Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 15.05.2014


BPatG 15.05.2014 - 30 W (pat) 26/12

Markenbeschwerdeverfahren – "eSPIRIT/E-SPIRIT (Unternehmenskennzeichen)" – geschäftliche Bezeichnung - zum Bestehen eines prioritätsbesseren Rechts – teilweise Verwechslungsgefahr – teilweiser Unterlassungsanspruch


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
15.05.2014
Aktenzeichen:
30 W (pat) 26/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 028 104

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des Richters Jacobi

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Februar 2012 insoweit aufgehoben, als darin der Widerspruch aus dem Unternehmenskennzeichen „E-SPIRIT“ im Hinblick auf die von der angegriffenen Marke 30 2010 028104 umfassten Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 zurückgewiesen worden ist.

Die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 028 104 im Umfang der Dienstleistungen „35: organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung der Energiewirtschaft, insbesondere in Fragen der Optimierung und Restrukturierung von Energieversorgungskonzepten; 42: technische, organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung der Energiewirtschaft, insbesondere in Fragen der Optimierung und Restrukturierung von Energieversorgungskonzepten“ wird angeordnet.

lm Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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eSPIRIT

3

ist am 7. Mai 2010 angemeldet und am 16. Juli 2010 als Marke für die Waren und Dienstleistungen der

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„Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Messen, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität;

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Klasse 35: organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung der Energiewirtschaft, insbesondere in Fragen der Optimierung und Restrukturierung von Energieversorgungskonzepten;

6

Klasse 42: technische, organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung der Energiewirtschaft, insbesondere in Fragen der Optimierung und Restrukturierung von Energieversorgungskonzepten“

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in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Eintragung dieser Marke ist am 20. August 2010 veröffentlicht worden.

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Hiergegen ist am 22. November 2010, einem Montag, Widerspruch erhoben worden, gestützt auf eine seit dem 26. Oktober 1999 als Unternehmenskennzeichen für die Dienstleistungen

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„Entwicklung, Einführung und Vertrieb von Datenverarbeitungsprogrammen für Internet-basierte und mobile Anwendungen“

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- zunächst von der „T… GmbH“ und sodann von der Widersprechenden - im geschäftlichen Verkehr benutzte Bezeichnung

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E-SPIRIT bzw. e-Spirit (im folgenden: E-SPIRIT).

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Zur Begründung hat die Widersprechende auf den Handelsregisterauszug der „T… GmbH“, einen Auszug aus ihrer Selbstdarstellung im Inter- net und Ausdrucke verschiedener Pressemeldungen und –berichte verwiesen und unter Bezugnahme auf ihren Handelsregisterauszug ausgeführt, die Widersprechende sei am 11. Mai 2007 in das Handelsregister des Amtsgerichts Dortmund eingetragen und die „T… GmbH“ mit Vertrag vom 10. August 2007 durch Aufnahme mit ihr verschmolzen worden.

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Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2011 hat sie hinsichtlich ihrer Geschäftstätigkeit neben einer eidesstattlichen Versicherung ihres Gründers und Vorstandsvorsitzen den B… vom 15. Juni 2011 zahlreiche weitere Unterlagen vorgelegt und eine Benutzung des Unternehmenskennzeichens nunmehr für diese Waren und Dienstleistungen behauptet:

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„Klasse 9: Computersoftware;

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Klasse 35: organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung im Hinblick auf den Einsatz von Computersoftware;

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Klasse 38: Bereitstellung des Zugangs zu Plattformen und Portalen im Internet; Kommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer;

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Klasse 41: Durchführung von Schulungen im Hinblick auf die Anwendung von Programmen für die Datenverarbeitung; Nutzung von elektronischen Online-Publikationen; Betreuung von redaktionellen Inhalten; Erstellung von Publikationen;

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Klasse 42: Design von Datenverarbeitungssystemen; Erstellung und Wartung von elektronischen Sites für Dritte; Design, Installation, Aktualisierung und Pflege von Computersoftware; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Wiederherstellung von Datenbanken; Beratung im Bereich Computernetze und elektronische Sites; Analysen zur Installation von Computersystemen und zur Entwicklung von elektronischen Sites; EDV-Beratung; Updating und Upgrading von Computersoftware; technisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Erstellung von Systemarchitekturen; Erstellung von Systemanalysen auf dem Gebiet der Datenverarbeitung;

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Klasse 45: Lizenzierung von gewerblichen Schutzrechten.“

