Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.05.2014


BPatG 27.05.2014 - 29 W (pat) 41/12

Markenbeschwerdeverfahren – "CAMOMILLA" - Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
27.05.2014
Aktenzeichen:
29 W (pat) 41/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 027 830.7

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Uhlmann und der Richterin kraft Auftrags Akintche

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Januar 2012 aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Waren und Dienstleistungen der

Klasse 11:

Kronleuchter;

Klasse 16:

Schreibwaren; Zeichenbücher; Notizbücher; Terminkalender; Adressbücher; Kugelschreiber; Stifte mit synthetischer Spitze; Tintenroller; Stifte mit Faserspitze; Tagebücher; kleine Tagebücher; Fotoalben; Hüllen (Papier- und Schreibwaren), Verpackungshüllen aus Papier oder Kunststoff; Schreib- und Zeichenetuis; Stickeralben; Klebeetiketten (Büroartikel);

Klasse 18:

Leder und Lederimitationen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme; Rucksäcke, Schlüsseltaschen (Lederwaren); Brieftaschen; Geldbörsen; Börsen (Brieftaschen) nicht aus Edelmetallen; Taschen; Kosmetik- und Schminkkoffer; Etuis, Behältnisse, soweit in Klasse 18 enthalten; Make-up-Taschen; Schlüsseletuis (Lederwaren);

Klasse 20:

Möbel; Spiegel und Bilderrahmen; Sofas; Sessel; Stühle; Tische; Tee- und Kaffeetische;

Klasse 21:

Eiskübel; tragbare Eisbehälter; Kämme; Schwämme; Bürsten;

Klasse 25:

Mäntel; Regenmäntel; Überzieher (Bekleidung); Schals; Blusen; Pullover; Jacken; Hosen; Röcke; Kleider; Anzüge; Hemden; T-Shirts; Sweatshirts; Unterwäsche; Strumpfhosen; Handschuhe; Tücher (Bekleidung), insbesondere Hals-, Kopf-, Schultertücher; Hüte; Kappen; Badebekleidung; Stiefel; Schuhe und Slipper; Kleideraccessoires (Bekleidungsstücke); Stirnbänder (Bekleidung);

Klasse 26:

Kleideraccessoires, nämlich Posamenten;

Klasse 27:

Teppiche;

Klasse 35:

Dienstleistungen des Einzelhandels und des Großhandels, Mail-Order- und Internet-Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen, alle betreffend Brillen, Brillenteile und -zubehör, einschließlich Brillenketten, Brillenbänder, Brillenetuis, Behältnisse für Mobiltelefone, Motorradhelme, fotografische Apparate und Instrumente, Radios, Stereoanlagen, CD- und DVD-Spieler, Waagen, Timer, Rechenmaschinen, Lampen und Kronleuchter, Taschenlampen, Nachtlichter, Toaster, Wasserspender, Schmuckwaren und Modeschmuckwaren aus edlen und unedlen Materialien, Halsketten, Ohrringe, Armbänder, Ringe, Broschen und Anstecknadeln, Uhren und Zeitmessinstrumente, Uhrenarmbänder, Schlüsselbehälter aus edlen und unedlen Materialien, Schreibwaren, Zeichenbücher, Notizbücher, Terminkalender, Adressbücher, Kugelschreiber, Stifte mit synthetischer Spitze, Tintenroller, Stifte mit Faserspitze, Tagebücher, kleine Tagebücher, Fotoalben, Hüllen und Etuis, Klebstoffe, Stickeralben, Klebeetiketten, Leder und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Rucksäcke, Schlüsseltaschen (Lederwaren), Brieftaschen, Geldbörsen, Börsen nicht aus Edelmetallen, Taschen, Kosmetik- und Schminkkoffer, Etuis, Behältnisse, Make-up-Taschen, Möbel, Spiegel und Rahmen, Sofas, Sessel, Stühle, Tische, Tee- und Kaffeetische, Geschirr, Glaswaren, Tafelgeschirr, Schüsseln, Tassen, Teetassen, Eiskübel, tragbare Eisbehälter, Pfefferstreuer, Salzstreuer, Zuckerdosen, Tabletts, Seifenhalter, Kämme, Schwämme, Bürsten, Textilwaren, Accessoires für Textilwaren, Decken, Bettdecken und Bettüberzüge, Tücher, Laken, Vorhänge, Handtücher, Tischdecken, Servietten, Taschentücher, Tapeten, Mäntel, Regenmäntel, Mäntel, Überzieher, Schals, Blusen, Pullover, Jacken, Hosen, Röcke, Kleider, Anzüge, Hemden, T-Shirts, Sweatshirts, Unterwäsche, Strumpfhosen, Handschuhe, Tücher wie Hals-, Kopf-, Schultertücher, Hüte, Kappen, Badebekleidung, Stiefel, Schuhe und Slipper, Haarspangen, Stirnbänder, Haarreifen, Haargummis, Haarbänder, Haarschleifen, Hutnadeln, Haarnadeln, Teppiche, Vorleger, Wandbehänge (nicht aus Textilien), Spielwaren, Spielzeug und Spiele, Puppen, Sporttaschen, Wein, Schaumwein, Sekt,

zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

CAMOMILLA

3

ist am 6. Mai 2010 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 3, 9, 11, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28, 33 und 35 angemeldet worden.

