Entscheidungsdatum: 18.10.2018
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2017 202 513.8
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Oktober 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, des Richters Merzbach sowie des Richters Dr. Meiser
beschlossen:
1. Der Antrag der Anmelderin, ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 29. November 2017 die Anmeldung der Marke 30 2017 202 513 wegen absoluter Schutzhindernisse teilweise zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Anmelderin am 4. Dezember 2017 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden.
Mit einem am 4. Januar 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Telefax vom selben Tag hat die Anmelderin gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr in Höhe von 200,- € wurde jedoch erst am 5. Januar 2018 auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben.
Daraufhin ist der Anmelderin mit einem am 15. Mai 2018 zugestellten Bescheid des Bundespatentgerichts vom 9. Mai 2018 mitgeteilt worden, dass die Beschwerdegebühr nicht bis zum Ablauf der am 4. Januar 2018 24.00 Uhr endenden Zahlungsfrist gezahlt worden sei, weshalb festzustellen sein werde, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gelte.
Mit am 16. Juli 2018 eingegangenem Telefax vom selben Tage hat die Anmelderin Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Anmelderin am 3. Januar 2018 die für die Buchhaltung und die Ausführung von Überweisungen zuständige Mitarbeiterin angewiesen habe, die Beschwerdegebühr auf das Konto des Deutschen Patent- und Markenamts bei der Bundeskasse zu überweisen, was diese aber versehentlich nicht verlasst habe. Der Verfahrensbevollmächtigte habe daraufhin im Rahmen der Fertigstellung der Beschwerdeschrift am 4. Januar 2018 die Überweisung selbst veranlasst. Den Überweisungsbeleg habe er der per Fax übermittelten Beschwerdeschrift beigefügt, um zu dokumentieren, dass die Zahlung der Beschwerdegebühr innerhalb der nachgelassenen Frist ausgeführt worden sei. Da es sich um eine nicht mehr rückgängig zu machende Überweisung gehandelt habe, stehe dies entgegen dem Wortlaut in § 2 Nr. 2 PatKostZV einer Bareinzahlung gleich.
Zudem könne das Versehen der sorgfältig ausgewählten, zuverlässigen und überwachten Mitarbeiterin der Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin dieser nicht zugerechnet werden; insbesondere liege kein Organisationsverschulden auf Seiten der Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin vor. Vielmehr seien alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden, um eine ordnungsgemäße Einhaltung der Fristen sicherzustellen.
Mit Verfügung vom 6. September 2018 wurde die Anmelderin darauf hingewiesen, dass der Senat nach vorläufiger Prüfung beabsichtige, den Wiedereinsetzungsantrag im Hinblick auf die am 4. Januar 2018 noch mögliche rechtzeitige Einzahlung der Beschwerdegebühr durch Bareinzahlung oder Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats mit Angaben zum Verwendungszweck als unbegründet zurückzuweisen und festzustellen, dass die Beschwerde wegen nicht rechtzeitiger Einlegung der Beschwerdegebühr als nicht eingelegt gilt.
Die Anmelderin hat darauf mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2018 geltend gemacht, dass der gewählte Zahlungsweg einer (nicht widerrufbaren) Online-Überweisung mit gleichzeitigem Nachweis der Durchführung der Überweisung einer Zahlung durch Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats mindestens gleichstehe, da auch bei diesem die Forderung noch hätte eingezogen werden müssen, was aber am letzten Tag der Frist auch nicht mehr möglich gewesen wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Anmelderin hat zwar gegen den Beschluss der Markenstelle vom 29. November 2017 rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 66 Abs. 2 MarkenG Beschwerde eingelegt, ohne jedoch innerhalb der gemäß § 6 Abs. 1 PatKostG i. V. m. § 66 Abs. 2 MarkenG am 4. Januar 2018 endenden Frist auch die Beschwerdegebühr in Höhe von 200,00 EUR zu zahlen.
a. Diese Zahlungsfrist war nicht dadurch einzuhalten, dass die bevollmächtigten Rechtsanwälte, für deren Verhalten der Anmelder einzustehen hat (§ 85 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG), - ausweislich des in Kopie vorgelegten Überweisungsbelegs - am 4. Januar 2018, mithin am letzten Tag der Frist, ihre Bank beauftragt haben, den Gebührenbetrag an das Deutsche Patent- und Markenamt zu überweisen, und sich dies haben von der Bank bestätigen lassen.
b. Welche Zahlungswege und welche Bestimmung über den Zahlungstag für die an das Deutsche Patent- und Markenamt und das Bundespatentgericht zu zahlenden Kosten (Gebühren und Auslagen) gelten richtet sich nach der auf Grundlage des § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG erlassenen Patentkostenzahlungsverordnung (PatKostZV).
