Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 27.05.2014


BGH 27.05.2014 - 3 StR 137/14

Betäubungsmitteldelikt: Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
3. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
27.05.2014
Aktenzeichen:
3 StR 137/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Aurich, 24. September 2013, Az: 11 KLs 12/13
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 24. September 2013

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte schuldig ist

- der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen,

- der Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen,

- des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen,

- des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln,

- des Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit Erwerb und mit Besitz von Munition;

b) im gesamten Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung des Kraftfahrzeugs Passat Kombi aufgehoben; die zugehörigen bisherigen Feststellungen bleiben jedoch aufrechterhalten;

c) in der Liste der angewendeten Vorschriften um § 26 StGB ergänzt.

b) Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer Serie von Betäubungsmittelstraftaten und eines Waffendelikts unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer vorangegangenen Entscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt, eine Schusswaffe nebst Munition, diverse Betäubungsmittel sowie ein Kraftfahrzeug Passat Kombi eingezogen und einen Geldbetrag für verfallen erklärt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensrüge und sachlichrechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

2

1. In den Fällen II. Tat 4 und Tat 7 der Urteilsgründe hält die Annahme täterschaftlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

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Der Tatbestand der Einfuhr erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport des Betäubungsmittels über die Grenze. Mittäter einer Einfuhr im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB kann ein Beteiligter deshalb auch dann sein, wenn das Rauschgift von einer anderen Person in das Inland verbracht wird. Voraussetzung dafür ist nach den auch hier geltenden Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts aber ein die Tatbegehung objektiv fördernder Beitrag, der sich als ein Teil der Tätigkeit aller darstellt und der die Handlungen der anderen als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheinen lässt (BGH, Beschlüsse vom 1. September 2004 - 2 StR 353/04, NStZ 2005, 229; vom 14. Dezember 1988 - 4 StR 565/88, StV 1990, 264). Ob dies gegeben ist, hat der Tatrichter auf der Grundlage einer umfassenden wertenden Betrachtung festzustellen; von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt bei allen diesen Merkmalen ist der Einfuhrvorgang selbst (Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 907 mwN). Keine ausschlaggebende Bedeutung kann dabei indes dem Interesse eines mit der zu beschaffenden Betäubungsmittelmenge Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs zukommen; in einem solchen Falle gewinnt insbesondere die Tatherrschaft bei der Einfuhr oder der Wille hierzu an Gewicht (Weber aaO, Rn. 908). Bloßes Veranlassen einer Beschaffungsfahrt ohne Einfluss auf deren Durchführung genügt dagegen nicht (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, StV 2012, 410 mwN).

4

Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ der Angeklagte in den genannten beiden Fällen das Rauschgift von einem Kurier aus den Niederlanden nach Deutschland verbringen. Ein Einfluss des Angeklagten auf die Einzelheiten der Beschaffungsfahrten ist nicht festgestellt. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass der Angeklagte bei der Tat 4 "die Übergabe der Betäubungsmittel über das Handy überwachte" (UA S. 11), indem er wiederholt bei dem holländischen Lieferanten anrief, während er sich selbst auf der Reise nach Berlin befand. Damit ist lediglich eine Anstiftung zur Rauschgifteinfuhr festgestellt.

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Da weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch in diesen beiden Fällen entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Gleichzeitig fasst der Senat den Schuldspruch in übersichtlicher Form neu und lässt dabei insbesondere auch die Bezeichnung einzelner Taten als minder schwere Fälle entfallen, da diese nicht in die Urteilsformel aufzunehmen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN).

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2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung des Kraftfahrzeugs.

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a) Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten Kraftfahrzeugs des Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 3 StR 189/04, NStZ 2005, 232). Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (BGH, Beschluss vom 26. April 1983 - 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169 mwN, insoweit in StV 2012, 410 nicht abgedruckt).

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b) Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.

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c) Der Wegfall des gesamten Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 5 StR 234/11, StV 2011, 726; Urteil vom 12. Oktober 1993 - 1 StR 585/93, StV 1994, 76).

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d) Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben.

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3. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Pkw sowie gegebenenfalls sonstige, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage, eine neue Strafzumessung vorzunehmen haben. Sollte sich die Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Leer vom 1. September 2010 als grundsätzlich gesamtstrafenfähig erweisen - nach den Gründen des angefochtenen Urteils ist dies unklar geblieben, da der Zeitpunkt des letzten tatrichterlichen Urteils nicht mitgeteilt worden ist (vgl. Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 55 Rn. 2 mwN) -so wird er dabei zu bedenken haben, dass bei Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht in der neuen Verhandlung die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren (24. September 2013) vorzunehmen ist, weil dem Beschwerdeführer ein früher erlangter Rechtsvorteil nicht durch sein Rechtsmittel genommen werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72).

Becker                           Pfister                             Schäfer

                 Gericke                           Spaniol