Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 20.10.2011


BPatG 20.10.2011 - 30 W (pat) 4/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Epican/EPIGRAN (Gemeinschaftsmarke)" – zur rechtserhaltenden ernsthaften Benutzung einer Gemeinschaftsmarke – Glaubhaftmachung der Benutzung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – Ausdehnung auf die Gemeinschaft – erweiterte Minimallösung – Warenähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft - klangliche Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
20.10.2011
Aktenzeichen:
30 W (pat) 4/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 15 § 6 EGV 207/2009

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 302 00 563

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Hartlieb

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Oktober 2009 (Erinnerungsbeschluss) aufgehoben.

Die Erinnerung des Markeninhabers gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. März 2008 (Erstbeschluss) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 8. Januar 2002 angemeldete Wortmarke

2

Epican

3

ist am 26. November 2002 unter der Nummer 302 00 563 für die Waren

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„Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Vitamine und Mineralien für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Aminosäuren, Mineralien und Spurenelementen; diätetische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke, nämlich Aminosäuren und Spurenelemente; vorgenannte Waren nicht zur Anwendung von Antiepileptika; Tee; Kakao; Zucker, Honig; Gewürze; Bonbons, Brausestäbchen, Brausetabletten, Pastillen, Schokolade, Lakritze, Geleefrüchte und andere Süßwaren; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“

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in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 3. Januar 2003.

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Gegen die Eintragung ist am 13. März 2003 Widerspruch erhoben worden aus der am 30. März 1999 nach einer Teillöschung noch für „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ eingetragenen Gemeinschaftsmarke 000560292

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EPIGRAN.

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Auf die vom Inhaber der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 27. Mai 2004 bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für den Zeitraum 1999 bis 2003 vorgelegt.

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Mit Erstbeschluss vom 11. März 2008 hat die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts teilweise eine Verwechslungsgefahr bejaht und die angegriffene Marke für folgende Waren gelöscht:

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„Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Vitamine und Mineralien für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Aminosäuren, Mineralien und Spurenelementen; diätetische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke, nämlich Aminosäuren und Spurenelemente; vorgenannte Waren nicht zur Anwendung von Antiepileptika“.

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Im Übrigen ist eine Verwechslungsgefahr verneint und der Widerspruch zurückgewiesen worden (§§ 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 125 b MarkenG). Ausgehend von der Glaubhaftmachung der Benutzung für die eingetragenen Waren und von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe im Umfang der Teillöschung Warenähnlichkeit und angesichts hochgradig ähnlicher Marken die Gefahr klanglicher Verwechslungen. Hinsichtlich der weiteren Waren fehle es an der Warenähnlichkeit.

12

Gegen diesen ihm am 17. März 2008 zugestellten Beschluss hat der Inhaber der angegriffenen Marke am 20. März 2008 Erinnerung eingelegt.

13

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem zweiten Beschluss vom 13. Oktober 2009 den Erstbeschluss im Umfang der Teillöschung der angegriffenen Marke aufgehoben und den Widerspruch zurückgewiesen, weil die Benutzung für den nach §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 125 b Nr. 4 MarkenG i. V. m. Art. 15 GMV aktuell maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2004 bis Oktober 2009 nicht glaubhaft gemacht sei. Die vorgelegten Benutzungsunterlagen beträfen diesen Zeitraum nicht.

14

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat im Beschwerdeverfahren weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt; sie hält mit näheren Ausführungen Verwechslungsgefahr für gegeben. Die sich gegenüberstehenden Waren seien ähnlich bis hochgradig ähnlich. Die sich gegenüberstehender Markenwörter seien klanglich und bildlich stark und markant ähnlich.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die angegriffene Marke 302 00 563 im Umfang des Erstbeschlusses zu löschen.

17

Der Inhaber der angegriffenen Marke hält schon die Benutzung nicht für hinreichend glaubhaft gemacht und außerdem Verwechslungsgefahr nicht für gegeben.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

19

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat auch in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125 b Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Daher ist der angefochtene Erinnerungsbeschluss der Markenstelle aufzuheben und die Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke 302 00 563 gegen den Erstbeschluss zurückzuweisen.

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Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Waren der angegriffene Marke 302 00 563, hinsichtlich derer die Markenstelle im Erstbeschluss den Widerspruch zurückgewiesen hat, nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind; da die Widersprechende keine Erinnerung eingelegt hat, ist die Zurückweisung des Widerspruchs insoweit rechtskräftig.