Nach § 2 Nr. 2 PatKostZV gilt bei Überweisungen als Zahlungstag der Tag, an dem der Betrag dem Konto der zuständigen Bundes-kasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben wird. Wenn die Gebühr wie vorliegend durch Banküberweisung bezahlt wird, ist die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr als eine gesetzliche Frist daher nur dann eingehalten, wenn sie spätestens am letzten Tag der Frist auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben ist. Aufgrund der eindeutigen und keiner einschränkenden Auslegung zugänglichen Bestimmung des § 2 Nr. 2 PatKostZV genügt daher entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht, dafür zu sorgen, dass vor Ablauf der einmonatigen Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr die Überweisung getätigt wird, und zwar unabhängig davon, ob diese – wie die Anmelderin geltend macht – nicht mehr rückgängig gemacht bzw. widerrufen werden kann.
c. Da die Beschwerdegebühr erst am 5. Januar 2018 gutgeschrieben wurde, ist die Zahlung verspätet erfolgt. Die Beschwerde gilt daher als nicht eingelegt (§ 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 2 PatKostG).
2. Der gegen die Versäumung dieser Frist gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar statthaft, insbesondere innerhalb der am Montag, dem 16. Juli 2018 ablaufenden zweimonatigen Wiedereinsetzungsfrist nach § 91 Abs. 2 MarkenG gestellt worden.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist jedoch unbegründet, da die Anmelderin schon nach ihren eigenen Darlegungen nicht ohne Verschulden verhindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 91 Abs. 1 S. 1 MarkenG). |
a. Ohne Verschulden ist eine Frist versäumt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall nach den subjektiven Verhältnissen des Betroffenen zumutbar war (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 91 Rn. 10 m. w. N.). Beurteilungsmaßstab ist, welche Vorkehrungen ein gewissenhafter Handlungspflichtiger in gleicher Lage gegen die Fristversäumung objektiv getroffen hätte und ob diese im Einzelfall von ihm erwartet werden konnten. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich (§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m§ 85 Abs. 2 ZPO). Die Rechtsprechung stellt dabei grundsätzlich hohe Sorgfaltsanforderungen an die Einhaltung von Fristen bei Patent- und Rechtsanwälten (vgl. m. w. N. Zöller/Greger, 32. Aufl., § 233 Rn. 23 „Fristenbehandlung“). |
b. Ausgehend von diesen Grundsätzen kann vorliegend eine Wiedereinsetzung in die versäumte Zahlungsfrist nicht gewährt werden. werden. Der anwaltliche Vertreter hat nicht dargelegt, dass er diese Frist ohne Verschulden versäumt hat, was sich die Markenanmelderin zurechnen lassen muss.
aa. Ob den Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin insoweit ein Verschulden an der Fristversäumung trifft, als die am 3. Januar 2018 erteilte Anweisung an die zuständige Kanzleimitarbeiterin nicht ausgeführt worden ist, kann dabei dahinstehen. Dieser Fehler ist für die Fristversäumung nicht kausal geworden, nachdem das Unterlassen noch vor Fristablauf am 4. Januar 2018 bemerkt worden war. Bei dieser Sachlage hätte der Verfahrensbevollmächtigte einen Zahlungsweg wählen können und müssen, bei dem eine Fristwahrung sichergestellt war.
bb. Insoweit standen den Verfahrensbevollmächtigen der Anmelderin auch noch am 4. Januar 2018 bis zum Ablauf der an diesem Tage um 24.00 Uhr endenden Rechtsmittelfrist noch die Zahlungswege einer Bareinzahlung bei den Geldstellen des Deutschen Patent- und Markenamts nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 PatKostZV bzw. bei einem Geldinstitut auf ein Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 PatKostZV oder aber die Erteilung eines gültigen SEPA-Basis-Lastschriftmandats mit Angaben zum Verwendungszweck nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 PatKostZV offen. Als Zahlungstag gilt bei einer Bareinzahlung bei den Geldstellen des Deutschen Patent- und Markenamts nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 PatKostZV bzw. bei einem Geldinstitut auf ein Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 PatKostZV jeweils der Tag der Einzahlung (§ 2 Nr. 1 und Nr. 3 PatKostZV) sowie bei Zahlung durch Erteilung eines gültigen SEPA-Basis-Lastschriftmandats mit Angaben zum Verwendungszweck der Tag des Eingangs beim Deutschen Patent- und Markenamt (§ 2 Nr. 4 PatKostZV). Insbesondere ein SEPA-Basis-Lastschriftmandat mit Angaben zum Verwendungszweck hätte daher ohne weiteres fristwahrend mit der rechtzeitig eingegangenen Beschwerdeschrift per Fax übermittelt werden können.
