Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.03.2017


BPatG 23.03.2017 - 30 W (pat) 7/15

Markenbeschwerdeverfahren – "Internationale Kneipp-Aktionstage/KNEIPP" – originäre Kennzeichnungsschwäche - infolge Benutzung durchschnittliche Kennzeichnungskraft - Übernahme in jüngere Kombinationsmarke: Wahrnehmung in beschreibendem Sinne und nicht als Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke – keine Prägung des Gesamteindrucks durch Übernahme in die jüngere Marke – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne durch selbständig kennzeichnende Stellung - kein Bekanntheitsschutz


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
23.03.2017
Aktenzeichen:
30 W (pat) 7/15
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2017:230317B30Wpat7.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

KNEIPP

Der Grundsatz, dass eine von Hause aus kennzeichnungsschwache, jedoch infolge Benutzung durchschnittlich kennzeichnungskräftige ältere Marke im Falle ihrer Übernahme in eine jüngere Kombinationsmarke deren Gesamteindruck prägen kann, ist nicht anzuwenden, wenn der angesprochene Verkehr das übernommene Zeichen im Kontext der jüngeren Kombinationsmarke lediglich in beschreibendem Sinne und nicht als Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke versteht (Fortführung von BGH GRUR 2013, 833 – Culinaria/Villa Culinaria).

In diesem Fall scheidet auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne und ein Bekanntheitsschutz aus.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 062 575

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

I. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

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Internationale Kneipp-Aktionstage

3

ist am 26. Oktober 2010 angemeldet und am 14. Februar 2011 unter der Registernummer 30 2010 062 575 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden für die Dienstleistungen der

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„Klasse 41: Erziehung; Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten

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Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen

6

Klasse 44: Medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“.

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Gegen diese Marke, deren Eintragung am 18. März 2011 veröffentlicht worden ist, ist Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 30. Mai 1996 angemeldeten und am 7. April 1998 eingetragenen Marke 396 24 268

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KNEIPP

9

die - nach einer mit Wirkung vom 1. Juni 2016 erfolgten Teillöschung - noch für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 11, 31, 35, 39, 41, 43 und 44 Schutz genießt:

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„Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; kosmetische Badezusätze, Badesalze, Ölbäder, Kräuterduschen; Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Duftsprays, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Hautmilch, Hautcremes, Haarwässer, alle diese Waren auch mit Kräutern; Zahnputzmittel, Zahn- und Mundwässer; insbesondere unter Verwendung von Heilpflanzen und Heilkräutern gewonnene Arzneimittel in Form von Bonbons, Pillen, Dragees, Pulvern, Packungen, Salben, Balsamen, Ölen, Tropfen und Säften; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege insbesondere unter Verwendung natürlicher, aus Pflanzen gewonnener Präparate; phytotherapeutische Heilmittel; Krankendiätmittel, insbesondere diätetische Nährmittel für Kranke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; medizinische Drogentees; medizinischer Essig, medizinische Weine, Kräuteressenzen mit Alkohol für medizinische Zwecke; Honigmet für medizinische Zwecke; Heilmittelsäfte, auch Pflanzensäfte; medizinische Mischgetränke aus den vorstehenden Getränken; medizinischer Honig; bestimmte Heilmittelextrakte, Kräutertinkturen; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke (soweit in Klasse 5 enthalten) zur Bedarfsbefriedigung des menschlichen Körpers an Vitaminen, Mineralien, Fasern und/oder Ballaststoffen; für den persönlichen Gebrauch bestimmte Deodorants, Deodorant-Sprays und medizinische Badezusätze; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, insbesondere Geräte und Anlagen für die Hydrotherapie wie Ganzkörperwannen, Sitzwannen, Fußwannen, Armwannen, Wassertretanlagen, Duschen und Einrichtungen zur Verabreichung von Wassergüssen; Saunaausstattungen, Ganzkörper-Dampf- und Tieftemperaturanlagen für den menschlichen Gebrauch; Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; teils getrocknete, teils konservierte Kräuter, Blüten, Blätter, Beeren und Wurzeln; lebende Tiere; frisches Obst und Gemüse; Sämereien und lebende Pflanzen, insbesondere Heilkräuter und Heilkräutersamen; Futtermittel, Malz; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Transport von pflegebedürftigen Personen in Kuranstalten und Kurorten; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen; Materialbearbeitung; Information und Beratung über Arzneipflanzen und Diät sowie Wasser- und Heilkräuterkuren durch die Herausgabe von Texten; Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Hydro-, Phyto-, Bewegungs-, Ernährungs- und Ordnungstherapie, insbesondere für Ärzte, Heilpersonen, Heilhilfspersonen und Bademeister; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege; Kurdienstleistungen in Bade- und Kuranstalten sowie Sanatorien; Heilbehandlung zur Prävention, Rehabilitation, sowie Wasseranwendung, Verabreichung von Bädern, insbesondere Kräuterbädern, Trinkkuren mit Kräuter-, Tee- und Pflanzensäften; Bewegungstherapie, Ernährungs- und Diättherapie, Ordnungstherapie; Sammeln von Informationsmaterial über Therapieerfahrungen mit Wasser- und Heilkräuter-Kuren insbesondere für Kurärzte, Ärzte für Naturheilverfahren, Kuranstalten; Information und Beratung über Arzneipflanzen und Diät sowie Wasser- und Heilkräuterkuren; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft“.

