Entscheidungsdatum: 16.07.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 399 51 820
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin Dr. Hoppe auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2013
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein auf §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG gestützter Löschungsantrag, dem die Markenabteilung stattgegeben hat.
Die Markeninhaberin hat am 25. August 1999 die Wortmarke
Schwabenstrom
angemeldet für die Dienstleistungen der Klassen 39, 40:
Erzeugung, Transport und Verteilung von elektrischer Energie, auch aus regenerativen Energieträgern gewonnen.
Die Markenstelle für Klasse 40 hat die Eintragung zunächst mit Beschluss vom 17. Oktober 2000 zurückgewiesen, weil das angemeldete Markenwort beschreibenden Charakter habe und ihm jegliche Unterscheidungskraft fehle. "Schwabenstrom" werde vom Verkehr lediglich als beschreibender Hinweis auf elektrische Energie aus oder für Schwaben verstanden. Die Verwendung von Herkunftshinweisen auf dem Stromsektor sei üblich, was sich in Begriffen, wie "Stadtstrom", "Münchenstrom", "Citystrom" etc. zeige. Nachdem die Markeninhaberin gegen diese Entscheidung Erinnerung eingelegt hat, hat der Erinnerungsprüfer diese mit Beschluss vom 7. September 2004 aufgehoben und hierzu ausgeführt, Strom werde ausweislich verschiedener Entscheidungen des BPatG nicht nach der Herkunft aus einer bestimmten Gebietskörperschaft benannt. Die Marke ist daraufhin am 24. November 2004 eingetragen worden.
Die Löschungsantragstellerin hat am 1. Oktober 2010 die Löschung der Marke wegen Schutzhindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 MarkenG beantragt. Die Markeninhaberin, der der Antrag am 4. November 2010 zugestellt worden ist, hat der Löschung am 1. Dezember 2010 widersprochen.
Mit Beschluss vom 25. Juli 2012 hat die Markenabteilung die Löschung der Marke "Schwabenstrom" angeordnet. Die Markenabteilung ist unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung (26 W (pat) 153/01 - "Schwabenwasser" und 29 W (pat) 111/06 - "Schwaben Bus") zu dem Ergebnis gelangt, dass der Marke das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegengestanden habe und stehe. Der Einwand, dass die Marke nicht für die Ware Strom, sondern für Dienstleistungen, nämlich: Erzeugung, Transport und Verteilung von elektrischer Energie, eingetragen sei, sei für die Beurteilung der Schutzfähigkeit unerheblich, da der in der Marke enthaltene Warenbegriff "Strom" Gegenstand der registrierten Dienstleistungen sei. Der Verkehr werde daher die Dienstleistungen mit dem Begriff "Strom" gleichsetzen. Zudem führten die entgegengehaltenen Eintragungen (angeblich) vergleichbarer Marken nicht zu einer anspruchsbegründenden Bindungswirkung seitens des DPMA. Der EuGH habe in der Entscheidung "Schwabenpost" klargestellt, dass eine nationale Behörde nicht verpflichtet sei, Eintragungshindernisse unberücksichtigt zu lassen und dem Antrag auf Eintragung deshalb stattzugeben, weil das Zeichen, dessen Eintragung als Marke begehrt werde, auf identische oder vergleichbare Art und Weise wie ein Zeichen gebildet werde, dessen Eintragung als Marke sie bereits gebilligt habe und das sich auf identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen beziehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie ist der Ansicht, die Markenabteilung habe nicht berücksichtigt, dass die Feststellung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sich strikt auf das angemeldete Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zu beziehen habe. Es sei nicht zu erwarten, dass der Verkehr "Schwabenstrom" als geografische Herkunftsangabe für die beanspruchten Dienstleistungen verstehe. "Schwabenstrom" werde von der Allgemeinheit auch nicht als Sachangabe benötigt. Allein der Umstand, dass der Verkehr das Zeichen als Sachangabe verstehe, genüge nicht für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses. Die Löschung dürfe auch nicht auf ein hypothetisches Freihaltungsbedürfnis gestützt werden. An einem aktuellen Freihaltungsbedürfnis fehle es indes, weil das Zeichen "Schwabenstrom" bis heute nicht beschreibend verwendet werde.