cc. Hingegen bot der seitens der Verfahrensbevollmächtigten gewählte Weg einer (Online-)Überweisung der Beschwerdegebühr am Nachmittag des 4. Januar 2018, welche ausweislich der Bankbestätigung um 17.53 Uhr desselben Tages durchgeführt wurde, keine Gewähr mehr für einen rechtzeitigen Eingang der Beschwerdegebühr auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt. Denn bei einer Zahlung am letzten Tag der Rechtsmittelfrist und erst recht am Nachmittag dieses Tages kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der überwiesene Betrag noch am selben Tag auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben wird. Online-Überweisungen in Euro sind nach den in § 675s BGB bestimmten Ausführungsfristen innerhalb Deutschlands grundsätzlich innerhalb eines Bank-Arbeitstags abzuwickeln. Dies bedeutet, dass die Verfahrensbevollmächtigten damit rechnen mussten, dass die am 4. Januar 2018 veranlasste Überweisung erst am 5. Januar 2018 auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben wird, so dass dieser Weg am letzten Tag der Rechtsmittelfrist jedenfalls mit dem Risiko einer Fristversäumung behaftet war.
dd. Von der Wahl eines gegenüber der Überweisung schnelleren und zuverlässigeren Zahlungswegs wie einer Bareinzahlung oder der Erteilung eines den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 PatKostZV entsprechenden SEPA-Lastschriftmandats durften die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin auch nicht deshalb Abstand nehmen, weil in dem als Kopie der Beschwerdeschrift beigefügten Überweisungsbeleg die beauftragte Bank bestätigt, dass der Auftrag am „04.01.2018 und 17.53 Uhr durchgeführt“ wurde. Denn damit dokumentiert die Bank lediglich, dass sie die Überweisung bearbeitet und zur Weiterleitung gebracht hat (an den regelmäßig mit der Weiterleitung auf das Empfängerkonto betrauten Zahlungsdienstleister), nicht jedoch, dass bereits eine – nach § 2 Nr. 2 PatKostZV für die Bestimmung des Zahlungstages maßgebende Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers erfolgt ist.
ee. Soweit die Anmelderin mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2018 geltend macht, dass der gewählte Zahlungsweg einer (nicht widerrufbaren) Online-Überweisung mit gleichzeitigem Nachweis der Durchführung der Überweisung einer Zahlung durch Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats mindestens gleichstehe, trifft dies nicht zu. Denn die PatKostZV regelt – wie bereits dargelegt - die für die Einhaltung der Frist maßgeblichen Zahlungstage bei einer Überweisung und der Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats abweichend voneinander. Danach ist nach der ausdrücklichen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Bestimmung des § 2 Nr. 2 PatKostZV bei einer Überweisung Zahlungstag der Tag, an dem der Betrag dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben wird, bei der Erteilung eines SEPA –Lastschriftmandats hingegen gilt als Zahlungstag nach § 2 Nr. 4 PatKostZV der Tag des Eingangs des Lastschriftmandats beim DPMA oder beim Bundespatentgericht.
ff. Die Wahl des falschen Zahlungsmittels durch die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin bzw. die unzutreffende Vorstellung der Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin, mittels der Bankbestätigung könne die Zahlungsfrist als gewahrt angesehen werden, kann nicht als unverschuldet i. S. v. § 91 Abs. 1 MarkenG beurteilt werden. An die anwaltliche Tätigkeit werden von der Rechtsprechung strenge Maßstäbe angelegt. Gefordert wird die für eine Prozessführung übliche Sorgfalt eines ordentlichen Rechtsanwalts. Die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin hätten § 1 Abs. 1 Nr. 2 PatKostG i. V .m. § 2 Nr. 2 PatkostZV entnehmen können, dass bei einer Überweisung allein der Tag der Gutschrift der Beschwerdegebühr für die Wahrung der Zahlungsfrist maßgeblich ist, um sodann einen sicher fristwahrenden Weg etwa durch Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats zu wählen.
c. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr war danach zurückzuweisen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war anzuordnen, da für die als nicht eingelegt geltende Beschwerde eine Gebühr nicht geschuldet und daher die verspätet gezahlte Gebühr ohne Rechtsgrund entrichtet worden ist (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 66 Rdn. 53).