Entscheidungsdatum: 02.03.2017
1. Der Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung ist grundsätzlich nicht erlaubnisfähig.
2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG umfasst auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Menschen, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben enden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln.
3. Im Hinblick auf dieses Grundrecht ist § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG (juris: BtMG 1981) dahin auszulegen, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels für eine Selbsttötung mit dem Zweck des Gesetzes ausnahmsweise vereinbar ist, wenn sich der suizidwillige Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befindet.
4. Eine extreme Notlage ist gegeben, wenn - erstens - die schwere und unheilbare Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden, insbesondere starken Schmerzen verbunden ist, die bei dem Betroffenen zu einem unerträglichen Leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können, - zweitens - der Betroffene entscheidungsfähig ist und sich frei und ernsthaft entschieden hat, sein Leben beenden zu wollen und ihm - drittens - eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht zur Verfügung steht.
Der Kläger begehrt im Wege der Restitutionsklage die Feststellung, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM) verpflichtet war, seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau den Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung zu erlauben.
Die Ehefrau des Klägers (im Folgenden: Frau K.) litt seit April 2002 infolge eines Unfalls an einer hochgradigen, fast kompletten sensomotorischen Querschnittslähmung. Sie war vom Hals abwärts gelähmt, musste künstlich beatmet werden und war auf ständige medizinische Betreuung und Pflege angewiesen. Häufige Krampfanfälle verursachten starke Schmerzen. Nach ärztlicher Einschätzung bestand keine Aussicht auf Besserung ihres Zustandes. Wegen dieser von ihr als unerträglich und entwürdigend empfundenen Leidenssituation hatte Frau K. den Wunsch, ihr Leben zu beenden. Mit Schreiben vom 12. November 2004 beantragte sie beim BfArM, ihr zum Zweck der Durchführung eines begleiteten Suizids den Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zu erlauben. Zur Begründung führte sie aus, sie habe ihren Sterbewunsch mit dem Kläger, der gemeinsamen Tochter, den behandelnden Ärzten, einem Psychologen, dem Pflegepersonal und einem Geistlichen besprochen; diese respektierten ihre Entscheidung. Eine risikolose und schmerzfreie Selbsttötung sei für sie nur mit dem beantragten Mittel möglich. Pentobarbital gehöre nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu den verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln. Jedoch dürften Ärzte nach dem geltenden Arzt- und Standesrecht keine letale Dosis verschreiben. Zudem sei unsicher, wie die Unterstützung einer frei verantwortlichen Selbsttötung strafrechtlich bewertet würde. In der Schweiz sei die von ihr angestrebte Selbsttötung mit Natrium-Pentobarbital möglich. Allerdings stelle die Reise wegen der damit verbundenen Belastungen keine zumutbare Alternative dar.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 lehnte das BfArM den Antrag ab. Die begehrte Erlaubnis sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zu versagen, weil der Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, nicht zu vereinbaren sei. Mit medizinischer Versorgung im Sinne dieser Vorschrift seien ausschließlich lebenserhaltende oder -fördernde Verwendungszwecke gemeint. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2005 wies das BfArM den Widerspruch von Frau K. als unbegründet und den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Wenige Tage vor Erlass des Widerspruchsbescheides war Frau K. in Begleitung des Klägers und ihrer Tochter in die Schweiz gereist und hatte sich mit Unterstützung eines Vereins für Sterbehilfe selbst getötet.
Die Klage auf Feststellung, dass der Bescheid vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 rechtswidrig und die Beklagte zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen ist, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21. Februar 2006 - 7 K 2040/05 - (FamRZ 2006, 1673) als unzulässig abgewiesen. Der Kläger sei nicht klagebefugt. Er könne weder geltend machen, in seinen Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt zu sein, noch erscheine eine Verletzung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) möglich. Durch die Erlaubnisversagung könnten allein Rechte der Ehefrau betroffen gewesen sein. Den gegen dieses Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Juni 2007 - 13 A 1504/06 - (NJW 2007, 3016) zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe eine Klagebefugnis zutreffend verneint. Die Verfassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 4. November 2008 - 1 BvR 1832/07 - (NJW 2009, 979) nicht zur Entscheidung angenommen.
Der daraufhin vom Kläger angerufene Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil vom 19. Juli 2012 - Nr. 497/09, Koch/Deutschland - (NJW 2013, 2953) entschieden, dass der Kläger durch die Weigerung der nationalen Gerichte, die Begründetheit seiner Klage zu prüfen, in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK verletzt worden ist. Das Urteil ist seit 17. Dezember 2012 rechtskräftig.
Am 15. Januar 2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht die Wiederaufnahme des Klageverfahrens beantragt und sein Feststellungsbegehren weiterverfolgt. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13. Mai 2014 sein Urteil vom 21. Februar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Restitutionsklage sei gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 580 Nr. 8 ZPO zulässig. Die erneute Prüfung des Klagebegehrens ergebe, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, aber unbegründet sei. Das BfArM habe den Antrag von Frau K. auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu Recht abgelehnt. Die Erlaubnis sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zu versagen gewesen. Unter notwendiger medizinischer Versorgung im Sinne dieser Vorschrift seien nur solche Betäubungsmittelanwendungen zu verstehen, die therapeutischen Zwecken dienten. Dazu gehöre zwar auch die Versorgung mit schmerzstillenden Medikamenten am Ende des Lebens. Dieser Versorgungszweck sei aber mit der Einnahme einer letalen Dosis zum Zweck der Selbsttötung nicht zu vergleichen und medizinisch und ethisch streng abzugrenzen. Bei der palliativen Versorgung sterbender Menschen stehe die Linderung von Schmerzen und Atemnot im Vordergrund, während eine mit der Anwendung des Betäubungsmittels verbundene lebensverkürzende Wirkung nicht beabsichtigt, sondern lediglich als unvermeidliche Nebenfolge der notwendigen Behandlung in Kauf genommen werde. Diese Bewertung stimme auch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung zwischen erlaubter, durch Einwilligung des Patienten gerechtfertigter Sterbehilfe und einer strafbaren Tötung nach §§ 212, 216 StGB überein. Danach könne als Sterbehilfe zulässig sein, eine lebenserhaltende oder -verlängernde medizinische Behandlung zu unterlassen oder abzubrechen, nicht hingegen eine lebensbeendende Handlung außerhalb des Zusammenhangs einer medizinischen Behandlung. Eine Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG, die den Zugang zu tödlich wirkenden Betäubungsmitteln ausnahmsweise ermöglichen würde, wenn ein selbstbestimmter Entschluss zur Beendigung eines leidvollen Lebens vorliege, komme nicht in Betracht, weil sie dem Willen des Gesetzgebers widerspreche. Ein ausnahmsloses Verbot der Abgabe von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung verstoße auch weder gegen das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende nach Art. 8 EMRK noch gegen das Recht auf eine freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG.
Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. August 2015 zurückgewiesen. Der Erwerb der beantragten Dosis Natrium-Pentobarbital habe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG einer Erlaubnis bedurft. Zwar sei das Betäubungsmittel grundsätzlich gemäß § 13 Abs. 1 i.V.m. Anlage III und § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG ohne gesonderte Erlaubnis auf ärztliche Verschreibung erhältlich. Diese Zugangsmöglichkeit sei Frau K. aber faktisch verschlossen gewesen. Denn die Berufsordnungen würden es den Ärzten überwiegend verbieten, Natrium-Pentobarbital oder andere Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu verschreiben. Dementsprechend habe sich die Ärzteschaft bisher mehrheitlich darauf geeinigt, dass die Verschreibung oder Verabreichung einer tödlichen Dosis den Regeln der Heilkunde widerspreche. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Erlaubniserteilung der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegengestanden habe. Eine Erwerbserlaubnis zur Selbsttötung sei mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar. Dafür sprächen neben dem Wortlaut der Regelung insbesondere systematische und teleologische Argumente. Es fehle zwar eine eindeutige Aussage im Gesetz, ob die Abgabe von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung möglich sein solle. Allerdings sei den Materialien zu entnehmen, dass es dem Gesetzgeber bei der Novellierung des Betäubungsmittelrechts um den Gesundheitsschutz gegangen sei. Auch die mit Änderungsgesetz vom 19. Oktober 2012 eingefügten Regelungen zur Vereinfachung der palliativ-medizinischen Versorgung mit Betäubungsmitteln sprächen für dieses Normverständnis. Hätte der Gesetzgeber die Abgabe von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung ermöglichen wollen, hätte es nahegelegen, dies im Zuge des Änderungsgesetzes mit zu regeln. Die Grundrechte des Grundgesetzes sowie die Rechte und Freiheiten der Europäischen Menschenrechtskonvention verlangten keine abweichende Auslegung. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umfasse Art. 8 Abs. 1 EMRK auch das Recht eines Menschen zu entscheiden, wann und in welcher Weise sein Leben enden solle, vorausgesetzt, er könne seinen Willen frei bilden und dementsprechend handeln. Unter den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK könne dieses Recht beschränkt werden. Hierbei verfüge der nationale Gesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum. Bei der Abwägung sei die Schutzpflicht des Staates für Leben und Gesundheit jedes Menschen nach Art. 2 EMRK zu berücksichtigen. Daraus könne auch die staatliche Pflicht folgen, eine Person an der Selbsttötung zu hindern, wenn sie die Entscheidung nicht frei und in Kenntnis aller Umstände getroffen habe. Danach sei ein ausnahmsloses Verbot des Zugangs zu Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung nicht zu beanstanden. Es sei geeignet und erforderlich, um Menschen in vulnerabler Position und Verfassung gegenüber Entscheidungen zu schützen, die sie möglicherweise voreilig, in einem Zustand mangelnder Einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich träfen, und um sie gegenüber Missbrauch durch Dritte zu schützen. Durch das Verbot würden Menschen in der Situation wie Frau K. auch nicht in ihrer Menschenwürde verletzt. Ihnen verblieben Handlungsalternativen, die dem Schutzgehalt der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG gerecht würden. Sie ergäben sich vor allem durch Möglichkeiten im Bereich der Palliativmedizin und, soweit die Betroffenen auf lebenserhaltende medizinische Maßnahmen angewiesen seien, durch die Möglichkeit der so genannten Therapiezieländerung oder des Behandlungsabbruchs.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Das Oberverwaltungsgericht habe § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG falsch ausgelegt. Aus dem Gesetz ergebe sich nicht, dass Betäubungsmittel der Anlage III nicht auch zum Zweck der Lebensbeendigung erworben werden dürften. Ein Regelungsverständnis, das dazu führe, dass ein Suizidwilliger in einer Situation wie derjenigen seiner Frau zusätzlich leiden müsse, verstoße gegen die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Recht, selbstbestimmt über den Zeitpunkt und die Umstände des eigenen Todes zu entscheiden, laufe leer, wenn dem Betroffenen verwehrt werde, auf eine möglichst risikolose und schmerzfreie Weise aus dem Leben zu scheiden. Werde der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung ausgeschlossen, würden Betroffene wie seine Frau vor die Alternative gestellt, weiter leiden zu müssen, eine andere Suizidmethode wählen zu müssen, die erheblich risikoreicher und mit der Gefahr zusätzlicher Schmerzen verbunden sei, oder eine beschwerliche Reise in die Schweiz unternehmen zu müssen, um den Sterbewunsch dort in der gewünschten Weise umsetzen zu können. Das sei mit dem Schutzgehalt der Menschenwürdegarantie nicht vereinbar. Die streitige Erlaubnis sei nicht als Gewährung einer staatlichen Hilfe zur Selbsttötung zu qualifizieren, sondern im Sinne des grundrechtlichen Abwehranspruchs als Befreiung von einem rechtfertigungsbedürftigen Zugangsverbot. Ein ausnahmsloses Verbot verstoße gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot sowie gegen Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die im Berufungsurteil angesprochenen Handlungsalternativen hätten seiner Frau nicht zur Verfügung gestanden.