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Mit Beschluss vom 5. Dezember 2014 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen, da eine Verwechslungsgefahr zwischen den Kollisionsmarken nicht vorliege.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, zwar begegneten sich die Vergleichsmarken bei identischen Dienstleistungen; jedoch verfüge die Widerspruchsmarke KNEIPP nur über eine geringe Kennzeichnungskraft. Bei Pfarrer Sebastian Kneipp handele es sich um einen bekannten Namensträger, der die nach ihm benannten Behandlungsmethoden (darunter gezielte Behandlungen mit Wasseranwendungen, Pflanzenwirkstoffen sowie Bewegungs- und Ernährungsempfehlungen) begründet habe. Die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise würden der Widerspruchsmarke daher lediglich den Hinweis entnehmen, dass die mit der Marke gekennzeichneten Dienstleistungen mit den Behandlungsmethoden Kneipps in Zusammenhang stünden. Aber selbst bei Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke liege aufgrund des deutlichen Abstands in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht keine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken vor. Der Bestandteil „Kneipp“ nehme innerhalb der angegriffenen Marke keine prägende und auch keine selbständig kennzeichnende Stellung ein, da dieser für die maßgeblichen Dienstleistungen beschreibend sei und zudem zusammen mit den weiteren Bestandteilen „Internationale“ und „-Aktionstage“ eine Sinneinheit bilde, die insgesamt als Sachhinweis wahrgenommen würde. Der Verkehr werde das Zeichen daher als einen einheitlichen Begriff auffassen und sich nicht nur an einem einzelnen Bestandteil orientieren.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

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Sie trägt vor, entgegen der Auffassung der Markenstelle verfüge die Widerspruchsmarke von Haus aus nicht nur über eine geringe, sondern über eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das Deutsche Patent- und Markenamt selbst habe in anderer Sache (mit nicht rechtskräftigem Beschluss vom 29. März 2014, Az: 30 2011 027034.1) entschieden, dass die Widerspruchsmarke nicht erheblich geschwächt sei. Das Zeichen KNEIPP sei als berühmter Name absolut betrachtet kennzeichnungskräftig und daher von Haus aus von durchschnittlichem Schutzumfang.

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Hinzu trete, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund tatsächlicher Benutzung erheblich gesteigert sei. Die Widersprechende stelle seit über 100 Jahren „Produkte zur Gesundheitspflege“ (z. B. Gesundheitstees, Nahrungsergänzungsmittel) und „Pflegeprodukte“, wie z. B. Erkältungsbäder, her. Der Umsatz der Widersprechenden mit diesen Produkten habe sich in den letzten fünf Jahren auf durchschnittlich … Euro belaufen. Auch bewerbe die Widersprechende ihre Produkte umfangreich im Fernsehen, auf „Social Media Kanälen“ und in nahezu allen namhaften Zeitschriften, wobei sich die jährlichen Ausgaben der Widersprechenden für Werbeanzeigen auf durchschnittlich … Euro beliefen. Der Verkehr, dem die Widerspruchsmarke in der Werbung, in Drogeriemärkten, Supermärkten sowie in eigenen „Kneipp-Shops“ und im Online-Shop der Widersprechenden entgegen trete, nehme die Bezeichnung KNEIPP somit als eine prominente Marke wahr. Nicht zuletzt sei die Widerspruchsmarke von der unabhängigen Organisation „Superbrands“ in den Jahren 2007 und 2009 als eine der „stärksten deutschen Marken“ ausgezeichnet worden. Wie sehr sich die Widerspruchsmarke bei den angesprochenen Verkehrskreisen als Handelsname, ohne Bezug zu Pfarrer Sebastian Kneipp, etabliert habe, gehe auch aus den zu den Akten gereichten Presseartikeln hervor. Aber auch in Zusammenhang mit den hier relevanten Dienstleistungen habe die Widerspruchsmarke eine „hohe“ Kennzeichnungskraft. So stehe die Widersprechende, was die Dienstleistungen „Erziehung“ und „Ausbildung“ betreffe, bundesweit mit über 75 Kindergärten und Schulen in lizenzvertraglichen Beziehungen. Des Weiteren biete sie in einem Kneipp-Shop Dienstleistungen in den Bereichen Kosmetikbehandlung, Bäder, Massagen, Pediküre und Fußpflege an, was der Zeuge R…, der auch für die dargelegten Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen benannt ist, bezeugen könne.

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Angesichts der dargelegten Umsatzzahlen, Werbeaufwendungen sowie unter Berücksichtigung der zu den Akten gereichten Unterlagen besitze die Widerspruchsmarke eine „hohe“, zumindest aber gesteigerte Kennzeichnungskraft, die dazu führe, dass der Bestandteil „Kneipp“ die angegriffene Marke präge, während die weiteren Wortelemente dahinter zurücktreten würden.

17

Von einem einheitlichen Gesamtbegriff sei, entgegen den Ausführungen der Markenstelle, bereits deshalb nicht auszugehen, weil der Durchschnittsverbraucher die weiteren Bestandteile „Internationale“ und „-Aktionstage“ als unmittelbar beschreibend wahrnehme. Für den Verbraucher werde bei einem Gesamtbegriff „Internationale XY-Aktionstage“ immer und alleine maßgeblich sein, worum es sich bei diesem „XY“ handele. Gegen ein Verständnis als feststehender einheitlicher Begriff spreche auch die bei der angegriffenen Marke naheliegende Tendenz zur Verkürzung. Die Durchschnittsverbraucher würden sowohl mündlich als auch schriftlich nicht durchgehend von „Internationalen Kneipp-Aktionstagen“ sprechen, sondern dies auf „Kneipp-Aktionstage“, „Kneipp-Aktion“, „Kneipp-Tage“ o. ä. verkürzen. Der einzige Bestandteil, der hierbei nicht weggelassen werden könne, sei der Bestandteil „Kneipp“, was verdeutliche, dass die angegriffene Marke alleine von diesem geprägt sei.

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Damit bestehe unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren - namentlich der Identität der Dienstleistungen, einer „hohen“, mindestens aber gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und schließlich einer „hohen“ Zeichenähnlichkeit - Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Zudem handele es sich bei der Widerspruchsmarke um eine bekannte Marke gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG, deren Wertschätzung und Unterscheidungskraft die angegriffene Marke ohne rechtfertigenden Grund beeinträchtige.

19

Die Widersprechende beantragt,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Dezember 2014 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 062 575 Internationale Kneipp-Aktionstage wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 24 268 anzuordnen.

