Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.12.2016


BPatG 09.12.2016 - 29 W (pat) 530/13

Markenbeschwerdeverfahren – "entertain web (Wort-Bild-Marke)/Entertain (Unionsmarke)/Entertain Basic (Unionsmarke)/Entertain Comfort (Unionsmarke)" – zur rechtserhaltenden Benutzung - zur Kennzeichnungskraft – zur Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – teilweise Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen unter dem Aspekt des Serienzeichens


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
09.12.2016
Aktenzeichen:
29 W (pat) 530/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 050 747

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. März 2013 insoweit aufgehoben, als dass der Widerspruch aus den Marken UM 635 7 041 und UM 642 1 523 zurückgewiesen wurde für die Dienstleistungen der Klasse 38

„Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk.

Im vorgenannten Umfang wird die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 050 747 angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen (schwarz/grün)

Abbildung

2

ist am 26. August 2010 angemeldet und am 30. März 2011 als Marke in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragen worden für nachfolgende Dienstleistungen der

3

Klasse 35: Beschaffungsdienstleistungen für Dritte (Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen); Online-Werbung in einem Computernetzwerk; Verfassen von Werbetexten; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Werbung durch Werbeschriften; Werbung; verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; kommerzielle Verwaltung der Lizenzierung von Waren und Dienstleistungen für Dritte; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien für den Einzelhandel; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken;

4

Klasse 38: Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk;

5

Klasse 41: Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

6

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 29. April 2011. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Eintragung Widerspruch aus drei Widerspruchsmarken erhoben.

7

Sie hat Widerspruch erhoben aus der Unionswortmarke 635 7 041 (im Folgenden Widerspruchsmarke 1)

8

Entertain

9

die am 2. November 2007 angemeldet und am 22. November 2009 für die Waren und Dienstleistungen der

10

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Magnetaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; bespielte und unbespielte Datenträger aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); Computerprogramme (gespeichert); elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar);

11

Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Fotografien; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

12

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken; Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das Internet und sonstige Kommunikationsnetze), betreffend der Waren wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs-, und Unterrichtsapparate und -instrumente, Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten, Magnetaufzeichnungsträger, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, bespielte und unbespielte Datenträger aller Art, Computerprogramme (gespeichert), elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar), elektronische Publikationen (herunterladbar), Druckereierzeugnisse, Fotografien, Büroartikel (ausgenommen Möbel), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), insbesondere mit Audio-, Video-, und sonstigen Multimedia-Inhalten, sowie mit Software; elektronische Datenspeicherung;

13

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

14

Klasse 37: Bauwesen; Installationsarbeiten; Reparatur und Wartung von Computer- und Telekommunikationshardware;

15

Klasse 38: Telekommunikation; Dienstleistung von Presseagenturen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Auskünfte über Telekommunikation;

16

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware, -software und Datenbanken; Wartung von Software; technische Beratung; Computerdienstleistungen im Zusammenhang mit der elektronischen Datenspeicherung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Gestaltung von Webseiten für Dritte;

17

Klasse 45: Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten;

18

eingetragen wurde.

19

Ferner hat sie aus der Unionswortmarke 642 2 273 (im Folgenden Widerspruchsmarke 2)

20

Entertain Basic

21

Widerspruch erhoben, die am 9. November 2007 angemeldet und am 1. Juli 2009 für die Waren und Dienstleistungen der

22

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Magnetaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; bespielte und unbespielte Datenträger aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); Computerprogramme (gespeichert); elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen [herunterladbar];

23

Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Fotografien; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

24

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken; Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das Internet und sonstige Kommunikationsmittel), betreffend wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten, Magnetaufzeichnungsträger, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, bespielte und unbespielte Datenträger aller Art, Computerprogramme (gespeichert), elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar), elektronische Publikationen [herunterladbar], Druckereierzeugnisse, Fotografien, Büroartikel (ausgenommen Möbel), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); elektronische Datenspeicherung;

25

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

26

Klasse 37: Bauwesen; Installationsarbeiten; Reparatur und Wartung von Computer- und Telekommunikationshardware;

27

Klasse 38: Telekommunikation; Dienstleistung von Presseagenturen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Auskünfte über Telekommunikation;

28

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckereierzeugnissen, Herausgabe von Druckereierzeugnissen in Form von elektronischen Datenträgern, nämlich CD-ROMs, CD-Is, USB-Sticks, Disketten, Festplatten und Tapes;

29

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware, -software und Datenbanken; Wartung von Software; technische Beratung; Computerdienstleistungen im Zusammenhang mit der elektronischen Datenspeicherung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Gestaltung von Webseiten für Dritte;

30

Klasse 45: Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten;

31

eingetragen wurde.

32

Schließlich hat sie aus der Unionswortmarke 642 1 523 (im Folgenden Widerspruchsmarke 3)

33

Entertain Comfort

34

Widerspruch erhoben, die am 9. November 2007 angemeldet und am 12. Dezember 2008 für die Waren und Dienstleistungen der

35

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Magnetaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; bespielte und unbespielte Datenträger aller Art (soweit in Klasse 9 enthalten); Computerprogramme (gespeichert); elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen [herunterladbar];

36

Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Fotografien; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

37

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken; Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das Internet und sonstige Kommunikationsmittel), betreffend wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten, Magnetaufzeichnungsträger, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, bespielte und unbespielte Datenträger aller Art, Computerprogramme (gespeichert), elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar), elektronische Publikationen [herunterladbar], Druckereierzeugnisse, Fotografien, Büroartikel (ausgenommen Möbel), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); elektronische Datenspeicherung;

38

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

39

Klasse 37: Bauwesen; Installationsarbeiten; Reparatur und Wartung von Computer- und Telekommunikationshardware;

40

Klasse 38: Telekommunikation; Dienstleistung von Presseagenturen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Auskünfte über Telekommunikation;

41

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckereierzeugnissen, Herausgabe von Druckereierzeugnissen in Form von elektronischen Datenträgern, nämlich CD-ROMs, CD-Is, USB-Sticks, Disketten, Festplatten und Tapes;

42

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware, -software und Datenbanken; Wartung von Software; technische Beratung; Computerdienstleistungen im Zusammenhang mit der elektronischen Datenspeicherung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Gestaltung von Webseiten für Dritte;

43

Klasse 45: Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten;

44

eingetragen wurde.

45

Mit Beschluss vom 15. März 2013 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Widerspruchszeichen nur eine geringe Kennzeichnungskraft aufwiesen. Das Wort „entertain“ gehöre zum Grundwortschatz der englischen Sprache und sei dem allgemeinen Publikum bekannt. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft könne den Widerspruchszeichen nicht zugebilligt werden. Die eingereichten Unterlagen belegten dies nicht. Von einem Serienzeichen könne mangels geeigneter Angaben ebenfalls nicht ausgegangen werden. Das angegriffene Zeichen stelle einen Gesamtbegriff dar, in dem weder der Bestandteil „entertain“ noch der Bestandteil „web“ selbständig kennzeichnend hervortrete. Ein Weglassen des Bestandteils „web“ würde den Begriff „entertain“ trotz einer beschreibenden Wirkung sinninhaltlich verändern. Die zu vergleichenden Zeichen würden auch nicht gedanklich in Verbindung gebracht werden. Der angesprochene Verkehrskreis sei an den sloganartigen Begriff „entertain“ gewöhnt und habe keinen Anlass, den einzelnen Bestandteilen eine besondere Bedeutung beizumessen.