Die Markeninhaberin beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung vom 25. Juli 2012 aufzuheben.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und meint, der Eintragung der Marke "Schwabenstrom" stand und stehe ein Interesse der Allgemeinheit an der Nutzung des Zeichens entgegen, da es einen Hinweis auf den Herkunfts- oder Erbringungsort einer bestimmten Versorgungsleistung enthalte. Ein aktuelles Freihaltungsbedürfnis ergebe sich bereits aus dem beschreibenden Charakter des Zeichens, der schon zum Eintragungszeitpunkt vorgelegen habe.
Der Senat hat die Beteiligten unter Vorlage von Belegen aus der Internetrecherche des Senats (im Folgenden zitiert als "Anlagen") auf mögliche Löschungsgründe nach §§ 50, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG hingewiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig aber erfolglos.
Die von der Markenabteilung angeordnete Löschung ist gem. § 50 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG berechtigt, denn das angegriffene Zeichen ist entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 MarkenG eingetragen worden und das Schutzhindernis besteht auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung (§ 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG), so dass die Marke aufgrund des fristgerecht gestellten (§ 50 Abs. 2 S. 2 MarkenG) Löschungsantrags wegen Nichtigkeit zu löschen ist.
1.
Das Zeichen "Schwabenstrom" hätte nicht eingetragen werden dürfen, weil es bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung und Eintragung ausschließlich aus einer Angabe bestanden hat, die geeignet war, Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bezeichnen. Das Schutzhindernis besteht bis heute fort.
a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Bei der Auslegung der absoluten Eintragungshindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der MarkenRL (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG) das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) - EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der MarkenRL zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) - ADIDAS II; EuGH MarkenR 2012, 147 (Nr. 32) - NAI-Der Natur-Aktien-Index). Es gibt nämlich - insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs - Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) - BIOMILD; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 265 m. w. N.).
Abzustellen ist dabei auf die Auffassung des beteiligten inländischen Verkehrs, wobei dieser alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) - Henkel; EUGH GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 19) - Maglite; BGH GRUR 2009, 411 (Nr. 8) - STREETBALL).
Die hier verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen richten sich an allgemeine Verkehrskreise und Fachverkehrskreise. Auszugehen ist von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rd. 30 ff.).
b) Das Zeichen "Schwabenstrom" setzt sich aus der geografischen Angabe "Schwaben" und der Warenangabe "Strom" zusammen. "Schwaben" ist die Bezeichnung für eine geografische Region in Südwestdeutschland (DUDEN-Online) und bezeichnet zudem eine bestimmte Volksgruppe, die in Schwaben angesiedelt ist bzw. einen schwäbischen Dialekt spricht. "Strom" ist elektrische Energie. Die Wortkombination beschreibt daher abstrakt betrachtet Strom aus oder für Schwaben. Dabei entspricht die Verknüpfung einer geografischen Bezeichnung mit einem Substantiv den grammatikalischen Regeln der deutschen Sprache (z. B.: Frankenwein, Bayernmilch; Schwabenkinder).
Das Zeichen ist daher geeignet, die hier maßgeblichen Dienstleistungen, die die Erzeugung von elektrischer Energie und damit von Strom, dessen Transport oder Verteilung betreffen, im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu beschreiben. Zum einen kann das Zeichen darauf hinweisen, dass die auf Strom bezogenen Dienstleistungen von einem Unternehmen mit Sitz in der Region Schwaben erbracht werden. Zum anderen kann das Zeichen die Dienstleistungen dahingehend beschreiben, dass Strom in bzw. für die Region Schwaben erzeugt oder verteilt wird bzw. nach Schwaben transportiert wird. Der Bestandteil "Schwaben" ist daher geeignet, als geografische Herkunftshinweis (Strom aus Schwaben) oder als geografische Bestimmungsangabe (Strom für Schwaben) verstanden zu werden, der Begriff "Strom" bezeichnet den Gegenstand der Dienstleistungen. Das Zeichen war daher sowohl zum Zeitpunkt der Anmeldung und Eintragung und ist auch heute geeignet, die geografische Herkunft der Dienstleistungen und deren Gegenstand zu beschreiben.
Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin steht dem Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch nicht entgegen, dass die Region Schwaben keine fest umrissenen Grenzen hat und zudem auch eine Volksgruppe bezeichnet. Der Umstand, dass das beanspruchte Zeichen neben dem dargelegten Inhalt auch andere Deutungen zulassen könnte, vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zu überwinden, es besteht vielmehr schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat (EuGH GRUR 2004, 146 (Rd. 32) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) - BIOMILD; BGH GRUR 2012, 276 (Nr. 8) - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.). Die Annahme einer beschreibenden Sachangabe setzt im Übrigen auch nicht voraus, dass der Wortbegriff feste begriffliche Konturen hat (BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15) - SPA II; vgl. BGH GRUR 2000, 882 f. - Bücher für eine bessere Welt).
Es kommt für das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch nicht darauf an, ob das Zeichen tatsächlich verwendet wird, ob es branchenüblich oder lexikalisch nachweisbar ist (BGH GRUR 2012, 276 (Nr. 8) - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.). Sowohl nach der Formulierung der entsprechenden Norm im Markengesetz als auch nach der rechtlichen Grundlage in Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL genügt es vielmehr, wenn die Angaben zur Beschreibung von Waren und Dienstleistungen "dienen können", ohne dass bereits eine tatsächliche Verwendung erfolgt sein müsste (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor). Hiermit wird klargestellt, dass bereits die bloße Eignung einer Angabe oder eines Zeichens zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 30) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 12) - SPA I). Hintergrund ist die Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren mögliche künftige beschreibende Verwendung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 241). Bei geografischen Herkunftsangaben kommt es darauf an, ob diese einen Ort bezeichnen, der von den angesprochenen Verkehrskreisen mit der maßgeblichen Ware oder Dienstleistung in Verbindung gebracht werden kann bzw. ob dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist (EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 31, 37). Zur Prüfung bedarf es daher lediglich einer realitätsbezogenen Prognose, die auch mögliche, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende, zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt, welche eine beschreibende Verwendung der betreffenden Angabe vernünftigerweise erwarten lassen.
Ein Bedürfnis für eine beschreibende Verwendung ist vorliegend ohne weiteres zu bejahen, da Schwaben eine sehr bekannte Region Deutschlands ist, in der eine Vielzahl von Unternehmen unterschiedlichster Branchen angesiedelt sind. Die Kombination der Wortelemente erschöpft sich in ihrem Aussagegehalt zudem lediglich in der Summe der Einzelbestandteile mit den in ihnen verkörperten Sachinformationen zur Beschreibung der angemeldeten Dienstleistungen (vgl. ebenso: BPatG 26 W (pat) 153/01 - Schwabenwasser; BPatG 26 W (pat) 156/01 - Schwabengas). Es ist daher zu erwarten, dass ein Bedarf besteht, auch die Wortkombination zur prägnanten Beschreibung der betroffenen Dienstleistungen zu nutzen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die geografische Lage eines Unternehmens, das elektrische Energie erzeugt, transportiert oder verteilt für den angesprochenen Verkehr - entgegen der Auffassung der Markeninhaberin - von erheblicher Bedeutung sein kann (vgl. dazu Anlagen 1 - 7 aus der Internetrecherche des Senats). Zum einen kann bei der Energieerzeugung, insbesondere regenerativer Energie, eine bestimmte geografische Lage des Unternehmens und seiner Anlagen eine gewichtige Rolle spielen. Zum anderen spielt der regionale Bezug gerade im Zusammenhang mit der Erzeugung, Verteilung und dem Transport für Verbraucher eine wesentliche Rolle, da sie eher geneigt sein können, einem regionalen Anbieter zu vertrauen oder bestimmte Vorteile, wie Kundennähe, günstige Preise, Zuverlässigkeit etc. damit zu verbinden. Dies belegt auch die eigene Internetseite der Markeninhaberin, die den regionalen Bezug ihres Unternehmens werbewirksam hervorhebt.
Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin steht einem Freihaltungsbedürfnis auch nicht entgegen, dass aktuell keine rein beschreibende Verwendung des Zeichens feststellbar ist. Zum einen genügt - wie dargelegt - die bloße Eignung eines Zeichens zur Merkmalsbeschreibung für das Vorliegen eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und damit auch für eine Löschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG. Zum anderen ist davon auszugehen, dass sich Wettbewerber - trotz der Regelung in § 23 Nr. 2 MarkenG - scheuen, ein Zeichen zu verwenden, das als Marke für eine wirtschaftlich starkes Unternehmen eingetragen ist, mit dem rechtliche Auseinandersetzungen drohen. Im Übrigen belegen die von der Markeninhaberin und vom Senat vorgelegten Anlagen, dass es eine Vielzahl von Anbietern gibt, die ähnlich gebildete Zeichen ("Friesenstrom", "Hessenstrom", bayernstrom; "schwaben strom bio") nutzen, um auf einen bestimmten geografischen Bezug ihrer energiebezogenen Dienstleistungen hinzuweisen.
Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin bestand ein derartiges Interesse an der Freihaltung der angegriffenen Bezeichnung auch bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung und Eintragung, weil der Gesetzgeber den Strommarkt bereits 1998 auf der Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes (Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung) liberalisiert hat. Dieses Gesetz hat es Stromanbietern ermöglicht, ihre Leistungen auch überregional, also unabhängig von ihrem Standort anzubieten. Damit stellte die regionale Herkunft eines Stromanbieters (Erzeugung, Transport oder Verteilung von Strom) schon im Jahre 1998 einen maßgeblichen Wirtschaftsfaktor dar, der mit einem Bedürfnis der Allgemeinheit einhergeht, Zeichen freizuhalten, die geeignet sind, auf derartige Faktoren hinzuweisen.
Es ist auch unerheblich, dass sich das freizuhaltende Merkmal auch anderweitig, z. B. "Strom aus Schwaben", beschreiben ließe. Für die Schutzfähigkeit kommt es nämlich nicht darauf an, ob mögliche Wettbewerber auf das begehrte Zeichen angewiesen sind oder ob noch andere gleichwertige oder sogar gebräuchlichere Ausdrücke zur Verfügung stehen (EuGH GRUR 2004, 674 (57, 101) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 42) - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2010, 503 (Nr. 38) - Patentconsult; BGH GRUR 2006, 760 (Nr. 13) - LOTTO).
2.
Der angegriffenen Wortmarke steht zudem das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, weil es ihr an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt.
Einer Wortmarke, die im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, fehlt nach der Rechtsprechung des EuGH zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) - Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) - BIOMILD). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es nämlich keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) - VISAGE; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) - FUSSBALL WM 2006 m. w. N.).
3.
Soweit die Markeninhaberin auf Voreintragungen Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass diese keine Bindungswirkung haben (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 (Nr. 17, 18) - Schwabenpost m. w. N.; BGH GRUR 2008, 1093 (Nr. 8) - Marlene Dietrich-Bildnis; zuletzt: BGH GRUR 2011, 230 - SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 - Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Ausgehend von Art. 20 Abs. 3 GG ist die recht-sprechende Gewalt allein an Recht und Gesetz gebunden, nicht aber an vorangehende Entscheidungen eines Amtes, dessen Tätigkeit gerade überprüft werden soll. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt zudem, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Lediglich ergänzend ist daher anzumerken, dass das DPMA eine Vielzahl von Marken, die dem Zeichenbildungsprinzip der angegriffenen Marke entsprechen, für Dienstleistungen der Klassen 39 und 40 zurückgewiesen hat (z. B.: "Lippe Strom", "Sachsen Strom").
4.
Es besteht kein Anlass, eine von der Regel des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abweichende Kostenentscheidung zu treffen.
5.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG liegen nicht vor, da es sich vorliegend weder um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung handelt noch eine uneinheitliche Rechtsprechung vorliegt.
Der Senat hat die Bedeutung eines Zeichens, das sich aus einer geografischen Herkunftsangabe und dem Gegenstand der Dienstleistungen zusammensetzt, in Übereinstimmung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechungspraxis definiert und unter § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 50 Abs. 1, 2 MarkenG subsumiert. Offene Rechtsfragen bestehen in diesem Zusammenhang nicht. Auch die von der Markeninhaberin aufgeworfene Frage, ob § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eine tatsächliche beschreibende Verwendung des Zeichens erfordert, um ein Freihaltungsbedürfnis zu bejahen, ist bereits in einem Vorlageverfahren beim EuGH (GRUR GRUR 1999, 723 - Chiemsee) geklärt worden.