Entscheidungsdatum: 27.03.2019
Die auf sämtliche Zulassungsgründe gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde formuliert als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Frage,
ob eine Teilaufhebung eines bereits bestehenden Bebauungsplans im Wege des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB zulässig ist.
Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Sie würde sich in einem Revisionsverfahren allenfalls dann stellen, wenn sich die Antragsgegnerin auf die Aufhebung des Bebauungsplans "Unterhardt (beiderseits Hardtstraße)" im Bereich des Grundstücks der Beigeladenen im beschleunigten Verfahren beschränkt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat die Antragsgegnerin den genannten Bereich mit dem angefochtenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan neu überplant. Wie der Senat bereits entschieden hat (BVerwG, Urteil vom 10. August 1990 - 4 C 3.90 - BVerwGE 85, 289 <292>), verliert ein alter Bebauungsplan seine frühere rechtliche Wirkung, wenn eine Gemeinde diese Bauleitplanung ändert, insbesondere einen Bebauungsplan durch einen neuen ersetzt. Das folgt über § 10 BauGB aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz, dass die spätere Norm die frühere verdrängt (s. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19. April 2010 - 4 VR 2.09 - juris Rn. 2 und vom 1. Juli 2010 - 4 CN 2.09 - juris Rn. 3). Eines ausdrücklichen Aufhebungsbeschlusses bedarf es nicht. Wird ein solcher gleichwohl gefasst, kommt ihm rechtliche Wirkung nur dann zu, wenn die Gemeinde hierdurch vermeiden möchte, dass im Falle der Unwirksamkeit der späteren Norm die frühere Norm unverändert fort gilt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2017 - 4 B 24.16 - ZfBR 2017, 682 Rn. 4); andernfalls wirkt der Aufhebungsbeschluss nur deklaratorisch. Der Verwaltungsgerichtshof ist - auch mit Blick auf das beschleunigte Verfahren - von einer rechtswirksamen Überplanung ausgegangen. Durchgreifende Revisionszulassungsgründe sind nicht vorgetragen. Die aufgeworfene Frage stellt sich deshalb nicht.
2. Die geltend gemachte Abweichung von den Beschlüssen des Senats vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 - (Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27) und vom 30. Dezember 2009 - 4 BN 13.09 - (BauR 2010, 569) liegt nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Beschlüsse seiner Entscheidung ausdrücklich zugrunde gelegt (UA S. 16). Soweit die Beschwerde beanstandet, das Normenkontrollgericht habe in den Urteilsgründen diese Maßstäbe jedoch verkürzt und unvollständig und im Ergebnis damit gerade abweichend wiedergegeben, macht sie der Sache nach eine unterbliebene oder fehlerhafte Rechtsanwendung geltend, die nicht auf eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Rechtssatzdivergenz führt (BVerwG, Beschluss vom 27. Dezember 2017 - 2 B 18.17 - NVwZ-RR 2018, 439 = juris Rn. 16).
3. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Anspruch der Antragsteller auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) nicht verletzt.
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom Prozessstoff voraus. Darüber hinaus darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne einen vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 2009 - 5 C 24.08 - juris Rn. 34 sowie Beschlüsse vom 5. Juni 2014 - 5 B 75.13 - juris Rn. 12 und vom 8. Juli 2016 - 2 B 64.15 - juris Rn. 19, jeweils m.w.N.). Gemessen daran ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht dargelegt.
aa) Soweit die Antragsteller vortragen, dass weder das im Urteil in Bezug genommene, mehrere hundert Seiten umfassende "Handlungsprogramm Wohnen" der Antragsgegnerin noch die "Wohnungsbedarfsprognose für das Jahr 2030" in den Verfahrensakten enthalten oder in der mündlichen Verhandlung verlesen worden seien und sie daher keine Möglichkeit gehabt hätten, sich hierzu zu äußern, führt dies auf keinen Gehörsverstoß. Das "Handlungsprogramm Wohnen", zu welchem auch die Wohnungsbedarfsprognose 2030 gehört, wurde von den Antragstellern selbst in das Verfahren eingeführt (vgl. Schriftsatz vom 20. Oktober 2016, S. 2 sowie Anlage AS 1 "Vorhabenbezogener Bebauungsplan 'Unterhardt, 5. Änderung'"; Schriftsatz vom 26. März 2018, S. 3). Es nahm zudem in den Erwiderungen der Antragsgegnerin breiten Raum ein und wurde von dieser auszugsweise vorgelegt (Anlage AG 1 zum Schriftsatz vom 14. Dezember 2016). Das "Handlungsprogramm Wohnen" war damit Gegenstand des Normenkontrollverfahrens. Einer gesonderten Einbeziehung oder Verlesung durch den Verwaltungsgerichtshof bedurfte es nicht.