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Die Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie hat auf die Beschwerde nicht schriftsätzlich erwidert. Im Amtsverfahren hat sie vorgetragen, eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken liege nicht vor. Bereits für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Markeninhaberin um einen gemeinnützigen Verein handele, der seit Jahrzehnten die idealistische Kneipp-Bewegung im internationalen Bereich vertrete, während seitens der Widersprechenden KNEIPP-Produkte erwerbswirtschaftlich, also mit Gewinnerzielungsabsicht, hergestellt und vertrieben würden. Die Markeninhaberin benutze die Marke ausschließlich für die Propagierung bestimmter Präventionsmaßnahmen im Rahmen jährlich stattfindender Treffen ihrer ehrenamtlichen, in Untergliederungen organisierten Vereine sowie gesundheitsbewusster Gäste. Aus Sicht des unbefangenen Betrachters gehe es somit gerade nicht darum, Heilmittel, wie sie die Widersprechende herstelle und vertreibe, zu bewerben, sondern im Vordergrund stehe alleine die öffentlichkeitswirksame Verbreitung der „Fünf-Elementen-Lehre“ des Pfarrers Sebastian Kneipp. Die Marke sei insoweit für Veranstaltungen zum Erfahrungsaustausch der idealistischen, auch international ausgerichteten Kneipp-Bewegung entwickelt worden. Zu Unrecht versuche die Widersprechende, den Begriff „Kneipp“, der auf den im 19. Jahrhundert wirkenden Pfarrer Kneipp aus Bad Wörishofen zurückgehe, für eigene Zwecke zu monopolisieren.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

25

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht; auch auf den Löschungsgrund des Sonderschutzes der bekannten Marke gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG vermag sich die Widersprechende nicht mit Erfolg zu berufen. Daher hat die Markenstelle den Widerspruch aus der Marke 396 24 268 zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).

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1. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2015, 794, Nr. 23 - Loutfi/Meatproducts u. a.; GRUR 2013, 923, Nr. 34 - Specsavers-Gruppe/Asda; GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA BECKER; BGH GRUR 2017, 75, Nr. 16 - Wunderbaum II; GRUR 2016, 1300, Nr. 44 - Kinderstube; GRUR 2015, 176, Nr. 9 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488, Nr. 9 – DESPERADOS/DESPERADO). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z.B. BGH GRUR 2017, 75, Nr. 16 - Wunderbaum II; GRUR 2016, 1300, Nr. 44 - Kinderstube; GRUR 2015, 176, Nr. 9 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488, Nr. 9 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2014, 382, Nr. 14 - REAL-Chips).

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Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den genannten Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht zu besorgen.

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2. Ausgehend von der maßgeblichen Registerlage begegnen sich die Vergleichszeichen allerdings, wie auch die Markenstelle zutreffend zugrunde gelegt hat, im Zusammenhang mit identischen Dienstleistungen. Die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“ und der Klasse 43 „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ sind identisch in den jeweiligen Verzeichnissen der Vergleichsmarken enthalten. In Klasse 44 lassen sich die angegriffenen Dienstleistungen „Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“ unter den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Oberbegriff der „Gesundheits- und Schönheitspflege“ subsumieren. Schließlich umfasst der von der angegriffenen Marke weiterhin in Klasse 44 beanspruchte weite Oberbegriff der „Medizinischen Dienstleistungen“ die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zur „ärztlichen Versorgung“ wie auch zur „Gesundheitspflege“, so dass auch insoweit Dienstleistungsidentität besteht. Ohne Einfluss ist demgegenüber der Vortrag der Markeninhaberin zu ihrer gemeinnützigen Ausrichtung; die Umstände der tatsächlichen Markenbenutzung bzw. das Argument, dass die Vergleichsmarken auf unterschiedlichen Märkten bzw. zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt würden, sind in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl. m. w. N. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 9 Rn. 100 und § 14 Rn. 254).

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3. Mit der Markenstelle ist ferner davon auszugehen, dass die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang auf ein Minimum reduziert ist.

30

a) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. BGH GRUR 2017, 75, Nr. 19 - Wunderbaum II; GRUR 2016, 382, Nr. 31 - BioGourmet). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (vgl. BGH GRUR 2014, 382, Nr. 26 - REAL-Chips; GRUR 2013, 833, Nr. 34 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2013, 631, Nr. 59 -  AMARULA/Marulablu; GRUR 2012, 1040, Nr. 30 f. - pjur/pure).

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b) Nach diesen Grundsätzen ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im vorliegend relevanten Dienstleistungsbereich von Haus aus als weit unterdurchschnittlich einzustufen (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Denn der Name KNEIPP entfaltet für die hier relevanten Dienstleistungen eine beschreibende Funktion entfaltet (vgl. BPatG, Beschl. v. 15.9.2016, 30 W (pat) 41/14 - Wort-/Bildmarke ORIGINAL Kneipp SEIT 1855).

32

Bei dem Wort KNEIPP handelt es sich zwar um einen für sich gesehen von Haus aus unterscheidungskräftigen Namen bzw. Namensbestandteil. Der Verkehr verbindet mit diesem Namen jedoch vor allem die Person des in Deutschland nach wie vor bekannten katholischen Pfarrers Sebastian Kneipp, der im 19. Jahrhundert die schon im Altertum geübte Wasserbehandlung wieder aufgenommen und hierzu ein eigenes System entwickelt hat. Die nach ihm benannte Kneipp-Medizin oder Kneipp-Therapie ist ein Behandlungsverfahren, das Wasseranwendungen, Pflanzenwirkstoffe sowie Bewegungs- und Ernährungsempfehlungen beinhaltet. Diese können sowohl vorbeugend (präventiv) als auch zur Behandlung bestehender Erkrankungen (kurativ) eingesetzt werden. Anwendung finden diese Therapien häufig im Rahmen sog. „Kneipp-Kuren“, welche vielerorts, oftmals auch in darauf spezialisierten Kurorten, so insbesondere in Bad Wörishofen, dem langjährigen Wirkungsort Pfarrer Kneipps und Sitz des Markeninhabers, angeboten werden. Mit den von Pfarrer Kneipp entwickelten (Hydro)Therapien beschäftigt sich auch eine Vielzahl sog. „Kneipp-Vereine“ (vgl. zum Ganzen ausführlich und m. w. N. BPatG, a. a. O., 30 W (pat) 41/14 - Wort-/Bildmarke ORIGINAL Kneipp SEIT 1855).