Die Beklagte verteidigt die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass der Bescheid des BfArM vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 rechtswidrig gewesen ist. Insoweit beruht das angefochtene Urteil auf einer Verletzung von § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die weitergehende Revision bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das BfArM zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen ist.
1. Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Klageverfahrens vorliegen. Die Restitutionsklage ist nach § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 580 Nr. 8 ZPO zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2006 - 7 K 2040/05 - war deshalb aufzuheben (vgl. § 590 Abs. 1 ZPO; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 153 Rn. 17).
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) und auch im Übrigen als zulässig anzusehen. Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) sowie das notwendige Feststellungsinteresse (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) sind aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 19. Juli 2012 zu bejahen. Danach kann der Kläger geltend machen, durch die Weigerung des BfArM, seiner verstorbenen Frau die beantragte Erlaubnis zu erteilen, in eigenen Rechten (Art. 8 Abs. 1 EMRK) verletzt worden zu sein. Er hat auch ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Versagungsentscheidung (vgl. EGMR, Urteil vom 19. Juli 2012 - Nr. 497/09, Koch/Deutschland - NJW 2013, 2953 Rn. 45 ff.).
3. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, der ein Verpflichtungsbegehren zugrunde liegt, der Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 1996 - 4 B 55.96 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 286 S. 21 f.; Urteil vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - Buchholz 406.253 § 20 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 53). Danach ist hier auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Todes von Frau K. am 12. Februar 2005 abzustellen. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die ablehnenden Bescheide des BfArM rechtswidrig gewesen sind, ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzuheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 C 33.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014:041214U4C33.13.0] - BVerwGE 151, 36 Rn. 18, 21). Maßgeblich ist daher das Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358) und der Achtzehnten Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2003 (BGBl. 2004 I S. 28). Das hindert allerdings nicht, nachfolgende Rechtsänderungen und -entwicklungen mit in den Blick zu nehmen, wenn und soweit sie Rückschlüsse auf die Rechtslage im maßgeblichen Betrachtungszeitpunkt zulassen.
4. Danach sind die ablehnenden Bescheide des BfArM vom 16. Dezember 2004 und 3. März 2005 rechtswidrig gewesen. Die ihnen zugrunde liegende Annahme, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG habe der Erlaubniserteilung ausnahmslos entgegengestanden, ist rechtsfehlerhaft.
a) Frau K. benötigte für den Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG.
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 letzte Alt. BtMG bedarf einer Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, wer Betäubungsmittel erwerben will. Betäubungsmittel im Sinne dieser Bestimmung sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen (§ 1 Abs. 1 BtMG). Pentobarbital zählt zur Gruppe der verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel der Anlage III. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital ist daher erlaubnispflichtig, wenn nicht einer der in § 4 BtMG geregelten Ausnahmetatbestände vorliegt. Letzteres ist hier nicht der Fall. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG bedarf keiner Erlaubnis nach § 3 BtMG, wer ein in Anlage III bezeichnetes Betäubungsmittel auf Grund ärztlicher Verschreibung erwirbt. Im Wege der ärztlichen Verschreibung war für Frau K. die beantragte Dosis Natrium-Pentobarbital jedoch nicht erhältlich. Zwar kann Pentobarbital gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV) vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80) in der hier maßgeblichen Fassung der Fünfzehnten Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1180) durch einen Arzt verschrieben werden. Voraussetzung ist aber nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG, dass die Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist. Das ist der Fall, wenn nach anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft eine Indikation für die Anwendung des Betäubungsmittels besteht, also das Mittel im Rahmen einer medizinischen Behandlung zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden soll (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 1979 - 1 StR 118/79 - BGHSt 29, 6 <10> [zur Vorgängerregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 9a BetMG 1972] und vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13 - BGHSt 59, 150 Rn. 39; Beschluss vom 17. Mai 1991 - 3 StR 8/91 - BGHSt 37, 383; OLG Hamburg, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 1 Ws 13/16 - NStZ 2016, 530 <535 f.>; Patzak, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl. 2016, § 13 Rn. 1, Rn. 2 a.E., Rn. 20 ff.; Weber, BtMG, 4. Aufl. 2013, § 13 Rn. 21 f.). Ob eine Verschreibung zum Zweck der Selbsttötung damit ausgeschlossen ist oder ob unter den noch darzulegenden Voraussetzungen für die Erlaubnisfähigkeit des Erwerbs auch die Verschreibung des Mittels durch einen Arzt nach § 13 Abs. 1 BtMG zulässig sein kann (vgl. Jäger, JZ 2015, 875 <877> m.w.N. zum Diskussionsstand; Miebach, NStZ 2016, 536 <538>; Deutscher Ethikrat, Ad-hoc-Empfehlung zur Regelung der Suizidbeihilfe vom 18. Dezember 2014), bedarf an dieser Stelle keiner Erörterung. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, Frau K. habe tatsächlich keine Möglichkeit gehabt, das begehrte Betäubungsmittel über eine ärztliche Verschreibung zu erhalten, weil sich die Ärzteschaft mehrheitlich darauf geeinigt habe, dass sich die Verschreibung einer tödlichen Dosis nicht mit den Regeln der Heilkunde und dem hippokratischen Eid vereinbaren lasse. Dementsprechend hat das BfArM die Erlaubnispflicht nach § 3 BtMG auch ohne weiteres bejaht.
b) Das Oberverwaltungsgericht hat wie das BfArM angenommen, dass eine Erlaubnis nach § 3 BtMG, die für den Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung beantragt werde, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ausnahmslos zu versagen sei. Das ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes schließen eine Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung zwar grundsätzlich aus (aa). Das Verbot greift aber in das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwer und unheilbar kranker Menschen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein, selbstbestimmt zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt ihr Leben enden soll (bb). Im Lichte dessen muss § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG grundrechtskonform dahin ausgelegt werden, dass er der Erlaubniserteilung ausnahmsweise nicht entgegensteht, wenn sich der Suizidwillige wegen seiner Erkrankung in einer extremen Notlage befindet (cc).
aa) Nach den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften ist der Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich nicht erlaubnisfähig. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Betäubungsmittelgesetzes und der Regelungssystematik der §§ 5 Abs. 1 Nr. 6 und 13 Abs. 1 BtMG.
