Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.11.2014


BPatG 27.11.2014 - 29 W (pat) 63/11

Markenbeschwerdeverfahren – „PMCOMPASS (Wort-Bildmarke)/P.M.“ – teilweise Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit bis -identität - keine unmittelbare klangliche, schriftbildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr - mittelbare Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
27.11.2014
Aktenzeichen:
29 W (pat) 63/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 23 750

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Uhlmann und der Richterin Akintche

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 18. Februar 2011 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 395 33 432 zurückgewiesen wurde für die Waren und Dienstleistungen

Hardware für die Datenverarbeitung, soweit in Klasse 9 enthalten, insbesondere Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Peripheriegeräte für Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie Teile vorgenannter Waren; Druckereierzeugnisse; Bücher; Zeitschriften; Zeitungen; Broschüren; Schriften (Veröffentlichungen); Handbücher; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren und Schriften (Veröffentlichungen); Online Publikation von elektronischen Büchern, Zeitschriften und Schriften (Veröffentlichungen); Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer).

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 33 432 wird die Löschung der Marke 307 23 750 für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen angeordnet.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.

3. Die Kostenanträge der Verfahrensbeteiligten werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke

Abbildung

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2

ist am 11. April 2007 angemeldet und am 10. August 2007 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register unter der Nummer 307 23 751 eingetragen worden für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 41 und 42.

3

Gegen diese Markeneintragung, die am 14. September 2007 veröffentlicht wurde, hat die Inhaberin der am 16. August 1995 angemeldeten und am 23. April 1996 eingetragenen Wortmarke 395 33 432

P.M.

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die für die Waren und Dienstleistungen (ungruppiert)

5

Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Periodische und nichtperiodische Druckereierzeugnisse sowie Photographien einschließlich von Druckereierzeugnissen, von Teilen von Druckereierzeugnissen und von Photographien, die auf Datenträgern gespeichert sind und/oder über Datennetze übermittelt werden; Werbung, einschließlich der Werbung mit Hilfe von Datenträgern und/oder in Datennetzen; Veranstaltung von Reisen, einschließlich der Reiseveranstaltung mit Hilfe von Datenträgern und Datennetzen; Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten, einschließlich solcher Dienstleistungen mit Hilfe von Datenträgern oder Datennetzen; Dienstleistungen eines Verlages, einschließlich von Verlagsdienstleistungen mit Hilfe von Datenträgern oder Datennetzen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, einschließlich von Programmen im Zusammenhang mit Datenträgern oder Datennetzen

6

geschützt ist, zunächst unbeschränkt Widerspruch eingelegt, mit Schriftsatz vom 9. Februar 2009 ihren Widerspruch aber dann beschränkt.

7

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vor dem DPMA hat die Inhaberin der angegriffenen Marke - veranlasst durch einen weiteren Widerspruch eines Dritten - ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis teilweise eingeschränkt durch Aufnahme eines Disclaimers bzw. durch einen Verzicht auf einige Dienstleistungen in Klasse 42.

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Der Widerspruch der Beschwerdeführerin richtet sich gegen folgende Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke:

9

Klasse 09: Computersoftware; Datenträger mit gespeicherter Computersoftware; optische Datenträger und Magnetdatenträger; Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); sämtliche vorgenannten Waren ausschließlich soweit sie Projektmanagement und/oder Unternehmensmanagement und/oder Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung zum Gegenstand haben; Hardware für die Datenverarbeitung, soweit in Klasse 9 enthalten, insbesondere Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Peripheriegeräte für Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie Teile vorgenannter Waren; Unterrichtsapparate und Unterrichtsinstrumente;

10

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Bücher; Zeitschriften; Zeitungen; Broschüren; Schriften (Veröffentlichungen); Handbücher;

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Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Unternehmensberatung; Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung; Unternehmensberatung auf dem Gebiet des Projektmanagements; organisatorisches Projektmanagement; Zusammenstellung und Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Aktualisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Personalmanagementberatung; Personalvermittlung; Stellenvermittlung; Herausgabe von Werbetexten; Marketing; Marktforschung und Marktanalyse; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche oder Werbezwecke; sämtliche vorgenannten Waren ausschließlich soweit sie Projektmanagement und/oder Unternehmensmanagement und/oder Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung zum Gegenstand haben;

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Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops (Ausbildung); Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet des Projektmanagements; Unterricht und Erziehung mit theoretischen und praktischen Übungen; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren und Schriften (Veröffentlichungen); Online Publikation von elektronischen Büchern, Zeitschriften und Schriften (Veröffentlichungen); Herausgabe von Texten zur Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet des Projektmanagements; Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer); Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke;

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Klasse 42: Vermietung von Computersoftware ausschließlich für Projektmanagement, Unternehmensmanagement, Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung.

14

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit am 9. Mai 2008 beim DPMA eingegangenem Schriftsatz die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin eine Reihe von Unterlagen, unter anderem eine eidesstattliche Versicherung des Verlagsleiters der P.M.-Gruppe bei der Widersprechenden Herrn Ulrich Sommer vom 3. Februar 2009, IVW-Durchschnittsauflagen des Magazins P.M., mehrere Originalexemplare des Magazins, verschiedene Anzeigenstatistiken, Preislisten für Werbung, zahlreiche Screenshots von Webseiten vorgelegt.

15

Im Schriftsatz vom 26. Oktober 2009 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke erklärt,  die  Einrede  der  Nichtbenutzung  werde  für  die Widerspruchswaren und -dienstleistungen „Periodische und nichtperiodische Druckereierzeugnisse; sonstige Druckereierzeugnisse auf Datenträgern; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Druckereierzeugnisse, die über Datennetze übermittelt werden; Unterhaltung; Verlagsdienstleistungen; kulturelle Aktivitäten“ nicht weiter aufrecht erhalten. Hinsichtlich der weiteren Waren und Dienstleistungen „Fotografien; Fotografien, die über Datennetze übermittelt werden; Werbung; Erziehung und Ausbildung“, auf die sich die Glaubhaftmachung beziehe, sei keine rechtserhaltende Benutzung belegt; hier scheine die Widersprechende die Funktion einer Marke und ihre tatsächliche Benutzung zu verkennen.