33

c) Die Widerspruchsmarke beansprucht in den hier relevanten Klassen 41 und 44 Schutz für Dienstleistungen, welche sich ihrem Gegenstand und Inhalt nach mit den Lehren und/oder Therapien des Pfarrers Kneipp befassen können und für die sich der Name KNEIPP zu einer gattungsbegrifflichen Bezeichnung entwickelt hat. Wird aber der (von Haus aus unterscheidungskräftige) Name einer natürlichen Person als Bezeichnung für eine bestimmte Therapie, Behandlungsmethode usw. benutzt und auch so verstanden, entfaltet dieser Begriff im Zusammenhang mit den entsprechenden Dienstleistungen eine beschreibende Funktion (vgl. BGH GRUR 2003, 436, 439 - Feldenkrais).

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Was die in Klasse 43 beanspruchten Dienstleistungen „Verpflegung“ und „Beherbergung von Gästen“ betrifft, können diese selbst zwar nicht die Verfahren oder Therapien nach Pfarrer Kneipp zum Gegenstand haben. Sie können aber in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Behandlungsverfahren insoweit stehen, als sie speziell auf solche (Kur)Therapien ausgerichtet und/oder in die (Kneipp-)Behandlungsverfahren und Kurtherapien integriert sind, so dass insoweit jedenfalls ein enger beschreibender Bezug besteht (vgl. BPatG, a. a. O., 30 W (pat)41/14 - Wort-/Bildmarke ORIGINAL Kneipp SEIT 1855).

35

d) Soweit sich die Widersprechende demgegenüber die Argumentation des Deutschen Patent- und Markenamts in einem anderen Verfahren (mit nicht rechtskräftigem Beschluss vom 29.3.2014, Az: 30 2011 027034.1) zu eigen macht, greift dies nicht durch. Sofern in dem zitierten Beschluss einerseits festgehalten wird, dass „Kneipp“ als Wort jedenfalls vom (medizinischen) Fachverkehr sachbezogen verstanden werde, kann dies bereits für sich alleine für die Annahme einer mangelnden Unterscheidungskraft bzw. hier einer minimalen Kennzeichnungskraft ausreichen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 41), wobei allerdings davon auszugehen ist, dass auch die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise das Markenwort im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang ausschließlich beschreibend im Sinne einer gattungsbegrifflichen Bezeichnung verstehen werden. Die weitere Argumentation, dass „Kneipp“ und seine Behandlungsmethoden „umstritten“ gewesen seien und der Begriff daher „nicht nur den sachlichen Hinweis“, sondern auch „seine Ablehnung und Widerspruch“ beinhalte, führt von einem ohne weiteres erfassbaren, objektiv beschreibenden Charakter - eben als Hinweis auf die Behandlungsmethoden nach „Kneipp“, mögen diese auch mit Kritik verbunden sein - nicht weg.

36

e) Nach alledem ist der Widerspruchsmarke im relevanten Dienstleistungszusammenhang von Haus aus nur die schwächste (weit unterdurchschnittliche) Kennzeichnungskraft zuzumessen, da sie insoweit bereits im maßgeblichen Kollisionszeitpunkt als schutzunfähig einzustufen war (vgl. Hacker, in: Festschrift für Bornkamm, 2014, S. 575, 580).

37

4. Soweit sich die Widersprechende auf eine durch intensive Benutzung gesteigerte Verkehrsbekanntheit und Kennzeichnungskraft beruft, erscheint dies jedenfalls für den Bereich der hier relevanten Dienstleistungen der Klassen 41, 43 und 44 zweifelhaft. Im Ergebnis kann dies aber im vorliegenden Fall zugunsten der Widersprechenden unterstellt werden, was jedoch lediglich dazu führt, dass die ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche für die betreffenden Dienstleistungen als kompensiert anzusehen und der Widerspruchsmarke ein durchschnittlicher Schutzumfang zuzumessen wäre; im Einzelnen:

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a) Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft infolge gesteigerter Verkehrsbekanntheit bedarf es, sofern die Sachlage nicht offenkundig ist, hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geografischer Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive des Investitionsumfangs zur Förderung der Marke sowie gegebenenfalls zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH GRUR 2017, 75, Nr. 29 - Wunderbaum II; GRUR 2013, 833, Nr. 41 - Culinaria/ VillaCulinaria). Diese Voraussetzungen müssen bereits im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke (hier: 26. Oktober 2010) vorgelegen haben (vgl. BGH GRUR 2008, 903, Nr. 13 f. - SIERRA ANTIGUO) und bis zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehen (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 211). Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist von der Widersprechenden darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit die Benutzungslage nicht im Einzelfall amts- oder gerichtsbekannt ist (BPatG GRUR-RR 2015, 468, 469 - Senkrechte Balken).

39

b) Nach diesen Grundsätzen fehlt es für die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft von KNEIPP unmittelbar in den hier relevanten Dienstleistungsbereichen der Klassen 41, 43 und 44 bereits an einem hinreichend spezifizierten Vortrag der Widersprechenden. Zu einer Benutzung der Marke KNEIPP im Bereich der Dienstleistungen der Klasse 43 („Verpflegung“ und „Beherbergung von Gästen“) hat die Widersprechende nichts vorgetragen. Für die Dienstleistungen der Klasse 41 („Erziehung; Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“) reicht alleine die pauschale Darlegung, dass sie „bundesweit mit über 70 Kindergärten und Schulen in lizenzvertraglichen Beziehungen über die Benutzung der Widerspruchsmarke“ stehe, nicht aus. Das Gleiche gilt für die medizinischen Dienstleistungen der Klasse 44, wofür die Widersprechende lediglich vorgetragen und unter Zeugenbeweis gestellt hat, dass sie „in einem Kneipp-Shop Dienstleistungen in den Bereichen Kosmetikbehandlung, Bäder, Massagen, Pediküre und Fußpflege“ anbiete.