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1. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke weiterhin bestritten. Nach § 125 b Nr. 4 MarkenG sind für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine ältere Gemeinschaftsmarke gestützt wird (vgl. § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125 b Nr. 1 MarkenG), die Glaubhaftmachungsregeln des § 43 Abs. 1 MarkenG entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Benutzung der Marke gemäß § 26 MarkenG die Benutzung der Gemeinschaftsmarke gemäß Art. 15 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (GMV) tritt.

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Danach muss die Marke in der Gemeinschaft ernsthaft benutzt worden sein. Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der Benutzung sowie die Art der Waren oder Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2003, 425, 428, Nr. 38 - Ajax/Ansul; EuGH GRUR 2006, 582, 584, Nr. 70 - VITAFRUIT). Nach der europäischen Spruchpraxis ist davon jedenfalls auszugehen, wenn die Marke „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist“ (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, 346, Nr. 74 - Il Ponte Finanziaria SpA/HABM).

23

Dass der Markeninhaber die Einrede nicht ausdrücklich auf einen der beiden Tatbestände des § 43 Abs. 1 MarkenG gestützt hat, spielt keine Rolle. In einem undifferenzierten Bestreiten der Benutzung ist regelmäßig die Erhebung beider Einreden zu sehen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43 Rdn. 19 m. w. N.). Das ist hier nur hinsichtlich der gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 125 b Nr. 4 MarkenG erhobenen Nichtbenutzungseinrede der Fall; das Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 125 b Nr. 4 MarkenG ist unzulässig, denn die fünfjährige sogenannte Benutzungsschonfrist der am 30. März 1999 eingetragenen Widerspruchsmarke endete erst nach der am 3. Januar 2003 erfolgten Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke.

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Die Widersprechende ist ihrer Obliegenheit nachgekommen, für eingetragene Waren eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke 000560292 EPIGRAN gemäß Art. 15 GMV in der Gemeinschaft im mittlerweile maßgeblichen Fünfjahreszeitraum Oktober 2006 bis Oktober 2011, wie er sich aus § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ergibt, glaubhaft zu machen im Sinne von § 82 Abs 1 MarkenG i. V. m. § 294 ZPO.

25

Aus der Eidesstattlichen Versicherung des M... G..., Geschäftsführer der Widersprechenden, vom 26. Januar 2010 (Anlage BF 1) ergibt sich in Verbindung mit den hierzu eingereichten Anlagen, dass die Widersprechende mit der Marke EPIGRAN in den Jahren 1999 bis 2009, die einen wesentlichen Teil des relevanten Benutzungszeitraums abdecken, in der Gemeinschaft - nämlich in Deutschland - mit Ampullen und Masken zur Haut- und Gesichtspflege Umsätze in Höhe von jährlich … Euro bis … Euro erzielt hat. Was den Umfang der Benutzung anbetrifft, so sind die Umsatzzahlen ausreichend und keinesfalls gering. Davon, dass die Benutzung lediglich als symbolisch anzusehen ist, kann damit nicht ausgegangen werden. Aus der Eidesstattlichen Versicherung in Verbindung mit den vorgelegten Kopien von Verkaufspackungen (Anl. BF 3) ergibt sich weiter die Verwendung der Marke zur Kennzeichnung der genannten Waren im maßgeblichen Zeitraum.