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Zur Erläuterung hat sie ausgeführt, das Unternehmen sei im Jahr 1999 zur Entwicklung eines Produkts für „Content-Management“ gegründet worden. Kurz darauf sei ihr „Content-Management-System“ „FirstSpirit“ veröffentlicht worden. „FirstSpirit“ verwalte Inhalte für Webseiten und andere Ausgabekanäle. Stark strukturierte Daten würden innerhalb von „FirstSpirit“ in Datenbanken gehalten werden. Zudem verfüge „FirstSpirit“ über eine Medienverwaltung, in der Bilder, Videos und andere Dateien abgelegt werden könnten. „FirstSpirit“ lasse sich branchenübergreifend einsetzen und kundenspezifisch erweitern. Es sei auf den Einsatz in Großunternehmen und die dort anfallenden Datenmengen ausgerichtet und werde auch nahezu ausschließlich von Großunternehmen eingesetzt. Ein spezieller Einsatzbereich sei die Veröffentlichung von Inhalten in Portalen. Auch ließen sich mit der Software Inhalte von Webseiten effizient verwalten und unternehmensweit wiederverwenden. Die Widersprechende entwickele und vertreibe nicht nur die Software „FirstSpirit“, sondern erbringe daneben eine ganze Reihe verwandter Dienstleistungen, nämlich „Systemanalyse, technische Projektplanung und –Steuerung, Programmierung im Kundenauftrag“, „laufenden Support und Wartung“, „Schulungen“ sowie „Telekommunikation“, indem sie auf ihrer Internetpräsenz eine „Community“ anbiete, über welche sich Anwender austauschen könnten, und einen „Unternehmens-Blog“ betreibe.

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Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch mit Beschluss vom 15. Februar 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Marke nach § 12 MarkenG seien nicht gegeben. Die Widersprechende besitze zwar ein Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 MarkenG. Es sei belegt, dass das Kennzeichen E-SPIRIT seit über zehn Jahren ein Unternehmen bezeichne, das Software im Bereich von „Content-Management-Systemen“ anbiete, implementiere und warte. Nach § 12 MarkenG könne der Bestand eines älteren Unternehmenskennzeichens jedoch nur dann zur Löschung einer jüngeren Marke führen, wenn aus dem Unternehmenskennzeichen ein Unterlassungsanspruch gegen die Benutzung der angegriffenen Marke bestehe. Ein solcher Unterlassungsanspruch könne sich aus § 15 Abs. 4 MarkenG ergeben, der wiederum auf § 15 Abs. 2, 3 MarkenG verweise. Erforderlich sei mithin, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen bestehe oder der Sonderschutz des bekannten Zeichens greife. Beides sei nicht der Fall. So setze die Annahme einer Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG voraus, dass zwischen den Zeichen Branchennähe bestehe; eine solche sei hier nicht gegeben. Abzustellen sei dabei auf die Kerntätigkeit des widersprechenden Unternehmens. Bei dem Widerspruchszeichen sei damit auf die Tätigkeit eines Softwareunternehmens abzustellen; bei der angegriffenen Marke demgegenüber auf das gesamte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis. Danach bestünden zwischen den Tätigkeitsbereichen der beiden Unternehmen keine markenrechtlich relevanten Berührungspunkte. So dienten die beanspruchten Waren der angegriffenen Marke dem Umgang mit Elektrizität. Es seien Waren, die Elektrizitätsunternehmen zu ihrer Leistungserbringung im engeren Sinn benötigten. Waren dieser Art (z.B. Transformatoren, Sicherungen, Stromzähler) würden von Softwarehäusern nicht angeboten werden. Bei Software handele es sich im Wesentlichen um ein intellektuelles Produkt. Software sei in den unterschiedlichsten elektrischen und elektronischen Geräten enthalten, ohne dass eine Erwartung der Verbraucher bestehe, dass der Gerätehersteller die Software auch selbst entwickelt habe. Die Tätigkeiten eines Softwarehauses und eines Herstellers von Geräten zum Umgang mit Elektrizität lägen damit deutlich auseinander. Gleiches gelte hinsichtlich der organisatorischen, betriebswirtschaftlichen und technischen Beratung der Energiewirtschaft. Zum Kernbereich der Tätigkeit der Widersprechenden zähle zwar auch die Beratung bei der Anwendung ihrer Software. Diese unterscheide sich von betriebswirtschaftlicher, organisatorischer und technischer Beratung aber grundlegend. So berate die Widersprechende nicht allgemein, sondern nur hinsichtlich ihrer Software „FirstSpirit“. Demgegenüber seien die Beratungsdienstleistungen der angegriffenen Marke allgemeiner und nicht konkret produktbezogen. Die Tätigkeitsbereiche hätten damit keine relevanten Berührungspunkte. Die Widersprechende könne sich auch nicht auf den Sonderschutz eines bekannten Zeichens stützen (§ 15 Abs. 3 MarkenG). Die Widersprechende habe zwar Unterlagen vorgelegt und Tatsachen vorgetragen, die den Bestand des Unternehmenskennzeichnens belegten. Aufgrund der Größe der Branche könne hieraus jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich um ein bekanntes Zeichen handele. Insbesondere ergebe sich aus den Unterlagen nicht, wie sich die unter dem Unternehmenskennzeichen E-SPIRIT erzielten Umsätze zu den Umsätzen in der Branche insgesamt verhielten. Der Bekanntheitsgrad der Kennzeichnung bei den angesprochenen Verkehrskreisen könne deshalb nicht festgestellt werden.