16

Mit Beschluss vom 18. Februar 2011 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke teilweise aufrechterhaltene Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Markenstelle offen gelassen. Sie hat ausgeführt, es bestehe teilweise Identität zwischen den Waren und Dienstleistungen. Die Widerspruchsmarke verfüge lediglich für Druckereierzeugnisse über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft, im Übrigen sei durchschnittliche Kennzeichnungskraft anzunehmen. Vor diesem Hintergrund müsse die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke einhalten, diesen strengen Anforderungen werde die angegriffene Marke jedoch gerecht. Die Vergleichsmarken unterschieden sich in jeder Hinsicht wegen des zusätzlichen Bestandteils „COMPASS“ und der grafischen Ausgestaltung der angegriffenen Marke ausreichend deutlich. Die jüngere Marke werde auch nicht durch den Anfangsbestandteil „PM“ geprägt. Der Endbestandteil „COMPASS“ könne nicht weggelassen oder vernachlässigt werden, weil die Marke als ein zusammenhängender Begriff im Sinne eines Kompasses, der als „PM“ bezeichnet werde, erscheine. Schließlich liege eine Serienmarkenverwechslung nicht vor. Die sich gegenüberstehenden Marken seien unterschiedlich gebildet und die Buchstabenfolge „PM“ sei kaum als Serienzeichen geeignet, da sie häufig auch in Marken anderer Unternehmen Verwendung finde.

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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

18

Die Widersprechende und Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren weitere Benutzungsunterlagen vorgelegt, unter anderem eine weitere eidesstattliche Versicherung des Herrn S… vom 4. Mai 2011. Sie ist der Auffassung, eine Benutzung sei auch für „Fotografien, Werbung und Erziehung sowie Ausbildung“ ausreichend glaubhaft gemacht. Unter der Widerspruchsmarke „P.M.“ würden in dem Magazin „P.M.“ und unter www.pm-magazin.de in großem Umfang Werbeanzeigen für Dritte veröffentlicht; sie nutze die Widerspruchsmarke somit für Werbung, was die beiliegenden Magazine sowie Screenshots der Internetseiten der G… GmbH und der G1… GmbH, welche hundertprozentige Tochtergesellschaften der Beschwerdeführerin seien, belegten. Die Beschwerdeführerin benutze die Widerspruchsmarke zudem für Veranstaltung von Reisen und sportliche und kulturelle Aktivitäten, was die in den Jahren 2006 bis 2009 jährlich durchgeführte Reiseveranstaltung „P.M. Wissen Live“ in den Orten Serfaus und Fiss, die in den Jahren 2006 bis 2009 durchgeführte Veranstaltung „P.M. WIESN Live“, die Leserreisen, die von der Lizenznehmerin M… GmbH in den Jahren 2011 bis 2013 durchgeführt wurden, die Wettbewerbe „P.M. Gala der Innovationen“ im Jahre 2005 sowie ein Fotowettbewerb im Jahre 2011 als auch der in den Jahren 2005 und 2006 zweimal durchgeführte Innovationswettbewerb, bei denen den Gewinnern der „P.M. W.I.N. AWARD“ verliehen wurde, sowie die Beteiligung an einem jährlichen Geschichtspreis der Sender „HISTORY“ und „FOCUS SCHULE Online“ seit 2005 belegten. Die Widerspruchsmarke werde zudem umfangreich für die Dienstleistungen Erziehung, Ausbildung und Unterhaltung genutzt, was den auf der Website www.pm-magazin.de bereitgestellten interaktiven Angeboten, nämlich Gehirntrainer, Spiele und Quizze, zu entnehmen sei. Bei den Fotografien handle es sich schließlich nicht um bloße Hilfsmittel bei der Herstellung und dem Vertrieb des Magazins „P.M.“, sondern die Zeitschrift zeichne sich vielmehr in ihren Beiträgen durch vielfältige großformatige Fotografien aus, wodurch sich die Zeitschrift von anderen Printprodukten abhebe; zudem sei unter der Marke P.M. im Jahre 2005 ein redaktioneller Fotowettbewerb durchgeführt worden. Die Marke „P.M.“ werde auch seit 1996 für ein umfangreiches Internetangebot unter der Internetseite www.pm-magazin.de bezüglich der Waren Fotografien, die über Datennetze übermittelt werden, genutzt.

19

Der Widerspruchsmarke komme eine gesteigerte Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung zu. Sie werde seit 1978 für eine monatlich erscheinende Zeitschrift verwendet, die an so gut wie jedem Zeitschriftenkiosk erhältlich sei; seit dem Jahr 1999 werde sie mit einer durchschnittlichen Auflagenstärke von bis zu über … verkauften Exemplaren vertrieben. Hinzu trete das umfassende Internetangebot, welches beispielsweise im Jahr 2008 … Visits erzielt habe. Die Widersprechende tätige ständig erhebliche Investitionen, um die Präsenz der Marke „P.M.“ am Markt noch zu erhöhen. So habe sie in den Jahren 2005 bis 2008 jeweils zwischen … und … Millionen Euro für Werbung in das eigene Marketing für ihre Marke „P.M.“ aufgewendet. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft komme der Widerspruchsmarke zudem nicht nur für „Druckereierzeugnisse“ sondern im Wege der Ausstrahlungswirkung auch für „Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Photographien; …einschließlich von Druckereierzeugnissen, von Teilen von Druckereierzeugnissen und von Photographien, die auf Datenträgern gespeichert sind und/oder über Datennetze übermittelt werden; Unterhaltung…, einschließlich solcher Dienstleistungen mit Hilfe von Datenträgern oder Datennetzen; und Dienstleistungen eines Verlages, einschließlich von Verlagsdienstleistungen mit Hilfe von Datenträgern oder Datennetzen“ zu. Insbesondere erstrecke sich die Ausstrahlungswirkung in der heutigen Zeit auch auf Computersoftware in Klasse 9. Denn jede App sei heute nicht nur einfache Textdatei, sondern Software, die der Verlag seinen Lesern anbiete. Zwischen den Waren und Dienstleistungen der Vergleichsmarken bestehe teilweise Identität und im Übrigen hochgradige Ähnlichkeit. Die angegriffene Marke werde sowohl klanglich als auch bildlich durch die mit der Widerspruchsmarke praktisch identische Buchstabenfolge „PM“ geprägt, während der weitere Bestandteil „COMPASS“ zurücktrete. Die Prägung ergäbe sich zum einen aus der Stellung am Beginn des Kennzeichens und zum anderen daraus, dass sie von dem Rest der Bezeichnung ohne weiteres abtrennbar sei, da der Verkehr die Buchstabenverbindung „PM“ und „COMPASS“ schon aus sprachlichen Gründen als zwei Teile der Marke verstehe. Zudem sei der Begriff „COMPASS“ ausschließlich beschreibend, weil er den Verkehr darauf hinweise, dass die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine Orientierungshilfe in Form eines Wegweisers oder Leitfaden zum Gegenstand hätten oder als Thema enthielten. Auch der Disclaimer im Verzeichnis der angegriffenen Marke ändere an der Wahrnehmung bezüglich der Prägung des Zeichens nichts. Das Akronym bezeichne nämlich nicht beispielweise die Dienstleistungen der Personalentwicklung oder Unternehmensberatung. Selbst wenn der Bestandteil „COMPASS“ den Gesamteindruck der angegriffenen Marke mitpräge, bestehe eine Verwechslungsgefahr, nämlich dann unter dem Gesichtspunkt der Serienzeichenverwechslung. Denn für die Widersprechende seien unter anderem die Marken „P.M. History“, „P.M. BIOGRAFIE MENSCHEN ERLEBEN“, „P.M. Logik Trainer“ und „P.M. Magazin“, die das Zeichen „P.M.“ als Stammbestandteil enthielten, beim DPMA eingetragen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Buchstabenfolge „PM“ innerhalb der angegriffenen Marke über eine selbständig kennzeichnende Stellung verfüge, so dass auch Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn bestehe.