26

Die für diese Waren belegte Benutzung der Widerspruchsmarke wird auch in Bezug auf die räumliche Verteilung den Anforderungen an eine ernsthafte Benutzung in der Gemeinschaft gerecht. Wie der eidesstattlichen Versicherung zu entnehmen ist, hat die Benutzung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, die gemessen am Bruttoinlandsprodukt die größte Volkswirtschaft in Europa ist, stattgefunden. Angesichts der mit Ampullen und Masken getätigten jährlichen Umsätze kann eine ernsthafte Benutzung in der Gemeinschaft im Sinne von Art. 15 GMV bei Benutzung nur in diesem Mitgliedsstaat nicht in Frage gestellt werden (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 312, 314 - NEWS; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 172, 173 - ZAPPA; BPatG 24 W (pat) 35/07 - Stradivari; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 125 b Rdn. 20; zweifelnd dagegen Ströbele/Hacker, a. a. O., § 125 b Rdn. 13; vgl. auch die Rechtsprechung des EuGH, wonach es für die „Bekanntheit“ einer Gemeinschaftsmarke im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. c GMV ausreichend sein kann, wenn die Marke im gesamten Gebiet eines Mitgliedsstaates bekannt ist, EuGH GRUR 2009, 1158, 1159, Nr. 29 - PAGO/Tirolmilch). Denn richtigerweise ist die Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer Gemeinschaftsmarke, was die räumliche Ausdehnung der Benutzung angeht, generell nicht schematisch danach zu entscheiden, ob eine Benutzung in einem Mitgliedsstaat ausreicht oder nicht. Die Gemeinschaftsmarke ist ein supranationales Schutzrecht mit einheitlicher Wirkung (Art. 1 Abs. 2 GMV). Demzufolge ist ein Denken in mitgliedsstaatlichen Kategorien und eine Beurteilung der Benutzung (ebenso wie auch der Bekanntheit) einer Marke anhand mitgliedsstaatlicher Territorien letztlich verfehlt. Entscheidend ist - nicht anders als bei der Beurteilung der quantitativen Benutzung - allein, ob die in der Gemeinschaft erfolgte Benutzung insgesamt als ernsthaft einzustufen ist. Das kann ohne weiteres auch bei einer Benutzung in nur einem Mitgliedsstaat der Fall sein, muss aber nicht immer so sein. Im vorliegenden Fall kann - wie ausgeführt - eine hinreichende Benutzung auch insoweit nicht zweifelhaft sein.

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Da die Widersprechende eine ernsthafte Benutzung in der Gemeinschaft nur für - unter den registrierten Oberbegriff „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ fallende - Ampullen und Masken glaubhaft gemacht hat, sind bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nur diese Waren zu berücksichtigen (§ 125 b Nr. 4, § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).

28

Im Rahmen der Integrationsfrage (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 26 Rdn. 160 ff., insbes. Rdn. 165) ist weiter zu berücksichtigen, dass die Widersprechende einerseits nicht auf das ganz spezielle mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Produkt festzulegen ist, andererseits aber auch nicht der gesamte mit dem eingetragenen Oberbegriff „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ umfasste weite Warenbereich einzubeziehen ist. Anwendung findet vielmehr die sogenannte „erweiterte Minimallösung“ (vgl. auch BGH WRP 2001, 1447, 1449 - Ichthyol; BGH GRUR 1990, 39 ff - Taurus - und GRUR 1999, 164, 165 - JOHN LOBB; BPatG Mitt. 1979, 223 - Mastu; BPatG GRUR 1995, 488, 489 APISOL/Aspisol). Danach ist maßgeblich, inwieweit es unter Berücksichtigung der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise und des berechtigten Interesses der Markeninhaberin, nicht in ihrer geschäftlichen Bewegungsfreiheit ungebührlich eingeengt zu werden, gerechtfertigt ist, den Kreis der zu berücksichtigenden Waren über das konkrete Produkt hinaus auch auf solche Waren auszudehnen, die der Verkehr gemeinhin als zum gleichen Warenbereich gehörend ansieht (vgl. BGH MarkenR 2001, 371, 376 - ISCO - für das Löschungsverfahren m. w. N.; GRUR 2009, 60, 62, Nr. 32 f. - LOTTOCARD).

29

Eine rechtserhaltende Benutzung ist vorliegend deshalb auf „Haut- und Gesichtspflegemittel“ zu erstrecken, nicht jedoch auf weitere Waren, die unter den weitergehenden Oberbegriff „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ fallen, wie etwa Mittel der dekorativen Schönheitspflege.

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2. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren/Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 -Il Ponte Finanziaria SpA/HABM; GRUR 2006, 413 ff., Nr. 17 - ZIRH/SIR; GRUR 2006, 237 ff., Nr. 18 - Picaro/Picasso; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 32, 33).

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Nach diesen Grundsätzen kann eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht verneint werden.

32

Die Widerspruchsmarke verfügt in ihrer Gesamtheit originär über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft; Anhaltspunkte dafür, dass dieser eine beschreibende, die Kennzeichnungskraft schwächende Bedeutung zukommen könnte, sind nicht ersichtlich.

33

Von einer Ähnlichkeit von Waren ist nach gefestigter Rechtsprechung dann auszugehen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oder ihrer Eigenschaft als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise bei identischer Kennzeichnung der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder würden zumindest unter einheitlicher Kontrolle hergestellt werden (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923f, Nr. 22 - 29 - Canon; GRUR 2006, 582, 584, Nr. 85 - VITAFRUIT; MarkenR 2009, 47, 53, Nr. 65 - Edition Albert René; BGH GRUR 2003, 428, 432 - BIG BERTHA; Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 49 m. w. N.).