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Die des Weiteren zu den Akten gereichten Presseartikel beziehen sich nicht auf spezifische Dienstleistungen, wie auch die Auszeichnung der Marke KNEIPP in den Jahren 2007 und 2009 als eine der „stärksten Marken Deutschlands“ durch die unabhängige Organisation „Superbrands“ insoweit ohne Aussagekraft ist, zumal der zeitliche Abstand zum vorliegenden Entscheidungszeitpunkt knapp acht Jahre beträgt und zum anderen sog. Marken-Rankings, soweit für sie die tatsächlichen Grundlagen nicht offengelegt werden (vgl. BPatG, Beschl. v. 4.8.2011, 25 W (pat) 1/11 - NETZORANGE/ORANGE), für sich genommen grundsätzlich keinen Schluss auf eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft zulassen (vgl. m. w. N. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 159).

41

Spezifizierter hat die Widersprechende lediglich für den Bereich einiger der Widerspruchswaren der Klassen 3 und 5 („Mittel zur Körper- und Schönheitspflege (…)“; „pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege“) vorgetragen, wobei die Widersprechende, die ihren Vortrag insoweit unter Zeugenbeweis gestellt hat, in diesem Bereich unstreitig erhebliche Umsätze erzielt und auch erhebliche Werbeaufwendungen tätigt. Die Herstellung und der Verkauf derartiger Waren zur Körper- und Gesundheitspflege stellt nach dem Vortrag der Widersprechenden auch offensichtlich ihren Unternehmensschwerpunkt dar, während zu einem umfangreichen Auftreten der Widersprechenden unter der Marke KNEIPP als Dienstleister der Klassen 41, 43 und 44 weder hinreichend spezifiziert vorgetragen worden, noch dies sonst gerichtsbekannt ist.

42

c) Bei dieser Sachlage bestehen vorliegend allenfalls dafür Anhaltspunkte, dass die Widerspruchsmarke für die genannten Waren der Klassen 3 und 5 seit langem im Markt präsent ist und insoweit möglicherweise über eine durch umfangreiche und intensive Benutzung gesteigerte Verkehrsbekanntheit verfügt. Für die vorliegend relevanten Dienstleistungen der Klassen 41, 43 und 44 erscheint dies demgegenüber zweifelhaft. Insoweit kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die möglicherweise durch Benutzung erhöhte Kennzeichnungskraft von KNEIPP für Waren der Klassen 3 und 5 auf die hier relevanten Dienstleistungen ausstrahlt, da eine solche Ausstrahlungswirkung auf eng verwandte (Waren und) Dienstleistungen beschränkt ist (vgl. hierzu BGH GRUR 2012, 930, Nr. 71 - Bogner B/Barbie B; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 171), woran es vorliegend fehlt.

43

d) Alles dies kann aber letztlich dahinstehen. Auch wenn man zugunsten der Widersprechenden für sämtliche relevanten Dienstleistungen eine erhebliche Benutzung der Widerspruchsmarke zum maßgeblichen Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marke und zum Entscheidungszeitpunkt unterstellt und/oder von einer relevanten Ausstrahlung einer möglicherweise gesteigerten Kennzeichnungskraft für Waren der Klassen 3 und 5 auf den Dienstleistungsbereich ausgeht, führt dies im vorliegenden Fall lediglich dazu, dass die von Hause aus bestehende ausgeprägte Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke für die betreffenden Dienstleistungen als kompensiert anzusehen und von einem durchschnittlichen Schutzumfang auszugehen wäre. Die Annahme einer darüber hinaus gesteigerten, also einer überdurchschnittlichen oder gar weit überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft im Bereich der Klassen 41, 43 und 44 kommt bei der geschilderten Ausgangslage hingegen nicht in Betracht (vgl. zu verkehrsdurchgesetzten Marken BGH GRUR 2016, 197, Nr. 30 - Bounty; GRUR 2009, 672, Nr. 30 - OSTSEE-POST; GRUR 2007, 1066, Nr. 36 - Kinderzeit; Büscher, in: Festschrift für Ullmann, S. 129, 137 ff.)

44

5. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und selbst, soweit sich beide Marken in diesem Bereich nach der Registerlage auf identischen Dienstleistungen begegnen können, kann aber eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken nicht angenommen werden, da sie mangels Zeichenähnlichkeit ausscheidet.

45

a) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich der jeweilige Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen maßgeblich (vgl. z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 - MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 -ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr.15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2016, 382, Nr. 37 - BioGourmet; GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 - Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU).

46

b) Vergleicht man die Zeichen in ihrer Gesamtheit, besteht zwischen KNEIPP und Internationale Kneipp-Aktionstage offensichtlich keine hinreichende Zeichenähnlichkeit in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Die Marken sind durch die zusätzlichen Wortbestandteile („Internationale“, „-Aktionstage“) in der angegriffenen Marke, die weder überlesen noch überhört werden, leicht voneinander zu unterscheiden.

47

c) Jedoch hält die Widersprechende wegen der Übereinstimmung der Vergleichsmarken in „Kneipp“ eine Verwechslungsgefahr für gegeben, weil ihrer Ansicht nach dieser Bestandteil den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägt. Dem kann nicht beigetreten werden.

48

Allerdings ist allgemein anerkannt, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2013, 1239, Nr. 32 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2009, 772, Nr. 57 - Augsburger Puppenkiste). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 31 - MIXI; GRUR 2009, 1055, Nr. 23 - airdsl), so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. EuGH GRUR 2016, 80, Nr. 37 – BGW/Scholz; GRUR 2007, 700, Nr. 42 -HABM/Shaker, GRUR Int. 2010, 129, Nr. 62 - Carbonell/La Espanola; GRUR 2010, 1098, Nr. 56 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; GRUR 2008, 719, Nr. 37 - idw Informationsdienst Wissenschaft; GRUR 2010, 828, Nr. 45 - DiSC).

49

Der Bestandteil „Kneipp" der jüngeren Marke prägt diese jedoch nicht derart, dass die weiteren Bestandteile („Internationale“, „-Aktionstage“) im Rahmen des Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen würden.