22

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen dem Unternehmenskennzeichen E-SPIRIT und der angegriffenen Marke bestehe Verwechslungsgefahr. Die Markenstelle habe die relevanten Faktoren für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht zutreffend gewürdigt. Angesichts der Zeichenidentität und der Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens sei der vorhandene Abstand der Waren und Dienstleistungen nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Markenstelle übersehe bei ihrer Argumentation, dass heutzutage zahlreiche Funktionen technischer Geräte gerade durch Software realisiert werden würden und entsprechende Geräte und Anlagen häufig einer fachkundigen Programmierung bedürften. Darüber hinaus würden entsprechende Geräte häufig im Zusammenhang mit Computerprogrammen eingesetzt werden, insbesondere mit Software der von der Widersprechenden hergestellten und vertriebenen Art, weil diese z.B. dazu geeignet und bestimmt sei, gespeicherte Daten in Intranets oder über das Internet für geschlossene oder auch offene Benutzergruppen zugänglich zu machen. Eine allgemeine technische Beratung schließe naturgemäß eine spezielle produktbezogene technische Beratung mit ein. Es bestehe auch deshalb Branchennähe, weil beide Beteiligte ihre technischen Beratungsleistungen gerade auch Unternehmen aus der Energiewirtschaft anböten. Hinsichtlich der von der Widersprechenden unter ihrem Unternehmenskennzeichen erbrachten technischen Beratung in Form von EDV-Beratung bestehe sogar Teilidentität, da die Widersprechende ihre Beratungsleistungen auch Unternehmen der Energiewirtschaft anbiete. Dies gelte im Ergebnis auch für die von der Widersprechenden angebotene organisatorische Beratung für Unternehmen der Energiewirtschaft, auch wenn sich diese lediglich auf den EDV-Bereich beschränke. Hinsichtlich der von der angegriffenen Marke in Klasse 35 beanspruchten „organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Beratung der Energiewirtschaft, insbesondere in Fragen der Optimierung und Restrukturierung von Energieversorgungskonzepten" bestehe ebenfalls eine hochgradige Ähnlichkeit zu den von der Widersprechenden erbrachten Beratungsleistungen im Hinblick auf den Einsatz von Computersoftware. Optimierungs- und Rationalisierungsprozesse würden regelmäßig unter Einsatz von Computerprogrammen geplant und regelmäßig auch mit Hilfe von Computerprogrammen und Datenverarbeitungsanlagen umgesetzt werden. Mit der Software „FirstSpirit“ biete die Widersprechende ein Produkt an, das auf effektive Weise bestimmte Datenverarbeitungs- und Datenverwaltungsprozesse in Großunternehmen optimiere. Die Produkte der Parteien und die von ihnen jeweils angebotenen Beratungsleistungen richteten sich daher an denselben Abnehmerkreis und ergänzten sich inhaltlich. Es liege nicht fern, dass entsprechende Leistungen von einem Unternehmen auch aus einer Hand angeboten werden würden.

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Sie beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 9, vom 15. Februar 2012 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2010 028 104 aufgrund des Widerspruchs aus dem Unternehmenskennzeichen E-SPIRIT zu löschen,

25

hilfsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

26

Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

28

Eine Begründung des Zurückweisungsantrags ist nicht zu den Akten gelangt. Auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung hat sie verzichtet. Im Widerspruchsverfahren hat sie argumentiert, die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen, nämlich „Starkstrom / Energietechnik“, und die Dienstleistungsangebote der Widersprechenden, nämlich „Schwachstrom / Telekommunikation“, seien grundverschieden; dies gelte - wegen der grundlegenden Unterschiede zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und dem Vertrieb einer körperlichen Ware – erst Recht hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren.

29

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

30

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.