34

Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren „Haut- und Gesichtspflegemittel“ mit den noch maßgeblichen Waren der jüngeren Markedeutliche Berührungspunkte aufweisen können und deshalb enge bis mittlere Warenähnlichkeit besteht.

35

Im engen Ähnlichkeitsbereich der „Haut- und Gesichtspflegemittel“ der Widersprechenden liegen die von der angegriffenen Marke erfassten pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Erzeugnisse der Klasse 5. Diese können in der äußeren Erscheinung - etwa in Form von Cremes -, dem Verwendungszweck nach sowie bei den verwendeten Inhaltsstoffen erhebliche Übereinstimmungen aufweisen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Auflage, S. 132, 160, 227 und ausführlich BPatG GRUR 1997, 840, 842 - Lindora/Linola). Soweit das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in der Parallelsache R-1324/2005-1 (Nr. 29 ff.) den gegenteiligen Standpunkt eingenommen hat, ist dies weder überzeugend noch für das vorliegende Verfahren bindend (vgl. BPatG GRUR 2007, 156 - Anhörungsrüge).

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Zwischen „Haut- und Gesichtspflegemitteln“ und den Waren „Vitamine und Mineralien für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Aminosäuren, Mineralien und Spurenelementen; diätetische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke, nämlich Aminosäuren und Spurenelemente; vorgenannte Waren nicht zur Anwendung von Antiepileptika“ sind Überschneidungen im stofflichen Bereich und im Verwendungszweck möglich; derartige Produkte der jüngeren Marke können ihren Schwerpunkt nicht nur in der Heilung oder Linderung krankhafter Zustände haben; umfasst sein können auch Mittel, die häufig zur Pflege und Erhaltung des gesunden menschlichen Körpers und der gesunden Haut eingesetzt werden (vgl. im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundespatentgerichts Richter/Stoppel a. a. O., S. 69; S. 210; S. 311). Unter Heranziehung der oben genannten Kriterien für die Warenähnlichkeit ist damit von Ähnlichkeit im mittleren Bereich auszugehen.

37

Im Bereich der sich danach gegenüberstehenden teilweise einander eng ähnlichen Waren hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand einzuhalten. Im Bereich der mittleren Warenähnlichkeit genügen geringere Abweichungen, um der Gefahr von Verwechslungen zu begegnen.

38

Bei dieser Ausgangslage hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Abstand jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein.

39

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (BGH GRUR 2008, 258, Nr. 26 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 905, Nr. 12 - Pantohexal; GRUR 2008, 909, Nr. 13 - Pantogast). Eine markenrechtlich erhebliche Zeichenähnlichkeit kann sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht vorliegen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 414, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, 487, Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60 ff., Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei kann schon die Ähnlichkeit in einer Wahrnehmungsrichtung eine Verwechslungsgefahr hervorrufen (vgl. BGH a. a. O., Nr. 17 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 803, 804, Nr. 21 - HEITEC; Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 183 m. w. N.).

40

Stehen sich die Wörter Epican und EPIGRAN gegenüber, besteht unter Berücksichtigung der maßgeblichen Faktoren in klanglicher Hinsicht eine hochgradige Ähnlichkeit. Die abweichenden Konsonanten in den Wortmitten - „c“, nach allgemeinen Regeln gesprochen wie „k“, in der angegriffenen Marke gegenüber „GR“ in der Widerspruchsmarke - wirken sich im Klang kaum differenzierend aus. Eine unterschiedliche Betonung der Markenwörter, die dem entgegenwirken könnte, lässt sich nicht feststellen. Beide Marken stellen Phantasiewörter dar, für die es keine feste Betonungsregel gibt.

41

Es besteht damit in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr, was - wie oben ausgeführt - bereits für eine Löschung der angegriffenen Marke ausreicht (vgl. BGH GRUR 2008, 714, 717, Nr. 37 - idw). Ob auch schriftbildliche Verwechslungsgefahr anzunehmen ist, kann deshalb dahingestellt bleiben.

42

Die Beschwerde hat daher Erfolg; deshalb ist der angefochtenen Erinnerungsbeschluss der Markenstelle aufzuheben und die Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke 302 00 563 gegen den Erstbeschluss zurückzuweisen.

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3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.