46

Gegen den die Widersprüche zurückweisenden Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

47

Sie ist der Ansicht, es müsse bereits originär von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ausgegangen werden. Die Widerspruchsmarken „Entertain“, „Entertain Basic“ und „Entertain Comfort“ seien aufgrund ihrer Kürze, Prägnanz und ihres Aufforderungscharakters geeignet, sich dem Publikum als Marke einzuprägen. Das Zeichen „Entertain“ besitze keinen werbetypischen Charakter. Die Widerspruchszeichen seien nicht beschreibend. Diese originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft sei zudem durch eine intensive Benutzung der Widerspruchsmarken für alle eingetragenen Waren und Dienstleistungen noch gesteigert. Die Widerspruchsmarken würden seit 2006 umfangreich verwendet. Die Widersprechende vermarkte ein sogenanntes Triple Play Angebot, bei dem es sich um ein Bündelungsangebot von Internet, Telefon und Fernsehen handele. Dieses habe sich außergewöhnlich gut im Markt etabliert. Im Jahr 2010 habe die Beschwerdeführerin … Mill. Kunden gehabt und einen Umsatz von über … Mill. Euro generiert. Neben der Bezeichnung ENTERTAIN

verwende die Widersprechende den Begriff ENTERTAIN für tarif- oder modulbezogene Bezeichnungen für einzelne Leistungspakete, mit Zusätzen wie „Premium“ oder „Sat“. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 18. August 2015 nebst Anlagen verwiesen. Zur Bekanntheit der ENTERTAIN-Produkte legt die Beschwerdeführerin verschiedene Unterlagen vor.

48

Die Beschwerdeführerin ist weiter der Auffassung, der Bestandteil „Entertain“ besitze im Rahmen des angegriffenen Zeichens nicht nur eine selbstständig kennzeichnende Stellung, sondern präge dieses. Von einem Gesamtbegriff könne bei der angegriffenen Marke schon deshalb nicht ausgegangen werden, da deren grafische Gestaltung die Zeichenbestandteile „entertain“ und „web“ nicht untrennbar miteinander verbinde; schon aufgrund der farblichen Gestaltung würden die Zeichenbestandteile vom angesprochenen Verkehr als trennbar und eigenständig wahrgenommen werden. Ein logischer Bezug zwischen beiden Zeichenbestandteilen sei nicht erkennbar. Vielmehr handele es sich um eine bloße Aneinanderreihung zweier glatt beschreibender Begriffe. Zudem sei von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens auszugehen.

49

Die Beschwerdeführerin beantragt (Bl. 474 d. A.),

50

den Beschluss der Markenstelle der Klasse 35 des DPMA vom 15. März 2013 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

51

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

52

die Beschwerde zurückzuweisen.

53

Die Beschwerdegegnerin hat im Beschwerdeverfahren mit Schreiben vom 25. Februar 2016 die rechtserhaltende Benutzung der drei Widerspruchsmarken bestritten. Ergänzend führt sie aus, dass keine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit vorliege. Auch seien die zu vergleichenden Zeichen unähnlich, denn die angegriffene Marke stelle einen Gesamtbegriff dar. Ein Weglassen des Zeichenbestandteils „Web“ würde den Sinngehalt verändern. Der Zeichenbestandteil „entertain“ der Widerspruchsmarken würde sich wegen seines beschreibenden Charakters nicht als Stammbestandteil einer Zeichenserie eignen.

54

Die Widersprechende ist mit Schriftsatz vom 11. Mai 2016 dem Einwand der Nichtbenutzung entgegen getreten. Zum Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung hat sie im Wesentlichen Bezug genommen auf den Sachvortrag aus der Beschwerdebegründung zur Darlegung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft und hat darüber hinaus eine eidesstattliche Versicherung vom 11. Mai 2016 sowie eine Postwurfsendung vorgelegt. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2016 hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 10. August 2016 ergänzend zur rechtserhaltenden Benutzung vorgetragen, dem die Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 17. August 2016 wiederum u. a. mit dem Einwand entgegen getreten ist, es handle sich um neues Vorbringen

55

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

56

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache nur im tenorierten Umfang Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht insoweit

– nämlich in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 38 der angegriffenen Marke – eine Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens unter dem Aspekt des Serienzeichens. Im Übrigen ist eine Verwechslungsgefahr nicht zu besorgen und daher die Beschwerde zurückzuweisen.

57

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (EuGH MarkenR 2014, 245 Rn. 20 – Bimbo/HABM [BIMBO DOUGHNUTS/DOGHNUTS]; GRUR Int. 2012, 754 Rn. 63 – XXXLutz Marken GmbH./.HABM [Linea Natura Natur hat immer Stil]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein Trademark Trust/HABM [Calvin Klein]; BGH GRUR 2015, 1009 Rn. 19 – BMW-Emblem; GRUR 2013, 833 Rn. 30 Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 64 Rn. 9 Maalox/Melox-GRY). Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, der Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auszugehen, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2015, 1009 Rn. 19 – BMW-Emblem; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; a. a. O. Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist ebenfalls auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 33 – Barbara Becker/HABM [BARBARA BECKER]; BGH, a. a. O., Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Allerdings kann eine absolute Waren-/Dienstleistungsunähnlichkeit selbst bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden (vgl. EuGH GRUR Int. 2009, 911 Rn. 34 - Waterford Wedgwood/HABM [WATERFORD STELLENBOSCH]; BGH GRUR 2014, 488 Rn. 9 - DESPERADOS/DESPERADO).

1.

58

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 25. Februar 2016 undifferenziert die Benutzung der Widerspruchsmarken in zulässiger Weise bestritten, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarken nach §§ 125b Nr. 4, 43 Abs. 1 S. 3 MarkenG nur die Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Eine ausreichende Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ist der Widersprechenden nur gelungen in Bezug auf die – unter den Oberbegriff „Telekommunikation“ fallende – Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ (Klasse 38) der Widerspruchsmarken 1 und 3.

a)

59

Da die Widerspruchsmarke 1 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke (29.04.2011) noch nicht fünf Jahre im Register eingetragen war (Eintragung: 22.11.2009), ist lediglich die Einrede nach § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG zulässig. Gleiches gilt für die Widerspruchsmarke 2 (Eintragung: 01.07.2009) und Widerspruchsmarke 3 (Eintragung: 12.12.2008).

60

Damit oblag es der Widersprechenden, die wesentlichen Umstände der Benutzung ihrer Marken, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang im maßgeblichen Benutzungszeitraum Juli 2011 bis Juli 2016 darzutun und glaubhaft zu machen. Es ist der Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über die Beschwerde, welcher vorliegend der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Beschwerdeinstanz ist (vgl. BGH GRUR 2008, 710 Rn. 20 – idw Informationsdienst Wissenschaft; BPatG, Beschluss vom 06.06.2016, 28 W (pat) 109/12; Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 43 Rn. 17).

b)

61

Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke davon abhängig ist, dass die Marke benutzt worden ist, muss sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, ernsthaft benutzt worden sein, § 125b Nr. 4 MarkenG i. V. m. Art. 15 UMV (vormals GMV). Benutzung in diesem Sinne ist, wenn der Inhaber der Marke das Zeichen entsprechend dessen Hauptfunktion verwendet, dem angesprochenen Verkehrskreis die Ursprungsidentität einer Ware oder Dienstleistung zu garantieren, so dass es ihm ermöglicht wird, diese Waren oder Dienstleistungen von Waren und Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden, ohne einer Gefahr von Verwechslungen zu unterliegen (BGH GRUR 2013, 925 Rn. 36 – VOODOO). Ernsthaft benutzt wird die Marke, wenn sie in üblicher und sinnvoller Weise für die Waren und Dienstleistungen verwendet wird, um für diese einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann; dazu gehören insbesondere eine Nutzung, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (EuGH GRUR 2006, 582 Rn. 70 – VITAFRUIT; GRUR 2003, 425 – Ansul; BGH GRUR 2014, 662 Rn. 12 – Probiotik; a. a. O., 925 Rn. 37 – VOODOO; GRUR 2011, 623 Rn. 23 - Peek & Cloppenburg II), wobei die Grenzen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten außer Betracht zu lassen sind (EuGH GRUR 2013, 182 – Leno Merken/Hagelkruis Beheer [Onel/Omel]; BGH a. a. O. Rn. 38 - VOODOO; BPatG, Beschluss vom 23.04.2013, 24 W (pat) 125/10). Dementsprechend kann von einer ernsthaften Benutzung einer Gemeinschaftsmarke auch dann auszugehen sein, wenn ihre Benutzung auf das Hoheitsgebiet eines einzelnen Mitgliedstaats beschränkt ist (vgl. EuGH a. a. O. 182 Rn. 36, 50 und 57 - Leno Merken/Hagelkruis Beheer [ONEL/OMEL]). Grundsätzlich bemisst sich die erforderliche Art der rechtserhaltenden Benutzung nach den jeweiligen branchenüblichen Verwendungsformen von Marken (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26 Rn. 36).