31

Insoweit hat die Markenstelle einen bundesweiten Unterlassungsanspruch der Widersprechenden aufgrund ihres Unternehmenskennzeichens E-SPIRIT zu Unrecht verneint und den auf § 42 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. §§ 12, 5, 15 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 MarkenG gestützten Widerspruch zu Unrecht zurückgewiesen.

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1. Nach den vorgelegten Unterlagen ist von einem prioritätsbesseren Recht der Widersprechenden auszugehen; denn an der geschäftlichen Bezeichnung E-SPIRIT hat zum Kollisionszeitpunkt, dem Tag der Anmeldung der angegriffenen Marke (7. Mai 2010), für die Widersprechende ein Unternehmenskennzeichenrecht i.S.v. § 5 Abs. 2 MarkenG bestanden, und zwar jedenfalls für das Geschäftsfeld „Entwicklung, Einführung und Vertrieb eines Datenverarbeitungsprogramms für Internet-basierte und mobile Anwendungen, nämlich für ein „Content Management System“, auch für Kunden der Energiewirtschaft“. Dieses Unternehmenskennzeichenrecht bestand auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch.

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Nach § 5 Abs. 1 MarkenG werden als geschäftliche Bezeichnungen neben Werktiteln auch Unternehmenskennzeichen geschützt: Das sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden (§ 5 Abs. 2 MarkenG). Der Schutz des Unternehmenskennzeichens entsteht, sofern es die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, durch namensmäßigen Gebrauch im geschäftlichen Verkehr unabhängig vom Umfang der Benutzung (BGH GRUR 2013, 1150, Rn. 34 - Baumann; GRUR 2009, 685, 686, Rn. 17 - ahd.de). Erforderlich ist eine nach außen in Erscheinung tretende Benutzung als Hinweis auf das Unternehmen, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt (BGH GRUR 2008, 1099, 1100, Rn. 16 - afilias.de; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 5 Rn. 46). Insoweit kann auch ein Firmenschlagwort Objekt eines kennzeichenrechtlichen Schutzes nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG sein (BGH GRUR 2009, 772, Rn. 75 - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 5 Rn. 24). Es muss sich insoweit aber um einen unterscheidungskräftigen Bestandteil handeln, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmen- oder Namensbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (vgl. BGH GRUR 2002, 898 – defacto; GRUR 2008, 803, Rn. 19 – HEITEC; GRUR 2011, 831, Rn. 16 - BCC). Unterscheidungskräftig ist eine geschäftliche Bezeichnung allgemein dann, wenn der Verkehr sie als namensmäßigen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen versteht (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 5 Rn. 34). Dabei genügt es, dass sich ein ausschließlich unternehmensbeschreibender Sinngehalt nicht feststellen lässt (BGH GRUR 2008, 1104, 1105, Rn. 17 - Haus & Grund II).

34

Nach den vorgelegten Unterlagen ist davon auszugehen, dass das Widerspruchszeichen E-SPIRIT als unterscheidungskräftiges Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden bzw. ihrer Rechtsvorgängerin im Jahr 1999 entstanden ist, zum Kollisionszeitpunkt noch bestanden hat und auch aktuell noch fortbesteht, da Anhaltspunkte für eine Aufgabe der Geschäftstätigkeit weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 49, 187).

35

E-SPIRIT ist seit dem Jahr 1999 in der Firma der Widersprechenden „e… AG“ bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der „T… GmbH“, enthalten.

36

Für das genannte Geschäftsfeld ist eine Benutzung von E-SPIRIT als Unternehmenskennzeichen, ausgehend von dem im Handelsregistereintrag der „T… … GmbH“ eingetragenen Geschäftsgegenstand, dargelegt und belegt. Aus der eidesstattlichen Versicherung des Gründers und Vorstandsvorsitzenden der Widersprechenden B… vom 15. Juni 2011 ergibt sich, dass das einzige Produkt der Widersprechenden die Software „FirstSpirit“, ein so genanntes „Content Management System“, ist. Ein „Content-Management-System“ (kurz: CMS, deutsch „Inhaltsverwaltungssystem“) ist eine Software zur gemeinschaftlichen Erstellung, Bearbeitung und Organisation von Inhalten (Content) zumeist in Webseiten, aber auch in anderen Medienformen (vgl. Wikipedia, Die Freie Enzyklopädie zum Eintrag „Content-Management-System“). Aus der vorgelegten „Historie“ des Unternehmens der Widersprechenden, die die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht in Zweifel gezogen hat, ergibt sich, dass mit der Entwicklung dieses Systems im Jahr 1999 begonnen wurde und Kunden der Widersprechenden bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem Jahr 2004 mit der ersten Version von „FirstSpirit“ als „Content-Integration-Plattform“ Inhalte aus unterschiedlichsten und verteilten Quellen nutzen und über multiple Ausgabekanäle publizieren konnten. Hervorgehoben wird die vorteilhafte Möglichkeit, „alle großen Datenbanken direkt zu unterstützen“ und dabei gleichzeitig „architekturunabhängig“ zu sein. Über eine grafische Oberfläche soll „FirstSpirit“ die Mitarbeiter der Fachabteilungen der Kunden der Widersprechenden in die Lage versetzen, Arbeitsabläufe selbständig und ohne Unterstützung aus den IT-Abteilungen zu modellieren und zu kontrollieren. Das Programm soll auch eine effiziente Verwaltung der Inhalte von Webseiten und eine unternehmensweite Wiederverwendung auch über Projektgrenzen hinaus ermöglichen. Seit dem Jahr 2007 soll das Programm über eine „revisionsbasierte Datenspeicherung“ verfügen, die es den Anwendern gestattet, Informationen aus der Vergangenheit „auf Knopfdruck“ wiederherzustellen. Als Anwender des Programms „FirstSpirit“ und Kunden der Widersprechenden benennt die eidesstattliche Versicherung beispielhaft die Unternehmen „E…“, „ B… GmbH“, „C…“, „B1…“, „die Sch…“ und die Energiewirtschaftsunternehmen „B… AG & Co. KG“, „M… AG“ sowie die „R… AG“. In ihrer Beschwerdebegründung hat die Widersprechende die Unternehmen „A…“, „D…“, „B2…“, „G…“, „G1… …“, „H…“, „H1…“, „j…“, „K… AG“, „L…, „L1…“, „L… AG“, „M1… AG“, „M…“, „M1…“, „N…“, „O… GmbH“, „R… …“, „S…“, „S1…“, die S2…, „S3… …“, „T2…“, „U…“, „V… AG“, „W…“ und „W… … AG“ als weitere Kunden benannt.

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Nach der eidesstattlichen Versicherung analysiert die Widersprechende die vorhandene Systemlandschaft ihrer Kunden, berät diese bei der Integration von „FirstSpirit“ in die bestehende Hard- und Softwareumgebung und bietet neben laufendem Support (auch für Module von Fremdherstellern, z.B. „SAP“, „WORD“, etc.) und technischer Unterstützung auch ein umfangreiches Schulungsprogramm rund um die Implementierung und die Anwendung von „FirstSpirit“ an. Diese Angaben werden gestützt durch die vorgelegten „Screenshots“ vom Internetauftritt der Widersprechenden vom 9. Juni 2011 und die zahlreichen weiteren Unterlagen. Die werbemäßig aufbereiteten „Anwenderberichte“ belegen eine konsistente Verwendung von E-SPIRIT als Firmenschlagwort für die genannte Geschäftstätigkeit bei den Kunden „T2…“, „W1…“, „E…“ und „M2…“. Das einhundert sechsundzwanzigseitige Konvolut mit „ausgewählten Angeboten und Verträgen“ über Lizenzen, Softwareerstellung, EDV-Dienstleistungen, Schulungen sowie Softwarepflege und –support belegt eine Verwendung des Widerspruchszeichens nicht allein in der Benennung der „e… AG“ als Vertragspartner, sondern auch in der Verwendung grafisch gestalteter Firmenlogos mit den Buchstabenfolgen „e…“ und „e… AG“. Belastbare Hinweise auf die Benutzung des Unternehmenskennzeichens E-SPIRIT für die genannten Bereiche geben ferner die im eBundesanzeiger veröffentlichten und von der Widersprechenden im Abdruck vorgelegten Geschäftsberichte aus den Jahren 2006-2009 und die vorgelegte siebenundsechszigseitige Zusammenstellung mit „Presseinformationen und –artikeln“ aus dem Zeitraum 2001 bis 2011. Die Lichtbilder von Messeständen auf den Messen „CeBIT“ und „SYSTEMS“ und entsprechende Ausstellerverträge aus den Jahren 2004 bis 2011 belegen schließlich, dass sich die Widersprechende mit ihrem Unternehmen laufend auf für Software-Produkte relevanten Messen im Inland präsentiert hat. Da die Inhaberin der angegriffenen Marke den eidesstattlich versicherten und so belegten Vortrag der Widersprechenden nicht bestritten hat, ist davon auszugehen, dass letztere ihrer Feststellungslast (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, a.a.O., § 42 Rn. 58 f.) in ausreichender Weise nachgekommen ist.

38

Von einer Geschäftstätigkeit der Widersprechenden unter ihrem Unternehmenskennzeichen E-SPIRIT im Bereich der „Entwicklung, Einführung und des Vertriebs eines Datenverarbeitungsprogramms für Internet-basierte und mobile Anwendungen, nämlich für ein „Content Management System“, auch für Kunden der Energiewirtschaft“, ist mithin auszugehen.

39

Für diese Bereiche ist E-SPIRIT auch kennzeichnungskräftig, selbst wenn das Element „E-“ auf „elektronische Datenverarbeitung (EDV)“ hindeutet. „Spirit“ ist abgeleitet aus der lateinischen Sprache und bezeichnet als Fremdwort auch im Deutschen einen „mediumistischen Geist“ (Duden – Das Fremdwörterbuch, 9. Auflage, Mannheim, 2007, CD-ROM) und als Wort der englischen Sprache eine „Geisteshaltung“, „Mut“, „den Geist“, „eine treibende Kraft“ oder „Stimmung/Laune“ (Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Auflage, Mannheim, 2005, CD-ROM). Ein unternehmensbeschreibender Gehalt ist damit nicht feststellbar.

40

Ob die Widersprechende ihren Widerspruch am 15. Juni 2011 - also nach Ablauf der Widerspruchsfrist - (neben der konkretisierenden Erläuterung ihrer Geschäftstätigkeit) in zulässiger Weise teilweise erweitern konnte, nämlich dahingehend, dass sie unter ihrem Unternehmenskennzeichen E-SPIRIT weitergehend auch die Dienstleistungen „Bereitstellung des Zugangs zu Plattformen und Portalen im Internet“, „Kommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet“ oder „Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer“ angeboten hat, ist zweifelhaft (vgl. zu einer nachträglichen Erweiterung des Widerspruchs aus einer Wortmarke: BPatG BLPMZ 2014, 63 – GIRODIAMANT); zur Wahrung der Interessen der Inhaberin der angegriffenen Marke erscheint es geboten, bei der Prüfung des Widerspruchs aus einem Unternehmenskennzeichen nur die Geschäftsfelder zu berücksichtigen, die bereits im Widerspruchsschriftsatz genannt bzw. noch innerhalb der Widerspruchsfrist nachgereicht worden sind, zumal die wesentliche Änderung des Geschäftscharakters eines Unternehmens erhebliche kennzeichenmäßige Relevanz hat, weil sie nämlich zum Erlöschen des bisher benutzten Kennzeichens führt (BGH GRUR 2005, 871, Rn. 26 - Seicom; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 5 Rn. 73). Die Frage der rechtlichen Anforderungen an die Identifizierung eines Unternehmenskennzeichens, auf das ein Widerspruch gestützt wird, bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung; denn auch hinsichtlich der genannten „nachgeschobenen“, nicht lediglich konkretisierenden, Geschäftsbereiche besteht eine Branchennähe zu den von der angegriffenen Marke in Klasse 9 beanspruchten Waren „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Messen, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ nicht (vgl. unten 3.a)).

41

2. Entgegen der Auffassung der Markenstelle hat die Widersprechende aufgrund dieses besseren Rechts hinsichtlich der von der angegriffenen Marke in den Klassen 35 und 42 beanspruchten Dienstleistungen einen bundesweiten Unterlassungsanspruch gegen die Inhaberin der angegriffenen Marke, weshalb die Löschung der angegriffenen Marke in diesem Umfang anzuordnen war (§§ 43 Abs. 2 S. 1, 42 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. §§ 12, 5, 15 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 MarkenG).

42

Eine für den Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 4 MarkenG erforderliche Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG lässt sich insoweit nicht verneinen.

43

Diese ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung besteht zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens und dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Beteiligten (st. Rspr.: BGH GRUR 2010, 738, Rn. 22 - Peek & Cloppenburg I; GRUR 2008, 801, Rn. 20 - Hansen-Bau; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 34 ff.).

44

Die angegriffene Marke eSPIRIT und das durchschnittlich kennzeichnungskräftige Widerspruchszeichen E-SPIRIT sind klanglich identisch und schriftlich nahezu identisch.

45

Angesichts dieser stark kollisionsfördernden Ausgangslage sind die Anforderungen an eine die Verwechslungsgefahr (mit-)begründende Branchennähe, d.h. an den Abstand der Geschäftsbereiche der beteiligten Unternehmen, nur gering.

46

Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die sich gegenüberstehenden Unternehmen sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Beurteilung einzubeziehen sind naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche der Parteien (BGH GRUR 2009, 484, Rn. 73 - METROBUS). Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein. Von einer Unähnlichkeit der Branchen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) und im vorliegenden Fall teilweise auch tatsächlich bestehender Identität der Kennzeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Tätigkeitsfelder von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es eine (absolute) Branchenunähnlichkeit, die auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft des prioritätsälteren Unternehmenskennzeichens ausgeglichen werden kann (BGH GRUR 2011, 831, Rn. 23 – BCC). Bei gegebener Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit nach markenrechtlichen Grundsätzen als dem sachlich engeren Kriterium kann regelmäßig auch von Branchennähe ausgegangen werden (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 53).

47

Nach diesen Grundsätzen ist hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 – entgegen der Auffassung der Markenstelle - eine normale (durchschnittliche) Branchennähe und damit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 36) gegeben.

48

Denn zwischen einem Unternehmen, das (wie die Widersprechende) ein Datenverarbeitungsprogramm für Internet-basierte und mobile Anwendungen, nämlich ein „Content Management System“, entwickelt, einführt und vertreibt, und zwar auch für Kunden der Energiewirtschaft, und einem Unternehmen, das (wie die Inhaberin der angegriffenen Marke) die Dienstleistungen der Klasse 35 „organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung der Energiewirtschaft, insbesondere in Fragen der Optimierung und Restrukturierung von Energieversorgungskonzepten“ und der Klasse 42 „technische, organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung der Energiewirtschaft, insbesondere in Fragen der Optimierung und Restrukturierung von Energieversorgungskonzepten“ erbringt, bestehen durchaus relevante Berührungspunkte, zumal die Widersprechende belegt hat, dass bedeutende Unternehmen der Energiewirtschaft von ihrem „Content-Management-System“ „FirstSpirit“ Gebrauch machen und dieses Programm gerade auch dazu dient, „Arbeitsabläufe zu modellieren und zu kontrollieren“. Die Kontrolle von Arbeitsabläufen in einem Unternehmen erfolgt regelmäßig zu organisatorischen, technischen und betriebswirtschaftlichen Zwecken. Ein Unternehmen, das (wie die Widersprechende) ein Computerprogramm genau zu diesen Zwecken entwickelt und in einem Unternehmen der Energiewirtschaft unter Berücksichtigung dessen spezifischer organisatorischer, technischer und betriebswirtschaftlicher Anforderungen einführt, erbringt damit jedenfalls ein Element der von der Inhaberin der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der „technischen, organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Beratung der Energiewirtschaft“, indem es nämlich ein für diesen Zweck geeignetes Computerprogramm zur Verfügung stellt und implementiert. Da für zahlreiche Aufgaben auf technischem Gebiet (z.B. bei der Steuerung von Anlagen) traditionell gewählte „Hardware“-Lösungen zunehmend durch „Software“-Lösungen ersetzt werden, steht es der Annahme einer Branchennähe nicht entgegen, dass die angesprochenen Verkehrskreise, nämlich Fachkreise aus der Energiewirtschaft, die die insoweit maßgeblichen Marktverhältnisse überschauen (vgl. BGH GRUR 1990, 1042, Rn. 33 – Datacolor), bei einem Unternehmen, das die von der angegriffenen Marke in Klasse 42 beanspruchte „technische Beratung der Energiewirtschaft“ erbringt, prima facie - aber eben nur prima facie - zunächst nicht an ein „Softwarehaus“ denken. Zu berücksichtigen ist insoweit nämlich auch, dass die „technische Beratung der Energiewirtschaft“ gerade auch eine „EDV-Beratung“ sein kann und ein bei einem Unternehmen der Energiewirtschaft eingesetztes „Content-Management-System“ auch „technische Daten“ zum Gegenstand haben kann.

49

Die Widersprechende war damit zum Kollisionszeitpunkt und ist auch aktuell aus ihrem Unternehmenskennzeichen E-SPIRIT wegen Verwechslungsgefahr berechtigt, die Benutzung der angegriffenen Marke für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen (§ 12 MarkenG), weshalb die Markenstelle den Widerspruch insoweit zu Unrecht zurückgewiesen hat; die Löschung der angegriffenen Marke in diesem Umfang war deshalb nach § 43 Abs. 2 S. 1 MarkenG anzuordnen.

50

3. Die weitergehende Beschwerde war hingegen zurückzuweisen, da ein Unterlassungsanspruch insoweit nicht festgestellt werden kann.

51

a) Hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klasse 9 kann ein Unterlassungsanspruch nicht auf § 15 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 MarkenG gestützt werden, da wegen insoweit fehlender Branchennähe nach den zutreffenden Ausführungen der Markenstelle eine Verwechslungsgefahr nicht besteht.