4

Mit Beschluss vom 20. Januar 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1 und Abs. 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen, nämlich für folgende Waren und Dienstleistungen:

5

Klasse 03:

6

Seifen; Körperpflegemittel; Badeschaum und -gel (kosmetisch); Shampoos, kosmetische Sonnenschutzcremes; kosmetische Cremes; Parfümeriewaren; Deodorants für persönliche Zwecke; Toilettemittel (Körperpflege); Hygieneartikel (Körperreinigungsmittel); ätherische Öle; Kosmetika; Lippenstift; Nagellack; Make-up; Haarlotionen; Haarpflegepräparate; Zahnputzmittel;

7

Klasse 09:

8

Brillenetuis; Behältnisse für Mobiltelefone;

9

Klasse 11:

10

Lampen und Kronleuchter;

11

Klasse 14:

12

Schmuckwaren und Modeschmuckwaren aus edlen und unedlen Materialien; Halsketten; Ohrringe; Armbänder (Schmuck); Schmuckwaren, nämlich Ringe, Broschen und Anstecknadeln; Uhren und Zeitmessinstrumente; Uhrenarmbänder;

13

Klasse 16:

14

Schreibwaren;    Zeichenbücher;    Notizbücher;    Terminkalender; Adressbücher; Kugelschreiber; Stifte mit synthetischer Spitze; Tintenroller; Stifte mit Faserspitze; Tagebücher; kleine Tagebücher; Fotoalben; Hüllen (Papier- und Schreibwaren), Verpackungshüllen aus Papier oder Kunststoff; Schreib- und Zeichenetuis; Stickeralben; Klebeetiketten (Büroartikel);

15

Klasse 18:

16

Leder und Lederimitationen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme; Rucksäcke, Schlüsseltaschen (Lederwaren); Brieftaschen; Geldbörsen; Börsen (Brieftaschen) nicht aus Edelmetallen; Taschen; Kosmetik- und Schminkkoffer; Etuis, Behältnisse, soweit in Klasse 18 enthalten; Make-up-Taschen; Schlüsseletuis (Lederwaren);

17

Klasse 20:

18

Möbel; Spiegel und Bilderrahmen; Sofas; Sessel; Stühle; Tische; Tee- und Kaffeetische;

19

Klasse 21:

20

Geschirr; Glaswaren (soweit in Klasse 21 enthalten); Tafelgeschirr; Schüsseln; Tassen; Teetassen; Eiskübel; tragbare Eisbehälter; Pfefferstreuer; Salzstreuer; Zuckerdosen; Tabletts für den Haushalt; Seifenhalter; Kämme; Schwämme; Bürsten;

21

Klasse 24:

22

Textilwaren (soweit in Klasse 24 enthalten); Decken (soweit in Klasse 24 enthalten), Bettdecken und Bettüberzüge; Tücher (soweit in Klasse 24 enthalten), Bettlaken; Vorhänge aus Textilien oder aus Kunststoff; Textilhandtücher; Tischdecken; Textilservietten; Textiltaschentücher; Textiltapeten;

23

Klasse 25:

24

Bekleidungsstücke; Mäntel; Regenmäntel; Überzieher (Bekleidung); Schals; Blusen; Pullover; Jacken; Hosen; Röcke; Kleider; Anzüge; Hemden; T-Shirts; Sweatshirts; Unterwäsche; Socken; Strumpfhosen; Handschuhe; Tücher (Bekleidung), insbesondere Hals-, Kopf-, Schultertücher; Hüte; Kappen; Badebekleidung; Stiefel; Schuhe und Slipper; Kleideraccessoires (Bekleidungsstücke); Stirnbänder (Bekleidung);

25

Klasse 26:

26

Haarspangen; Haarreifen; Haargummis; Haarbänder; Haarschleifen; Haarnadeln; Kleideraccessoires, nämlich Posamenten;

27

Klasse 27:

28

Teppiche; Vorleger; Wandbehänge (nicht aus Textilien);

29

Klasse 35:

30

Dienstleistungen des Einzelhandels und des Großhandels, Mail-Order- und Internet-Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen, alle betreffend Seifen, Körperpflegeprodukte, Badeschaum und -gel, Shampoos, Sonnenschutzcremes, Cremes, Parfümeriewaren, Deodorants für persönliche Zwecke, Toilettenartikel, Hygieneartikel, ätherische Öle, Kosmetika, Lippenstift, Nagellack, Make-up, Haarlotionen, Haarpflegepräparate, Zahnputzmittel, Brillen, Brillenteile und -zubehör, einschließlich Brillenketten, Brillenbänder, Brillenetuis, Behältnisse für Mobiltelefone, Motorradhelme, fotografische Apparate und Instrumente, Radios, Stereoanlagen, CD- und DVD-Spieler, Waagen, Timer, Rechenmaschinen, Lampen und Kronleuchter, Taschenlampen, Nachtlichter, Toaster, Wasserspender, Schmuckwaren und Modeschmuckwaren aus edlen und unedlen Materialien, Halsketten, Ohrringe, Armbänder, Ringe, Broschen und Anstecknadeln, Uhren und Zeitmessinstrumente, Uhrenarmbänder, Schlüsselbehälter aus edlen und unedlen Materialien, Schreibwaren, Zeichenbücher, Notizbücher, Terminkalender, Adressbücher, Kugelschreiber, Stifte mit synthetischer Spitze, Tintenroller, Stifte mit Faserspitze, Tagebücher, kleine Tagebücher, Fotoalben, Hüllen und Etuis, Klebstoffe, Stickeralben, Klebeetiketten, Leder und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Rucksäcke, Schlüsseltaschen (Lederwaren), Brieftaschen, Geldbörsen, Börsen nicht aus Edelmetallen, Taschen, Kosmetik- und Schminkkoffer, Etuis, Behältnisse, Make-up-Taschen, Möbel, Spiegel und Rahmen, Sofas, Sessel, Stühle, Tische, Tee- und Kaffeetische, Geschirr, Glaswaren, Tafelgeschirr, Schüsseln, Tassen, Teetassen, Eiskübel, tragbare Eisbehälter, Pfefferstreuer, Salzstreuer, Zuckerdosen, Tabletts, Seifenhalter, Kämme, Schwämme, Bürsten, Textilwaren, Accessoires für Textilwaren, Decken, Bettdecken und Bettüberzüge, Tücher, Laken, Vorhänge, Handtücher, Tischdecken, Servietten, Taschentücher, Tapeten, Bekleidung, Mäntel, Regenmäntel, Mäntel, Überzieher, Schals, Blusen, Pullover, Jacken, Hosen, Röcke, Kleider, Anzüge, Hemden, T-Shirts, Sweatshirts, Unterwäsche, Socken, Strumpfhosen, Handschuhe, Tücher wie Hals-, Kopf-, Schultertücher, Hüte, Kappen, Badebekleidung, Stiefel, Schuhe und Slipper, Haarspangen, Stirnbänder, Haarreifen, Haargummis, Haarbänder, Haarschleifen, Hutnadeln, Haarnadeln, Teppiche, Vorleger, Wandbehänge (nicht aus Textilien), Spielwaren, Spielzeug und Spiele, Puppen, Sporttaschen, Wein, Schaumwein, Sekt.