(1) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ist die Erlaubnis nach § 3 BtMG zu versagen, wenn die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes vereinbar ist, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Missbrauch von Betäubungsmitteln oder die missbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen. Inmitten steht hier allein eine Unvereinbarkeit mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Das Ziel der Verhinderung einer Betäubungsmittelabhängigkeit wird bei einer Erwerbserlaubnis, die zum Zweck der Selbsttötung beantragt wird, offensichtlich nicht tangiert. Eine solche Erlaubnis widerspricht auch nicht dem Gesetzeszweck, den Betäubungsmittelmissbrauch auszuschließen. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Heranziehung der Materialien zutreffend ausgeführt, dass in diesem Begriff die gesetzgeberische Zielsetzung zum Ausdruck kommt, den gesundheitsgefährdenden und -schädlichen Konsum von Betäubungsmitteln zu Genuss- oder Rauschzwecken zu verhindern und insbesondere die Rauschgift- und Drogensucht zu bekämpfen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Betäubungsmittelgesetz 1981, BT-Drs. 8/3551 S. 23 ff., 29).
(2) Dem Begriff der Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung liegt zugrunde, dass Betäubungsmittel nicht nur schädliche Wirkungen haben, sondern in bestimmten Fällen für die menschliche Gesundheit auch von Nutzen sein können. Das Gesetz sieht daher von einem Verbot des Betäubungsmittelverkehrs ab, soweit Betäubungsmittel zu medizinischen Zwecken benötigt werden. Dem trägt die Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz Rechnung, die die verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel aufführt. Die Voraussetzungen der Verschreibungsfähigkeit regelt, wie gezeigt, § 13 Abs. 1 BtMG. Die danach erforderliche therapeutische Zielrichtung der Anwendung des Betäubungsmittels liegt vor, wenn sie dazu dient, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Für den Begriff der medizinischen Versorgung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG kann aus systematischen Gründen nichts anderes gelten. Die notwendige medizinische Versorgung mit Betäubungsmitteln wird vorrangig dadurch sichergestellt, dass Patienten ein zu Therapiezwecken benötigtes Betäubungsmittel der Anlage III aufgrund einer ärztlichen Verschreibung in der Apotheke erwerben können oder der Arzt es ihnen im Rahmen einer Behandlung verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlässt (§ 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BtMG). Dabei ersetzt die ärztliche Verschreibung, wie § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG zeigt, die Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG, Patzak, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl. 2016, § 4 Rn. 21). Geht es um den medizinischen Versorgungsbedarf für ein sonstiges Betäubungsmittel, verbleibt es gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BtMG bei der Erlaubnisbedürftigkeit nach § 3 BtMG. Die Bindung der Erlaubniserteilung an das Erfordernis der notwendigen medizinischen Versorgung nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG stellt sicher, dass die Anwendung des Betäubungsmittels ebenso wie im Fall des § 13 Abs. 1 BtMG medizinisch begründet sein muss. Entsprechend hat der Senat in seiner Rechtsprechung zu § 3 Abs. 2 BtMG auf eine auf Heilung oder Linderung von pathologischen Zuständen gerichtete Anwendung des Betäubungsmittels abgestellt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 2005 - 3 C 17.04 - BVerwGE 123, 352 <354 f., 356 f.> und vom 6. April 2016 - 3 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2016:060416U3C10.14.0] - BVerwGE 154, 352 Rn. 13).
Danach schließt § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG die Erteilung einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich aus. Sie ist mit dem Ziel des Betäubungsmittelgesetzes, die menschliche Gesundheit und das Leben zu schützen (vgl. BT-Drs. 8/3551 S. 23), nicht vereinbar. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht mit Blick auf die palliativ-medizinische Versorgung sterbender Menschen mit Betäubungsmitteln. Die Verabreichung eines Betäubungsmittels im Bereich der Palliativmedizin dient der Linderung von Schmerzen und anderen Missempfindungen wie Atemnot, Übelkeit, Angst u.a. und damit therapeutischen Zwecken. Steht keine Therapiealternative zur Verfügung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG), ist die Anwendung im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG begründet. Das gilt auch dann, wenn die Medikation als unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigen kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2001 - 5 StR 474/00 - BGHSt 46, 279 <284 f.>). Die Anwendung eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung lässt sich damit nicht gleichsetzen. Die palliativ-medizinische Behandlung Todkranker lässt sich beschreiben als "Hilfe beim Sterben" (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung <§ 217 StGB>, BT-Drs. 18/5373 S. 11, 17 f.; Otto, NJW 2006, 2217 <2218, 2221>). Das bringt zum Ausdruck, dass die palliativ-medizinische Maßnahme einen schon begonnenen Sterbeprozess begleitet. Im Unterschied dazu wird das Betäubungsmittel bei der Selbsttötung gezielt dazu eingesetzt, den Tod unmittelbar herbeizuführen. Allerdings kann auch die palliativ-medizinisch begründete Gabe eines Betäubungsmittels für die Umsetzung eines Sterbewunsches von erheblicher Bedeutung sein. Den Abbruch lebenserhaltender oder -verlängernder Maßnahmen wird ein Sterbewilliger in vielen Fällen nur verlangen, wenn ihm nach dem Behandlungsabbruch eine palliativ-medizinische Versorgung sicher ist.
bb) Ein ausnahmsloses Verbot, Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, greift in das grundrechtlich geschützte Recht schwer und unheilbar kranker Menschen ein, selbstbestimmt darüber zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt ihr Leben enden soll.