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Die Beschwerdeführerin und Widersprechende beantragt sinngemäß,

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1. den Beschluss des DPMA vom 18. Februar 2011 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der Marke 307 23 750 im beantragten Umfang anzuordnen.

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2. der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

23

Die Beschwerdegegnerin und Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

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1. die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen,

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2. der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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Sie vertritt die Auffassung, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die weiteren Waren und Dienstleistungen, für die sie die Einrede aufrechterhalte, liege nicht vor. Bei dem Abdruck von Fotografien in den Magazinen und auf der Internetseite der Widersprechenden handle es sich lediglich um Hilfswaren, für die es keinen gesonderten Markenschutz gebe. Ferner treffe die von der Widersprechenden vorgelegte Anzeigenstatistik lediglich eine Aussage darüber, wie viele Anzeigen von der Widersprechenden geschaltet wurden, nicht jedoch, ob diese unter der Marke „P.M.“ im Sinne einer Werbedienstleistung für Dritte erbracht worden seien. Zudem sei das entgeltliche Bereitstellen von Werbeflächen vorrangig als Mittelbeschaffung zu bewerten, um das Hauptgeschäft, nämlich die Erstellung und den Vertrieb von Druckereierzeugnissen, zu finanzieren. Mit ihrem Online-Angebot unter der Rubrik „P.M. Besser Wissen“ stelle die Widersprechende lediglich eine Plattform zum Zwecke des Austauschs bereit, sie nehme jedoch keinen Einfluss im Sinne einer erzieherischen oder ausbilderischen Tätigkeit, so dass auch für die Erziehung und Ausbildung keine rechtserhaltende Benutzung erkennbar sei. Auch von den bereitgestellten Spielen könne keine Ausbildungs- und Erziehungsfunktion abgeleitet werden.

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Die Widerspruchsmarke besitze zudem keine gesteigerte, sondern normale Kennzeichnungskraft. Weder der Umstand, dass das Magazin an so gut wie jedem Kiosk erhältlich sei, noch eine Auflagenstärke von … verkauften Exemplaren belege einen hohen Beliebtheits- oder Bekanntheitsgrad, zumal die Zeitschriften „Stern“ und „Spiegel“ laut IVW eine Auflagenhöhe von über … Millionen hätten. Selbst wenn von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft ausgegangen werde, so könne dies allenfalls für die Waren „periodische Druckereierzeugnisse“ gelten. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden seien die in der Widerspruchsmarke enthaltenen Punkte nach den Großbuchstaben „P“ bzw. „M“ auch nicht außer Acht zu lassen. Es handele sich um die Initialen des Gründers des Magazins, nämlich M…. Die jüngere Wort-/Bildmarke werde nicht durch den Bestandteil „PM“ geprägt. Das hellgraue „PM“ am Wortanfang werde noch einmal in der Wortmitte in umgekehrter Buchstabenfolge und spiegelverkehrt dargestellt und erscheine im auffälligen schwarzen Fettdruck. Dadurch werde eine Verbindung zwischen dem Wortanfang und dem Wort „COM(P)ASS“ hergestellt, so dass beide Teile im Gedächtnis der Betrachter blieben. Eine selbständig kennzeichnende Stellung von „PM“ könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Widerspruchsmarke nicht identisch in die Anmeldemarke übernommen worden sei. Der Bestandteil „PM“ sei vollständig in die jüngere Marke zu einer Einheit integriert. Hinzu komme, dass es sich bei dem Wortanfang „PM“ nicht um eine Verwendung von Initialen handele, sondern um einen Hinweis auf das Geschäftsfeld der Inhaberin der jüngeren Marke, nämlich das Projekt-, Personal- und Prozessmanagement, was auch dem Disclaimer zu entnehmen sei. Wegen der fehlenden identischen Übernahme der Widerspruchsmarke sei schließlich auch keine Serienmarkenverwechslung gegeben. Die Widersprechende sei mit ihren glaubhaft gemachten Waren und Dienstleistungen in einem gänzlich anderen Geschäftsbereich tätig als die Inhaberin der angegriffenen Marke.

28

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

29

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.

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Zwischen den Vergleichsmarken besteht für das angesprochene Publikum insoweit eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 HS. 2 MarkenG). Im Übrigen ist aber eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen und daher die Beschwerde zurückzuweisen.

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Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/ HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; GRUR 2006, 237 Rn. 18 – PICARO/PICASSO; BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484 Rn. 23 – METROBUS; GRUR 2008, 905 Rn. 12 – Pantohexal; GRUR 2008, 258 Rn. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2006, 859 Rn. 16 – Malteserkreuz I; GRUR 2006, 60 Rn. 12 – coccodrillo m.w.N.). Allerdings kann eine absolute Waren-/Dienstleistungsunähnlichkeit selbst bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR Int. 2009, 911 Rn. 34 - Waterford Wedgwood/HABM [WATERFORD STELLENBOSCH]; BGH GRUR 2014, 488 Rn. 9 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1145 Rn. 34 - Pelikan; GRUR 2009, 484 Rn. 25 - METROBUS).

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1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat am 9. Mai 2008 undifferenziert die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise bestritten, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nur die Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Nicht erforderlich ist die Prüfung der Benutzung für die Waren und Dienstleistungen „Periodische und nichtperiodische Druckereierzeugnisse; Druckereierzeugnisse und Teile von Druckereierzeugnissen, die auf Datenträgern gespeichert sind (von der Beschwerdegegnerin als „sonstige Druckereierzeugnisse auf Datenträgern“ bezeichnet); Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Druckereierzeugnisse, die über Datennetze übermittelt werden; Unterhaltung, Verlagsdienstleistungen, kulturelle Aktivitäten“, weil in diesem Umfang die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede nicht weiter aufrechterhalten hat.

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a) Da zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 14. September 2007 und damit auch zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede die Widerspruchsmarke bereits über fünf Jahre im Register eingetragen war (23. April 1996), sind sowohl die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG wie auch die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig. Damit oblag es der Widersprechenden, die wesentlichen Umstände der Benutzung ihrer Marke, insbesondere nach Zeit, Art, Ort und Umfang in den maßgeblichen Benutzungszeiträumen September 2002 bis September 2007 und Juli 2009 bis Juli 2014 darzutun und glaubhaft zu machen.

34

b) Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist (vgl. BGH GRUR 2014, 662 Rn. 12 – Probiotik; GRUR 2011, 623 Rn. 23 - Peek & Cloppenburg II; GRUR 2009, 772 Rn. 39 - Augsburger Puppenkiste). Eine Marke wird insoweit ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern. Ausgeschlossen sind die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann.

35

c) Für die Widerspruchswaren und -dienstleistungen „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, einschließlich von Datenverarbeitungsgeräten und Computern als Bestandteile von Datennetzen und zur Teilnahme an der Kommunikation in Datennetzen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, einschließlich von Programmen im Zusammenhang mit Datenträgern oder Datennetzen“, auf die sich die Nichtbenutzungseinreden unter anderem noch beziehen, hat die Widersprechende keinerlei Glaubhaftmachungsversuch unternommen, so dass diese bei der Entscheidung über den Widerspruch nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nicht berücksichtigt werden können.

36

d) Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung für die Waren und Dienstleistungen „Photographien und Photographien, die über Datennetze übermittelt werden; Werbung, einschließlich der Werbung mit Hilfe von Datenträgern und/oder in Datennetzen; Veranstaltung von Reisen; Erziehung, Ausbildung, sportliche Aktivitäten“ umfangreiche Unterlagen (Anlagen W1- W55) vorgelegt, unter anderem zwei eidesstattliche Versicherungen des Verlagsleiters S… vom 3. Februar 2009 und vom 4. Mai 2011, IVW-Statistiken über Jahresdurchschnittsauflagen (die IVW ist eine neutrale Einrichtung, die von den Medienunternehmen, den Werbungtreibenden sowie den Werbe- und Media-Agenturen getragen wird), Anzeigendaten von PZ Online (ein Service mit Media-Informationen der „Publikumszeitschriften im VDZ“ Verband deutscher Zeitschriftenverleger e.V.), Anzeigenstatistiken von Nielsen (ein Service des Verbandes der Zeitschriftenverleger), Screenshots der Website www.pm-magazin.de, Preislisten für Werbung, zahlreiche Screenshots und Ausdrucke der Website www.pm-magazin.de, AWA 2009 und AWA 2011 u.a. über den Bekanntheitsgrad von P.M. (die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse, kurz AWA genannt, ermittelt auf breiter statistischer Basis Einstellungen, Konsumgewohnheiten und Mediennutzung der Bevölkerung in Deutschland), IVW-Durchschnittsauflagen von P.M. History und P.M. LOGIKTRAINER, sowie zahlreiche Internet-Ausdrucke.

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Die im Beschwerdeverfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung vom 4. Mai 2011 ist nur in Kopie eingereicht worden. Die dort versicherten Tatsachen stimmen mit den Angaben aus den anderen vorgelegten Mitteln zur Glaubhaftmachung überein, so dass sie neben den weiteren Glaubhaftmachungsunterlagen im Rahmen der Gesamtwürdigung ergänzende Bedeutung erlangen kann (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 43 Rn. 78); letztlich hat das Fehlen des Originals aber keinerlei entscheidungserhebliche Bedeutung.

38

e) Bezüglich der Waren „Photographien und Photographien, die über Datennetze übermittelt werden“ liegt jedenfalls für den zweiten maßgeblichen Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG keine Glaubhaftmachung vor. Weder sind den eingereichten Schriftsätzen noch den eidesstattlichen Versicherungen irgendwelche Angaben zu diesen Waren für den Zeitraum Juli 2009 bis Juli 2014 zu entnehmen. Allein die Tatsache, dass sich in dem u.a. eingereichten P.M. Magazin 10/12 (W20) auch Fotografien begleitend und mit inhaltlichem Bezug zum jeweiligen Thema des Artikels befinden, lässt nicht auf eine markenmäßige bzw. funktionsgemäße Benutzung der Widerspruchsmarke für Fotografien schließen. Unbehelflich ist auch der eingereichte Screenshot zu einem durchgeführten Fotowettbewerb in 2011 (W30). Ob eine Glaubhaftmachung für den ersten maßgeblichen Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gelungen ist, kann daher dahingestellt bleiben.

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f) Auch in Bezug auf die Dienstleistung „Werbung, einschließlich der Werbung mit Hilfe von Datenträgern und/oder in Datennetzen“ kann nicht von einer rechtserhaltenden Benutzung ausgegangen werden, weil die Widerspruchsmarke bei Erbringung dieser Dienstleistungen nicht funktionsgerecht als Marke benutzt wurde.

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Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass das zur Verfügung stellen von Werbeflächen und Werbeträgern, die Vermittlung von Werbeflächen in Zeitungen bzw. die Vermittlung und Platzierung von Anzeigen unter den Begriff „Werbung“ zu subsumieren ist. Sowohl die P.M. Magazine als auch die Website www.pm-magazin.de enthalten in großem Umfang Werbeanzeigen, wie auch die verschiedenen Anzeigenstatistiken belegen. Diese Angaben und Unterlagen beziehen sich auf beide Benutzungszeiträume. Die Werbedienstleistung wird zudem mit Zustimmung der Widersprechenden von deren Tochtergesellschaft G1… GmbH angeboten und erbracht.

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Die eidesstattliche Versicherung vom 3. Februar 2009 enthält zwar Angaben zur Dienstleistung „Werbung“ („Zwischen 2005 und 2008 wurden in jedem Quartal im Magazin P.M. mindestens 70 Anzeigenseiten veröffentlicht...; ...Die Online-Werbeerlöse lagen zwischen 2005 und 2008 jährlich zwischen … Euro und … Euro."); ferner wird dort erklärt, dass „...unter P.M. umfangreiche Werbedienstleistungen angeboten (werden), insbesondere im Anzeigengeschäft...“; darüber hinaus ist dem Auszug aus der P.M.-Trainer Broschüre (W14) – Stand Januar 2008 - ein Hinweis auf die „P.M. Anzeigenabteilung“ zu entnehmen. Ob bei Erbringung der Werbedienstleistungen die Widerspruchsmarke für den ersten Benutzungszeitraum funktionsgerecht als Marke im Sinne des § 26 Abs. 1 MarkenG benutzt worden ist, muss nicht abschließend beurteilt werden.

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Denn jedenfalls liegen für den zweiten maßgeblichen Benutzungszeitraum keine bzw. keine ausreichenden Belege über eine funktionsgerechte Verwendung der Widerspruchsmarke für Werbung vor. So enthält die zweite Erklärung des Verlagsleiters vom 4. Mai 2011 keinerlei Angaben hierzu. Auf den Auszügen  der Website der G1… GmbH sowie den Preislisten erscheint die Widerspruchsmarke nur als Hinweis auf den konkreten Werbeträger.  Die verschiedenen Zeitschriftentitel des G2…, in denen eine Werbeanzeige geschaltet werden kann, werden dort in einem Portrait (mit Daten u.a. zu Erscheinungstagen/-monaten, Zielgruppen und Auflagenstärke) vorgestellt. Die Screenshots der Website und die Preislisten vermitteln den Eindruck, dass die G1… GmbH unter ihrer Wort-/Bildmarke

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 Abbildung bzw. dem in grün ausgestalteten Logo Abbildung

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ihre Werbedienstleistungen anbietet, nicht jedoch unter der Marke P.M.. Auch sind Hinweise auf eine weiterhin bestehende „P.M.“- Anzeigenabteilung für den Zeitraum 2009 bis 2014 nicht erkennbar. Rechnungen, die eine Verwendung für Werbung/Anzeigenschaltung unter der Marke P.M. belegen könnten, sind nicht vorlegt worden.

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Von einer rechtserhaltenden Benutzung für „Werbung“ kann daher nicht ausgegangen werden.

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g) Ob die Beschwerdeführerin für die weiteren Dienstleistungen „Veranstaltung von Reisen“, „sportliche Aktivitäten“, „Ausbildung“ und „Erziehung“ die rechtserhaltende Benutzung ausreichend glaubhaft gemacht hat, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Zum einen beansprucht die angegriffene Marke die Dienstleistung der Klasse 39 nicht. Zum anderen spielen im Hinblick darauf, dass die Nichtbenutzungseinrede für „Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten“ von der Beschwerdegegnerin nicht aufrecht erhalten wurde, diese weiteren Dienstleistungen, auch wenn sie sich im Verzeichnis der angegriffenen Marke identisch befinden, für die weitere Prüfung der Verwechslungsgefahr keine entscheidungserhebliche Rolle. Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden insoweit eine rechtserhaltende Benutzung unterstellt, ist nämlich in diesem Umfang aus den nachfolgend zu erläuternden Gründen keine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

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2. Ausgehend von den Widerspruchswaren- und dienstleistungen, die für den Vergleich herangezogen werden können, besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen teilweise Identität und teilweise Ähnlichkeit. Ein Teil der angegriffenen Waren und Dienstleistungen liegt dagegen außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs zu den Waren und Dienstleistungen der älteren Marke. Eine gänzlich fehlende Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit kann nicht durch die jeweils anderen maßgeblichen Faktoren ausgeglichen werden, so dass der Widerspruch und mithin die Beschwerde im Bereich der unähnlichen Waren und Dienstleistungen bereits aus diesem Grund erfolglos bleiben muss.

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Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (EuGH GRUR 1998, 922 Rn. 15 – Canon; BGH, a.a.O. – DESPERADOS/DESPERADO).

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a) Die Waren der angegriffenen Marke aus der Klasse 9 „Datenträger mit gespeicherter Computersoftware; Magnetdatenträger; sämtliche vorgenannte Waren ausschließlich soweit sie Projektmanagement und/oder Unternehmensmanagement und/oder Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung zum Gegenstand haben“ sind zu den Waren „Magnetaufzeichnungsträger“ der Widerspruchsmarke identisch; hieran ändert auch der Disclaimer nichts, weil es sich dabei jeweils um Magnetaufzeichnungsträger mit gleichen Inhalten handeln kann. Identisch sind ferner die angegriffenen Waren „Datenträger mit gespeicherter Computersoftware; optische Datenträger; sämtliche vorgenannte Waren ausschließlich soweit sie Projektmanagement und/oder Unternehmensmanagement und/oder Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung zum Gegenstand haben“ sowie die ohne Disclaimer versehene Waren „Hardware für die Datenverarbeitung, soweit in Klasse 9 enthalten, insbesondere...“ zu den Widerspruchswaren „Druckereierzeugnisse auf Datenträgern“ (diese fallen nicht in die Klasse 16, sondern in die Klasse 9), weil es sich jeweils um mit gleichen Inhalten bespielte Datenträger handeln kann. Die nach dem Begriff „Hardware“ enthaltene Aufzählung von speziellen, mit den Widerspruchswaren nicht identischen Waren führt vorliegend nicht aus der Identität heraus, weil durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ keine markenrechtlich wirksame Einschränkung auf die aufgeführten Spezialwaren erfolgt. Es verbleibt mithin bei dem Oberbegriff „Hardware für die Datenverarbeitung, soweit in Klasse 9 enthalten“. Die ebenfalls in Klasse 9 fallenden Widerspruchswaren „Druckereierzeugnisse, die über Datennetze übermittelt werden“ werden zudem von den angegriffenen Waren „Computersoftware; Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); sämtliche vorgenannte Waren ausschließlich soweit sie Projektmanagement und/oder Unternehmensmanagement und/oder Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung zum Gegenstand haben“ umfasst, weil auch diese herunterladbaren Druckereierzeugnisse Inhalte aus dem Bereich Projektmanagement, Unternehmensmanagement, Prozessmanagement oder Personalentwicklung zum Gegenstand haben können. Zwischen den angegriffenen Waren der Klasse 16 „Druckereierzeugnisse; Bücher; Zeitschriften; Zeitungen; Broschüren; Schriften (Veröffentlichungen); Handbücher“ und den Widerspruchswaren „periodische und nichtperiodische Druckereierzeugnisse“ liegt Identität vor, weil diese unter den weiten Warenbegriff „Druckereierzeugnisse“ zu subsumieren sind. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke „Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten“ sind identisch zu den entsprechenden Dienstleistungen der Widerspruchsmarke. Ferner können die angegriffenen Dienstleistungen „Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren und Schriften (Veröffentlichungen); Online Publikation von elektronischen Büchern, Zeitschriften und Schriften (Veröffentlichungen); Herausgabe von Texten zur Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet des Projektmanagements; Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer)“ unter den Oberbegriff „Verlagsdienstleistungen“ der Widerspruchsmarke subsumiert werden. Schließlich finden sich im Verzeichnis der angegriffenen Marke wortgleich die Dienstleistungen „sportliche Aktivitäten; Ausbildung; Erziehung“, für die auf Seiten der Widerspruchsmarke eine rechtserhaltende Benutzung unterstellt wird. Auch die weiteren angegriffenen Dienstleistungen „Durchführung von Live-Veranstaltungen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops (Ausbildung); Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet des Projektmanagements; Unterricht und Erziehung mit theoretischen und praktischen Übungen“ der Klasse 41 werden von den weiten Oberbegriffen der Widerspruchsmarke umfasst.

50

b) Im Weiteren stehen sich ähnliche, aber auch unähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüber. „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)“ sind eng ähnlich zu den „nichtperiodischen Druckereierzeugnissen“. Die angegriffenen Waren „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel; Fotografien“ befinden sich nicht im Ähnlichkeitsbereich bzw. allenfalls im Randbereich der Ähnlichkeit zu den maßgeblichen Widerspruchswaren. In Bezug auf die angegriffenen „Unterrichtsapparate und Unterrichtsinstrumente“ ist keine Ähnlichkeit zu den Waren oder Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, insbesondere auch nicht zu „Ausbildung“, festzustellen, weil der Verkehr nicht davon ausgehen wird, dass es sich bei der Ausbildung um eine eigenständige Dienstleistung des Herstellers dieser technischen Apparate oder Instrumente handelt. Umgekehrt stellen diejenigen Unternehmen, die aus- oder fortbilden, regelmäßig keine Unterrichtsapparate oder –instrumente her. Da eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für „Werbung“ nicht glaubhaft gemacht ist, kann zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke aus Klasse 35 und den Widerspruchwaren und -dienstleistungen, die dem Vergleich zugrunde gelegt werden können, eine Ähnlichkeit nicht bzw. allenfalls in geringem Grad festgestellt werden. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke aus der Klasse 42 „Vermietung von Computersoftware ausschließlich für Projektmanagement, Unternehmensmanagement, Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung“ liegen noch im Ähnlichkeitsbereich zu den Waren „sonstige Druckereierzeugnisse auf Datenträgern“ und “Druckereierzeugnisse, die über Datennetze übermittelt werden“.

51

Letztlich muss keine abschließende Prüfung erfolgen, ob und in welchem Umfang und mit welchem konkreten Grad eine Ähnlichkeit vorliegt, weil eine Verwechslungsgefahr ohnehin nur für einen Teil der im Identitätsbereich liegenden Waren und Dienstleistungen festgestellt werden kann.

52

3. Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke für einen Teil der Waren und Dienstleistungen aus. Im Umfang der „periodischen Druckereierzeugnisse“ und damit eng verwandten Waren und Dienstleistungen ist dagegen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufgrund der Bekanntheit der Marke der Widersprechenden für die von ihr benutzten populärwissenschaftlichen Zeitschriften zugrunde zu legen.

53

Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens ist stets produkt- bzw. dienstleistungsbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung für die das Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann (BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/ Zweibrüder). Vorliegend ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Haus aus durchschnittlich. Die wegen der Verwendung der Punkte als Abkürzung erkennbare Buchstabenkombination „P.M.“ ist dem inländischen Verkehr in ihren vereinzelt erfassten Bedeutungen „Prime Minister“ oder „Pontifex Maximus“ (vgl. unter „abkuerzungen.woxikon.de“) weder geläufig noch hat sie eine ohne weitere Erläuterungen erkennbare beschreibende Bedeutung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen der älteren Marke (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 09.01.2002, 29 W (pat) 19/00 - PM Print Marketing ./. P.M.). Eine verminderte Kennzeichnungskraft kommt daher nicht in Betracht.

54

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist auf Grund der unstreitigen langjährigen Benutzung und weiten Verbreitung der Marke auf periodisch erscheinenden populärwissenschaftlichen Magazinen für „Periodische Druckereierzeugnisse“ gesteigert. Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft durch eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit bedarf es hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geografischer Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive Investitionsumfangs zur Förderung der Marke sowie ggf. zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 904, Rn. 13 – SIERRA ANTIGUO).

55

Der IVW Statistik (Anlage W39) sind die Jahresdurchschnittsauflagen des seit 1979 durchgehend erscheinenden P.M. Magazins zu entnehmen, nämlich in den Jahren von 2007 (dem Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke) bis 2012 zwischen … bis … Exemplaren. In den Tabellen AWA 2009 (W40) und AWA 2011 (W41) ist für das P.M. Magazin immerhin ein Bekanntheitsgrad von 38,7 % bzw. 39,2 % angegeben. Ferner ist der eidesstattlichen Versicherung vom 3. Februar 2009 zu entnehmen, dass zwischen 2005 und 2008 jährlich … bis … Mio. in eigenes Marketing für P.M. investiert wur- den. Angesichts dieser Umstände kann der Widerspruchsmarke für die genannten Waren ein erweiterter Schutzumfang zugebilligt werden.

56

Angaben zu Umsatzzahlen, Marktanteilen, Werbeausgaben etc. in Bezug auf konkrete andere Waren oder Dienstleistungen fehlen dagegen. Die vorgelegten Unterlagen über Internet-Angebote und –Plattformen und durchgeführte Veranstaltungen sowie die Angabe von sog. Internet-Visits haben keinen Aussagewert in Bezug auf eine Steigerung der Kennzeichnungskraft, insbesondere für Unterhaltungs- oder Ausbildungsdienstleistungen.

57

Eine erhöhte Kennzeichnungskraft beschränkt sich auf die Waren und Dienstleistungen, für die durch eine entsprechende Benutzung eine gesteigerte Verkehrsgeltung anzuerkennen ist (BGH GRUR 2009, 484, 491 Rn. 38 - Metrobus; GRUR 2004, 235, 238 – Davidoff II). Diese erhöhte Kennzeichnungskraft kann auf eng verwandte Waren und Dienstleistungen ausstrahlen. Dabei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Die Ausstrahlungswirkung erstreckt sich aber nicht auf den gesamten Bereich der ähnlichen Waren und Dienstleistungen und kann jedenfalls unähnliche Waren und Dienstleistungen nicht erfassen (BPatG, Beschluss vom 02.07.2007, 30 W (pat) 67/06 – FOCUsept/FOCUS; Beschluss vom 30.12.2005, 27 W (pat) 59/04 – ELLE/Ellee).

58

Im vorliegenden Fall kann von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke neben dem Bereich der „periodischen Druckereierzeugnisse“ auch in dem eng damit verwandten Bereich der speziellen Waren „Druckereierzeugnisse, die auf Datenträgern gespeichert sind“ und „Druckereierzeugnisse, die über Datennetze übermittelt werden“ sowie den „Verlagsdienstleistungen“ ausgegangen werden. Zeitschriften erscheinen heutzutage sowohl in Printform als auch elektronisch. Eine solche elektronische Zeitschrift ist eine Zeitschrift, die dem Leser im Gegensatz zu einer gedruckten Zeitschrift digital zur Verfügung steht. Diese werden heute überwiegend als Netzpublikationen über das Internet als Onlinezeitschriften, eMagazine bzw. als sog. App-Ausgaben, jedoch durchaus auch (noch) auf Datenträgern vertrieben. Auch insoweit ist daher eine erhöhte Kennzeichnungskraft zugrunde zu legen.

59

Eine Zuerkennung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke über diese Waren und Dienstleistungen hinaus kommt aber nicht in Betracht. Die Dienstleistungen, die Unterhaltung, Ausbildung und Erziehung betreffen sowie die Magnetaufzeichnungsträger und Schallplatten fallen aus Sicht des Senats nicht mehr unter die Ausstrahlungswirkung. Die genannten Dienstleistungen sind zwar zu den „periodischen Druckereierzeugnissen“ als sich ergänzende Produkte durchaus ähnlich, es fehlt jedoch insoweit an der erforderlichen engen Verwandtschaft (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 07.09.2012, 29 W (pat) 198/10 – geotherm/GEO; anders BPatG, Beschluss vom 23.02.2009, 30 W (pat) 75/07); gleiches gilt für die Widerspruchswaren „Magnetaufzeichnungsträger“ und „Schallplatten“, weil es sich bei diesen Waren nicht um geeignete bzw. übliche Datenträger für elektronische Zeitschriften handelt.

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4. Die zu berücksichtigenden Vergleichswaren und -dienstleistungen richten sich teilweise an breite Verkehrskreise (z.B. Druckereierzeugnisse, Unterhaltung), teilweise an Fachkreise (z.B. Verlagsdienstleistungen), so dass von normaler bis etwas erhöhter Aufmerksamkeit auszugehen ist.

61

5. Ausgehend von den dargestellten Kriterien reicht nach Ansicht des Senats der Abstand, den die angegriffenen Marke zu der Widerspruchsmarke aufweist, im tenorierten Umfang nicht aus, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Denn im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen und bei gleichzeitig erhöhter Kennzeichnungskraft der älteren Marke kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein noch beachtlicher Teil des Verkehrs die angegriffene Marke aufgrund ihres mit der Widerspruchsmarke „P.M.“ klangidentischen Bestandteils „PM“ im Hinblick auf dessen selbstständig kennzeichnende Stellung in der angegriffenen Marke mit dieser im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 MarkenG gedanklich in Verbindung bringt.

62

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH GRUR 2010, 933 – Barbara Becker; BGH GRUR 2013, 833, 837 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 635 Rn. 23 - METRO/ROLLER's Metro). Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 14 Maalox/Melox-GRY). Weiter ist möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH a.a.O. Rn. 30 - THOMSON LIFE; BGH a.a.O. - Culinaria/Villa Culinaria). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH a.a.O. Rn. 31 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2009, 772, 776 Rn. 57 – Augsburger Puppenkiste).

63

Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Rn. 19 - ZIRH/SIR; BGH GRUR 2010, 235, Rn. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Rn. 32 - METROBUS). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (BGH a.a.O., Rn. 18 - AIDA/AIDU; GRUR 2008, 714, Rn. 37 - idw).

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a) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Marken

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und P.M.

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ist nicht zu bejahen.

67

Die Marken in ihrer Gesamtheit unterscheiden sich klanglich, schriftbildlich und begrifflich deutlich durch den in der jüngeren Marke enthaltenen zusätzlichen Wortteil „COMPASS“ und die grafische Gestaltung.

68

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr kommt daher nur in Betracht, wenn die in der angegriffenen Marke enthaltene Buchstabenfolge „PM“ eine kollisionsbegründende Stellung einnimmt, indem sie eine die Gesamtmarke prägende Funktion aufweist, und demzufolge die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen.

69

Bei der jüngeren Marke handelt es sich um eine Wort-/Bildmarke mit dem Wortbestandteil „PMCOMPASS“, wobei die Anfangsbuchstaben „PM“ am Wortanfang grau und fettgedruckt sind, während der Bestandteil „COMPASS“ schwarz gehalten, das „P“ in COM(P)ASS spiegelverkehrt angeordnet und nur die Buchstaben PM in COMPASS in schwarzem Fettdruck gehalten sind. Durch diese Herausstellung der Buchstaben „PM“ in dem Wort COMPASS fällt dem Betrachter die Wiederholung der Anfangsbuchstabenfolge „PM“ bzw. die Bezugnahme auf diese sofort auf. Auch das spiegelverkehrte „P“ ist prägnant und bleibt im visuellen Erinnerungsbild haften. Insgesamt entsteht durch das Schriftbild eine Klammerwirkung, wodurch eine einheitliche Marke vermittelt wird. Dies wirkt einer schriftbildlichen Prägung der angegriffenen Marke nur durch „PM“ klar entgegen.

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Auch klanglich wird die jüngere Marke nicht durch die Buchstabenkombination „PM“ geprägt. Für den phonetischen Zeichenvergleich ist maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie die Marke in ihrer registrierten Form vor sich haben. Die klangliche Wiedergabe kann dabei auch durch die grafische Gestaltung der Marke beeinflusst werden (Hacker in Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 280). Bei dem Wort „COMPASS“ (= Kompass) mag es sich für einen Teil der angegriffenen Waren und Dienstleistungen jedenfalls um einen kennzeichnungsschwachen Bestandteil handeln. Gleichwohl liegt eine Benennung nur durch „PM“ – ungeachtet der Frage, ob nicht auch die Buchstabenfolge für einen Teil der angegriffenen Waren und Dienstleistungen kennzeichnungsschwach ist, wofür einiges spricht - nicht nahe. Denn auch kennzeichnungsschwache Bestandteile können zum Gesamteindruck beitragen, was hier durch die konkrete Gesamtgestaltung, insbesondere die Verbindung des Zeichenanfangs PM durch das besonders herausgestellte spiegelverkehrte PM im Wort „COMPASS“ nahe gelegt wird. Es handelt sich bei der jüngeren Marke um ein einheitliches Zeichen, bei dem der Verkehr keine Veranlassung hat, das Wort „COMPASS“ bei der Benennung wegzulassen.

71

Dies gilt trotz der Tatsache, dass der Widerspruchsmarke teilweise eine erhöhte Kennzeichnungskraft zuzubilligen ist. Zwar hat die erhöhte Kennzeichnungskraft einer älteren Marke bei der Frage, ob eine jüngere Marke durch einen mit der älteren Marke übereinstimmenden Bestandteil geprägt wird, wesentliche Bedeutung. Denn soweit eine Marke durch ihre Benutzung im Verkehr eine verstärkte herkunftshinweisende Funktion erlangt hat, führt dies in der Regel dazu, dass die besondere herkunftshinweisende Funktion der älteren Marke vom Verkehr auch dann wahrgenommen wird, wenn ihm das Zeichen nicht isoliert, sondern als hinreichend selbständig wahrnehmbarer Bestandteil eines jüngeren Kombinationszeichens begegnet, so dass die Frage, welcher Bestandteil die jüngere Marke prägt, unter Einbeziehung der erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu beantworten ist (vgl. BGH GRUR 2003, 880 - City Plus; Hacker in Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9, Rn. 384). Der Verkehr erkennt hier bei der der Benennung der jüngeren Marke vorangehenden visuellen Aufnahme aber, dass die Punkte zwischen den Buchstaben P und M fehlen, so dass ihm der Gedanke an die ihm bekannte Marke „P.M.“ gar nicht kommt.

72

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist trotz der zum Teil kollisionsfördernden Ausgangslage daher insgesamt nicht zu besorgen.

73

b) Im tenorierten Umfang ist allerdings von einer Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 MarkenG auszugehen.

74

Durch die grafische Gestaltung der jüngeren Marke wird lediglich eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, weil die jüngere Marke dem Verkehr sowohl bei der visuellen wie auch bei der klanglichen Wahrnehmung stets nur mit dem in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen Bestandteil „COMPASS“ als Einheit begegnet, was wiederum darauf beruht, dass sie aus den vorgenannten Gründen auch bei ihrer Benennung nicht allein auf „PM“ verkürzt wird. Nicht ausgeschlossen ist dadurch aber, dass wegen der klangidentischen Buchstabenfolge der Verkehr die beiden Marken irrtümlich dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet, sofern denn „PM“ in der jüngeren Marke mit selbständig kennzeichnender Wirkung hervortritt.

75

Auch in einer jüngeren, aus einem Wort bestehenden bzw. zu einem einheitlichen Zeichen gebildeten Marke kann ein Wortbestandteil eine selbständig kennzeichnende Stellung behalten (vgl. BGH GRUR 2008, 905 Rn. 38 – Pantohexal). Dies setzt aber voraus, dass der Verkehr aufgrund besonderer Umstände Veranlassung hat, das zu einem Wort zusammengesetzte Zeichen zergliedernd und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen. Im vorliegenden Fall besteht Veranlassung, dem Bestandteil „PM“ in dem Zeichen „PMCOMPASS“ eine solche selbständige Bedeutung beizumessen.

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aa) Wegen der gesteigerten Verkehrsgeltung der älteren Marke im Bereich der periodischen Druckereierzeugnisse und des Verlagswesens werden relevante Teile des Verkehrs jedenfalls dann, wenn sie der angegriffenen Marke „PMCOMPASS“ (ausgesprochen Pe-em-kom-pass) im mündlichen Geschäftsverkehr begegnen, nicht erkennen können, ob es sich bei dem Zeichenanfang um die Buchstabenfolge „PM“ oder die Abkürzung „P.M.“ (bei der auch mit einer Aussprache „Pe-em“ zu rechnen ist) handelt. Zudem entspricht es in der hier genannten Branche den Kennzeichnungsgewohnheiten, dass der als „eigentlichem“ Produktnamen empfundenen Marke – sei es als Serienzeichen oder als bloßer Sortimentsbezeichnung – ein, häufig auch warenbeschreibender, Zusatz hinzugefügt wird. Tritt der hier klanglich übereinstimmende Bestandteil in der jüngeren Marke aber deutlich wahrnehmbar hervor, während der weitere Bestandteil „COMPASS“ bei der akustischen Wiedergabe als üblicher Zusatz wahrgenommen wird, kann die Gefahr einer irrtümlichen gedanklichen Zuordnung zu der bekannten älteren klangidentischen Marke „P.M.“ nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt aber nur im Umfang der im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen, die im Identitätsbereich zu denjenigen Widerspruchswaren und –dienstleistungen liegen, für die auch eine erhöhte Kennzeichnungskraft festgestellt wurde, nämlich zu „Periodische Druckereierzeugnisse“, „Druckereierzeugnisse, die über Datennetze übermittelt werden“, „Druckereierzeugnisse auf Datenträgern“ und „Verlagsdienstleistungen“.

77

bb) Im Umfang der übrigen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke (u. a. Computersoftware; Datenträger mit gespeicherter Computersoftware; optische Datenträger und Magnetdatenträger; Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); sämtliche vorgenannten Waren ausschließlich soweit sie Projektmanagement und/oder Unternehmensmanagement und/oder Prozessmanagement und/oder Personalentwicklung zum Gegenstand haben; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Durchführung von Live-Veranstaltungen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops (Ausbildung); Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet des Projektmanagements; Unterricht und Erziehung mit theoretischen und praktischen Übungen; Vermietung von Computersoftware) können derartige Umstände, bei welchen das Publikum veranlasst ist, das Zeichen zergliedernd wahrzunehmen und in „PM“ einen Hinweis auf die Widersprechende zu sehen, nicht festgestellt werden.

78

Denn in diesen Produktbereichen, insbesondere Projektmanagement, Unternehmensmanagement, Prozessmanagement und Personalentwicklung, besitzt die Widerspruchsmarke keine erhöhte Verkehrsgeltung. Hinzu kommt, dass für einen Teil dieser Waren wegen des Disclaimers und einen Teil der Dienstleistungen (Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet des Projektmanagements; Herausgabe von Texten zur Ausbildung und Fortbildung auf dem Gebiet des Projektmanagements) die Buchstabenfolge „PM“ selbst kennzeichnungsschwach ist, weil PM als Abkürzung für „Projektmanagement“ erfasst ist (vgl. z.B. unter „abkuerzungen.woxikon.de“); das Zeichen vermittelt insoweit die Aussage eines Kompasses bzw. einer Richtungsanzeige für das Projektmanagement. Der Verkehr hat deshalb keinen Anlass, in der angegriffenen zusammengesetzten Marke die Widerspruchsmarke zu erkennen, d.h. begegnen dem Verkehr diese speziellen Waren und Dienstleistungen gekennzeichnet mit der jüngeren Marke, wird ihm der Gedanke an die ihm aus dem Zeitschriften- und Verlagsbereich bekannte ältere Marke gar nicht kommen.

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Auch eine Serienmarkenverwechslung kommt insoweit nicht in Betracht, denn das angesprochene Publikum hat - über eine mögliche Markenserie für den Bereich der Zeitschriften hinaus - keine Veranlassung, „PM“ hier als Stammbestandteil einer Markenserie der Widersprechenden anzusehen.

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Schließlich handelt es sich bei der Widerspruchsmarke nicht um ein bekanntes Unternehmenskennzeichen, so dass auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn ausgeschlossen ist. Anhaltspunkte für andere Arten der Verwechslungsgefahr sind nicht erkennbar.

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Auf die Beschwerde der Widersprechenden war der Beschluss der Markenstelle daher teilweise aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang anzuordnen. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.

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Nach § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG trägt jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst. Anlass zur Kostenauferlegung gibt es nur unter besonderen Umständen. Solche Umstände, die eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen rechtfertigen würden, sind hier weder vorgetragen worden noch ansonsten erkennbar, so dass die jeweiligen Kostenanträge der Verfahrensbeteiligten zurückzuweisen waren.