Entscheidungsdatum: 27.08.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 019 812.8
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. August 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
Glorious
ist am 4. April 2011 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die Waren der
Klasse 2: Anstrichmittel, Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannten Waren; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur;
Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten); Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Baukalk; Estrich; Spachtelmassen und Grundierungsmittel (soweit in Klasse 19 enthalten) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen;
angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nr. 30 2011 019 812.8 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung in einem Beschluss durch eine Beamtin des höheren Dienstes mit Ausnahme der Waren „Asphalt, Pech und Bitumen“ zurückgewiesen.
Der angemeldete Marke fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, da der Verkehr die Bezeichnung „Glorious“ im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren nur als sachbezogene Angabe auffassen werde, nämlich als Hinweis darauf, dass diese herrlich, wunderbar oder prächtig seien oder der Herstellung prächtiger, wunderbarer oder herrlicher Gegenstände dienten. Den aus der englischen Sprache stammenden Begriff „Glorious“ würden die breiten inländischen Verkehrskreise, dabei auch Verbraucher ohne Englischkenntnisse, mit dieser Bedeutung ohne weiteres erkennen, da es in der deutschen Sprache von dem englischen Begriff abgeleitete Wörter wie „glorreich, Gloriole, Gloria“ gäbe. Alle zurückgewiesenen Waren könnten selbst prächtig, herrlich oder wunderbar sein oder zur Herstellung eines solchen Gegenstandes oder Bauwerks beitragen. Dies könnten Farben, Lacke, Beizen, Spachtelmassen oder Putzmittel sein oder Baumaterialien, Fassadenmörtel usw., die etwa ein Gebäude prächtig aussehen lassen würden. Mithin gäbe die Anmeldemarke keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern sei ein werbemäßig anpreisender Hinweis auf die Art und den Bestimmungszweck der Waren. Eine gewisse Unschärfe des Begriffs vermöge die Schutzfähigkeit der Anmeldemarke nicht zu begründen. Ob der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe, könne in Anbetracht des bejahten Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben.
Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde.
Sie meint, dass der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beschwerde-gegenständlichen Waren weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegenstehe noch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege. Die Bezeichnung „Glorious“ stelle für die beanspruchten Waren keine unmittelbar beschreibende Sachangabe dar. Bei dem Begriff „glorious“ mit den Bedeutungen „ruhmreich, ruhmvoll, glorreich, prächtig, majestätisch“ handele es sich in erster Linie um ein personenbezogenes Adjektiv, das nicht im Zusammenhang mit Alltagsgegenständen, geschweige denn handwerkliche Materialien, zu finden sei. Zudem sei dem Wort in Alleinstellung keine beschreibende Aussage für die Art und Beschaffenheit der Waren zu entnehmen, da es hierzu weiterer Angaben bedürfe, insbesondere auf welche Tatsachen sich der „Ruhm“, das „Ansehen“ oder die „Glorie“ der so bezeichneten Waren gründe. Auf die Bedeutung des Wortes „glorious“ im Sinne von „prächtig“ käme es dabei nicht an, da ausschließlich auf das Verständnis der deutschsprachigen Verkehrskreise abzustellen sei. Diese Verkehrskreise würden die Bedeutung des Wortes jedoch nicht erkennen, da der Begriff „glorious“ nicht zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehöre und sich die Bedeutung dem inländischen Verkehr lediglich in Verbindung mit dem deutschen Adjektiv „glorios“ erschließen könne. Dieser Bedeutung lasse sich außerdem kein unmittelbar beschreibender Begriffsinhalt für die angesprochenen Waren entnehmen. Darüber hinaus werde „glorios“ im Deutschen meist ironisch verwendet, wie beispielsweise in den Redewendungen „er hatte einen gloriosen Auftritt“ oder „das war ein glorioser Reinfall“, und könne daher nicht als Anpreisung verstanden werden, sondern müsse als Phantasiebegriff aufgefasst werden, der nichts über die Art, Beschaffenheit oder Bestimmung der Waren aussage. Es handele sich also um einen Werbeslogan bzw. ein Werbestichwort mit ironischem Anklang, der bzw. das als Hinweis auf ein Unternehmen aufgefasst werde. Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis für die zurückgewiesenen Waren, weil die Marke nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen könnten, weil der Begriff „Glorious“ eben keine Sachangabe für die beanspruchten Waren darstelle. Schließlich verweist die Anmelderin auf die zwischenzeitliche Registrierung der identischen Marke bei der WIPO und dem Harmonisierungsamt.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. September 2011 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Die Anmelderin hat ihren mit der Beschwerdeerhebung hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Der bereits bestimmte Termin zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist daraufhin aufgehoben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet, da der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 2 und 19 jedenfalls das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1, Abs. 5 MarkenG.