62

Bei einer Dienstleistungsmarke ist wegen der fehlenden körperlichen Verbindung zwischen der Marke und dem Produkt eine gesonderte Betrachtung erforderlich. Als Benutzungshandlungen kommen bei ihr daher grundsätzlich nur die Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie insbesondere auf der Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen. Voraussetzung ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Benutzung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht; er muss erkennen können, dass mit der Verwendung der Bezeichnung nicht nur der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird, die aus ihm stammt. Des Weiteren muss sich die Benutzung auf eine bestimmte Dienstleistung beziehen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr ersehen kann, auf welche konkrete Dienstleistung sich der Kennzeichengebrauch bezieht (BGH GRUR 2008, 616 Rn. 13 - AKZENTA; MarkenR 2010, 35 Rn. 17 - ATOS III).

63

Die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 MarkenG unterliegt abweichend von dem das patentamtliche und das patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Untersuchungsgrundsatz dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz (BPatG GRUR-RR 2015, 468, 469 – Senkrechte Balken; BGH GRUR 2006, 152 Rn. 19 - GALLUP).

c)

64

Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für die Widerspruchsmarken 1 bis 3 Folgendes:

aa)

65

Die Widersprechende hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie die Widerspruchsmarke 2 (Entertain Basic) im Sinne von Art. 15 UMV rechtserhaltend benutzt hätte. Hierfür trägt sie, worauf die Beschwerdegegnerin zutreffend hinweist, nichts Konkretes vor. Selbst in der Anlage BF 3, in welcher die einzelnen Produktlinien der Triple-Play-Angebote der Widersprechenden beschrieben werden, wird keine Produktlinie mit der Widerspruchsmarke 2 dargestellt und erläutert. Soweit die Widersprechende allgemeine und in Bezug auf die Widerspruchsmarken undifferenzierte Ausführungen zu ihren Umsätzen, Werbeaufwendungen und zu ihrer Marktpräsenz macht, kann kein konkreter Bezug zu mit der Widerspruchsmarke 2 gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen hergestellt werden. Hat die Widersprechende indes keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die konkrete Verwendung der Widerspruchsmarke 2 in Bezug auf bestimmte Waren und Dienstleistungen ergibt, gibt es mangels konkreter Anknüpfungstatsachen keine Waren oder Dienstleistungen, die als rechtserhaltend benutzt in einen Vergleich mit den Dienstleistungen der angegriffenen Marke eingestellt werden könnten.

bb)

66

Die Widersprechende hat eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 1 (Entertain) in Bezug auf die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ der Klasse 38 für den maßgeblichen Zeitraum hinreichend glaubhaft gemacht. Die rechtserhaltende Benutzung der Ware „Druckereierzeugnisse“ kann zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt werden, was sich aber nicht entscheidungserheblich auswirkt, weil ohnehin insoweit keine Ähnlichkeit zu den Vergleichsdienstleistungen der angegriffenen Marke besteht (s. u. II 2. a)).

(1)

67

In Bezug auf die Waren der Klasse 9 hat die Beschwerdeführerin eine rechtserhaltende Benutzung nicht behauptet, dargelegt oder glaubhaft gemacht. Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klassen 36, 37, 42 und 45. Hat die Widersprechende keinerlei Glaubhaftmachungsversuche unternommen, so können diese Waren und Dienstleistungen bei der Entscheidung über den Widerspruch nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nicht berücksichtigt werden.

(2)

68

Eine rechtserhaltende Benutzung der Dienstleistungen der Klasse 35 hat die Beschwerdeführerin nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.

(a)

69

In Bezug auf die Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken“ fehlt es bereits an einem entsprechenden Sachvortrag der Beschwerdeführerin.

(b)

70

Gleiches gilt im Ergebnis auch für die eingetragene Dienstleistung „Werbung“, weil die Widerspruchsmarke auf Grundlage des Vortrags der Widersprechenden bei Erbringung dieser Dienstleistungen nicht funktionsgerecht als Marke benutzt wurde. Insoweit kommen nur selbständige Dienstleistungen in Betracht, die gegenüber Dritten erbracht werden. Dienstleistungen im markenrechtlichen Sinne sind nämlich nur solche Tätigkeiten, die Dritten in der Regel gegen Entgelt im wirtschaftlichen Verkehr angeboten werden und die eine selbständige wirtschaftliche Bedeutung besitzen (vgl. EuGH GRUR 2005, 764 Rn. 28, 30, 33 – Praktiker; BPatG, Beschluss vom 06.04.2016, 29 W (pat) 73/10).

71

Zutreffend weist die Beschwerdeführerin insoweit darauf hin, dass das zur Verfügung stellen von Werbeflächen, die Vermittlung von Werbeflächen in Zeitungen bzw. die Vermittlung und Platzierung von Anzeigen – wie dies im Magazin „ENTERTAIN“ (Anl. BF 19) geschieht – unter den Begriff „Werbung“ zu subsumieren ist. Sie übernehme somit Konzeptions- Gestaltungs- und Realisationsleistungen bei der Herstellung von Werbemitteln und erziele mit den Werbeanzeigen zudem pro Seite fünfstellige Werbeeinnahmen.

72

Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob es sich – wie die Beschwerdegegnerin einwendet – um gemäß § 296a ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG nicht zu berücksichtigenden neuen Tatsachenvortrag der Beschwerdeführerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung, was auch für den Fall einer Zustellung des Beschlusses an Verkündungs Statt gemäß § 79 Abs. 1 S. 3 MarkenG gilt (vgl. BPatG Beschluss vom 13.08.2008, 25 W (pat) 56/06; Knoll in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 79 Rn. 6), handelt oder lediglich um Rechtsausführungen, die zu jedem Zeitpunkt zulässig sind.

73

Denn aus den vorgelegten Anzeigen ergibt sich nicht, dass die Beschwerdeführerin diese Konzeptions- Gestaltungs- und Realisationsleistungen bei der Herstellung von Werbemitteln gerade unter der Widerspruchsmarke 1 „Entertain“ erbracht hat.