50

Einer prägenden Wirkung von „Kneipp“ steht bereits entgegen, dass die Wortfolge Internationale Kneipp-Aktionstage vom Verkehr bei ungezwungener Betrachtung als geschlossener Gesamtbegriff wahrgenommen wird, wobei die weiteren Wortbestandteile („Internationale“, „-Aktionstage“) auf eine internationale Veranstaltung hinweisen, während das Element „Kneipp“ Merkmale und Eigenschaften der hiermit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen dahingehend beschreibt, dass diese sich ihrem Inhalt und/oder ihrer Thematik nach mit den Lehren des Pfarrers Kneipp und den von ihm entwickelten Behandlungsmethoden befassen. Derartige beschreibende bzw. sachbezogene Zusätze können ein Zeichen aber in der Regel nicht prägen, weil der Verkehr ihnen lediglich eine inhaltliche Sachaussage entnehmen wird, ohne darin eine Marke zu erkennen, die auf die Herkunft des Produkts hinweist (vgl. BGH GRUR 2007, 1071, Nr. 37 - Kinder II; GRUR 2013, 68, Nr. 43 - Castell/VIN CASTEL). Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann der Eindruck als einheitlicher Gesamtbegriff durchaus auch durch beschreibende Bestandteile vermittelt werden (BGH GRUR 2009, 772, Nr. 64 - Augsburger Puppenkiste; GRUR 2009, 1055, Nr. 30 - airdsl; BGH, Urt. v. 5. Februar 2009, I ZR 174/06, Nr. 32 - Metro/Metrobus). Vorliegend wird er einerseits durch die sprachliche Ausgestaltung (insbesondere die Schreibweise mit Bindestrich, vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 342, 344 - ASTRA/ESTRA-PUREN; GRUR 2009, 1055, Nr. 30 - airdsl; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 407), vor allem aber durch den aufeinander bezogenen Sinngehalt der Markenbestandteile bewirkt, so dass für den Verkehr keine Veranlassung besteht, sich nur an einem Markenbestandteil zu orientieren. Vielmehr bleibt es schlicht bei einem Gleichgewicht der Zeichenelemente.

51

d) Zu keinem anderen Ergebnis führt es entgegen dem Beschwerdevorbringen, wenn man im Hinblick auf die von der Widersprechenden geltend gemachte und vom Senat zu deren Gunsten angenommene, durch Benutzung auf ein durchschnittliches Niveau erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „KNEIPP“ in die Betrachtung miteinbezieht.

52

aa) Die Prüfung der prägenden Eigenschaft eines Markenbestandteils hat zwar grundsätzlich unabhängig von der Gegenmarke lediglich anhand der Gestaltung der betreffenden Marke zu erfolgen. Jedoch ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass bei Ähnlichkeit oder Identität eines oder mehrerer Bestandteile der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke deren kraft Benutzung im Kollisionszeitpunkt erworbene Kennzeichnungskraft auch bei der Prüfung, welche Bestandteile den Gesamteindruck der angegriffenen Marke bestimmen, von Bedeutung sein und dazu führen kann, dass dem entsprechenden Bestandteil auch dann ein Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnommen wird, wenn er ihm nicht isoliert, sondern als Bestandteil des jüngeren Zeichens entgegentritt (grundlegend BGH GRUR 2003, 880 - City Plus). Dabei kann im Einzelfall schon eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft dazu führen, dass diesem Bestandteil im angegriffenen Gesamtzeichen eine prägende Bedeutung zukommt (BGH GRUR 2013, 833, Nr. 48 - Culinaria/Villa Culinaria).

53

bb) Nach Auffassung des Senats müssen diese Grundsätze jedoch dann Grenzen unterliegen, wenn der Verkehr aufgrund der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls keine Veranlassung hat, die ältere Marke in der jüngeren Zeichenkombination als Hinweis auf den älteren Markeninhaber wiederzuerkennen (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 386 ff.).

54

So kann nach Auffassung des Senats eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der älteren Marke von vorneherein nur dann genügen, wenn es sich um ein von Haus aus schwaches oder schutzunfähiges Kennzeichen handelt, das erst durch Benutzung bzw. Verkehrsdurchsetzung diese durchschnittliche Kennzeichnungskraft erlangt hat (was im Fall „Culinaria/Villa Culinaria“ der Fall war). Denn im anderen Fall einer Marke, die zwar von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftig, aber noch gar nicht oder nur geringfügig benutzt worden ist, besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Verkehr die ältere Marke in der jüngeren Zeichenkombination wiedererkennt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 387). Ferner wird man nach Auffassung des Senats fordern müssen, dass die ältere Marke in identischer oder jedenfalls sehr ähnlicher Form in das jüngere Kombinationszeichen aufgenommen worden ist (vgl. hierzu im Einzelnen Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 388, 389). Diese Voraussetzungen sind vorliegend allerdings erfüllt.

55

Darüber hinaus muss jedoch berücksichtigt werden können, dass eine ältere Marke im Kontext der jüngeren Kombinationsmarke einen anderen Sinngehalt oder einen anderen Stellenwert erhalten kann, so dass der betreffende Markenbestandteil - ungeachtet der Übernahme in identischer oder sehr ähnlicher Form - insoweit nicht mehr als Hinweis auf den älteren Markeninhaber verstanden wird. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die jüngere Kombinationsmarke als geschlossener Gesamtbegriff mit einer einheitlichen begrifflichen Aussage erscheint (vgl. BGH GRUR 2009, 484, Nr. 34 - Metrobus; BPatG GRUR 2005, 772, 773 - Public Nation/PUBLIC; EuG GRUR-RR 2009, 167, Nr. 55-60 - torre albéniz). Auch wenn es sich bei der älteren Marke um eine von Haus aus gänzlich schutzunfähige Angabe handelt, die lediglich im Wege der Verkehrsdurchsetzung durchschnittliche Kennzeichnungskraft erlangt hat, wird eine Prägung der jüngeren Kombinationsmarke durch ein hiermit übereinstimmendes Zeichenelement ausscheiden müssen, wenn das durchgesetzte ältere Zeichen in der jüngeren Kombination auf seinen beschreibenden Kern zurückgeführt ist (vgl. BPatG GRUR 1996, 128, 130 - Plak Guard/GARD; BPatG BlPMZ 1994, 365 (Ls) - HEKU-Car-Camper/Camper; BPatG, Beschl. v. 19.1.2012, 29 W (pat) 7/10 - regio-Post/POST; BPatG, Beschl. v. 12.12.2013, 27 W (pat) 90/12 - sailing-chiemsee/ CHIEMSEE; OLG Köln GRUR-RR 2002, 130, 132 - Focus; OLG Köln MarkenR 2005, 153, 156 - Telekom; ähnlich auch BGH GRUR 1990, 37, 39 - Quelle; vgl. zum Ganzen auch Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 390 m. w. N.).