31

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass es sich bei „CAMOMILLA“ um die italienische Bezeichnung für die „Kamille“ handele, eine Pflanze mit kleinen würzig duftenden und für medizinische und kosmetische Zwecke verwendeten Blüten. Das nicht aus der deutschen Sprache stammende Wort „CAMOMILLA“ sei dem deutschen Wort „Kamille“ sehr ähnlich und werde daher von breiten Verkehrskreisen ohne Weiteres verstanden, zumal auch Pflanzenkennern der botanische Name der Kamille „Matricaria chamomilla“ vertraut sei. Die inländischen Verkehrskreise fassten die Bezeichnung lediglich als Sachhinweis darauf auf, dass die so gekennzeichneten Waren Inhaltsstoffe oder Bestandteile der Kamille enthielten, die Form einer Kamille aufwiesen oder mit Abbildungen von Kamillen verziert seien. Das Zeichen weise daher unmittelbar beschreibend auf Inhaltsstoffe, Form oder Muster der Waren hin. Die Dienstleistungen der Klasse 35 dienten dem Verkauf und dem Vertrieb dieser Waren. Da dem Zeichen daher für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft fehle, könne dahingestellt bleiben, ob insoweit auch ein Freihaltungsbedürfnis vorliege.

32

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

33

den Beschluss des DPMA vom 20. Januar 2012 aufzuheben, soweit die Markenanmeldung zurückgewiesen wurde.

34

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das Zeichen „CAMOMILLA“ weise keinen beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen auf. Dem Begriff „CAMOMILLA“ werde vom deutschen Durchschnittsverbraucher keine bestimmte Bedeutung beigemessen. Er verstehe diesen allenfalls als Eigennamen, weil er dem bekannten deutschen Vornamen „Camilla“ ähnlich sei und den Verbraucher an diesen erinnere. Demgegenüber könne nicht davon ausgegangen werden, dass der deutsche Durchschnittsverbraucher den botanischen Namen der Kamillenpflanze kenne und deswegen im Zusammenhang mit unterschiedlichsten Waren und Dienstleistungen an diesen denke, wenn er den Begriff „CAMOMILLA“ wahrnehme. Die Herangehensweise der Markenstelle, für Waren und Dienstleistungen, die in irgendeinem Zusammenhang mit der Heilpflanze Kamille stehen könnten, als von der Angabe „CAMOMILLA“ unmittelbar beschrieben anzusehen, stelle eine analysierende und damit unzulässige Interpretation des angemeldeten Zeichens dar. Die Marke sei zudem für unterschiedlichste nicht verzehrbare Waren angemeldet worden und nicht etwa für Tee oder pharmazeutische Produkte, für welche allenfalls der deutsche Begriff „Kamille“ einen Inhaltsstoff beschreiben könne. Wollte man für nicht verzehrbare Waren wie Möbel, Teppiche, Lampen und Schreibwaren mangelnde Unterscheidungskraft unterstellen, allein weil für diese Waren vielerlei Formen und Dekore möglich seien, so könne kein Begriff mit irgendeinem möglichen Bedeutungsgehalt für irgendeine Ware eingetragen werden.

35

Des Weiteren erscheine die Differenzierung der Markenstelle willkürlich. So sei kein sachlicher Grund erkennbar, dass etwa Motorradhelme nicht mit einem Kamillendekor verziert sein könnten, wohl aber Brillenetuis. Auch habe sich die Markenstelle nicht im Einzelnen mit den angemeldeten Waren auseinander gesetzt, sondern lediglich einzelne Waren herausgegriffen. Für die beanspruchten Dienstleistungen sei die Marke „CAMOMILLA“ zudem vollständig zurückgewiesen worden, während sie für einzelne der die Dienstleistungen betreffenden Waren für eintragungsfähig erachtet worden sei. Die Beschwerdeführerin verweist schließlich auf die zwei Markeneintragungen Nr. 302 35 212 und Nr. 395 35 092 mit dem Begriff „Magnolia“.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

37

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat nur insoweit teilweise Erfolg, als einer Eintragung des angemeldeten Zeichens für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen Schutzhindernisse nicht entgegenstehen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, weil die angemeldete Bezeichnung „CAMOMILLA“ in Bezug auf die weiteren verfahrensgegenständlichen Waren eine unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt bzw. ihr in Bezug auf die weiteren Dienstleistungen die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

38

1. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für die sie eingetragen werden sollen. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH, GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36, Campina Melkunie/HABM [BIOMILD]; GRUR 2004, 674, 678, Rdnr. 54 u. 95 – Postkantoor; GRUR 2004, 146, 147, Rdnr. 31 – Wrigley/HABM [DOUBLEMINT]). Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegen nicht nur im Verkehr übliche Fachbegriffe oder glatt beschreibende Gattungsbezeichnungen einem Eintragungsverbot, sondern alle Zeichen und Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu bezeichnen (EuGH, GRUR 2010, 534, 535, Rdnr. 52 - Prana Haus/HABM [PRANAHAUS]; GRUR 2011, 1135, Rdnr. 37 – Technopol/HABM [Zahl 1000]). Dabei sind nicht nur die in § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG konkret aufgezählten Merkmale der Art, Beschaffenheit, Bestimmung etc., sondern auch alle sonstigen Merkmale zu berücksichtigen. Sonstige Merkmale der Waren und Dienstleistungen in diesem Sinne sind alle solchen, die für den Waren- und Dienstleistungsverkehr irgendwie bedeutsame, nicht völlig nebensächliche Umstände mit Bezug auf die Ware oder Dienstleistung beschreiben (EuGH, a.a.O. Rn. 28, [PRANAHAUS]; BGH, GRUR 2012, 272, 274, Rdnr. 14 – Rheinpark-Center-Neuss).