74

Zwar ist es zutreffend, dass in dem Magazin mit dem Titel „ENTERTAIN“ Werbeanzeigen Dritter geschaltet und platziert wurden, indes ergeben sich Details zu der erbrachten Werbedienstleistung nicht. Zutreffend hat die Beschwerdegegnerin insofern eingewandt, dass den Unterlagen nur entnommen werden könne, dass die Anzeigen lediglich im Rahmen des Magazins „ENTERTAIN“ geschaltet werden, nicht aber unter der Marke „Entertain“. Ausweislich des Impressums ist (Bl. 283 d. A.) als Verlag des Magazins die „G… GmbH“ aufgeführt, für die Verantwortlichkeit der Anzeigen wird zudem die Firma „G……“ in H… genannt. Dass die Fa. G… die Konzeptions-Gestaltungs- und Realisationsleistungen bei der Herstellung von Werbemitteln ihrerseits unter der Marke „Entertain“ erbringt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus dem von der Beschwerdeführerin angegebenen Link http://gujmedia.de/print/portfolio/entertain/profil/ (Bl. 508 d. A.) ergibt sich vielmehr, dass ENTERTAIN als Kundenmagazin von der D… „zusammen mit G1…“ als eigenes, vierteljährlich erscheinendes Kundenmagazin herausgegeben wird. Gesamteindruck und Impressum dieser Homepage lassen eher darauf schließen, dass die G2… GmbH & Co. KG und die G3…… GmbH eigenständig für den Verlag und die Werbeanzeigen zuständig sind.

75

Schließlich ist aus dem Vortrag und den eingereichten Unterlagen nicht ersichtlich, dass und wie die Widersprechende die Widerspruchsmarke 1 zur Förderung des Absatzes von Werbedienstleistungen verwendet haben will. Entsprechende (vertragliche) Unterlagen, Rechnungen, Geschäftspapiere, aus denen sich ergibt in welchem Umfang, in welchem Zeitraum und für welche konkreten Werbedienstleistungen die Widerspruchsmarke 1 verwendet wurde, wurden nicht vorgelegt (vgl. BPatG, Beschluss vom 27.11.2014, 29 W (pat) 63/11). Dem Sachvortrag der Beschwerdeführerin ist somit nicht zu entnehmen, dass der angesprochene Verkehr mit der Verwendung der Bezeichnung eine Dienstleistung „Werbung“ für Dritte verbindet.

76

Soweit die Beschwerdeführerin für den Nachweis der Glaubhaftmachung auf die Anlage BF 33 (Postwurfsendung/Werbeprospekt der T… GmbH) Bezug nimmt, ergibt sich auch aus diesem keine funktionsgemäße Nutzung der Widerspruchsmarke 1 der eingetragenen Dienstleistung „Werbung“. Dies gilt unabhängig davon, ob die Dienstleistung der Werbung den Dienstleistungen einer Werbeagentur entspricht (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.09.2015, I-20 U 176/14) oder – konkreter – darin liegt, Werbemittel zu konzeptionieren, gestalten, auszuführen und herzustellen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 277, 280; vgl. auch Koschnik, FOCUS-Lexikon, Werbeplanung, Band 3, 3. Aufl., Stichwort: Werbung).

77

Es handelt sich zwar um einen „Werbe“-Prospekt, der allerdings lediglich das „Endprodukt“ der von der Beschwerdeführerin behaupteten Konzeptions-, Gestaltungs- und Realisationsleistungen darstellt. Ihm ist jedoch nicht zu entnehmen, wie die Widerspruchsmarke bei der Konzeption, Gestaltung und Realisation verwendet wurde. Ferner liegt ein Fall der Eigenwerbung vor, der nicht unter den Dienstleistungsbegriff der „Werbung“ in Klasse 35 fällt. Es werden zwar auch Telekommunikationsgeräte von Fremdfirmen in dem Prospekt abgebildet. Ohne den Erwerb dieser Geräte ist aber die Nutzung des Triple-Play-Angebots der Beschwerdeführerin nicht möglich. Deren Darstellung dient daher in erster Linie dem Absatz der eigenen Dienstleistungen der Beschwerdeführerin.

78

Entsprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung von Vereinbarungen mit den Fremdfirmen über eine eigenständige (Be-)Werbungsdienstleistung dieser Geräte unter der Marke „Entertain“ fehlen.

79

Auch der in Anlage BF 32, EV 2 beigefügte Katalog, auf den seitens der Beschwerdeführerin lediglich pauschal Bezug genommen wurde, führt zu keinen anderen Erkenntnissen. Dort sind zwar ebenfalls Produkte von Drittfirmen wie Bose (S. 81) oder SAMSUNG (S.115) abgebildet oder beworben, indes ersetzt dies

– wie vorgesagt – nicht den spezifischen Sachvortrag in Bezug auf die Kennzeichnung der Dienstleistung „Werbung“ mit der Widerspruchsmarke.

80

Selbst wenn der neue Sachvortrag der Beschwerdeführerin daher zu berücksichtigen wäre, trägt er nicht die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer rechtserhaltenden Benutzung.

(c)

81

Auch für die Einzelhandelsdienstleistung gilt im Ergebnis nichts anderes. Von einer rechtserhaltenden Benutzung kann nicht ausgegangen werden.

82

Die Beschwerdeführerin trägt vor, zu ihrem Triple-Play-Angebot (Telefonie, Internet, IPTV-Dienstleistungen) gehöre im Wesentlichen der Abruf verschiedener Internet-TV-Sender und Filme aus einer Online-Videothek (… Stück) (Video on

Demand, VoD), das mit dem Betrieb einer stationären Videothek vergleichbar sei. Die Aufbereitung und Präsentation der Titel erfolge nach Genres und Aktualität. Insbesondere handele es sich bei den angebotenen Audio- und Videoinhalten um Waren, die – anders als beim Konkurrenten NETFLIX – nicht von der Beschwerdeführer selbst produziert worden seien, sondern um Produkte Dritter. Bei Video on Demand handele es sich daher um „Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das Internet und sonstige Kommunikationsnetze), betreffend elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar), elektronische Publikationen (herunterladbar)“ im engeren Sinne.

(aa)

83

Der Tatsachenvortrag, der sich mit dem Video-on-Demand-Angebot der Beschwerdeführerin beschäftigt, ist erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz erfolgt und bleibt gemäß § 296a ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG unberücksichtigt. Zu weiteren im Waren-und Dienstleistungsverzeichnis eingetragenen Waren betreffend die Einzelhandelsdienstleistungen hat die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt Sachvortrag angeboten oder ergänzt.

(bb)

84

Der Senat teilt darüber hinaus in der Sache die Schlussfolgerungen der Beschwerdeführerin zur Eingruppierung des Video-on-Demand-Angebots als Einzelhandelsdienstleistungen nicht. Diese umfassen nämlich neben dem Rechtsgeschäft des Kaufvertrages die gesamte Tätigkeit, die ein Wirtschaftsteilnehmer entfaltet, um zum Abschluss eines Kaufvertrags anzuregen. Zu diesen Tätigkeiten gehören die Auswahl eines Sortiments an Waren (hier wären dies nach Auffassung der Beschwerdeführerin elektronisch gespeicherte Daten und elektronische Publikationen), die zum Verkauf angeboten werden, und die im Angebot liegenden verschiedenen Dienstleistungen, die die Verbraucher dazu veranlassen sollen, den Kaufvertrag mit diesem Händler und nicht mit einem seiner Wettbewerber abzuschließen (vgl. EuGH GRUR 2005, 764 Rn. 34, 39 – Praktiker; BGH MarkenR 2016, 157 Rn. 22 – BioGourmet; Spuhler in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, MarkenG, 3. Aufl., § 16 Rn. 39). Diese Dienstleistungen sind im wesentlichen Sortiments- und Beratungsdienstleistungen, bei denen eine Kompetenz des Händlers zum Ausdruck kommt, die stets produktbezogen ist.

85

Die „Ausstrahlung von Fernsehsendungen unter Verwendung von Video-on-Demand- und Pay-TV-Diensten“ und die „Bereitstellung eines Telekommunikationszugangs zu On-Demand-Video- und Audioinhalten“ sind nach der Klassifikation Dienstleistungen der Klasse 38, wohingegen – wie die Beschwerdegegnerin zutreffend ausgeführt hat – das „Zurverfügungstellen von nicht herunterladbaren Filmen und Fernsehprogrammen über einen Video-on-Demand-Dienst“ eine Dienstleistung der Klasse 41 darstellt. Der von der Beschwerdeführerin hergestellte Bezug zu einer stationären Videothek ist unbehelflich, da auch die Dienstleistungen von (stationären) Videotheken in Klasse 41 eingruppiert sind, nicht hingegen Einzelhandelsdienstleistungen in Klasse 35 darstellen.

86

Der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des S… beschränkt sich im Übrigen darauf, die Produkte der ENTERTAIN-Familie, Kundenzahlen, Umsätze, Werbeaufwendungen, das ENTERTAIN-Magazin, Auszeichnungen und ENTERTAIN in den Medien darzustellen. Detaillierte Angaben zu „Einzelhandelsdienstleistungen“ betreffend einzelne Waren in dem relevanten Benutzungszeitraum fehlen völlig.

87

Soweit die Beschwerdeführerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung auf die zuvor eingereichten Unterlagen EV 1, 2, 9 und BF 18 verweist, ergibt sich nichts anderes. In den Anlagen werden lediglich die Produkte der ENTERTAIN-Familie beschrieben. Allein die Auswahl von angebotenen Filmen mit C… als „007“ oder der Darstellung des „Star des Monats“ (Bl. 503 d. A.) oder der Hinweis auf „Vorteile mit Entertain Comfort – Über … Film-, TV- und Serienhighlights auf Abruf, davon … in HD“ (Bl. 501 d. A., Anl. EV 1) ersetzt nicht einen substantiieren Sachvortrag in Bezug auf Einzelhandelsdienstleistungen. Der Verpflichtung des Gerichts, den Sachvortrag der vortragenden Partei zur Kenntnis zu nehmen, entspricht der Obliegenheit der Partei so vorzutragen, dass es dem Gericht möglich ist, ohne unangemessenen Aufwand dem Vorbringen zu folgen. An die anwaltlich vertretene Partei können erhöhte Anforderungen an die innere und äußere Ordnung des Parteivortrages gestellt werden (BVerfG GRUR 2001, 48, 50 f.).

(3)

88

In der Klasse 38 hat die Beschwerdeführerin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 1 für die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ glaubhaft gemacht.

(a)

89

Mangels eines entsprechenden Vortrags fehlt eine Glaubhaftmachung dagegen für die „Dienstleistungen von Presseagenturen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Auskünfte über Telekommunikation“.

(b)

90

Ist eine Marke für einen (weiten) Oberbegriff eingetragen, so ist sie, wenn sie nur für einen Teil benutzt worden ist, so zu behandeln, als sei sie nur für die konkret benutzten Waren registriert (BGH GRUR 2012, 64 Rn. 10 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2009, 60 Rn. 32 - LOTTOCARD). Bei der Dienstleistung der „Telekommunikation“ handelt es sich um einen weiten Oberbegriff, der eine große Vielfalt unterschiedlichster Dienstleistungen umfasst (BPatG, Beschluss vom 06.05.2009, 29 W (pat) 19/05). Ausweislich der Europäischen Klassifikationsdatenbank beinhaltet die Klasse „Telekommunikationsdienste“ … Unterbegriffe.

91

Die Dienstleistung „Telekommunikation“ bedeutet den Austausch von Informationen und Nachrichten mithilfe der Nachrichtentechnik, besonders der neuen elektronischen Medien (Brockhaus, Enzyklopädie, Band 27, Stichwort: Telekommunikation) zwischen Menschen und/oder Geräten (BPatG, Beschluss vom 06.05.2009, 29 W (pat) 19/05). Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Individualkommunikation wie dem Telefonieren und dem Sprechfunk und der Massenkommunikation, bei der von einem Punkt aus allen berechtigten Teilnehmern gleichzeitig Kommunikationsinhalte angeboten werden.

92

Die Beschwerdeführerin erbringt zwischenzeitlich grundsätzlich vielfältige Dienstleistungen, die unter den weiten Oberbegriff der Dienstleistung „Telekommunikation“ fallen und – gerichtsbekannt – zum Kernbereich ihrer geschäftlichen Aktivitäten gehören wie: Telefondienstleistungen, Bereitstellung von Internetzugängen, technische Übermittlung von Filmen und Sendungen (BPatG, Beschluss vom 06.05.2009, 29 W (pat) 19/05). In diese Klasse fallen aber nicht redaktionell aufbereitete Inhalte eines Video-on-Demand Systems. Nur ein Teil der Kern-Dienstleistungen wird aber unter den Widerspruchsmarken erbracht. Die Widersprechende hat lediglich für die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ durch die eingereichten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung für die Widerspruchsmarke 1 dargelegt und glaubhaft gemacht hat. Dies ergibt sich für den Senat aus der Gesamtschau der von der Beschwerdeführerin eingereichten Unterlagen (Anlagen: BF 3 ff.). Die in der Anlage BF 3 (Bl. 67 d. A.) dargestellten Angebote der Produktfamilie Entertain verdeutlichen, dass die Beschwerdeführerin oder Dritte mit ihrem Einverständnis die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ Dritten angeboten hat. Es werden in diesem Zusammenhang Leistungsmerkmale der einzelnen Produkte der Produktlinie „ENTERTAIN“ beschrieben und zwar in der Form, dass von einer kennzeichnenden Benutzung der Widerspruchsmarke 1 auszugehen ist. Die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung wird gestützt durch den in der Anlage BF 12 wiedergegebenen Geschäftsbericht der Telekom AG für das Jahr 2013, den Kundenzahlen und Werbemaßnahmen (vgl. Anlagen BF 1, 9, 14, 15). Der Vortrag, der zwar spezifisch nicht auf die einzelnen Widerspruchszeichen eingeht, lässt dennoch insgesamt erkennen, dass die Beschwerdeführerin für die Produktfamilie, zu der auch die Widerspruchsmarke 1 zählt, im Markt und damit für den angesprochenen Verkehrskreis im Vergleich zu Konkurrenzprodukten präsent gewesen ist.

93

Diesen Sachvortrag hat die Beschwerdeführerin durch die im Original vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Herrn S…, Leiter C1…- … der T… GmbH (Anlage BF 32), glaubhaft gemacht. Neben der Darstellung der Produktfamilie Entertain werden in diesem Zusammenhang Kundenzahlen der Produktfamilie im Verhältnis zu den Konkurrenten dargestellt (vgl. Anlage EV 4). Die dadurch dargelegte Marktpräsenz spiegelt sich auch in den seit 2010 steigenden Kundenzahlen der Produktlinie Entertain wieder. Die Widersprechende hat die Widerspruchsmarke 1 für die vorgenannte Dienstleistung in Deutschland, mithin einem substantiellen Gebiet der Europäischen Union, ernsthaft benutzt.

94

Der Sachvortrag und die eingereichten Unterlagen bieten ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Senat von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer rechtserhaltenden Benutzung für die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ ausgehen kann.

(c)

95

Ob die Beschwerdeführerin für weitere Begriffe der Klasse 38 eine rechtserhaltende Benutzung dargelegt und glaubhaft gemacht hat, ist nicht entscheidungserheblich und kann daher dahingestellt bleiben. Bereits die rechtserhaltende Benutzung für die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ führt zu einer hohen Dienstleistungsähnlichkeit mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 38. Auch die Annahme einer den weiteren Oberbegriff „Telekommunikation“ umfassenden Glaubhaftmachung führte nicht zu einer darüber hinausgehenden Dienstleistungsähnlichkeit zu weiteren Dienstleistungen der angegriffenen Marke (s. u. Ziffer 2.b)).