(1) Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde sichern gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann (BVerfG, Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - BVerfGE 117, 202 <225 f.>). Dazu gehört, dass der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1978 - 1 BvR 16/72 - BVerfGE 49, 286 <298>). Ausdruck der persönlichen Autonomie ist auch der Umgang mit Krankheit. Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt deshalb das Recht ein, auf Heilung zielende medizinische Behandlungen oder sonstige therapeutische Maßnahmen abzulehnen (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - NJW 2017, 53 Rn. 74 f.). Das gilt auch für die Ablehnung lebensverlängernder Maßnahmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191 Rn. 23). Einfach-gesetzlich findet dies eine Bestätigung in den Regelungen über die Patientenverfügung (§§ 1901a ff. BGB). Ohne Einwilligung des einwilligungsfähigen Patienten oder gegen den tatsächlich geäußerten oder mutmaßlichen Willen des einwilligungsunfähigen Patienten dürfen lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (BGH, Urteil vom 25. Juni 2010 a.a.O. Rn. 14 ff.; Beschlüsse vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16 - NJW 2016, 3297 Rn. 34 ff. und vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226 Rn. 14 f.).
(2) Ausgehend davon umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Menschen, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben enden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln (vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Art. 1 Abs. 1 Rn. 154 und Art. 2 Abs. 1 Rn. 29; Dreier, JZ 2007, 317 <319>; Hufen, NJW 2001, 849 <851>; Roxin, NStZ 2016, 185 <186>; Lindner, NJW 2013, 136, jeweils m.w.N.; ebenso die Begründung des Gesetzentwurfs zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung <§ 217 StGB>, BT-Drs. 18/5373 S. 10, 13, Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende, 2006, S. 61 f.; a.A. Lorenz, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1a, Art. 2 Abs. 1
(3) Die Anerkennung eines grundrechtlichen Schutzes des selbstbestimmten Sterbens schwer und unheilbar kranker Menschen im Wege der Selbsttötung entspricht auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Danach beinhaltet das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK das Recht auf Selbstbestimmung (EGMR, Urteil vom 29. April 2002 - Nr. 2346/02 Pretty/Vereinigtes Königreich - NJW 2002, 2851 Rn. 61). Daraus hat der Gerichtshof abgeleitet, dass die Entscheidung einer Person, zu vermeiden, was sie als unwürdiges und qualvolles Ende ihres Lebens ansieht, in den Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK fällt (EGMR, Urteil vom 29. April 2002 a.a.O. Rn. 67). Ausgehend davon hat er entschieden, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK das Recht des Einzelnen umfasst, darüber zu bestimmen, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll, vorausgesetzt, er ist zu einer freien Willensbildung in der Lage und fähig, dementsprechend zu handeln (EGMR, Urteile vom 20. Januar 2011 - Nr. 31322/07 Haas/Schweiz - NJW 2011, 3773 Rn. 50 f., vom 19. Juli 2012 - Nr. 497/09 Koch/Deutschland - NJW 2013, 2953 Rn. 51 f. und vom 14. Mai 2013 - Nr. 67810/10 Gross/Schweiz - Rn. 58 f.).
(4) Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG setzt dem Verkehr mit Betäubungsmitteln Schranken, indem sie unter den dort genannten Voraussetzungen die Erlaubniserteilung verbietet. Durch die hierauf gestützte Ablehnung der beantragten Erwerbserlaubnis wurde Frau K. daran gehindert, die angestrebte Selbsttötung in der von ihr beabsichtigten Weise umzusetzen. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG bewirkte so eine Beschränkung ihres Rechts, selbstbestimmt zu entscheiden, wann und wie ihr Leben enden soll. Es kann dahinstehen, ob darin ein Eingriff im klassischen Sinne zu sehen ist. Das würde voraussetzen, dass es sich um eine unmittelbare und gezielte Verkürzung der grundrechtlichen Freiheit handelt. Das ist zweifelhaft, weil das Betäubungsmittelgesetz nicht unmittelbar darauf ausgerichtet ist, das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Recht zu beschränken, selbst über das Ende des eigenen Lebens zu entscheiden. Jedoch kann der Abwehrgehalt der Grundrechte auch bei einer mittelbaren Beeinträchtigung betroffen sein, wenn diese in ihrer Zielsetzung und in ihren Wirkungen einem Eingriff gleichkommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. März 2004 - 1 BvR 1266/00 - BVerfGE 110, 177 <191> und Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <222>). So liegt es hier. Die ausnahmslose Beschränkung des Zugangs zu einem Betäubungsmittel der Anlage III auf die Anwendung zu therapeutischen Zwecken im engeren Sinne verhindert, dass ein Mittel wie Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung zur Verfügung steht. Von diesem Zugangsverbot werden auch schwer und unheilbar kranke Menschen betroffen, die wegen der von ihnen als unerträglich empfundenen Leidenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben zu beenden, und dazu ein Betäubungsmittel verwenden möchten, dessen Wirkungen ihnen eine schmerzlose und sichere Selbsttötung ermöglicht. Der fehlende Zugang zu einem solchen Betäubungsmittel kann zur Folge haben, dass sie ihren Sterbewunsch nicht oder nur unter unzumutbaren Bedingungen realisieren können. Darin liegt eine mittelbare Beeinträchtigung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.
Auch wenn man das Verbot, Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, nicht als Eingriff in das genannte Grundrecht schwer und unheilbar kranker Menschen werten wollte, so wäre bei der Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG jedenfalls die aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgende Schutzpflicht für ihre Autonomie im Umgang mit der Krankheit zu beachten (vgl. Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende, 2006, S. 57). Dass das dargelegte Selbstbestimmungsrecht neben der Abwehr- auch eine Schutzdimension hat, ergibt sich bereits aus seiner Fundierung auch in Art. 1 Abs. 1 GG. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG ist es Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Wegen des Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers beim Ausgleich dieser Schutzpflicht mit der Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für das Leben kann der Einzelne zwar grundsätzlich nicht verlangen, dass der Staat Rahmenbedingungen und Strukturen schafft, die die Selbsttötung ermöglichen oder erleichtern (vgl. Jurgeleit, NJW 2015, 2708 <2714>; Hilgendorf, JZ 2014, 545 <550>; Lindner, NJW 2013, 136 <137>). Eine Verdichtung zu einer konkreten Schutzpflicht für die Selbstbestimmung kommt aber in Betracht, wenn sich ein schwer und unheilbar Kranker wegen seiner Erkrankung in einer extremen Notlage befindet, aus der es für ihn selbst keinen Ausweg gibt. Die staatliche Gemeinschaft darf den hilflosen Menschen nicht einfach sich selbst überlassen (BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - FamRZ 2016, 1738 Rn. 73 - dort zur Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das gilt nicht nur, wenn sein Leben, sondern auch wenn sein Selbstbestimmungsrecht gefährdet ist. Der Einzelne ist insbesondere am Lebensende und bei schwerer Krankheit auf die Achtung und den Schutz seiner Autonomie angewiesen.
cc) Im Hinblick auf den dargelegten grundrechtlichen Schutz des Selbstbestimmungsrechts ist § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG dahin auszulegen, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels für eine Selbsttötung mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, ausnahmsweise vereinbar ist, wenn sich der suizidwillige Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befindet.