1.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 „FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 „Postkantoor“; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 „FUSSBALL WM 2006“). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren und Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH – FUSSBALL WM 2006 a.a.O.).
Hiervon ausgehend kann der angemeldeten Bezeichnung „Glorious“ nicht die Eignung zugesprochen werden, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beschwerdegegenständlichen Waren zu dienen. Vielmehr wird der Verkehr in dem Wort „Glorious“ im Zusammenhang mit diesen Waren der Klassen 2 und 19 ausschließlich eine anpreisende Produktbeschreibung sehen.
Das zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörende Wort „Glorious“ hat die Bedeutung von „glorreich“, „ruhmreich“ bzw. „prächtig“ (siehe dazu die der Anmelderin mit Ladungsverfügung vom 2./6. November 2012 als Anlage 1 übermittelten Ausdrucke aus dict. leo und dict.cc, Bl. 36-37 d.A.). Sofern der Unterschied zum deutschen Wort „glorios“ überhaupt wahrgenommen wird, wird jedenfalls ein relevanter Teil des Verkehrs die vorstehenden Bedeutungen erkennen, da die angemeldete Bezeichnung von der Wortbildung her offenkundig sehr ähnlich ist mit den bedeutungsverwandten bzw. bedeutungsidentischen deutschen Wörtern „glorios“ bzw. „glorreich“ i.S. von „großartig“, „glanzvoll“ (siehe dazu die der Anmelderin mit Ladungsverfügung vom 2./6. November 2012 als Anlage 2 übersandte Kopie aus Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Bl. 38-39 d.A.). Auch wenn das deutsche Wort „glorios“ teilweise ironisch verwendet wird, wird der Verkehr in einem entsprechenden (nicht ironischen) Zusammenhang die angemeldete Bezeichnung im Sinne von „glorios“ bzw. in Richtung der insoweit maßgeblichen Synonyme „beeindruckend, brilliant, ehrenvoll, eindrucksvoll, glänzend, glanzvoll, grandios, großartig, ruhmreich, ruhmvoll, triumphal oder glorreich verstehen (siehe dazu die der Anmelderin mit Ladungsverfügung vom 2./6. November 2012 als Anlage 2a übersandte Kopie aus „Duden Das Synonymwörterbuch“, 3. Aufl., 2004, Bl. 40-.41 d.A.).
In der Bezeichnung „Glorious“ mit der Bedeutung von „glanzvoll, ruhmvoll; prächtig“ erkennt der Verkehr im Zusammenhang mit allen beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 2 und 19 wie „Anstrichmittel, Farben, Lacke; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmasse zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes“ und „Baumaterialien, Fassadenmörtel, Verputzmittel“ lediglich eine werbliche Produktanpreisung in dem Sinne, dass die so bezeichneten Waren zu einem glanzvollen bzw. prachtvollen Erscheinungsbild der bearbeiteten Flächen beitragen können. Dabei kann mit „glanzvoll, ruhmvoll“ bzw. „prächtig“ die besonders hohe Qualität des Produktes gemeint sein oder die besonderen Eigenschaften, über die diese Produkte verfügen, d.h. dass z.B. Anstrichmittel, Farben, Lacke besondere Glanzeffekte erzeugen. Außerdem bietet sich die Bezeichnung „glorious“ im Sinne von „glorios“ ganz allgemein im Zusammenhang mit sehr vielen Waren als rein werbemäßiges Versprechen dahingehend an, das diese Waren „besonders gut, beeindruckend bzw. brilliant“ sind, was gegen eine Eignung dieser Bezeichnung als betrieblicher Herkunftshinweis spricht.
Zwar wird der Verkehr eine Aussage wie „glorreich“ bzw. „glorios“ regelmäßig eher im Zusammenhang mit Personen erwarten, jedoch werden heutzutage auch ganz profane Produkte mit stark übertreibenden und auch personenbezogenen Bezeichnungen beworben, ohne dass der Verkehr sich darüber noch wundern würde oder diese bei ihm ein Nachdenken in der Form auslösen würden, welche die Rechtsprechung für die Bejahung der Unterscheidungskraft voraussetzt. So bewerben Haarsalons ihre Dienstleistungen mit „Glorious Hairstyle & Extensions“, ein Möbelhersteller vertreibt eine Möbelreihe unter der Bezeichnung „Glorious“ oder eine Körpermaske wird mit „Glorious Mud“ beworben oder ein Unternehmen verkauft Wasserpfeifen unter der Bezeichnung „Glorious“ (siehe hierzu die der Anmelderin mit Ladungsverfügung vom 2./6. November 2012 als Anlage 3 übermittelten Internetseiten, Bl. 42- 46 d.A.). Wie diese Beispiele belegen, werden die dort angebotenen Produkte auch nicht in einen ironischen Zusammenhang gestellt und deshalb vom Verkehr auch nicht so verstanden (siehe dazu auch die Verwendung durch die Anmelderin selbst auf ihrer Internetseite www.brillux.de: „Glorious – der Ruhm vergangener Zeiten in der Gegenwart“, Bl. 47 d.A.), was zeigt, dass eine anpreisende und produktbeschreibende Verwendung im Zusammenhang mit „Farben“ möglich ist. Ferner werden bedeutungsgleiche oder zumindest bedeutungsähnliche Adjektive, wie z.B. „glanzvoll“ im Zusammenhang mit Produkten wie Farben und Lacke produktbeschreibend verwendet (vgl. dazu die der Anmelderin mit Ladungsverfügung vom 2./6. November 2012 als Anlage 5 übersandten Unterlagen, Bl. 48 d.A.). Soweit die Anmelderin meint, dass ein (sinnhaftes) Verständnis der angemeldeten Bezeichnung eine sprachliche und inhaltliche Ergänzung verlange, die der Verkehr nicht ohne weiteres vornehme, und zudem „Glorious“ eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit aufweise, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass diese Fragen immer im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Produkten zu beurteilen sind, führt zum einen die Mehrdeutigkeit eines Begriffs bzw. einer Bezeichnung regelmäßig dann nicht zur Schutzfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen für die beanspruchten Produkte oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 147, Tz. 32 - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Tz. 15 - SPA II), was – wie oben ausgeführt - hier der Fall ist. Zum anderen ist auf den normal informierten und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen, der in einem entsprechenden Sachzusammenhang durchaus in der Lage ist, ohne tiefgreifende Analyse überaus naheliegende Schlussfolgerungen zu ziehen.
Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen beruft, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093, Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z.B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen. Soweit die Bezeichnung „Glorious“ für identische Waren von anderen Ämtern eingetragen worden sind, bewirken auch diese Voreintragungen abgesehen davon, dass eine inhaltlich argumentative Auseinandersetzung mit diesen Eintragungen nicht möglich ist, weil eine Begründung dieser positiven Eintragungsentscheidungen nicht vorliegen, keine Bindungswirkung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 47ff m.w.N.).
2.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Anmelderin hat ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 69 Abs. 1 MarkenG) zurückgenommen. Es waren ferner keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, die der Erörterung der mündlichen Verhandlung bedurft hätten, so dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch aus anderen Gründen nicht geboten war (§ 69 Nr. 3 MarkenG).