bb) Die weitere Rüge, die Berechnung der Bruttowohnfläche durch den Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil sei im Vergleich zu den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung überraschend, ist unsubstantiiert. Es fehlt an jeglicher Darlegung zu den diesbezüglichen Inhalten der mündlichen Verhandlung und der behaupteten Abweichung im angefochtenen Urteil.
b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt ferner, dass ein Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Daraus folgt jedoch nicht die Pflicht des Gerichts, jedes Vorbringen der Beteiligten zu bescheiden (stRspr, z.B. BVerwG, Beschluss vom 5. August 1998 - 11 B 23.98 - juris Rn. 9 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.> und vom 17. November 1992 - 1 BvR 168, 1509/89 und 638, 639/90 - BVerfGE 87, 363 <392 f.>). Allein aus dem Schweigen der Entscheidungsgründe zu Einzelheiten des Parteivortrags kann deshalb noch nicht der Schluss gezogen werden, das Gericht habe das Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann vielmehr nur festgestellt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt (stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1999 - 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 und vom 10. Januar 2017 - 4 BN 18.16 - juris
Der Vortrag der Antragsteller, dass die Antragsgegnerin das Interesse der Beigeladenen im Rahmen der Abwägung überproportional berücksichtigt habe, ist im Tatbestand des angegriffenen Urteils (UA S. 6) ausdrücklich erwähnt. Der Verwaltungsgerichtshof ist auf diesen Einwand auch im Rahmen der Prüfung der Wirksamkeit des angefochtenen Bebauungsplans eingegangen. Unter ausführlicher Darlegung der Zielsetzungen hat er im Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB festgestellt, es könne keine Rede davon sein, dass der angefochtene Bebauungsplan ausschließlich dazu diene, private Interessen zu befriedigen. Diesen Gedanken greift das Urteil im Rahmen der Abwägungsvorgangskontrolle wieder auf und führt aus, es könne keine Rede davon sein, dass das Planungsziel der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums und der Förderung preisgedämpften Mietwohnungsbaus durch den angegriffenen Bebauungsplan nicht erreicht werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof stellt schließlich fest, das geplante Gebäude der Beigeladenen besitze zwar eine erhebliche Baumasse, die die des Gebäudes der Antragsteller weit überschreite. Das für einen innerstädtischen Bereich nicht ungewöhnlich große Gebäude der Beigeladenen sprenge jedoch nicht den Rahmen der Umgebungsbebauung. Im Ergebnis ist der Verwaltungsgerichtshof somit davon ausgegangen, dass das Interesse der Beigeladenen aufgrund des erheblichen öffentlichen Interesses an der Planung nicht übergewichtet worden sei. Er hat damit den gegenteiligen Vortrag der Antragsteller hinlänglich bedient.
Der weitere Einwand, das Normenkontrollgericht habe das Vorbringen zu § 9 Abs. 1 Nr. 7 und 8 BauGB, die keine Ermächtigungsgrundlage darstellten, um unabhängig vom städtebaulichen Bodenrecht Investitionsförderung für private Bauträger via Verdreifachung der zulässigen Bruttowohngeschossfläche zu betreiben, übergangen, ist unsubstantiiert. Es ist nicht dargelegt, inwiefern es hierauf für die angefochtene Entscheidung ankommen soll, denn gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB ist die Gemeinde bei der Bestimmung, welches Vorhaben zulässig ist, nicht an die Festsetzungen nach § 9 BauGB und der nach § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung gebunden. Ein wesentlicher Unterschied zum qualifizierten Bebauungsplan liegt deshalb gerade in der gestalterischen Breite des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2018 - 4 BN 13.17 - ZfBR 2018, 376 Rn. 31).
Unsubstantiiert ist schließlich auch die Rüge, im Urteil werde nicht auf §§ 5, 10, 19 WoFG eingegangen. Es fehlt jede Darlegung zu der aus der materiell-rechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichtshofs zu beurteilenden Entscheidungserheblichkeit dieser Normen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.