39

Bei der Beurteilung der Eintragungsfähigkeit ist auf das Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen (EuGH, GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH, GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Bei fremdsprachigen Begriffen kommt es dabei insbesondere darauf an, ob die beteiligten Verkehrskreise in dem Land, in dem die Eintragung beantragt wird, im Stande sind, die Bedeutung des fremdsprachigen Wortes zu erkennen (EuGH, a.a.O., S. 143, Rdnr. 26 u. 32 – Matratzen Concord/Hukla).

40

Maßgeblich ist in erster Linie der objektiv beschreibende Charakter des betreffenden Zeichens. Dabei kommt es auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren bzw. Dienstleistungen an, jedoch ist auch das Allgemeininteresse an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftig beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rdnr. 35 u. 37 - Chiemsee; GRUR 2004, 674, 678, Rdnr. 95-97 – Postkantoor; BGH, Beschluss vom 06.11.2013, I ZB 57/12, Rdnr. 28 – smartbook; GRUR 2012, 276, Rdnr. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.). Ist die Eignung der angemeldeten Angabe für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen für den maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung (BGH, GRUR 2013, 1143, 1144, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken verwendet wird (EuGH, a.a.O., Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; a.a.O., Rdnr. 98 - Postkantoor).

41

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die angemeldete Bezeichnung „CAMOMILLA“ zur Beschreibung für einen großen Teil der verfahrensgegenständlichen - mit Ausnahme der im Tenor genannten - Waren dienen. Das schutzsuchende Zeichen, welches das angesprochene Publikum aus den sogleich auszuführenden Gründen in der Bedeutung „Kamille“ erkennt, wird für alle vom Senat als nicht schutzfähig erachteten Waren als Sachhinweis auf einen Inhaltsstoff, die Form, die Farbe oder das Motiv der Ware verstanden werden. Der Senat teilt zwar die Auffassung, dass nicht alle Wörter, die darstellbare Dekorationselemente oder Gegenstände benennen, für alle verzierbaren und bedruckbaren Waren ohne weiteres als beschreibend anzusehen sind (vgl. BPatG, Beschluss vom 23.04.2013, 27 W (pat) 19/13, Fruit; Beschluss vom 27 W (pat) 50/12 - Wildschütz Jennerwein). Ein Zeichen ist aber jedenfalls für solche Waren als Dekorangabe freihaltebedürftig, bei denen das konkrete Dekor ein wesentliches Kriterium der Kaufentscheidung ist und deshalb auch in der Produktbeschreibung regelmäßig benannt wird, wovon im vorliegenden Fall nach der Recherche des Senats und den festgestellten Branchengepflogenheiten auszugehen ist.

42

a) Bei dem Zeichenwort „CAMOMILLA“ handelt es sich um das italienische Wort für die Pflanze „Kamille“ oder den „Kamillentee“ (vgl. Pons Online-Wörterbuch, http://de.pons.eu; LEO Online-Wörterbuch, http://dict.leo.org). Im Deutschen ist der Begriff lexikalisch nicht nachweisbar. Der italienische Begriff „CAMOMILLA“ und das deutsche Wort „Kamille“ kommen sich jedoch klanglich sehr nahe. Dies gilt im Übrigen wechselseitig auch für eine Vielzahl anderer europäischer Sprachen; so lauten die Übersetzungen von „camomilla“ bzw. „Kamille“ im Englischen „camomile“, im Französischen „camomille“, im Portugiesischen „camomila“ und im Schwedischen „kamomill“ (Bl. 25 d.A.). Schon aufgrund dieser phonetischen Nähe drängt sich auch dem verständigen inländischen Durchschnittsverbraucher dessen Bedeutung „Kamille“ auf. Dies gilt umso mehr als „Chamomilla“ – das klanglich identisch zu dem italienischen Begriff ausgesprochen wird - ein beliebtes homöopathisches Mittel ist, das als Grundbestandteil zu jeder homöopathischen Hausapotheke gehört, und dessen Inhaltsstoff „Kamille“ dadurch vielfach bekannt ist.

43

b) Die beteiligten Verkehrskreise sind vorliegend im Stande trotz einer fremdsprachigen Angabe die Bedeutung des Markenwortes zu erkennen.

44

Von den beanspruchten Waren sowie den Dienstleistungen der Klasse 35, soweit letztere die Einzelhandelsdienstleistungen sowie die Mail-Order- und Internet-Einzelhandelsdienstleistungen betreffen, werden die allgemeinen Verbraucher angesprochen. Die weiter beanspruchten Großhandelsdienstleistungen der Klasse 35 sind an die in den jeweiligen Geschäftsbereichen tätigen Gewerbetreibenden gerichtet.

45

Der hier angesprochene inländische Verbraucher wird dem Zeichen „CAMOMILLA“ aus oben genannten Gründen ohne weiteres die Bedeutung „Kamille“ beimessen. Zu berücksichtigen ist aber vor allem, dass sich diese Bedeutung umso mehr für den mit den fraglichen Waren und Dienstleistungen befassten Handel erschließt, der als maßgeblicher Verkehrskreis bei der Entscheidung ebenfalls zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 ff., Rdnr. 26 - Matratzen Concord/Hukla; BPatG, Beschluss vom 27.08.2013, 25 W (pat) 16/12 – Glorious; zu italienischen Begriffen vgl. BPatG, Beschluss vom 26.11.2013, 27 W (pat) 9/13 - Bottega; Beschluss vom 9.02.2011, 28 W (pat) 18/10 – Grandioso; Beschluss vom 16.06.2010, 28 W (pat) 28/10 – Porco; Beschluss vom 17.08.2007, 28 W (pat) 99/06 – Capolavoro; Beschluss vom 24.07.2007, 24 W (pat) 28/06 – Rapido; Beschluss vom 09.03.2007, 24 W (pat) 110/05 – Bagno; Beschluss vom 23.11.2005, 28 W (pat) 202/04 – Superleggera). Diese am Handel beteiligten Fachverkehrskreise verfügen im Allgemeinen über gute Sprach- und Fachkenntnisse, so dass ihnen der Bedeutungsgehalt der Bezeichnung „CAMOMILLA“ ohne weiteres bekannt ist.