(1) Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist nicht schrankenlos gewährleistet. Es findet seine Begrenzung unter anderem in der verfassungsmäßigen Ordnung. Hierzu gehört die bereits erwähnte staatliche Schutzpflicht für das Leben. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährt nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in diese Rechtsgüter. Es stellt zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung dar, die staatliche Schutzpflichten begründet. Bei der Aufstellung und normativen Umsetzung entsprechender Schutzkonzepte kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - FamRZ 2016, 1738 Rn. 70 m.w.N.). Danach ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn er die so genannte aktive Sterbehilfe, also die Tötung auf Verlangen eines Sterbewilligen durch einen Dritten, unter Strafe stellt (§ 216 StGB; BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - 5 StR 66/03 - NJW 2003, 2326 <2327>; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 2 Abs. 2 Rn. 85; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 2 Rn. 100).
(2) Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG grundsätzlich nicht erlaubnisfähig ist. Das Verbot dient, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, dem Schutz von Menschen in vulnerabler Position und Verfassung vor Entscheidungen, die sie möglicherweise voreilig, in einem Zustand mangelnder Einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich treffen, sowie der Verhinderung von Missbrauch. Mit der Abwehr solcher Gefahren verfolgt der Gesetzgeber legitime Ziele, die es rechtfertigen, den Zugang zu einem Betäubungsmittel zu verbieten (vgl. zu diesen Schutzzielen auch Murswiek, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 2 Rn. 210; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 2 Abs. 2 Rn. 64; EGMR, Urteil vom 20. Januar 2011 - Nr. 31322/07, Haas/Schweiz - NJW 2011, 3773 Rn. 56 ff.; im Kontext von § 217 StGB: Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, BT-Drs. 18/5373 S. 11, 13; BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2015 - 2 BvR 2347/15 - NJW 2016, 558 Rn. 18 ff.).
(3) Diese Ziele können das Verbot, Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, im Lichte von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG aber nicht mehr rechtfertigen, wenn sich der Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befindet. Das ist der Fall, wenn - erstens - die schwere und unheilbare Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden, insbesondere starken Schmerzen verbunden ist, die bei dem Betroffenen zu einem unerträglichen Leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können (vgl. Lindner, NJW 2013, 136 <138>; Roxin, NStZ 2016, 185 <187>), - zweitens - der Betroffene entscheidungsfähig ist und sich frei und ernsthaft entschieden hat, sein Leben beenden zu wollen und ihm - drittens - eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht zur Verfügung steht.
Ist der Betroffene in einer solchen Weise seiner Krankheit ausgeliefert, kommt seinem Selbstbestimmungsrecht ein besonderes Gewicht zu, hinter dem die staatliche Schutzpflicht für das Leben aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zurücktritt. Die staatliche Gemeinschaft muss die selbstbestimmt getroffene Entscheidung des Betroffenen, sein Leben beenden zu wollen, achten; sie darf ihm die Umsetzung seiner Entscheidung auch nicht unmöglich machen. Ist die Einnahme einer letalen Dosis eines Betäubungsmittels die einzige zumutbare Möglichkeit, den Sterbewunsch umzusetzen, wäre der Betroffene ohne den Zugang zu dem Betäubungsmittel darauf verwiesen, die von ihm als unerträglich empfundene Leidenssituation ohne Aussicht auf Besserung oder jedenfalls einen nahen Tod weiter zu erdulden. Mangels einer Möglichkeit, sein Leben zu beenden, müsste er entgegen seiner freien Willensentscheidung weiter leben. Eine Pflicht zum Weiterleben gegen den eigenen Willen berührt den Kern eigenverantwortlicher Selbstbestimmung (Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 89; Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende, 2006, S. 58). Eine solche Pflicht darf der Staat schwer und unheilbar kranken, aber zur Selbstbestimmung fähigen Menschen nicht - auch nicht mittelbar - auferlegen. Wegen der Bedeutung der in Rede stehenden Rechtsgüter für die Würde des Betroffenen und seiner Hilflosigkeit verdichtet sich unter den dargelegten Voraussetzungen auch die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dahin, ihm den Erwerb des Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu erlauben.
Dass die Schutzpflicht des Staates für das Leben hinter dem grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen zurückzutreten hat, ist für die Situation des Behandlungsabbruchs im Übrigen inzwischen sogar für Fälle anerkannt, in denen sich der Betroffene nicht in einer extremen Notlage befindet. Der Betroffene kann den Abbruch lebenserhaltender und -verlängernder Maßnahmen selbst dann verlangen, wenn der Behandlungsabbruch darauf zielt, das Leben trotz vorhandener Lebensperspektive zu beenden (BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226 Rn. 22).
(4) Näherer Betrachtung bedarf die anderweitige Möglichkeit, den Sterbewunsch in zumutbarer Weise zu verwirklichen. Von einer solchen Möglichkeit kann in der Regel ausgegangen werden, wenn der Betroffene sein Leben durch einen palliativ-medizinisch begleiteten Abbruch lebenserhaltender oder -verlängernder Behandlungsmaßnahmen beenden kann, zum Beispiel durch Abschalten des Beatmungsgeräts oder Einstellen der künstlichen Ernährung. Wie bereits dargelegt, dürfen medizinische Maßnahmen gegen den Willen des Patienten nicht fortgesetzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226 Rn. 22). Eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches ist der Behandlungsabbruch aber nur, wenn er voraussichtlich in absehbarer Zeit zum Eintritt des Todes führen wird, also nicht lediglich zu einer weiteren Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes auf unbestimmte Dauer, möglicherweise verbunden mit einem Verlust der Entscheidungsfähigkeit. Zudem muss gesichert sein, dass der Betroffene nach Abbruch der Behandlung palliativ-medizinisch ausreichend betreut wird. Dazu gehört insbesondere, dass Schmerzen, Atemnot und Übelkeit gelindert werden (vgl. Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung, Deutsches Ärzteblatt 2011, A 346).
