Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 30.04.2015


BPatG 30.04.2015 - 29 W (pat) 510/15

Markenbeschwerdeverfahren - "dtv" - Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungs- und Klassengebühren (nebst Verspätungszuschlag) – schuldhafte Fristversäumung – Verstoß gegen Sorgfaltspflicht – Erfordernis der zusätzlichen Fristnotierung zur zuschlagsfreien und zuschlagspflichtigen Zahlung der Verlängerungsgebühr – kein Vertrauen auf Erhalt einer formlosen Zahlungsaufforderung des DPMA


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
30.04.2015
Aktenzeichen:
29 W (pat) 510/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 303 45 123

(hier: Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 30. April 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen Uhlmann und Akintche

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen die Löschung der am 2. September 2003 angemeldeten, am 9. Februar 2004 eingetragenen, am 12. März 2004 veröffentlichten und mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 gelöschten Wortmarke 303 45 123

2

dtv

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die zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen der Klasse 9, 16, 28, 38 und 41 in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragen war. Die Beschwerdeführerin war Inhaberin dieser Marke.

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Die Schutzdauer der verfahrensgegenständlichen Marke endete am 30. September 2013. Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 (Bl. 15a d. VA) hat das DPMA – Dienststelle Jena – unter dem Titel „Information über den Ablauf der Schutzdauer“ die im Register eingetragene anwaltliche Vertreterin der Markeninhaberin darauf hingewiesen, dass zuzüglich einer Zuschlagsgebühr die Verlängerungsgebühr noch bis 31. März 2014 bezahlt werden könne. Über die Löschung der Marke im Falle der Nichtzahlung wurde die Markeninhaberin informiert. Da eine Zahlung nicht erfolgt ist, wurde die Marke „dtv“ durch Verfügung vom 26. Mai 2014 gem. § 47 MarkenG mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 wegen Nichtverlängerung im Register gelöscht.

5

Mit Schreiben vom 24. Juli 2014 (Bl. 17 d. VA) hat der Verfahrensbevollmächtigte mitgeteilt, dass er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantrage. Aufgrund eines Büroversehens sei eine Verlängerung um weitere zehn Jahre nicht rechtzeitig bewirkt worden. Die Versäumung der Verlängerungsfrist sei nicht verschuldet, da für die Schutzfristüberwachung in Markenangelegenheiten ein Fristenkalender geführt werde und die Schutzdauerablauffristen zudem in der Markenakte eingetragen würden. Im konkreten Fall sei als Schutzdauerablauf auch der 30. September 2013 notiert worden. Die immer zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte mit 36jähriger Erfahrung habe vor dem 30. September 2013 die Fristen ausnahmslos sorgfältig notiert und überwacht. Anfang 2013 habe er, der Verfahrensbevollmächtigte, mit der Rechtsanwaltsfachangestellten besprochen, dass sie die jeweils relevanten Markenakten zur Entscheidung über die Verlängerung termingerecht vorlegen müsse, was in zwei Fällen wiederum beanstandungsfrei erfolgt sei. Aufgrund des kleinen zu überwachenden Markenportfolios sei ihm nicht aufgefallen, dass im Jahr 2013 weitere Markenverlängerungen, nämlich die der verfahrensgegenständlichen Marke und der Marke im Parallelverfahren, anstanden. Die Löschung der Marke sei ihm dann zufällig bei einer Markenrecherche im Register am 11. Juli 2014 aufgefallen. Auf Nachfrage habe seine Mitarbeiterin erklärt, sie könne sich das Versäumnis nicht erklären.

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Das DPMA hat den Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 29. August 2014 (Bl. 28 d. VA) unter Einräumung einer Frist zur Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Versäumung der Frist schuldhaft sei und er u. a. nicht auf das Hinweisschreiben vom 15. Januar 2014 reagiert habe. Telefonisch hat der Verfahrensbevollmächtigte erklärt (Telefonvermerk vom 8. September 2014, Bl. 29a d. VA), dass er das Informationsschreiben nicht erhalten habe, und dass im Fristenkalender der Kanzlei der Ablauf der Schutzdauer der Marken, nicht aber der Ablauf der Zahlungsfristen vermerkt werde. Mit Schriftsatz vom 9. September 2014 hat er ferner mitgeteilt, er habe davon ausgehen können, dass er – wie auch in der Vergangenheit in anderen Fällen – ein Hinweisschreiben des DPMA zur Markenverlängerung erhalte. Hätte er dieses Schreiben bekommen, hätte er die Markenverlängerung fristgerecht vorgenommen.

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Die Verlängerungsgebühr nebst Verspätungszuschlag in Höhe von … € hat er am 11. September 2014 nachgezahlt.

8

Die Markenabteilung 3.1. des DPMA hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Gebühren für die Verlängerung der Schutzdauer der verfahrensgegenständlichen Marke mit Beschluss vom 27. November 2014 (Bl. 39 ff. d. VA) zurückgewiesen.

9

Der Antrag auf Wiedereinsetzung, obwohl statthaft und zulässig, sei zurückzuweisen, da die Markeninhaberin die Frist zur Zahlung der Verlängerungs- und Klassengebühr (nebst Verspätungszuschlägen) schuldhaft versäumt habe. Bei Versäumnissen von Hilfspersonen komme es auf die Büroorganisation durch entsprechende Arbeitsanweisungen an. Bei Übertragung der Überwachung von Fristen müsse eine wirksame Kontrolle der Fristen mittels eines Fristenkalenders erfolgen. Vorliegend sei es bereits unzureichend gewesen, nur das Ende der Schutzdauer im Fristenkalender zu vermerken, nicht dagegen auch die Zahlungsfristen nach § 7 Abs. 1 PatKostG – zuschlagsfrei bis zum 30. November 2013 und zuschlagspflichtig bis zum 31. März 2014. Ferner fehle jeglicher Sachvortrag zum Streichen der eingetragenen Frist. Auch die Tatsache, dass über den Eingang und Verbleib des Informationsschreibens keine Aussage gemacht werden könne, spreche gegen eine taugliche Büroorganisation. Zu Lasten der Markeninhaberin sei ferner zu berücksichtigen, dass die Schutzdauer auch bei der weiteren Marke 303 45 124 versäumt worden sei.

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Die – verspätet – eingezahlten Gebühren seien zurückzuerstatten.

11

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 15. Dezember 2014 (Bl. 7 d. A.), eingegangen beim DPMA am selben Tag, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses des DPMA und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt.

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Sie führt aus, der Beschluss des DPMA sei rechtswidrig und verletze sie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör, da das DPMA den Vortrag, dass das Informationsschreiben des Amtes vom 15. Januar 2014 weder im vorliegenden Verfahren noch im Parallelverfahren in der Kanzlei eingegangen sei, samt Vorlage zweier eidesstattlicher Versicherungen nicht berücksichtigt habe. Angesichts der Tatsache, dass das DPMA grundsätzlich derartige Schreiben zur Möglichkeit der Zahlung der Verlängerungsgebühr versende, habe der Verfahrensbevollmächtigte darauf vertrauen dürfen, dass eine solche Unterrichtung erfolge. Der Vorwurf einer unterbliebenen Fristnotierung könne daher mangels Eingangs eines Hinweises durch das DPMA ebenfalls nicht erhoben werden. Das Streichen der vermerkten Frist sei gerade deshalb unterblieben, weil die Frist bedauerlicherweise übersehen worden sei. Auch die Versäumung der Frist im Parallelverfahren könne nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin berücksichtigt werden, da beide Fristen am selben Tag abliefen, so dass nur ein einziges Büroversehen vorgelegen habe. Die Verletzung rechtlichen Gehörs werde im Übrigen auch dadurch deutlich, dass das DPMA seine „vorläufige Einschätzung“ ohne Berücksichtigung der anwaltlichen Stellungnahme vom 9. September 2014 wörtlich zur Grundlage im Zurückweisungsbeschluss vom 27. November 2014 gemacht habe.

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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des DPMA vom 27. November 2014 aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Gebühren für die Verlängerung der Schutzdauer stattzugeben.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

16

Die zulässige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist unbegründet. Die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungs- und Klassengebühren (nebst Verspätungszuschlag) im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen. Die Marke 303 45 123 ist nach § 47 Abs. 6 MarkenG zu Recht mit Wirkung ab dem Ablauf der Schutzdauer im Register gelöscht worden.

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1. Der am 24. Juli 2014 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig. Insbesondere waren zu diesem Zeitpunkt die Schutzdauer der Marke gem. § 47 Abs. 1 MarkenG (30. September 2013) sowie die Fristen zur Zahlung der Verlängerungsgebühr ohne Zuschlag gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG (30. November 2013) und mit Zuschlag gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG (31. März 2014) bereits abgelaufen. Die Zahlungsfristen sind daher versäumt.

18

Der Antrag ist auch gem. § 91 Abs. 2 MarkenG innerhalb der Zweimonatsfrist nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden. Als Hindernis ist ein versehentliches Übersehen des Ablaufs der Schutzdauer geltend gemacht worden. Das Hindernis ist weggefallen, sobald die bisherige Ursache der Verhinderung beseitigt oder ihr Fortbestehen nunmehr verschuldet ist. Der Hinderniswegfall kann sich auch aus rein bürointernen Vorgängen ergeben (BGH NJW 1994, 2831, 2832 zu § 234 Abs. 2 ZPO; BPatG GRUR 2009, 93, 94 – Dreidimensionale Daten – zum Patentgesetz). Vorliegend hat der Verfahrensbevollmächtigte am 11. Juli 2014 anlässlich einer anderen Markenrecherche die Löschung der verfahrensgegenständlichen Marke festgestellt und innerhalb der Zweimonatsfrist Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt.

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Die versäumte Handlung wurde gem. § 91 Abs. 4 S. 1 MarkenG durch Zahlung der Gebühr und des Zuschlags in Höhe von insgesamt … € - eingegangen beim DPMA gemäß § 2 Patentkostenzahlungsverordnung am 11. September 2014, dem letzten Tag der Frist - rechtzeitig nachgeholt.

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2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet, da die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr schuldhaft versäumt wurde.

21

Einziger Wiedereinsetzungsgrund ist die Verhinderung ohne Verschulden. Die Fristversäumnis ist unverschuldet, wenn dem Beteiligten oder seinen Vertretern insoweit weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt, wobei sich die Anforderungen in den Grenzen halten müssen, die den tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten und der von einer verständigen, wirtschaftlich denkenden Person zu erwartenden Sorgfalt entsprechen (Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage 2015, § 91 Rn. 13; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010, § 91 Rn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage 2014, § 233 Rn. 12).

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a) Die Beschwerdeführerin muss sich neben eigenem Verschulden auch dasjenige ihrer rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten analog § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Die Rechtsprechung stellt insoweit hohe Sorgfaltsanforderungen an die Einhaltung von Fristen bei Rechts- und Patentanwälten (Zöller/Greger, a. a. O., § 233 Rn. 23 „Fristenbehandlung“; NJW 1997, 3177 m. w. N.; GRUR 1979, 626 – Elektrostatisches Ladungsbild; BPatG, Beschluss vom 26.10.2005, 29 W (pat) 79/05). Dem Anwalt werden dabei weitgehende eigene Pflichten zum persönlichen Tätigwerden auferlegt. Die Einschaltung von Hilfspersonen, z. B. von Büropersonal wird dem Anwalt grundsätzlich nicht zugerechnet, außer ihm ist ein eigener verschuldeter Organisationsmangel in der Auswahl, Instruktion oder Überwachung der Hilfspersonen zur Last zu legen. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes darf dabei weder unzumutbar erschwert werden noch dürfen die Gerichte die Anforderungen an die Pflichten des Anwalts überspannen. Die Büroorganisation eines Rechtsanwaltes muss allerdings in jedem Fall die hinreichende Überwachung der tatsächlichen Abfertigung fristwahrender Schriftsätze gewährleisten. Grundsätzlich kann das Notieren mehrerer Fristen mit unterschiedlicher Gewichtung erforderlich sein (BGH NJW 1989, 2393). So genügt es nicht, wenn im Fristenkalender lediglich die Beschwerdefrist notiert, nicht aber bei gebührenpflichtigen Beschwerden zugleich auch zusätzlich eine Frist für die Gebührenzahlung vermerkt bzw. bei der Beschwerdefrist auf die gleichfalls erforderliche Beschwerdegebühr hingewiesen wird (BPatG, Mitt. 1976, 219). Der Rechtsanwalt muss ferner dafür sorgen, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (BGH NJW – RR 1992, 1277). Auch bei mehreren Verfahren derselben Mandanten sind besondere Sicherheitsvorkehrungen erforderlich (BGH NJW 2010, 3585 m. w. N.)

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Diesen hohen Sorgfaltsanforderungen an die Fristenkontrolle ist der Verfahrensbevollmächtigte hier nicht gerecht geworden. Unabhängig von der sorgfältigen Auswahl und Zuverlässigkeit der Rechtsanwaltsfachangestellten hätte der Verfahrensbevollmächtigte seine Mitarbeiter nämlich anweisen müssen, neben dem Ablauf der Frist für die Schutzdauer auch die beiden Fristen zur – zuschlagsfreien und zuschlagspflichtigen – Zahlung der Verlängerungsgebühr in den Fristenkalender aufzunehmen. Selbst wenn die Rechtsanwaltsfachangestellte die Frist vom 30. September 2013 übersehen und daher naturgemäß nicht ausgestrichen hat, hätte sie bei einer Prüfung des Fristenkalenders am 30. November 2013 festgestellt, dass der Ablauf der zuschlagsfreien Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr an diesem Tag anstand. Ebenso verhält es sich mit der weiteren Frist vom 31. März 2014. Auf den Fristablauf im Parallelverfahren kommt es insoweit nicht an.

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b) Grundsätzlich kein Wiedereinsetzungsgrund liegt in der mangelnden Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften (Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, a. a. O, § 91 Rn. 18; Ingerl/Rohnke, a. a. O., Rn. 13; Busse/Baumgärtner, Patentgesetz, 7. Auflage 2012, § 123 Rn. 38), hier im Hinblick auf die eigenverantwortliche Wahrnehmung der gesetzlichen Zahlungsfristen.

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Die Einlassung des Verfahrensbevollmächtigten, er habe darauf vertrauen dürfen, ein Informationsschreiben des DPMA zu erhalten, woraufhin er die Zahlungsfristen hätte in den Fristenkalender eintragen lassen können, ist unzutreffend. Selbst wenn zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt wird, dass sie das Informationsschreiben weder im hiesigen Verfahren noch im Parallelverfahren erhalten hat, führt dies vorliegend nicht zu einer unverschuldeten Säumnis.

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Mit Inkrafttreten des Kostenbereinigungsgesetzes vom 13. Dezember 2001 am 1. Januar 2002 ist die eigenverantwortliche Wahrnehmung der gesetzlichen Zahlungsfristen durch den Markeninhaber festgelegt worden. Infolge der Gesetzesänderung ist die bis zum 1. Januar 2002 gültige Regelung, wonach der Löschung der Marke eine Zahlungsaufforderung mit Löschungsankündigung, sog. Löschungsvorbescheid, vorausgehen musste, mit deren Zustellung erst die Frist von 6 Monaten in Lauf gesetzt wurde, abgeschafft worden, sodass die Markeninhaber bzw. die von ihnen beauftragten Anwälte die rechtzeitige Einzahlung der Verlängerungsgebühr selbst überprüfen und bewirken müssen. Seit 1. Januar 2002 erhalten Markeninhaber anstelle des Löschungsvorbescheids eine formlose Zahlungsaufforderung – jedoch lediglich als unverbindliche und freiwillige Serviceleistung des Deutschen Patent- und Markenamts –, deren Nichterteilung oder fehlerhafte Zustellung auf den Lauf der Fristen keinen Einfluss hat, sodass Schutzdauer und Nachfrist auch ohne ordnungsgemäße Zustellung der formlosen Zahlungsaufforderung des Deutschen Patent- und Markenamts ablaufen, mit der Konsequenz des Verlustes des Markenschutzes durch Löschung ab dem Ablauf der Schutzdauer gemäß § 47 Abs. 6 MarkenG (Kober-Dehm in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 91 Rn. 17; Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 47 Rn. 7; Kiethe/Groeschke, Der markenrechtliche Wiedereinsetzungsantrag - unter besonderer Berücksichtigung der fehlgeschlagenen Verlängerung des Markenschutzes, WRP 2005, 979, 980).

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c) Der Anspruch der Markeninhaberin auf Gewährung des rechtlichen Gehörs gem. § 59 Abs. 2 MarkenG ist nicht verletzt worden. Am 12. August 2014 hat der Leiter der Markenabteilung 3.1. die Bearbeitung des Wiedereinsetzungsantrags einschließlich der Beschlussfassung in der Markenakte 303 45 123 (Leitakte) sowie im Parallelverfahren 303 45 124 einer Beamtin im gehobenen Dienst übertragen. Der Verwaltungsakte des DPMA ist zu entnehmen, dass der Bescheid des DPMA vom 29. August 2014 an den Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin über die vorläufige rechtliche Einschätzung des Wiedereinsetzungsantrags von einem Beamten im höheren Dienst verfasst und von diesem am 8. September 2014 auch ein Telefonat mit dem Verfahrensbevollmächtigten geführt wurde. Der Verfahrensbevollmächtigte hat in seinem Schriftsatz vom 9. September 2014 – unmittelbar gerichtet an diesen Beamten - zu dem vorläufigen Amtsbescheid Stellung genommen und insbesondere unter Beifügung zweier eidesstattlichen Versicherungen darauf hingewiesen, dass er das Informationsschreiben des DPMA über den Ablauf der Schutzdauer der Marke nicht erhalten habe. In seinem Vermerk vom 26. September 2014 (Bl. 36/37 d. VA) hat der Beamte das Ergebnis seiner rechtlichen Einschätzung des Wiedereinsetzungsantrags – unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Verfahrensbevollmächtigten – festgehalten. U .a. ist dort - rechtlich zutreffend - vermerkt, dass der Vortrag des Anwalts, die Hinweisschreiben nicht erhalten zu haben, irrelevant ist, weil es sich um einen freiwilligen Service des DPMA handelt. Unter weiterem Hinweis darauf, dass eine Anhörung erfolgt ist, ist die Akte mit diesem Vermerk an die ursprüngliche Bearbeiterin zur abschließenden Prüfung und Entscheidung weitergegeben worden. Diese hat sich der rechtlichen Bewertung angeschlossen, in ihrer Beschlussbegründung aber einerseits nicht mehr passende Textpassagen aus dem vorläufigen Bescheid übernommen; andererseits hat die schriftsätzliche Einlassung des Anwalts und deren rechtliche Bewertung in dem Vermerk keinen Niederschlag in dem Beschluss gefunden. Die Sachbehandlung durch zwei verschiedene Bearbeiter mag umständlich und die konkrete Beschlussbegründung wenig sorgfältig und mängelbehaftet sein. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör liegt darin jedoch nicht, denn tatsächlich ist dieses gewährt worden. Von einer Aufhebung des Beschlusses wegen der ungenügenden Begründung und der Zurückverweisung an das DPMA ohne in der Sache zu entscheiden sieht der Senat ab, zumal der Mangel sich rechtlich nicht auf das Ergebnis der Entscheidung auswirkt. Das Bundespatentgericht ist selbst bei schweren Verfahrensverstößen nicht gehindert, abschließend in der Sache zu entscheiden (BGH 1998, 394, 395 – Active Line; BPatG, Beschluss vom 07.02.2001, 29 W (pat) 222/99 – 1012 privat; Beschluss vom 14.07.2004, 28 W (pat) 363/03 – OL‘ ROY/ROY; Knoll in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 70 Rn. 5 m. w. N.).