56

cc) Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall. Denn wenngleich Kneipp in die jüngere Marke aufgenommen ist - und man für den relevanten Dienstleistungszusammenhang eine durch Benutzung erworbene durchschnittliche Kennzeichnungskraft unterstellt - hat der angesprochene Verkehr keinerlei Veranlassung, die ältere Marke in der jüngeren Zeichenkombination Internationale Kneipp-Aktionstage als solche zu erkennen und als Hinweis auf die Widersprechende wahrzunehmen. Dem steht - wie bereits dargelegt - entgegen, dass Kneipp in die angegriffene Marke eingebettet und im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang ausschließlich auf seine beschreibende Bedeutung zurückgeführt ist. So verbindet sich Kneipp in der Zusammensetzung Internationale Kneipp-Aktionstage mit den weiteren Wortelementen zu einem sinnfälligen, geschlossenen Gesamtbegriff, dem der Verkehr auf Anhieb und ausschließlich eine einheitliche begriffliche Aussage entnehmen wird. Werden die relevanten Dienstleistungen mit der angegriffenen Marke gekennzeichnet, wird der angesprochene Verkehr die Wortfolge ohne Weiteres als Hinweis auf eine einem internationalen Teilnehmerkreis geöffnete Veranstaltung („Internationale Aktionstage“) und hiermit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen verstehen, welche sich ihrem Gegenstand und Inhalt nach mit den Lehren und/oder Therapien des Pfarrers Kneipp befassen. Weder wird der Verkehr die Marke, wie es die Widersprechende vorträgt, „verkürzt“ auf den Bestandteil „Kneipp“ wahrnehmen oder wiedergeben, noch wird er, da der Sachhinweis auf eine Veranstaltung zu dem Thema (Behandlungsmethoden nach) „Kneipp“ eindeutig im Vordergrund steht, den Markenbestandteil als Hinweis auf die ältere Markeninhaberin oder deren Produkte verstehen.

57

Daher wird die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil Kneipp geprägt, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke nicht in Betracht kommt.

58

6. Eine Gefahr, dass die Zeichen gedanklich unter dem Aspekt des Serienzeichens miteinander in Verbindung gebracht werden, § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbs. MarkenG, scheidet ebenso aus. Dieser Art der Verwechslungsgefahr, die erst zu prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen nach ihrem Gesamteindruck nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind, steht bereits entgegen, dass die Widersprechende zu einer entsprechenden Zeichenserie und deren Benutzung im Inland nichts vorgetragen hat. Ohne Benutzung einer solchen Markenfamilie ist aber nichts dafür ersichtlich, dass der Verkehr „Kneipp“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie auffasst. Die erstmalige Verwendung einer einzigen Marke gibt keinen Anlass, darin ein Stammzeichen zu sehen (vgl. BGH GRUR 2013, 840, Nr. 23 – PROTI II). Darüber hinaus steht der Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr entgegen, dass der Verkehr das angegriffene Zeichen „Internationale Kneipp-Aktionstage“ als Gesamtbegriff und nicht zergliedernd verstehen wird, was ihn von der Vorstellung wegführt, es handele sich um eine Serienmarke ein und desselben Unternehmens (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 40 - OSTSEE-POST).

59

7. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Bestandteil „Kneipp“ innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen würde, was die Bejahung einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne rechtfertigen könnte.

60

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesgerichtshofes ist es zwar möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042, Nr. 37 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 258, Nr. 33 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 903, Nr. 33 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 905, Nr. 37 - Pantohexal; GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria). Insoweit bedarf es aber der Feststellung besonderer Umstände, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH GRUR 2013, 833, Nr. 50 - Culinaria/ Villa Culinaria).

61

Solche Umstände lassen sich vorliegend aber nicht feststellen. So handelt es sich bei den weiteren Bestandteilen der angegriffenen Marke („Internationale“, „-Aktionstage“) offensichtlich weder um ein Firmenkennzeichen noch um eine bekannte Marke oder einen bekannten Serienbestandteil der Inhaberin der angegriffenen Marke, welche dem Verkehr eine selbständig kennzeichnende Stellung von Kneipp nahe legen könnte (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 905, Nr. 38 - Pantohexal; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 463 m. w. N.). Im Übrigen steht der Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung wiederum entgegen, dass die ältere Marke in der angegriffenen Zeichenkombination auf einen bloß beschreibenden Sinngehalt zurückgeführt ist (vgl. BGH GRUR 1990, 37, 39 - Quelle; s. auch BGH GRUR 2009, 672, Nr. 36 - OSTSEE-POST).

62

8. Die Widersprechende kann die Löschung der jüngeren Marke schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3, 158 Abs. 2 MarkenG) verlangen.

63

a) Dabei kann die Frage der Bekanntheit der Widerspruchsmarke dahinstehen. Denn auch wenn die Widerspruchsmarke im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG bekannt wäre, kann aus einer an sich bekannten Marke grundsätzlich nicht gegen eine Benutzung für Waren und Dienstleistungen vorgegangen werden, für die die Marke - wie hier KNEIPP im Hinblick auf die vorliegend relevanten Dienstleistungen - eine beschreibende Angabe darstellt (vgl. BGH GRUR 1999, 992, 994 - BIG PACK; GRUR 1990, 37, 39 - Quelle; GRUR 1987, 711, 713 - Camel Tours; GRUR 1957, 87, 88 - Meisterbrand; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 14 Rn. 333).