46

c) Bei der Kamille handelt es sich um eine bereits seit langem allgemein gebräuchliche Heilpflanze. Die echte Kamille enthält viele ätherische Öle, darunter Bisabolo. Des Weiteren enthält sie Cumarine, Flavonoide, die antioxidative und entzündungshemmende Wirkungen haben, und Schleimstoffe, die den Schmerz bei gereizten Schleimhäuten mildern können. Der Kamille werden zahlreiche gesundheitliche bzw. heilende Wirkungen im menschlichen Körper zugeschrieben. Dementsprechend wird sie nicht – wie die Anmelderin meint – nur als verzehrbares Produkt angeboten (z.B. als Kamillentee, Kamillenbonbons oder als Würzmittel), sondern findet aufgrund der gesundheitsfördernden Eigenschaften in einem breiten Spektrum medizinischer und naturheilkundlicher Präparate Verwendung. Auch bei Körperpflegeprodukten wird sie als wesentlicher Inhaltsstoff eingesetzt (vgl. www.die-gruene-speisekammer.de, Bl. 61 d.A.).

47

d) In der Bedeutung „Kamille“ kann das Zeichen „CAMOMILLA“ daher für die in Klasse 3 beanspruchten Waren „Seifen; Körperpflegemittel; Badeschaum und -gel (kosmetisch); Shampoos, kosmetische Sonnenschutzcremes; kosmetische Cremes; Parfümeriewaren; Deodorants für persönliche Zwecke; Toilettemittel (Körperpflege); Hygieneartikel (Körperreinigungsmittel); ätherische Öle; Kosmetika; Lippenstift; Nagellack; Make-up; Haarlotionen; Haarpflegepräparate; Zahnputzmittel“ einen beschreibenden Hinweis auf deren Beschaffenheit geben, nämlich, dass sie Kamille als Wirkstoff enthalten (vgl. BPatG, Beschluss vom 13.01.2010, 28 W (pat) 87/09 – Passiflora).

48

Auf dem hier maßgeblichen Warengebiet gibt es bereits zahlreiche Kamillen-Produkte, wie die der Anmelderin vorab übermittelten Recherchebelege des Senats zeigen (Bl. 26-29 und 63-72 d.A.), vgl. z.B. Produkte wie KAPPUS Kamillenseife, Kräuter-Kamillen-Shampoo, Hamamelis-Kamillen-Handcreme, NATURALIA® SONNENSCHUTZ TRANSPARENT - SPF 50 mit Kamille, Labello Kamille, Balea Hand und Nagellack Balsam Kamille, R.O.C.S Baby Zahncreme mit Kamille, Nagellack mit Kamille, CD Deo sensitiv mit Kamille, Camomile Gentle Eye Make-up Remover, Kamille Ätherisches Öl, Badesalz Kamille.

49

e) Bei den in Klasse 25 beanspruchten Waren „Bekleidungsstücke; Socken“ - wobei die Waren „Socken“ unter den Oberbegriff „Bekleidungsstücke“ zu subsumieren sind - kann das Zeichen ebenfalls einen Hinweis auf den Inhaltsstoff geben. So gibt es im Bereich der sog. „Kosmetotextilien“ bereits Bekleidungsstücke, die kosmetische Stoffe beinhalten (vgl. BPatG, Beschluss vom 13.07.2010, 27 W (pat) 148/09 – Cosmetics). Die Recherche des Senats hat ergeben, dass Kamille im Bereich der Produkte „Socken“ als Inhaltsstoff Verwendung findet (vgl. Anti-Stress-Socken mit Kamille; Bl. 52 d.A.).

50

f) Hinsichtlich der Waren der Klasse 14 „Schmuckwaren und Modeschmuckwaren aus edlen und unedlen Materialien; Halsketten; Ohrringe; Armbänder (Schmuck); Schmuckwaren, nämlich Ringe, Broschen und Anstecknadeln; Uhren und Zeitmessinstrumente; Uhrenarmbänder“ beschreibt das Zeichen „CAMOMILLA“ ein im Verkehr relevantes Produktmerkmal.

51

Auf dem Schmuck- und Uhrensektor spielt motivorientiertes Design eine besonders wichtige Rolle (vgl. BPatG, Beschluss vom 16.06.2010, 28 W (pat) 123/09 – Froschkönig). Das Motiv ist hier eines der wichtigsten Auswahlkriterien; entsprechend werden die Produkte regelmäßig durch das Motiv beschrieben. Die wörtliche Benennung der dekorativen Ausgestaltung der Ware ist dann als unmittelbar beschreibende Angabe zu beurteilen, wenn das betreffende Ausstattungsmerkmal eine wesensbestimmende oder zumindest wichtige Eigenschaft der Waren verkörpert (vgl. BPatG, Beschluss vom 16.01.2013, 26 W (pat) 503/12 - Margerite; BPatG a.a.O. – Froschkönig; Beschluss vom 04.11.2010, 25 W (pat) 195/09 – Schwarze Eulen; Beschluss vom 03.06.2003, 24 W (pat) 130/02 – DARK BLUE); dies ist im vorliegenden Produktbereich der Fall.

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Als verständliche Motivbezeichnung kann „CAMOMILLA“ bzw. „Kamille“ darauf hinweisen, dass es sich bei diesen Waren um mit entsprechenden Motiven ausgestaltete Produkte handelt bzw. um solche Produkte, die die Form einer Kamille haben. Blumenmotive sind auf dem hier relevanten Warensektor besonders beliebt, dies gilt neben dem Rosenmotiv gerade auch für die Kamille, wie die Ergebnisse der Senats-Recherche (Bl. 31/32 und Bl. 73-76 d.A.) belegen. So finden sich u.a. Schmuckwaren, nämlich eine Garnitur „Kamille“ aus Ohrringen und einem Anhänger mit Kamillenmotiven, eine Landhaus-Uhr „Kamille“ mit Kamillenmotiv, verschiedene Broschen in Form einer Kamille sowie eine Schmuckgarnitur in Kamillenblütenform bestehend aus Ohrstecker „Kamille Blume“, Halskette „Kamille Blume“ und Armband „Kamille Blume“.