Die ärztliche Suizidbeihilfe war weder im maßgebenden Beurteilungszeitpunkt eine Alternative noch ist dies gegenwärtig der Fall. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Überlassung eines Betäubungsmittels durch den Arzt an seinen Patienten zum Zweck der Selbsttötung zulässig ist, ist bislang nicht abschließend geklärt. Das gilt sowohl im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit (dazu OLG Hamburg, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 1 Ws 13/16 - NStZ 2016, 530 m.w.N.; Jäger, JZ 2015, 875 <877 f.>) als auch unter dem Gesichtspunkt des ärztlichen Berufsrechts (vgl. VG Berlin, Urteil vom 30. März 2012 - 9 K 63.09 - MedR 2013, 58; Hilgendorf, JZ 2014, 545 <550 f.>; Lindner, NJW 2013, 136 <137 f.>; Roxin, NStZ 2016, 185 <190>; Begründung zum
Auf die Möglichkeit, die angestrebte Selbsttötung mit dem gewünschten Betäubungsmittel im Ausland vorzunehmen, darf die staatliche Gemeinschaft den Betroffenen ebenfalls nicht verweisen. Art. 1 Abs. 3 GG verpflichtet den Staat, den erforderlichen Grundrechtsschutz innerhalb der eigenen Rechtsordnung zu gewährleisten.
(5) § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG lässt sich in diesem Sinne grundrechtskonform auslegen. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht erforderlich. Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG, Beschlüsse vom 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - BVerfGE 99, 341 <358> und vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <274>). Das ist hier nicht der Fall. Der Begriff der notwendigen medizinischen Versorgung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG meint einen Betäubungsmitteleinsatz zu Therapiezwecken. In einer extremen Notlage der dargelegten Art kann die Anwendung eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung ausnahmsweise als therapeutischen Zwecken dienend angesehen werden; sie ist die einzige Möglichkeit, eine krankheitsbedingte, für den Betroffenen unerträgliche Leidenssituation zu beenden. Da die Annahme einer extremen Notlage verlangt, dass eine Linderung auf andere Weise nicht erreicht werden kann und eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht besteht, stellt sich die Versorgung mit dem Betäubungsmittel auch als notwendig dar. Entsprechend ist die Wortlautgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG nicht überschritten.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die verfassungskonforme Interpretation dem Willen des Gesetzgebers zuwiderläuft. Die Gesetzesmaterialien zum Betäubungsmittelgesetz lassen zwar darauf schließen, dass eine Erwerbserlaubnis zur Selbsttötung grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Sie bieten aber keine Anhaltspunkte dafür, dass selbst unter den genannten engen Voraussetzungen eine Ausnahme von dem Verbot ausgeschlossen sein soll (vgl. BT-Drs. 8/3551 S. 23 ff.). Auch § 13 Abs. 1a BtMG, der durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) eingefügt wurde, ist für die Frage, ob das Verbot einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung ohne jede Ausnahme gelten soll, unergiebig. Das Gleiche gilt für die zugehörigen Gesetzesmaterialien (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/9341 -, BT-Drs. 17/10156 S. 83, 91 f.). Schließlich lässt auch die am 10. Dezember 2015 in Kraft getretene Strafvorschrift des § 217 StGB nicht darauf schließen, dass die grundrechtskonforme Auslegung des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers treten würde. Gemäß § 217 Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2177) macht sich derjenige strafbar, der in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt. Mit diesem Straftatbestand soll der potenzielle Suizident vor einer abstrakt das Leben und die Autonomie des Einzelnen gefährdenden Handlung in Form einer geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung geschützt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2015 - 2 BvR 2347/15 - NJW 2016, 558 Rn. 14; BT-Drs. 18/5373 S. 11 f., 14). Dazu heißt es in den Materialien, es sei als problematisch anzusehen, dass in Deutschland verstärkt Organisationen und Personen auftreten würden, die einen so genannten assistierten Suizid nachhaltig öffentlich als Alternative zum natürlichen, medizinisch und menschlich begleiteten Sterben propagierten und geschäftsmäßig Hilfe bei der Selbsttötung anböten (BT-Drs. 18/5373 S. 9). Dieser Entwicklung sei aus Gründen des Integrität- und des Autonomieschutzes potenzieller Suizidenten entgegenzuwirken. Das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe solle der Gefahr von Interessenkollisionen begegnen, die entstünden, wenn ein Eigeninteresse der Suizidhelfer an der Durchführung der Selbsttötung bestehe (BT-Drs. 18/5373 S. 11). Zudem solle der Gefahr entgegengetreten werden, dass durch "derartige Normalität suggerierende Angebote" Menschen zur Selbsttötung verleitet werden könnten, die dies sonst nicht täten (BT-Drs. 18/5373 S. 13). Hiernach bietet die Schaffung des § 217 StGB keinen Anhalt dafür, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspricht, eine betäubungsmittelrechtliche Erwerbserlaubnis zur Selbsttötung ohne Rücksicht auf die genannte extreme Notlage schwer und unheilbar kranker Menschen ausnahmslos zu verbieten. Die behördliche Erteilung einer solchen Erlaubnis, die nur im besonderen Einzelfall und nur unter sehr eng gefassten Voraussetzungen zulässig ist, ist nicht vergleichbar mit einer geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung durch einen privaten Suizidhelfer im Sinne des § 217 StGB. Das BfArM verfolgt keine Eigeninteressen, sondern seine Entscheidung beruht darauf, dass dem Betroffenen die Erlaubnis unter den dargestellten Voraussetzungen aus Rechtsgründen nicht verweigert werden darf. Ebenso wenig kann angesichts der engen Grenzen für eine solche Erlaubnis davon gesprochen werden, dass der "Anschein einer Normalität" entsteht. Mit der verfassungskonformen Auslegung von § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG wird auch kein staatliches "Angebot des assistierten Suizids" geschaffen, sondern dem grundgesetzlich geforderten Schutz des Selbstbestimmungsrechts schwer und unheilbar kranker Menschen Rechnung getragen. Dieses Recht hat der Gesetzgeber bei Beschluss des § 217 StGB ausdrücklich anerkannt (BT-Drs. 18/5373 S. 10, 13). Dementsprechend sieht er jenseits des zulässigen Behandlungsabbruchs und der so genannten indirekten Sterbehilfe oder Therapiezieländerung eine Strafbarkeit nach § 217 StGB auch dann als nicht gegeben an, wenn "im Einzelfall nach sorgfältiger Untersuchung und unter strikter Orientierung an der freiverantwortlich getroffenen Entscheidung einer zur Selbsttötung entschlossenen Person Suizidhilfe gewährt wird" (BT-Drs. 18/5373 S. 18).
(6) Der Einwand der Beklagten, dem BfArM fehlten die Voraussetzungen, um das Vorliegen einer Ausnahmesituation verlässlich beurteilen und feststellen zu können, greift nicht durch.
Das Fehlen spezieller verfahrensrechtlicher Regelungen zur Feststellung der Ausnahmesituation steht der Verpflichtung des BfArM, grundrechtsgemäß zu verfahren, nicht entgegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1978 - 1 BvR 16/72 - BVerfGE 49, 286 <301>). Allerdings bedarf die Entscheidung angesichts der hochrangigen Rechtsgüter, die durch sie betroffen sind, und zur Verhinderung von Missbrauch einer besonders sorgfältigen Überprüfung des Sachverhalts. Das gilt sowohl in Bezug auf die Feststellung des freien und ernstlichen Willens zur Selbsttötung als auch für das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einer extremen Notlage. Hierfür bietet das allgemeine Verfahrensrecht aber eine ausreichende Grundlage. Gemäß § 24 Abs. 1 VwVfG kann und muss das BfArM die erforderlichen Maßnahmen treffen, um auf gesicherter Erkenntnisbasis beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen einer Ausnahmesituation erfüllt sind. Dabei kann es sich gemäß § 26 Abs. 1 VwVfG der Beweismittel bedienen, die es nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für geboten hält. Wenn und soweit die Behörde nicht über das zur Feststellung und Beurteilung der maßgeblichen Tatsachen erforderliche Fachwissen verfügt, kann sie sachkundige Dritte und erforderlichenfalls Sachverständige hinzuziehen (Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 24 Rn. 27 m.w.N.).
Der Senat verkennt nicht, dass dem BfArM schwierige Bewertungen abverlangt werden und seine Entscheidung einen in hohem Maße sensiblen Bereich betrifft. Vergleichbares gilt aber auch für die Feststellung der Einwilligungsfähigkeit eines Patienten, der den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen verlangt, und für die Feststellung des mutmaßlichen Willens eines einwilligungsunfähigen Patienten im Zusammenhang mit der Entscheidung zur Durchführung von lebensverlängernden Maßnahmen nach §§ 1901a ff. BGB. Im Fall des Nichtvorliegens einer bindenden Patientenverfügung obliegt es dem Betreuer und dem behandelnden Arzt sowie gegebenenfalls dem Betreuungsgericht, den Patientenwillen zu ermitteln. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine nicht leicht zu treffende Entscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226; Begründung zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts, BT-Drs. 16/8442 S. 12).
c) Danach ist der ablehnende Bescheid des BfArM vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 rechtswidrig gewesen. Es hätte prüfen müssen, ob sich Frau K. in einer extremen Notlage befand, die die Erteilung der beantragten Erlaubnis geboten hätte. Das lag hier im Bereich des Möglichen. Frau K. litt aufgrund ihrer hochgradigen, fast kompletten Querschnittslähmung an schwersten körperlichen Beeinträchtigungen, die irreversibel waren, eine ständige medizinische Betreuung und Pflege erforderlich machten sowie mit starken Schmerzen einhergingen. Sie hatte in ihrem Antrag ausführlich dargelegt, dass und warum sie ihren Zustand als unerträgliche Leidenssituation empfand. Nach ihren Ausführungen ist auch nicht ernstlich zweifelhaft gewesen, dass sie selbstbestimmt und ernsthaft entschieden hatte, ihr Leben beenden zu wollen. Bei dieser Sachlage hätte das BfArM die beantragte Erlaubnis nicht ablehnen dürfen, ohne zu prüfen, ob Frau K. eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung ihres Sterbewunsches hatte. Hiervon konnte das BfArM nicht bereits deshalb ausgehen, weil Frau K. künstlich beatmet wurde. Damit stand zwar die Möglichkeit eines palliativ-medizinisch begleiteten Behandlungsabbruchs im Raum. Es war aber nicht geklärt, ob das Abstellen der Beatmung in ihrem Fall in absehbarer Zeit zum Tode geführt hätte. Vor allem herrschte im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt noch Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Behandlungsabbruch, der durch aktives Tun verwirklicht wird, als straffrei anzusehen sei. Die Rechtslage ist erst 2010 höchstrichterlich geklärt worden (BGH, Urteil vom 25. Juni 2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191). Es war daher nicht auszuschließen, dass Frau K. eine "Sterbehilfe" durch Behandlungsabbruch tatsächlich nicht erlangen konnte, weil das medizinische Personal angesichts der rechtlichen Unsicherheiten hierzu nicht bereit war.
5. Die weitergehende Klage bleibt ohne Erfolg. Die Feststellung, dass das BfArM zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen ist, lässt sich ohne die erforderliche Sachverhaltsprüfung und -aufklärung nicht treffen. Das kann nach dem Tod von Frau K. nicht mehr nachgeholt werden. Insbesondere die Frage, ob zumutbare Alternativen zur Verfügung gestanden hätten, ist ohne ihre Beteiligung nicht mehr zu klären. Dementsprechend kam auch eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.