Juli 2013 – 3 StR 174/13, juris Rn. 8).
Zu der von diesem Angeklagten H. erhobenen Verfahrensrüge bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 14. September 2015, dass diese – soweit sie die Vorgänge in Zusammenhang mit der Nebenklage betrifft – bereits deshalb unzulässig ist, weil die Revision die Tatsachen nicht mitteilt, die für die Prüfung von Bedeutung sind, ob der Befangenheitsantrag rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt wurde (vgl. SSW-StPO/Widmaier, § 338 Rn. 23; Radtke/Hohmann/Nagel, § 338 StPO Rn. 37). Dass die Entscheidung des Landgerichts über das Ablehnungsgesuch den Antrag ohne nähere Ausführungen als "rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 StPO" erachtet, ersetzt den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO notwendigen Revisionsvortrag schon deshalb nicht, weil dem nach Beschwerdegrundsätzen entscheidenden Revisionsgericht im Rahmen des § 338 Nr. 3 StPO die umfassende Prüfung obliegt, ob das Ablehnungsgesuch "mit Unrecht" verworfen wurde, was auch bei einem als unbegründet zurückgewiesenen, tatsächlich jedoch bereits unzulässigen Antrag nicht der Fall ist (vgl. SSW-StPO/Widmaier, § 338 Rn. 21; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 338 Rn. 27 f.).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender