Entscheidungsdatum: 07.08.2018
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Kleve in Moers vom 4. April 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass
- der Angeklagte S. des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen,
- der Angeklagte N. der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen
schuldig sind,
b) im Strafausspruch dahin geändert, dass
- bei dem Angeklagten S. die Einzelstrafaussprüche zu den sieben Fällen, in denen das Landgericht jeweils eine Einzelfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verhängt hat, und zur Tat vom 17. Oktober 2017 (Einzelfreiheitsstrafe von sechs Jahren),
- bei dem Angeklagten N. die Einzelstrafaussprüche zu den sieben Fällen, in denen das Landgericht jeweils eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt hat, und zur Tat vom 17. Oktober 2017 (Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten)
aufgehoben werden.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten unter Teilfreispruch im Übrigen verurteilt. Gegen den nicht revidierenden Mitangeklagten N. hat es wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten unter Teilfreispruch im Übrigen verhängt. Ferner hat das Landgericht Einziehungsentscheidungen getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge und die nicht näher ausgeführte Rüge der Verletzung formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten S. hat - auch zugunsten des Mitangeklagten N. - den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat, soweit es die neun Fälle des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betrifft, Folgendes festgestellt:
Der gesondert Verfolgte Ni. finanzierte im Zeitraum vom 17. August 2017 bis zum 17. Oktober 2017 für den Angeklagten S. den Erwerb der Drogen vom Verkäufer T. in den Niederlanden vor; zudem holte Ni. die Betäubungsmittel, jeweils mindestens ein Kilogramm Marihuana, im letzten Fall 991,3 Gramm, bzw. zusätzlich in einem Fall ein Kilogramm Amphetamine und im letzten Fall 982,8 Gramm Amphetamine, bei T. ab. In zwei nicht näher bestimmten Fällen verbrachte Ni. die Drogen unmittelbar in die Wohnung des Mitangeklagten N. ; in den übrigen Fällen übergab er dem Angeklagten S. die Betäubungsmittel. In allen Fällen portionierte und packte der Angeklagte S. die Drogen in N. s Wohnung ab und veräußerte sie von dort aus. Der Mitangeklagte N. gewährte gemäß der getroffenen Abrede dem Angeklagten S. bzw. Ni. jeweils den Zugang zu seiner Wohnung.
2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung insoweit hinsichtlich der Konkurrenzverhältnisse nicht stand. Die Urteilsgründe belegen nicht, dass die neun Fälle des Bandenhandels (§ 30a Abs. 1 BtMG) in Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB) zueinander stehen.
a) Den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, ob der Angeklagte S. erst dann bei T. neue Betäubungsmittel erwarb, nachdem er die vorangegangene Lieferung vollständig abverkauft hatte. Dies liegt indes nicht nahe, da der Tatzeitraum für diesen Tatkomplex nur zwei Monate beträgt, das Landgericht die genauen Tatzeiten für die neun Fälle nicht näher bestimmt und der Mitangeklagte N. bekundet hat, es habe "nie Leerzeiten" gegeben, der Angeklagte S. habe regelmäßig eine neue Lieferung angekündigt, wenn noch ca. 100 bis 200 Gramm vorhanden gewesen seien (UA S. 19). Damit ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte S. die neuen Einkaufsmengen zu einem Zeitpunkt in N. s Wohnung verbrachte oder verbringen ließ, als sich dort noch Restmengen aus vorangegangenen Lieferungen befanden. Dann überschneiden sich indes die Bewertungseinheiten der neun Lieferungen je in einem Teil der Ausführungshandlungen, nämlich in der Lagerung in N. s Wohnung zum Zwecke der Portionierung und gegebenenfalls gar bei einem gemeinsamen anschließenden Abverkauf. Die neun Lieferungen treffen damit zumindest hinsichtlich des Besitzes in einer teilidentischen Ausführungshandlung zusammen, sodass zwischen diesen neun Bewertungseinheiten Tateinheit (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB) anzunehmen ist (vgl. dazu nur BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2018 - 3 StR 453/17, NStZ-RR 2018, 184, 185; vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712; vom 22. Februar 2018 - 5 StR 622/17, juris Rn. 7).
b) Dass die Betäubungsmittel zuvor aus den Niederlanden eingeführt wurden (vgl. § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG), ändert daran bei dem Delikt des Bandenhandels (§ 30a Abs. 1 BtMG) nichts.
aa) Insoweit liegt die Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse anders als in den vorangegangenen acht Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG); der Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vermag insoweit wegen seiner gegenüber § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG geringeren Strafandrohung nicht die Einfuhrdelikte zu Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) zusammenzufassen (dazu nur BGH, Beschlüsse vom 15. Februar 2011 - 3 StR 3/11, juris; vom 6. Februar 2014 - 3 ARs 7/13,NStZ-RR 2014, 146; vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2017 - 4 StR 395/17, juris Rn. 3 mit weiteren umfangreichen Nachweisen). Hieran hält der Senat fest.
bb) Anderes gilt für die Fälle des Bandenhandels (§ 30a Abs. 1 BtMG). Dieser verbindet die im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinanderfolgenden Teilakte, insbesondere den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit. Insoweit kommt der Einfuhr neben dem Bandenhandel keine selbständige rechtliche Bedeutung zu (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 29. September 2009 - 3 StR 322/09, NStZ 2010, 223 f.; vom 14. April 2015 - 3 StR 267/14, NStZ 2015, 589, 590). Dies bedeutet für die hier vorliegende Fallkonstellation, dass die Einfuhrvorgänge - anders als beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - die neun Bewertungseinheiten des Bandenhandels nicht voneinander trennen können; im Gegenteil haben sie gegenüber dem bandenmäßigen Handeltreiben keine selbständige Bedeutung und werden daher nicht (als je tateinheitlich begangen) ausgeurteilt (BGH aaO).
c) Die Zusammenfassung der mehrfach durchgeführten Einkaufshandlungen zu neun tateinheitlichen Taten steht der Annahme bandenmäßigen Handelns nicht entgegen (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 181 ff.; Beschluss vom 25. November 2013 - 5 StR 531/13, juris).
d) Da keine weitergehenden Feststellungen zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch insoweit auf Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun tateinheitlich begangenen Fällen (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB) ab. Er schließt aus, dass sich die Angeklagten bei einem entsprechenden Hinweis (§ 265 Abs. 1 StPO) wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
3. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der Einzelfreiheitsstrafen in acht Fällen. Die höchste in diesem Tatkomplex verhängte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten bleibt hingegen bestehen.
Die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe kann dennoch bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Der Senat schließt im Hinblick auf den straffen Zusammenzug der Strafen durch das Landgericht aus, dass dieses aus den verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von einmal sechs Jahren und sechs Monaten, einmal drei Jahren sowie siebenmal zwei Jahren und sechs Monaten auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als eine solche von sieben Jahren und sechs Monaten erkannt hätte, zumal der Gesamtumfang des Bandenhandels bei der Bewertung der Schuld des Angeklagten unabhängig von der konkurrenzrechtlichen Einordnung der Einzeltaten sein Gewicht behält.
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Teilaufhebung auf den Mitangeklagten N. zu erstrecken, auch wenn sich dies im Ergebnis nicht auf die Gesamtstrafe auswirkt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. März 2005 - 2 StR 544/04, NStZ-RR 2005, 199, 200; vom 2. August 2000 - 3 StR 218/00, juris Rn. 3, 7; vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507, 508; vom 31. Juli 1996 - 3 StR 269/96 bei Kusch NStZ 1997, 379; vom 19. April 2011 - 3 StR 230/10, juris Rn. 27). Da die neun Lieferungen beim Haupttäter S. zu einer Tat (§ 52 Abs. 1 StGB) zusammenzufassen sind, kann der Gehilfe N. auch nur in diesem rechtlichen Umfang Hilfe geleistet haben (§ 27 StGB). Damit entfallen auch beim Angeklagten N. acht Einzelstrafen aus dem zweiten Tatkomplex. Indes ist wiederum bei einer Einsatzfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von einmal neun Monaten und siebenmal sechs Monaten sowie gleichbleibendem Schuldumfang auszuschließen, dass sich dieser Wegfall auf die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe auswirkt.
5. Zu der Einziehung des beim Angeklagten S. sichergestellten Bargelds in Höhe von 1.100 € merkt der Senat an: Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht diesen Teil der Einziehungsentscheidung mit § 74 StGB begründet und nicht - wie es zutreffend gewesen wäre - auf § 73 Abs. 1 StGB nF gestützt hat.
6. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gebietet es nicht, den Angeklagten S. aus Billigkeitsgründen auch nur teilweise von der Belastung mit Kosten und notwendigen Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker |
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