64

b) Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen für den Löschungsgrund des Sonderschutzes der bekannten Marke nicht vor. Denn für diesen ist nicht alleine eine Ähnlichkeit der Zeichen notwendig; zudem ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes noch vor Prüfung der Eingriffstatbestände (d. h. vor der Feststellung einer eventuellen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft bzw. der Wertschätzung der bekannten Marke) zunächst festzustellen, ob der Verkehr zwischen dem angegriffenen Zeichen und der bekannten Marke eine gedankliche Verknüpfung vornimmt bzw. ob das angegriffene Zeichen geeignet ist, die bekannte Marke in Erinnerung zu rufen (vgl. etwa EuGH GRUR 2009, 56, Nr. 60 - Intel Corporation/CPM United Kingdom; w. N. bei Ströbele/Hacker, a. a. O., § 14 Rn. 329). Denn ohne diese Grundvoraussetzung kann es zu einer der genannten Beeinträchtigungen nicht kommen. Die Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung zwischen zwei Kennzeichen stattfindet, ist dabei unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Widerspruchsmarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (vgl. EuGH, GRUR 2004, 58, Rn. 30 - Adidas/ Fitnessworld; GRUR 2008, 503, Rn. 41 - adidas/Marca; GRUR 2009, 56, Rn. 41 f. - Intel Corporation/CPM United Kingdom; GRUR Int. 2011, 500, Rn. 56 - TiMi KINDERJOGHURT/ KINDER).

65

Nach Maßgabe dieser Grundsätze besteht vorliegend bereits deshalb keine Veranlassung für den Verkehr, eine gedankliche Verknüpfung zu der - unterstellt - bekannten Marke der Widersprechenden herzustellen, weil er die angegriffene Marke als einheitlichen Gesamtbegriff wahrnehmen und er ihr zudem im Hinblick auf die durch sie gekennzeichneten Dienstleistungen den dargelegten beschreibenden Aussagegehalt - im Sinne eines Hinweises auf eine internationale Veranstaltung zum Thema (Behandlungsmethoden nach) „Kneipp“ - entnehmen kann (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 367, 369 - duplo; vgl. auch BGH GRUR 2004, 600, 602 - d-c-fix/CD-FIX).

66

Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG nicht gegeben.

67

9. An diesem Ergebnis ändert auch die in der mündlichen Verhandlung sinngemäß geäußerte Erwägung der Widersprechenden nichts, wonach die Widersprechende grundsätzlich nichts gegen eine tatsächliche Verwendung der Bezeichnung „Internationale Kneipp-Aktionstage“ durch die Markeninhaberin habe, sie sich aber gegen die Eintragung dieser Bezeichnung als Marke wehren können müsse. Für eine derartige Differenzierung zwischen Registerstand und Benutzung besteht aber vorliegend keine Grundlage. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Springender Pudel“ (BGH GRUR 2015, 1114, Rn. 48 in Abgrenzung zu BGH GRUR 2005, 583, 584 - Lila-Postkarte) ausgeführt, dem durch die Eigentumsgarantie geschützten Inhaber einer bekannten Marke, der u. a. auch einen erheblichen Werbeaufwand zum Absatz seiner Waren betreibe, sei es nicht zuzumuten, dass ein Dritter unabhängig von der konkreten Art der Verwendung dauerhaft ein Registerrecht an einem Produktkennzeichen begründe, das in den Schutzbereich der Klagemarke eingreife und das er übertragen und lizenzieren könne (selbst wenn, wie im dortigen Fall, das Zeichen in humorvoller oder ähnlicher Weise auf die bekannte Marke anspiele und als Markenparodie in den Schutzbereich der Kunstfreiheit falle).

68

Der vorliegende Fall liegt aber anders, da der Verkehr - wie dargelegt und anders als im Fall „Springender Pudel“ - bereits keine gedankliche Verknüpfung zwischen den Vergleichszeichen herstellen wird und insoweit die Grundvoraussetzungen des Sonderschutzes der bekannten Marke § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG nicht gegeben sind. Auf die Frage, ob vorliegend eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannten Marke „ohne rechtfertigenden Grund“ erfolgt ist, wobei im Rahmen dieses Prüfungspunktes die Abwägung der in Rede stehenden Grundrechte der Beteiligten eine Rolle spielen kann, kommt es demnach nicht an.

69

10. Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

70

11. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

71

12. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war geboten. Vorliegend kommt es entscheidungserheblich auf die Frage an, ob der Grundsatz der Einbeziehung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Ermittlung der prägenden Bestandteile eines jüngeren kombinierten Zeichens (wobei der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Culinaria/Villa Culinaria“ - BGH GRUR 2013, 833, Nr. 48 - schon eine durch Benutzung erworbene durchschnittliche Kennzeichnungskraft hat ausreichen lassen) im Einzelfall bestimmten Grenzen unterliegt. Der Senat nimmt dies, wie dargelegt, jedenfalls für solche Fallgestaltungen an, in denen der Verkehr aufgrund der Umstände des Einzelfalles keine Veranlassung hat, die ältere Marke in der jüngeren Zeichenkombination als Hinweis auf den älteren Markeninhaber wiederzuerkennen. Dies ist nach Auffassung des Senats vorliegend der Fall, weil das ältere Zeichen KNEIPP in der jüngeren Kombination auf seinen beschreibenden Kern zurückgeführt ist und zudem die jüngere Kombinationsmarke als geschlossener Gesamtbegriff mit einer einheitlichen begrifflichen Aussage erscheint. Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Culinaria/Villa Culinaria“ zum Ausdruck gebracht hat, ausgehend von einer zu Gunsten der dortigen Klägerin unterstellten, zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Zeichens „Culinaria“ für Lebensmittel, sei es „nicht ausgeschlossen“, dass dem Bestandteil innerhalb des angegriffenen Zeichens eine prägende Bedeutung zukomme, lässt dies nach Auffassung des Senats Raum für eine Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles, wobei der Bundesgerichtshof allerdings bisher über konkrete Ausnahmefälle noch nicht entschieden hat. Hierbei handelt es sich daher um eine Frage, die bisher nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen und insoweit von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

72

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.