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g) Entsprechendes gilt für die in Klasse 21 beanspruchten Waren „Geschirr; Tafelgeschirr; Schüsseln; Tassen; Teetassen; Pfefferstreuer; Salzstreuer; Zuckerdosen; Tabletts für den Haushalt; Seifenhalter“. Neben der Form und der Farbe stellt das Dekor das wichtigste und für die Auswahl wesentliche Kriterium dar (vgl. BPatG, a.a.O. - Margerite). Die angemeldete Bezeichnung kann zur Beschreibung der Beschaffenheit der vorgenannten Waren dienen, denn auf diesem Warengebiet sind die Verwendung von Blumenmotiven und die konkrete Dekorbenennung nach der Blumenart branchenüblich. Dass Kamillen(blüten) bereits vielfach zur dekorativen Ausgestaltung der vorgenannten Geschirrwaren und zu ihrer Beschreibung verwendet werden, zeigen wiederum die Ergebnisse der Senats-Recherche (Bl. 45-47 und 77-79 GA), vgl. u.a. Teetasse mit Kamillendekor, Porzellan Deckelbecher Kamille, Frühstücksbrettchen mit Kamille-Motiv, Salzstreuer mit Blumendekor, Seifenschale mit Blumendekor, Vase Kamille, Ritzenhoff Porzellan Teebecher – Teetasse mit Sieb und Deckel – Motiv Kamille.

54

Hinsichtlich der „Glaswaren (soweit in Klasse 21 enthalten)“ weist das Anmeldezeichen auf die Form der Waren hin. So werden Glaswaren in verschiedensten Blumen- bzw. Blütenformen figürlich gestaltet und dem entsprechend z.B. mit Glasblume Rose, Glasblume Glockenblume, Glasblume Schneeglöckchen, Glasblume Narzisse oder Glasblume Tulpe beworben und beschrieben (Bl. 80-85 GA); die Angabe Kamille/Camomilla kann damit zur Beschreibung einer Glasblume in Kamillenform dienen.

55

h) In Bezug auf die Waren der Klasse 24 „Textilwaren (soweit in Klasse 24 enthalten); Decken (soweit in Klasse 24 enthalten), Bettdecken und Bettüberzüge; Tücher (soweit in Klasse 24 enthalten), Bettlaken; Vorhänge aus Textilien oder aus Kunststoff; Textilhandtücher; Tischdecken; Textilservietten; Textiltaschentücher; Textiltapeten“ gibt das Zeichen „CAMOMILLA“ einen Sachhinweis auf das Design der Produkte oder deren Farbe. Auch im Textilwarenbereich handelt es sich bei Motiv und Farbe um für den Verbraucher kaufentscheidende Eigenschaften der Ware. Die Verwendung von Blumenmotiven und die wörtliche Benennung des konkreten Blumendekors ist in der Branche üblich, wie die der Anmelderin vorab übersandten Verwendungsbeispiele zeigen (Bl. 48-50 d.A.). Darüber hinaus bezeichnet „CAMOMILLA“ bzw. „Kamille“ eine gelbliche Farbe. Diese Farbangabe wird zur Beschreibung von Textilwaren, z.B. bei Bettlaken oder Kissenüberzügen, verwendet (Bl. 86-91 d.A.). Ausgehend hiervon ist die Bezeichnung geeignet, auch insoweit Merkmale der Textilwaren, nämlich den Farbton des Stoffes zu beschreiben (vgl. zu Farbangaben BPatG, Beschluss vom 25 W (pat) 62/12 – Macchiato; 27 W (pat) 568/10 – ALMOND).

56

i) Die Waren der Klasse 26 „Haarspangen; Haarreifen; Haargummis; Haarbänder; Haarschleifen; Haarnadeln“ können hinsichtlich  ihrer  Produktform  und  ihres -designs durch „CAMOMILLA“ bzw. „Kamille“ beschrieben werden, was u.a. die Beispiele „Haargummi Kamille“ und „Kamille-Haarclips“ (Bl. 53/54 d.A.) belegen.

57

j) Auch bei den in Klasse 9 beanspruchten Waren „Brillenetuis; Behältnisse für Mobiltelefone“ handelt es sich um Produkte, bei denen motivorientiertes Design eine für die Kaufentscheidung erhebliche Rolle spielt. Solche Produkte erfüllen nicht nur einen Gebrauchszweck, sondern dienen häufig sogar in erster Linie dekorativen Zwecken. Die Verwendung von Kamillenmotiven und eine entsprechende Beschreibung ist für diese Waren üblich, vgl. „(Brillen)Etui Kamille“, zahlreiche Handyhüllen mit verschiedensten Kamillenmotiven; sie werden angepriesen als „Einzigartige Kamille Galaxy S3 Hüllen“ und im Italienischen im Übrigen bezeichnet als „Caricare Camomilla“ oder „Cover Camomilla“ (Bl. 99-106 d.A.).

58

k) Entsprechendes gilt für die in Klasse 27 beanspruchten Waren „Vorleger; Wandbehänge (nicht aus Textilien)“, denn auch in diesem Produktbereich spielt das motivorientierte Design eine wesentliche Rolle. Das konkrete Motiv wird bei der Beschreibung der Produkte genannt. Die Abbildung einer Kamillenblume dient bereits zur dekorativen Ausgestaltung, vgl. Fototapete Kamille, Holzbild Kamille, Foto-Fußmatten Kamille/camomile (Bl. 56 und 107 d.A.).

59

Das angemeldete Zeichen ist damit im Umfang der vorgenannten Waren nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als Merkmalsangabe von der Eintragung ausgeschlossen. Es kann dahingestellt bleiben, ob insoweit auch das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt.