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Die von der angegriffenen Marke in Klasse 9 beanspruchten Waren „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Messen, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ haben mit der Entwicklung, der Einführung oder dem Vertrieb eines „Content Management System“ selbst dann keine ausreichenden Berührungspunkte, wenn dies für Kunden der Energiewirtschaft erfolgt; auch wenn es zutrifft, worauf die Widersprechende hingewiesen hat, dass derartige Apparate und Instrumente regelmäßig durch Computerprogramme gesteuert werden. Die Rechtsprechung, die eine Ähnlichkeit zwischen „Datenverarbeitungsprogrammen“ und „elektrotechnischen Geräten“ (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Aufl., S. 63: „Datenverarbeitungsprogramme“; z.B. BPatG 25 W (pat) 211/02 - alphaCAM, wegen der immer stärkeren Verbindung zwischen Hard-und Software) und auch zu „Meß- und Überwachungsgeräten“ (vgl. BPatG 30 W (pat) 44/00 – MicroMotion, im Hinblick auf die mögliche Ausstattung von Meßgeräten mit Software) bejaht hat, entspricht möglicherweise nicht mehr dem geltenden Recht, ist jedenfalls nicht mehr auf den Widerspruch aus einem Unternehmenskennzeichen anwendbar. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtfertigt nämlich allein der Umstand, dass sich konkurrierende Unternehmen mit elektronischer Datenverarbeitung befassen, im Hinblick auf die große Bandbreite der in diesem Bereich angebotenen Waren und Dienstleistungen noch nicht die Annahme einer relevanten Branchennähe (BGH GRUR 2005, 262, Rn. 21 - soco.de; GRUR 1997, 468, Rn. 22 - NetCom; BGH, GRUR 1990, 1042 - Rn. 29 - Datacolor; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 60).

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Zu keinem anderen Ergebnis führt es, sollte man zugunsten der Widersprechenden eine Erweiterung ihres Widerspruchs nach Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Geschäftsfelder „Bereitstellung des Zugangs zu Plattformen und Portalen im Internet“, eine „Kommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet“ und „Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer“ für zulässig halten (vgl. oben 1.) und auch eine entsprechende Geschäftstätigkeit unter dem Unternehmenskennzeichen anerkennen (hier denkbar in Form der von der Widersprechenden für Kunden und Anwender unter www.e-spirit.com bereitgestellten „Community“); denn ein Unternehmen, das „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Messen, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ vertreibt, hat mit einem Unternehmen, das „EDV-Kommunikationsplattformen“ zur Verfügung stellt, nichts gemein.

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b) Ein Unterlassungsanspruch kann insoweit auch nicht aus § 15 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 MarkenG (vgl. dazu Ströbele/Hacker, a.a.O., § 15 Rn. 64 ff.) abgeleitet werden; denn bei dem Widerspruchszeichen E-SPIRIT handelt es sich nicht um „eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung“.

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Die geschäftliche Bezeichnung müsste insoweit einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt sein (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 14 Rn. 276). Die Widersprechende hat zwar dargelegt und teilweise auch belegt, dass ihre Software „FirstSPIRIT“ im Inland bei sehr namhaften Unternehmen eingesetzt wird. Umsatzzahlen sind jedoch weder für die Widersprechende selbst noch für ihre Konkurrenten dargelegt und belegt worden, so dass ein Marktanteil nicht feststellbar ist. Die von der Widersprechenden vorgelegten „Presseinformationen und -artikel“ geben allenfalls einen Anhaltspunkt für eine entsprechende Bekanntheit (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 14 Rn. 280). Die in der eidesstattlichen Versicherung des Vorstandsvorsitzenden nur glaubhaft gemachten und nicht belegten Gesamt-Werbeaufwendungen (2009: … EUR / 2010: … EUR) erscheinen nicht sehr hoch und sind angesichts fehlender Referenzzahlen nicht aussagekräftig. In den vorgelegten „Presseinformationen“ ist auch immer wieder die Rede von Ausschreibungen, an denen sich zahlreiche Mitbewerber beteiligt haben. Neben den auf der „Kundenliste“ der Widersprechenden genannten Unternehmen gibt es bekanntermaßen noch eine unübersehbare Vielzahl weiterer Unternehmen, die gleichfalls mit einer „Content-Management-Software“, nicht notwendigerweise derjenigen der Widersprechenden, arbeiten. Von einer im Inland bekannten geschäftlichen Bezeichnung kann danach nicht ausgegangen werden.

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4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

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5. Für die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG. Angesichts der vorliegenden konkreten Einzelfallgestaltung sieht der Senat weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Rechtsfrage noch den der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als gegeben.