Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.04.2013


BPatG 23.04.2013 - 25 W (pat) 62/12

Markenbeschwerdeverfahren - "Macchiato" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
23.04.2013
Aktenzeichen:
25 W (pat) 62/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 053 001.4

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet ist als Wortmarke die Bezeichnung

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Macchiato

3

für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 2, 3 und 19:

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Klasse 2: Anstrichmittel, Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Holzschutzmittel; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Verdünnungsmittel für sämtliche vorgenannten Waren; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Spachtelmassen zum Glätten und Ausbessern eines rauen Untergrundes (Anstrichmittel); Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur;

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Klasse 3: Wasch- und Bleich-, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel für das Maler- und Stuckateurhandwerk; Abbeizmittel;

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Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten); Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; Putzfüllmittel; Baukalk; Estrich; Spachtelmassen und Grundierungsmittel (soweit in Klasse 19 enthalten) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen.

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Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2010 053 001.4 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 31. März 2011 und 5. April 2012, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, teilweise, und zwar in Bezug auf die nachfolgend genannten Waren

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Anstrichmittel, Farben, Firnisse, Lacke; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit

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zurückgewiesen.

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Aus Sicht der Markenstelle handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren um eine beschreibende Angabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, dem insoweit auch jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Bei der Bezeichnung „Macchiato“ handele es sich um ein aus der italienischen Sprache stammendes Wort mit der Bedeutung „gefleckt, verschmutzt“, das der Verkehr auch in Alleinstellung mit der Kaffeezubereitung „Latte Macchiato“ in Verbindung bringen und im Zusammenhang mit den genannten Waren an einen ganz bestimmen hellen Braunton denken lassen würde. Der Farbton „Macchiato“ werde in Alleinstellung zur Bezeichnung eines hellen Brauntons auf dem Gebiet der Inneneinrichtung, insbesondere für Farben, Wandfarben, Lacke, Parkettböden sowie im Bekleidungssektor auch bereits verwendet und habe sich als moderne Farbbezeichnung etabliert. Daher würde der Verkehr dem angemeldeten Zeichen einen Hinweis auf die Farbe und damit auf die Beschaffenheit der damit gekennzeichneten Waren entnehmen und insoweit keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des Verkehrs die deutsche Übersetzung des italienischsprachigen Begriffs „Macchiato“ kenne, oder dass der Begriff „Macchiato“ in Alleinstellung lexikalisch nicht belegt sei. Ferner könne sich die Anmelderin nicht darauf berufen, dass sie die Bezeichnung „Macchiato“ für Wohnraumfarben kreiert habe.

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Die Anmelderin vertritt in ihrer gegen die vorgenannten Beschlüsse gerichteten Beschwerde die Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren keine Schutzhindernisse entgegenstünden. Die Bezeichnung „Macchiato“ habe für den inländischen Verkehr in Alleinstellung keinerlei beschreibende Bedeutung und sei lexikalisch nicht belegt. Eine bestimmte Bedeutung ergebe sich nur in Verbindung mit dem italienischen Begriff „Latte“. Jedoch würde der Verbraucher die Bezeichnung „Macchiato“ in Alleinstellung nicht mit dem Begriff „Latte Macchiato“ gedanklich in Verbindung bringen, so dass erstere für ihn völlig bedeutungsfrei sei. Die Bezeichnung „Latte Macchiato“ würde in Coffee Shops und Kaffeehäusern auch nur gemeinsam verwendet. Der Schluss auf einen hellen Braunton erfordere eine fernliegende und komplizierte Interpretation des anmeldeten Zeichens durch den Verbraucher, die dieser bei dem Kauf der zurückgewiesenen Waren nicht durchführen würde. Auch aus der wörtlichen Übersetzung der Bezeichnung „Macchiato“ im Sinne von „gefleckt, verschmutzt“ ließe sich für die angemeldeten Waren kein beschreibender Sinngehalt ableiten, da die Übersetzung dem durchschnittlichen deutschen Verbraucher nicht geläufig, und eine entsprechende Eigenschaft vom Verbraucher für die angemeldeten Waren auch nicht erwünscht sei. In Anbetracht des Fehlens jeglichen beschreibenden Sinngehalts für die zurückgewiesenen Waren besitze das angemeldete Zeichen auch Unterscheidungskraft.

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Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),

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die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. März 2011 und 5. April 2012 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

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Ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 16. April 2013 zurückgenommen. Der für den 18. April 2013 anberaumte Verhandlungstermin ist daraufhin aufgehoben worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verweisen.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin stellt die angemeldete Bezeichnung eine Angabe dar, die geeignet ist, Merkmale der beschwerdegegenständlichen Waren zu beschreiben (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Im Umfang der Zurückweisung der Anmeldung weist die angemeldete Bezeichnung auch keinerlei Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1und Abs. 5 MarkenG).

1.

17

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz,10. Aufl., § 8 Rdn. 265). Es genügt also, wenn die angemeldete Marke in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 30, 31 - Chiemsee; EUGH GRUR 2004, 674, Tz. 56 - Postkantoor). In Bezug auf Bestimmungsangaben gilt, dass diese allgemeiner Art sein oder sich auf einzelne Bestimmungen beziehen können, wie z.B. Abnehmerkreise, Verwendungszweck, Vertriebs- und Erbringungsart, -ort oder -zeit usw. (vgl. Ströbele/Hacker, 10. Aufl., § 8 Rdn. 323 m.w.N.). Nicht erforderlich ist, dass die Waren und Dienstleistungen ausschließlich für den betreffenden Zweck bestimmt sind, vielmehr genügt, wenn dieser neben anderen in Betracht kommt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 323 und Rdn. 290 f.).

18

Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 29 - Chiemsee; EuGH GRUR 2006, 411, Tz. 24 - Matratzen Concord). Dabei kommt es in erster Linie auf die aktuellen Verhältnisse in dem Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an, jedoch ist auch das Allgemeininteresse an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren künftig beschreibende Verwendung zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR1999, 723, Tz. 35 - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 56 - Postkantoor). Beschwerdegegenständlich sind im vorliegenden Fall die Waren:

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Anstrichmittel, Farben, Firnisse, Lacke; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit.

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Es handelt sich daher um Waren, die auf Verbraucherseite breite Verkehrskreise aus dem Bereich Heimwerker und Maler und in diesen Bereichen tätige Fachkreise ansprechen.

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Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist das angemeldete Zeichen hinsichtlich der vorgenannten Waren als beschreibende Angabe zu erachten. Auch wenn den angesprochenen Verkehrskreisen die italienische Bezeichnung „Macchiato“ in der korrekten Übersetzung von „fleckig, gefleckt“ nicht geläufig sein sollte, führt dies im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren nicht zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung. Denn aus den von der Markenstelle ermittelten und mit dem Erstbeschluss vom 31. März 2011 übersandten Belegen (Bl. 30 der Patentamtsakten) und den vom Senat ermittelten weiteren Belegen, die der Anmelderin als Anlagen 1 bis 9 zu den eingehend begründeten Senatshinweisen vom 13./14. Februar 2013 (Bl. 42 ff. d.A.) übermittelt worden sind, wobei insbesondere auf die Anlagen 6, 7 und 8 hinzuweisen ist, ergibt sich eindeutig, dass das Wort „Macchiato“ eine Farbe bzw. eine Trendfarbe bezeichnet und diese Farbangabe darüber hinaus insbesondere auch im Bereich von Wandfarben und Lacken verwendet wird. Ausgehend davon ist die Bezeichnung geeignet, Merkmale, nämlich den Farbton der entsprechenden Wandanstrichmittel, Lacke usw. zu bezeichnen. Das gleiche gilt in Bezug auf „Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit“, da die Bezeichnung „Macchiato“ auch insoweit als Beschreibung des Farbtons, in welchem diese Waren angeboten werden, dienen kann. Auch im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Ware „Naturharze im Rohzustand“ stellt die Bezeichnung „Macchiato“ eine beschreibende Sachangabe dar, da insoweit diese Farbangabe als Bestimmungsangabe in Betracht kommt. Denn Naturharze dienen bei Ölfarben in Kombination mit anderen Substanzen als Bindemittel der Farbpigmente und verbessern die Qualität der Ölfarben. Ferner werden Harze bei der Herstellung von Lacken verwendet (vgl. den der Anmelderin als Anlage 9 zu den Senatshinweisen vom 13. Februar 2013 übermittelten Beleg, dort insbesondere S. 3). Daraus ergibt sich dass die Bezeichnung „Macchiato“ i.V.m. der Ware „Naturharz“ als Sachangabe dahingehend verstanden werden wird, dass dieses Material für die Herstellung von Ölfarben bzw. Lacken in der Farbe „Macchiato“ bestimmt und geeignet ist.

2.

22

Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass die Farbangabe „Macchiato“ hinsichtlich der Ware „Naturharze im Rohzustand“ keine unmittelbar beschreibende Angabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, besteht insoweit jedoch ein enger beschreibender Bezug, da z.B. im Bereich von Ölfarben Naturharze einen üblichen Inhaltsstoff darstellen, der auch als Zusatz im Malereibedarf in Betracht kommt. Mithin ist hier ein enger funktionaler Zusammenhang gegeben, der insoweit zu einem engen beschreibenden Bezug des angemeldeten Zeichens führt, so dass hinsichtlich der Ware „Naturharze im Rohzustand“ gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jedenfalls die Unterscheidungskraft zu verneinen ist. Dies trifft im Übrigen auf die weiteren beschwerdegegenständlichen Waren zu, da das angemeldete Zeichen – wie ausgeführt – als beschreibende Sachangabe in Bezug auf diese Waren vom Verkehr auch nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird.

3.

23

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich. Die Anmelderin hat den von ihr gemäß § 69 Nr. 1 MarkenG gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Es waren auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, die der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung gemäß § 69 Nr. 3 MarkenG bedurft hätten.