(cc)

96

Die Widersprechende hat eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 3 lediglich in Bezug auf die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportal“ der Klasse 38 für den maßgeblichen Zeitraum ausreichend glaubhaft gemacht.

(1)

97

In Bezug auf die Waren der Klasse 9 hat die Beschwerdeführerin eine rechtserhaltende Benutzung nicht behauptet, dargelegt oder glaubhaft gemacht. Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klassen 36, 37, 42 und 45.

(2)

98

Wegen der Klassen 16, 35 und 38 kann auf obige Ausführungen Bezug genommen werden.

(3)

99

Ergänzende Ausführungen sind lediglich noch zur Klasse 41 veranlasst.

(a)

100

Die Widersprechende hat keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, dass sie die Dienstleistungen „Erziehung; Ausbildung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckereierzeugnissen, Herausgabe von Druckereierzeugnissen in Form von elektronischen Datenträgern, nämlich CD-ROMs, CD-Is, USB-Sticks, Disketten, Festplatten und Tapes“ rechtserhaltend benutzt. Aus dem Umstand, dass das Magazin „ENTERTAIN“ Kunden der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wird, ergibt sich in Bezug auf die Dienstleistung „Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckereierzeugnissen“ nichts anderes. Dem Sachvortrag der Beschwerdeführerin ist zum einen nicht hinreichend konkret zu entnehmen, dass sie das Magazin „ENTERTAIN“ – wie bereits ausgeführt – letztendlich in eigener Verantwortung herausgibt und veröffentlicht. Zum anderen ist nicht ersichtlich, inwiefern die Widersprechende die Widerspruchsmarke 3 (Entertain Comfort) in diesem Zusammenhang verwendet hat. Denn allein in dem Umstand, dass Kunden das Magazin zur Verfügung gestellt wird, liegt keine rechtserhaltende Benutzung der Dienstleistung eines Verlages (unter der Marke „Entertain Comfort“). Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin ist nach ihrem Vortrag die eines Distributors. Schließlich wäre die Benutzung der Bezeichnung „Entertain“ – ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt – für eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke „Entertain Comfort“ unzureichend.

(b)

101

Gleiches gilt im Ergebnis auch für die von der Widersprechenden beanspruchte Dienstleistung „Unterhaltung“. Soweit die Beschwerdeführerin der Auffassung ist, sie bereite ihre Triple-Play-Angebote und die unterschiedlichen Unterhaltungskanäle redaktionell auf und dies mache das Angebot der Beschwerdeführerin für den Kunden aus, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung.

102

Unabhängig von der Frage, ob dieser Sachvortrag verspätet ist, wofür einiges spricht, könnte eine redaktionelle Aufbereitung eines Video-on-Demand-Angebots in die Dienstleistungsklasse 41 fallen, wohingegen die „technische Seite“ eines solchen Angebots in die Dienstleistungsklasse 38 fällt (s. o.). Hierauf kommt es indes letztlich nicht an. Die Beschwerdeführerin hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass sie oder Dritte mit ihrer Zustimmung die Widerspruchsmarke 3 in Bezug auf die Dienstleistung „Unterhaltung“ im maßgeblichen Zeitraum verwendet hat. Entscheidend ist hier, dass im Gegensatz zu der eingetragenen Dienstleistung „Telekommunikation“ die Widerspruchsmarke 1 gerade nicht für die Dienstleistung „Unterhaltung“ eingetragen ist. Mithin wäre es erforderlich gewesen, differenziert zu der Verwendung der Widerspruchsmarke 3 in Bezug auf die konkreten „redaktionellen Aufbereitungshandlungen“ des Video-on-Demand Angebots vorzutragen. Die Beschwerdeführerin differenziert dahingehend weder in ihren Schriftsätzen noch ist eine solche Differenzierung an Hand ihrer eingereichten Unterlagen nachzuvollziehen.

2.

103

Ausgehend von den Widerspruchswaren- und -dienstleistungen, die für den Vergleich herangezogen werden können, besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen teilweise Identität, teilweise Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit.

104

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR Int. 2009, 397 Rn. 65 - P Les Éditions Albert René Sàrl/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2004, 601 - d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN).

105

Maßgeblich für die Annahme einer Dienstleistungsähnlichkeit ist – unter Berücksichtigung der Kriterien der Warenähnlichkeit – nicht zuletzt angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen in erster Linie Art und Zweck der Dienstleistung, d. h. der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung und die Vorstellung des Verkehrs, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden (BGH GRUR 2002, 544, 546 – BANK 24; GRUR 2001, 164, 165 – Wintergarten; Büscher, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 223; Hacker, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 111). Von Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH GRUR 2014, 488 Rn. 12 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1145 Rn. 34 - Pelikan; GRUR 2006, 941 Rn. 13 - TOSCA BLU).

a)

106

Eine Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke und der Ware „Druckereierzeugnisse“ der Widerspruchsmarke 1 liegt mangels relevanter Berührungspunkte nicht vor. Insoweit kann die Beschwerde der Widersprechenden bereits deshalb keinen Erfolg haben.

107

Die Ware „Druckereierzeugnisse“ der Widerspruchsmarke 1 weist keine Gemeinsamkeiten im Zweck und der Art zu den Dienstleistungen der angegriffenen jüngeren Marke Abbildungauf. Der angesprochene Verkehrskreis wird nicht annehmen, dass „Druckereierzeugnisse“ und die Dienstleistungen der Klasse 35 der angegriffenen Marke aus einer Hand angeboten werden. Insbesondere der Umstand, dass Druckereierzeugnisse (z. B. Flyer, Werbebroschüren, etc.) das Ergebnis der Dienstleistung einer Werbeagentur sein können und zur Produktpräsentation verwendet werden können, führt nicht zu der Annahme einer Dienstleistungsähnlichkeit. Denn der Umstand, dass die Ware und die Dienstleistung lediglich in Berührung kommen, reicht für die Annahme einer Ähnlichkeit nicht aus (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 119). Bei der Dienstleistung der „Werbung“ steht die Werbebotschaft, die es gilt zu kreieren und zu vermitteln, im Vordergrund. Mit welchen technischen Mitteln diese hervorgebracht wird, ist zweitrangig.

b)

108

In Klasse 38 ist von einer teilweisen Dienstleistungsidentität auszugehen, da die für die angegriffene Marke eingetragene Dienstleistung „Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk“ mit der für die Widerspruchsmarken 1 und 3 eingetragenen Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportal“ identisch ist.

109

Von einer engen Dienstleistungsähnlichkeit ist auszugehen zwischen der für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistung „Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste“ und der Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportal“. Selbst wenn die erstgenannte Dienstleistung in die Unterklasse „Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen“ der Klasse 38 fallen mag, handelt es sich doch um sich von ihrer Art und vom Zweck ergänzende Dienstleistungen.

110

Im Übrigen ist im Verhältnis zwischen der für die Widerspruchsmarken 1 und 3 als rechtserhaltend benutzt angenommenen Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportal“ und den von der angegriffenen Marke eingetragenen Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 von einer Unähnlichkeit auszugehen. Sie dienen einem anderem Zweck, sprechen zum Teil ein anderes Publikum (Unternehmer) an und werden nicht aus einer Hand angeboten (vgl. BPatG, Beschluss vom 10.03.2015, 29 W (pat) 555/12).

3.

111

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken 1 und 3 ist insgesamt noch durchschnittlich.

112

Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaft, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 41 - Culinaria/Villa Culinaria; BGH GRUR 2009, 766 Rn. 30 - Stofffähnchen). Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens ist stets produkt- bzw. dienstleistungsbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung für die das Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann (BGH GRUR 2014, 382 Rn. 22 – REAL-Chips).

a)

113

Bei den Widerspruchsmarken 1 und 3 handelt es sich von Haus aus um unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftige Angaben.