60

4. Eine andere Beurteilung ergibt sich hinsichtlich der im Beschlusstenor aufgeführten Waren „Kronleuchter; Schreibwaren; Zeichenbücher; Notizbücher; Terminkalender; Adressbücher; Kugelschreiber; Stifte mit synthetischer Spitze; Tintenroller; Stifte mit Faserspitze; Tagebücher; kleine Tagebücher; Fotoalben; Hüllen (Papier- und Schreibwaren), Verpackungshüllen aus Papier oder Kunststoff; Schreib- und Zeichenetuis; Stickeralben; Klebeetiketten (Büroartikel); Leder und Lederimitationen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme; Rucksäcke, Schlüsseltaschen (Lederwaren); Brieftaschen; Geldbörsen; Börsen (Brieftaschen) nicht aus Edelmetallen; Taschen; Kosmetik- und Schminkkoffer; Etuis, Behältnisse, soweit in Klasse 18 enthalten; Make-up-Taschen; Schlüsseletuis (Lederwaren); Möbel; Spiegel und Bilderrahmen; Sofas; Sessel; Stühle; Tische; Tee- und Kaffeetische; Eiskübel; tragbare Eisbehälter; Kämme; Schwämme; Bürsten; Mäntel; Regenmäntel; Überzieher (Bekleidung); Schals; Blusen; Pullover; Jacken; Hosen; Röcke; Kleider; Anzüge; Hemden; T-Shirts; Sweatshirts; Unterwäsche; Strumpfhosen; Handschuhe; Tücher (Bekleidung), insbesondere Hals-, Kopf-, Schultertücher; Hüte; Kappen; Badebekleidung; Stiefel; Schuhe und Slipper; Kleideraccessoires (Bekleidungsstücke); Stirnbänder (Bekleidung); Kleideraccessoires, nämlich Posamenten; Teppiche“.

61

Insoweit gibt das Zeichen „CAMOMILLA“ keinen Hinweis auf Inhaltsstoffe oder die Form der Ware; zumindest ist eine solche für die konkreten Waren nicht als gebräuchlich recherchierbar. Zweifellos werden auch diese Produkte im Rahmen allgemein gebräuchlicher Formgebung mit Blumenmotiven versehen bzw. die Lederwaren mit (stilisierten) Blumenmotiven geprägt, ganz vereinzelt auch konkret mit Kamillenmotiven. Die Senatsrecherche hat jedoch ergeben, dass üblicherweise die Beschreibung dieser Waren allenfalls mit allgemeineren Motivangaben wie „Blumen“ oder „florales Design“ erfolgt. Hinsichtlich der Waren der Klasse 16 kommt der Kamille zudem keine besondere Symbolik zu – anders als etwa der Rose -, so dass ein Verständnis als Dekorangabe und ein damit verbundener besonderer Aussagewert bezüglich dieser Waren nicht auf der Hand liegt. Bei den Waren der Klasse 25 ist darüber hinaus - anders als bei den Textilwaren der Klasse 24 - „Kamille“ bzw. „CAMOMILLA“ auch nicht als Farbangabe ermittelbar.

62

Für diese Waren ist das Zeichen „CAMOMILLA“ daher keine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

63

Auch weist die Bezeichnung „CAMOMILLA“ insoweit weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den fraglichen Waren hergestellt werden kann, so dass ihr die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden kann.

64

5. Die Beschwerdeführerin beruft sich im Übrigen ohne Erfolg auf die Eintragung der Marken Nr. 395 35 092 „Magnolia“ und Nr. 302 35 212 „Magnolia“, denn diese betreffen andere Waren – nämlich aus den Klassen 32, 33 und 30 – und sind daher bereits schon deshalb mit dem vorliegenden Zeichen nicht vergleichbar.

65

6. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens ist hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 eine differenzierte Betrachtung angezeigt.

66

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft (EuGH, GRUR 2005, 764, 766 Rdnr. 34 - Praktiker) besteht der Zweck des Einzelhandels im Verkauf von Waren an den Verbraucher. Er umfasst neben dem Rechtsgeschäft des Kaufvertrags die gesamte Tätigkeit, die ein Wirtschaftsteilnehmer entfaltet, um zum Abschluss eines solchen Geschäftes anzuregen. Diese Tätigkeit besteht insbesondere in dem Zusammentragen eines Sortiments von Waren, die zum Verkauf angeboten werden, und im Angebot verschiedener Dienstleistungen, die einen Verbraucher dazu veranlassen sollen, den Kaufvertrag mit diesem Händler statt mit einem seiner Wettbewerber abzuschließen.

67

Insgesamt zeichnen sich die hier relevanten Handels- bzw. Vertriebsdienstleistungen durch verschiedene, ganz unterschiedliche Modalitäten aus, wie etwa den überwiegenden Kundenkreis (der Einzelhandel richtet sich an den Endverbraucher bzw. Letztverwender, der Großhandel an gewerbliche Kunden oder Großverbraucher), die Branche (z.B. Bekleidung, Möbel, Kosmetik, Elektronik), das Sortiment (volle, spezialisierte, begrenzte, selektive Sortimente oder umfangreiche Warenangebote aus verschiedenen Branchen), die Zielgruppe, die Betriebsformen oder die Flächenintensität, den Ort des Handels und ggf. die Anzahl der Betriebsstätten sowie die Lage bzw. Nachbarschaft (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Wirtschaftslexikon24.com, Wikipedia). Angaben, die im Marktauftritt eines Handelsunternehmens diese Umstände charakterisieren, können daher Merkmale der Dienstleistungen unmittelbar beschreiben und werden zudem in der Regel von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als Sachhinweise, nicht aber als betriebliche Herkunftshinweise aufgefasst.