114

Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (BGH MarkenR 2016, 157 Rn. 31 – BioGourmet; GRUR 2015, 1127 Rn. 10 – ISET/ISETsolar; GRUR 2014, 382 Rn. 18 – REAL-Chips; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 29 – pjur/pure). Marken kommt bereits dann eine geringe und keine normale Kennzeichnungskraft zu, wenn sie für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an einen beschreibenden Begriff angelehnt sind (BGH GRUR 2014, 382 Rn. 18 – REAL-Chips; BGH, a. a. O., Rn. 34 – Culinaria/Villa Culinaria; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 30 – pjur/pure).

115

Der Auffassung der Beschwerdeführer, die Bezeichnung „Entertain“ in Alleinstellung, sei ungewöhnlich, weil sie nur als Aufforderung oder Befehl an den Rezipienten verstanden werden könne, dass er jemanden unterhalte, kann nicht gefolgt werden. Das Wort „entertain“ gehört zum englischen Grundwortschatz. Die Form „entertain“ ist nicht nur der Imperativ, sondern als (to) entertain auch der Infinitiv des Verbs und wird mit „unterhalten, sich amüsieren“ übersetzt (Duden-Oxford, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 3. Aufl., Mannheim 2005, Stichwort: entertain; BPatG, Beschluss vom 12.06.2012, 27 W (pat) 23/11). Es ist in die deutsche Sprache eingegangen und auch dem Endverbraucher bekannt, dem ferner die Begriffe „entertainer, entertainment“ mit diesem Bedeutungsinhalt geläufig sind (vgl. Junker/Grobe, DER ANGLIZISMEN-INDEX 2013, Stichwort: entertain; Carstensen/Busse, Anglizismen-Wörterbuch, Band 1, Berlin u. a. 2001, Stichwort: Entertainer). Der Entertainer ist jemand, dessen Beruf es ist, einem Publikum leichte, heitere Unterhaltung zu bieten; Entertainment ist die berufsmäßig gebotene leichte Unterhaltung (DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., Band 9, Stichwort: Entertainment). Vor diesem Hintergrund wird der angesprochene Verkehrskreis die Widerspruchsmarke 1 als einen – beschreibenden – Hinweis auf den Inhalt von Webseiten und Internetportalen verstehen.

116

Auch der weitere Wortbestanteil der Widerspruchsmarke 3 (Comfort) führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch dieser Wortbestandteil gehört zum englischen Grundwortschatz, ist in die deutsche Sprache eingegangen und dem angesprochenen Verkehrskreis ohne weiteres im Sinne von „Komfort“ verständlich (vgl. DUDEN-online).

b)

117

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken 1 und 3 hat sich für die noch relevante Dienstleistung der Klasse 38 aufgrund der Benutzung der Zeichen erhöht und ist mithin insgesamt noch durchschnittlich.

118

Für die Annahme einer nachträglich gesteigerten Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung bedarf es konkreter Angaben zum Marktanteil im Inland, zur Dauer der Benutzung, zum Umsatz, zur geografischen Verbreitung und zum Werbeaufwand einschließlich dem Investitionsumfang zur Förderung der Marke (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 41 – Culinaria/Villa Culinaria; Büscher, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 264). Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit die Benutzungslage nicht im Einzelfall amts- oder gerichtsbekannt ist (BPatG GRUR-RR 2015, 468, 469). Einer einzelnen Marke kann die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Markenfamilie zugutekommen (BGH MarkenR 2009, 455 Rn. 33 – Kinder III; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 3. Aufl., § 14 Rn. 272). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der angesprochene Verkehr die Zusammengehörigkeit der Zeichen erkennt. So liegt der Fall hier für die hier noch relevante Dienstleistungen der Klasse 38 „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportal“. Die Widersprechende hat für die Markenfamilie „Entertain“ in Bezug auf die Dienstleistung „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportal“. einen hohen Verbreitungsgrad des Zeichens „Entertain“ glaubhaft gemacht. Im Jahr 2010 hatte die Beschwerdeführerin über … Million Kunden und im Jahr 2013 über … Millionen Kunden als Abonnenten. Begleitend hierzu wurden – für die Zeichenfamilie – Millionenbeträge für Werbung aufgewendet. Schließlich sind auch das Magazin „ENTERTAIN“ mit einer hohen sechsstelligen Auflagenhöhe und einer Direktzustellung an Bestandskunden Anhaltspunkte dafür, dass die Markenfamilie „Entertain“ im Zusammenhang mit den noch relevanten Dienstleistungen bundesweit intensiv kennzeichenmäßig benutzt wurden.

4.

119

Die fraglichen Dienstleistungen richten sich an den Endverbraucher und/oder das unternehmerisch tätige Publikum. Es ist von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit auszugehen.

5.

120

Bei dieser Ausgangslage sind an den zum sicheren Ausschluss einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr erforderlichen Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen. Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke bei den im Identitäts- oder hochgradigen Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen der Klasse 38 nicht gerecht. In diesem Umfang kann eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. HS MarkenG mit der Widerspruchsmarke 1 nicht ausgeschlossen werden.

121

Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28 - THOMSON LIFE, BGH MarkenR 2016, 157 Rn. 37 - BioGourmet; GRUR 2016, 283 Rn. 13 - BSA/DAS DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; GRUR 2011, 824 Rn. 25 - Kappa; GRUR 2010, 235 Rn. 15 - AIDA/AIDU, GRUR 2009, 1055 Rn. 26 - airdsl; GRUR 2006, 60 Rn. 17- coccodrillo). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (BGH GRUR 2011, 824 Rn. 26 Kappa; GRUR 2008, 719 Rn. 35 - idw Informationsdienst Wissenschaft).

122

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 22 f. – Bimbo/HABM [BIMBO DOUGHNUTS/DOGHNUTS]; BGH GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 635 Rn. 23 – METRO/ROLLER’s Metro). Das schließt es mit ein, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2016, 80 Rn. 37 - BWG/Bodo Scholz; GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH, a. a. O., Rn. 14 Maalox/Melox-GRY). Allein auf den dominierenden Bestandteil einer zusammengesetzten Marke kommt es aber nur dann an, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (BGH, a. a. O., Rn. 15 – Maalox/Melox-GRY; BGH GRUR 2011, 824 Rn. 23 – Kappa). Eine beschreibende Angabe kann keinem bestimmenden Einfluss auf den Gesamteindruck einer Marke zukommen, da der angesprochene Verkehr beschreibende Angaben nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen, sondern lediglich als Sachhinweis auffasst (BGH, a. a. O., Rn. 40 – pjur/pure).

a)

123

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen „Abbildung“ und „Entertain“ in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 38 scheidet aus.

aa)

124

Die zu vergleichenden Zeichen weichen in ihrer Gesamtheit in der Zahl der Wörter, der Länge, der Vokalfolge und der Silbenzahl sowie im Klang bei der Gesamtbetrachtung wesentlich voneinander ab.

bb)

125

Soweit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nur unter dem Gesichtspunkt der Prägung durch das Wort „Abbildung“ in der angegriffen Marke in Frage kommt, liegt ein solcher Fall nicht vor. Der vorgenannte Wortbestandteil nimmt keine kollisionsbegründende Stellung ein.

126

Das angegriffene Zeichen setzt sich aus dem in schwarz gehaltenen Bestandteil

Abbildung“ und dem grün gestalteten Wort-/Bildbestandteil „Abbildung“ zusammen. Der Begriff „web“ ist die Kurzform von World Wide Web (WWW) (Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl., Band 29, Stichwort: Web). Bei der jüngeren Marke

Abbildung“ handelt es sich um eine zusammengesetzte Wort-/Bildmarke, deren Einzelbestandteile kennzeichenmäßig gleichgewichtig schwach sind. Der Umstand, dass der Begriff „web“ in Bezug auf die im Streit stehenden Dienstleistungen beschreibende Anklänge aufweist, steht der Annahme der fehlenden Prägung durch „entertain“ nicht entgegen. Denn auch kennzeichnungsschwache Bestandteile können zum Gesamteindruck beitragen (vgl. BGH GRUR 2013, 1239 Rn. 35 – Volkswagen/Volks.Inspektion).

127

Dies gilt trotz des Umstandes, dass der ursprünglich kennzeichnungsschwachen Widerspruchsmarke 1 eine aufgrund der Benutzung erhöhte, nunmehr durchschnittliche, Kennzeichnungskraft zuzubilligen ist. Zwar hat die erhöhte Kennzeichnungskraft einer älteren Marke bei der Frage, ob eine jüngere Marke durch einen mit der älteren Marke übereinstimmenden Bestandteil geprägt wird, wesentliche Bedeutung (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 48 – Culinaria/Villa Culinaria). Denn soweit eine Marke durch ihre Benutzung im Verkehr eine verstärkte herkunftshinweisende Funktion erlangt hat, führt dies in der Regel dazu, dass die besondere herkunftshinweisende Funktion der älteren Marke vom Verkehr auch dann wahrgenommen wird, wenn ihm das Zeichen nicht isoliert, sondern als hinreichend selbständig wahrnehmbarer Bestandteil eines jüngeren Kombinationszeichens begegnet. Deshalb ist die Frage, welcher Bestandteil die jüngere Marke prägt, unter Einbeziehung der erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu beantworten (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 48 – Culinaria/Villa Culinaria; Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rn. 384). Der angesprochene Verkehr erkennt hier bei der der Benennung der jüngeren Marke aber, dass die beiden Zeichenelemente der angegriffenen Marke einen inhaltlichen Bezug zueinander im Sinne von „unterhalten/Unterhaltung über das oder im Internet“ aufweisen. Auch wenn die beiden Begriffe in der Kombination keine grammatikalische gesamtbegriffliche Aussage bilden, drängt sich dem angesprochenen Verkehrskreis der inhaltliche Bezug der beiden Begriffe zueinander ohne analytische Anstrengungen aufgrund der leicht verständlichen Begriffsinhalte auf.

128

Schließlich hat der angesprochene Verkehrskreis keinen Anlass, die angegriffene Marke zergliedernd wahrzunehmen. Er pflegt Marken nicht zu analysieren. Mehrteilige Marken werden daher in der Regel in der Weise aufgenommen, in der sie dem Verbraucher entgegentreten, es sei denn die Markengestaltung böte ohne Weiteres Anlass und Gelegenheit, Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen. Dies ist nicht der Fall. Die Einzelbestandteile der angegriffenen Marke sind räumlich direkt nebeneinander angeordnet und weisen die gleiche Schriftart und Schriftgröße auf. Die farbliche Hervorhebung einschließlich des Kreises um den Begriff „web“ führen den angesprochenen Verkehrskreis eher dazu, diesen Zeichenbestandteil nicht zu vernachlässigen, weil durch die beiden zeichnerischen Gestaltungsmittel dem ansonsten kennzeichnungsschwachen Zeichenbestandteil die erforderliche Aufmerksamkeit zu Teil wird.

b)

129

Es liegt aber eine Verwechslungsgefahr im Sinne eines gedanklichen Inverbindungbringens (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. HS MarkenG) unter dem Aspekt des Serienzeichens vor.

130

Dies ist dann der Fall, wenn die jüngere mit der älteren Marke in einem Bestandteil übereinstimmt, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet. Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen (BGH, a. a. O., Rn. 40 – Volkswagen/Volks.Inspektion; BGH GRUR 2010, 729 Rn. 40 – MIXI; NJW-RR 2009, 757 Rn. 38 – METROBUS; GRUR 2008, 905 Rn. 33 – Panthohexal; MarkenR 2000, 359 Rn. 21 - Bayer/BeiChem). Bei der Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens sind besondere Anforderungen an die Wesensgleichheit dieses Zeichens mit dem angegriffenen Zeichen zu stellen (BGH, a. a. O., Rn. 41 – MIXI).

131

Die Widersprechende benutzt das Zeichen „Entertain“ in Alleinstellung und in weiteren Zeichen wie „Entertain Comfort“, „Entertain Sat“ oder „Entertain TV Plus“. Dies ergibt sich aus den eingereichten Unterlagen. Unter anderem ist der Anlage BF 3 zu entnehmen, wie die Beschwerdeführerin die verschiedenen Zeichen der Produktlinie im Internet bewirbt. Den Unterlagen der Anlage BF 26 ist zu entnehmen, wie die einzelnen Entertain-Produkte in Medien präsentiert und beschrieben werden. Gleiches gilt für die eingereichten Produktkataloge der Anlage EV 2. Mithin handelt sich um eine existierende Zeichenserie, bei der jeweils der Wortbestandteil "ENTERTAIN" mit einem weiteren – nachstehenden – Bestandteil kombiniert ist. Steht dies fest, kommt es nicht (mehr) darauf an, ob der fragliche Bestandteil "Entertain" sich theoretisch als Stammbestandteil eignet, sondern allein darauf, ob die Widersprechende den Verkehr tatsächlich an "Entertain" als Stammbestandteil einer Serie gewöhnt hat (BGH GRUR 2002, 542 Rn. 40 – BIG; Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 504), was vorliegend der Fall ist.

132

Die angegriffene Marke stimmt mit dem Stammbestandteil der Zeichenserie und der Widerspruchsmarke 1 überein. Infolge der gesteigerten Kennzeichnungskraft im Hinblick auf die Dienstleistungen „Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale“ ist der angesprochene Verkehrskreis an den Stammbestandteil der Zeichenserie gewöhnt. Die Neigung des Verkehrs in einem solchen Fall in der angegriffenen Marke ein eigenständiges Gesamtzeichen zu erkennen, liegt eher fern (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 36 – BIG). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der angesprochene Verkehrskreis klanglich die grafischen Gestaltungsmittel, die die angegriffene Marke kennzeichnen, nicht wahrnimmt und somit nicht von der Zeichenserie der Beschwerdeführerin weggeführt wird. Der Hinweis auf den Stammbestandteil in dem angegriffenen Zeichen tritt im Übrigen deswegen besonders hervor, weil er wie bei der Zeichenserie der Widersprechenden jeweils am stärker beachteten Zeichenanfang steht (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 506). Schließlich wird dieser Eindruck beim angesprochenen Verkehrskreis verstärkt, weil der weitere Zeichenbestandteil der angegriffene Marke „Abbildung“ eine Kennzeichnungsschwäche aufweist, die zwar zu einer inhaltlichen Bezugnahme der beiden Zeichenbestandteile zueinander führt, das Zeichen indes nicht zu einem inhaltlichen Gesamtbegriff macht. Liegt kein geschlossener Gesamtbegriff vor, so reiht sich das angegriffene Zeichen auch von der Struktur her in die Zeichenserie der Widersprechenden ein.

6.

133

Ob die angegriffene Marke ferner wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke 3 zu löschen ist, braucht nicht mehr entschieden zu werden. Die rechtserhaltende Benutzung der einzelnen Waren und Dienstleistungen geht nicht über die hinaus, die der Senat für die Widerspruchsmarke 1 zu Grunde gelegt.

7.

134

Zur Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bestand kein Anlass.

8.

135

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beschwerdeführerin vom 10.08.2016 und der Beschwerdegegnerin vom 17.08.2016 geben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 76 Abs. 6 S. 2 MarkenG, § 156 ZPO.