68

Nach der Senatsrechtsprechung führt daher die Tatsache, dass ein Zeichen für eine Ware beschreibend ist, in der Regel auch zur Schutzunfähigkeit in Bezug auf die entsprechenden Einzel- und Großhandelsdienstleistungen bzw. sonstigen Vertriebsdienstleistungen der Klasse 35 (vgl. BPatG, Beschluss vom 18.01.2012, 29 W (pat) 525/10 – fashion.de; Beschluss vom 23.11.2011, 29 W (pat) 196/10 - Küchenzauber; Beschluss vom 18.05.2011, 29 W (pat) 62/10 – winestyle; Beschluss vom 25.06.2010, 29 W (pat) 505/10 - Klebewelten.de; Beschluss vom 10.01.2007, 29 W (pat) 43/04 - print24). Denn zwischen diesen Tätigkeiten und den Waren, mit denen Handel getrieben werden soll, besteht eine funktionelle Nähe.

69

a) Für die Handelsdienstleistungen mit den Waren der Klasse 3 „Seifen, Körperpflegeprodukte, Badeschaum und -gel, Shampoos, Sonnenschutzcremes, Cremes, Parfümeriewaren, Deodorants für persönliche Zwecke, Toilettenartikel, Hygieneartikel, ätherische Öle, Kosmetika, Lippenstift, Nagellack, Make-up, Haarlotionen, Haarpflegepräparate, Zahnputzmittel“ wie auch der „Bekleidung“ und den „Socken“ der Klasse 25 als mögliche kosmetische Textilien kann „CAMOMILLA“ als Sortimentsangabe und damit zur unmittelbaren Beschreibung des Gegenstands der Dienstleistungen dienen. Eine Konzentration auf ein solches Kamillen-Produktsortiment ist auch naheliegend, weil eine Sortimentszusammenstellung nach den kosmetischen Inhaltsstoffen und die entsprechende Benennung insbesondere bei Heilpflanzen in diesem Produktbereich üblich sind (vgl. Sortimente „Belladonna-Produkte“, „Lavendelprodukte“, „Ringelblume-Naturkosmetik“ etc.). Die angesprochenen Verkehrskreise werden das Anmeldezeichen deshalb insoweit nur als reinen Sachhinweis auffassen.

70

b) Ausgehend von den obigen Ausführungen bietet sich das Anmeldezeichen im Umfang derjenigen Waren, für die „CAMOMILLA“ keine beschreibende Angabe darstellt – mithin die im Tenor genannten Waren der Klassen 11, 16, 18, 20, 21, 25, 26 und 27 sowie die schon von der Markenstelle für schutzfähig erachteten Waren -, auch nicht als Merkmals- bzw. Sachangabe für die entsprechenden Handelsdienstleistungen der Klasse 35 an. Da das Zeichen ferner nicht als Hinweis auf sonstige Modalitäten der Dienstleistungen in Frage kommt, kann dem Zeichen in diesem Umfang die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden.

71

c) Für die Handelsdienstleistungen im Bereich der Waren „Brillenetuis, Behältnisse für Mobiltelefone, Lampen, Schmuckwaren und Modeschmuckwaren aus edlen und unedlen Materialien, Halsketten, Ohrringe, Armbänder, Ringe, Broschen und Anstecknadeln, Uhren und Zeitmessinstrumente, Uhrenarmbänder, Schlüsselbehälter aus edlen und unedlen Materialien, Geschirr, Glaswaren, Tafelgeschirr, Schüsseln, Tassen, Teetassen, Pfefferstreuer, Salzstreuer, Zuckerdosen, Tabletts, Seifenhalter, Textilwaren, Accessoires für Textilwaren, Decken, Bettdecken und Bettüberzüge, Tücher, Laken, Vorhänge, Handtücher, Tischdecken, Servietten, Taschentücher, Tapeten, Haarspangen, Stirnbänder, Haarreifen, Haargummis, Haarbänder, Haarschleifen, Hutnadeln, Haarnadeln, Vorleger, Wandbehänge (nicht aus Textilien)“ kann das Zeichen nach Auffassung des Senats ebenfalls als betrieblicher Herkunftshinweis dienen.

72

In der Regel bezieht sich - wie oben dargestellt - der beschreibende Begriffsinhalt für Waren auch auf die entsprechenden Handelsdienstleistungen. Nach Auffassung des Senats führt allerdings nicht jeder warenbeschreibende Begriff zwangsläufig und ausnahmslos auch zur Schutzunfähigkeit der Angabe in Bezug zu den entsprechenden Handelsdienstleistungen. Vielmehr sind das konkrete Zeichen und die Branchengewohnheiten mit zu berücksichtigen. Ein enger funktionaler und damit beschreibender Zusammenhang kommt danach ausnahmsweise dann nicht mehr in Betracht, wenn das Zeichen unter Berücksichtigung der Kennzeichnungsgewohnheiten in der jeweiligen Branche sich nicht mehr ernsthaft als Sortimentsbezeichnung eignet.

73

Zwar gibt das Zeichen „CAMOMILLA“ einen beschreibenden Hinweis auf die Form, die Farbe oder das Motiv der hier relevanten Waren. Die Recherche des Senats hat jedoch ergeben, dass Kamille als entsprechendes Auswahlkriterium selbst für eine spezialisierte Sortimentszusammenstellung in den betroffenen Produktbereichen zu eng ist. Die Festlegung auf eine bestimmte Form, Farbe oder ein bestimmtes Design wäre eine nicht sinnvolle Beschränkung. So wird sich beispielsweise ein Einzelhändler im Bereich Schuhwaren nicht nur auf Schuhe in einer einzigen Farbe, nur mit einem ganz bestimmten Motiv oder nur in einer einzigen Größe spezialisieren. Insbesondere eine derartig starke Sortimentseinschränkung eines (Internet)Einzel- oder Großhändlers nur auf Produkte mit der Form/Farbe einer Kamille oder einem Kamillendesign ist - wie die Recherche des Senats ergeben hat - nicht üblich und dürfte auch kaum gewollt sein. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Bezeichnung „CAMOMILLA“ von den angesprochenen Verkehrskreisen als Angabe des Gegenstands der Handels- bzw. Vertriebsdienstleistungen aufgefasst wird.

74

Mangels eines unmittelbaren, im Vordergrund stehenden oder sonstigen engen beschreibenden Sinngehalts kann dem Anmeldezeichen „CAMOMILLA“  im Umfang dieser Dienstleistungen im Marktauftritt die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden.