Entscheidungsdatum: 23.04.2013
Fruit
Nicht alle Wörter, die darstellbare Dekorationselemente, Gegenstände oder Lebewesen benennen, sind für alle verzierbaren und bedruckbaren Waren als beschreibend anzusehen, wenn nicht Aspekte hinzutreten, die zeigen, dass es um die Beschreibung des Dekors geht.
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2012 025 762.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. April 2013 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Hartlieb
beschlossen:
I. Die Beschlüsse der Markenstelle vom 16. August 2012 und vom 18. Januar 2013 werden aufgehoben.
II. Die Beschwerdegebühr ist zu erstatten.
I.
Die Anmeldung der Wortmarke
Fruit
für Bekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen hat die Markenstelle in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, mit der Begründung zurückgewiesen, das Wort weise auf das Design der beanspruchten Waren hin. Fruit-Design liege im aktuellen Trend. Abbildungen von Früchten könnten aufgedruckt oder Früchte als Applikation aufgebracht sein, wie die recherchierten Belege zeigten. Das Design sei bei den beanspruchten Waren von Bedeutung.
Die Anmelderin hat dagegen Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, „Fruit“ haben keinen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren. Designmotive beschreibende Ausdrücke seien wie das Marlene-Dietrich-Bild zu behandeln. Eine als Fruchtdesign bezeichnete Modelinie gebe es nicht. Es sei keine beschreibbare Eigenschaft, ein Fruchtmotiv zu zeigen. Andernfalls würden alle Bezeichnungen darstellerbarer Dinge für Bekleidung als Marke ausscheiden, auch Tiernamen wie Puma.
Sie beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen.
Nachdem der Senat dem Antrag der Anmelderin in vollem Umfang entspricht, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und zum anderen im Hinblick auf die angesprochenen Verbraucher zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren abzustellen ist.
Ausgehend hiervon besitzen Marken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.
Die Markenstelle hat nicht belegt, dass „Fruit“ ein Fachbegriff für eine bestimmte Produktart ist. Auch dem Senat ist dies nicht bekannt.
Auch sonst ist „Fruit“ kein Wort, dem im Zusammenhang mit Bekleidung die Unterscheidungskraft fehlt.
Auch soweit es ein Muster oder sonstiges Designelement beschreiben kann, steht dem Markenschutz das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen.
Diese Vorschrift verbietet es, Wörter als Marken einzutragen, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Das dient dazu, dass sie jedermann frei verwenden kann. Es ist daher nicht erlaubt, solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorzubehalten.
Nicht alle Wörter, die darstellbare Dekorationselemente, Gegenstände oder Lebewesen benennen, sind aber für alle verzierbaren und bedruckbaren Waren als beschreibend anzusehen, wenn nicht weitere Aspekte hinzutreten, die zeigen, dass es um die Beschreibung eines Dekors geht.
Solche Benennungen haben auch bei universell verwendbaren Waren keine schutzverhindernde beschreibende Bedeutung, wenn diese nicht branchenüblich damit benannt werden (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 80). Das gilt auch für Waren, die einen gedanklichen Inhalt aufweisen können, wie Druckschriften etc. (Ströbele/Hacker, a. a. O., Rn. 331, 332). Nichts anderes kann für die Benennung universell verwendbarer Design-Elemente gelten, wenn diese keinen speziellen Bezug zu den jeweiligen Waren haben. So wäre die Angabe „Rind“ bei Schuhen ein Hinweis auf das verwendete Leder, während das von der Anmelderin genannte Wort „Puma“ bloß wegen der möglichen dekorativen Verwendung nicht vom Markenschutz ausgeschlossen wäre.
Die Eintragung des Zeichens darf auch nicht wegen der Möglichkeit abgelehnt werden, für eine bestimmte Anbringung eine Positionsmarke eintragen zu lassen (BGH GRUR 2010, 1100 - Tooor!).
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht Anlass, da die Markenstelle auf die von der Anmelderin aufgeworfenen Fragen und Hinweise auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dazu nicht aufgegriffen hat. Es wäre zwar kein Verfahrensfehler, eine in Rechtsprechung und/oder Literatur vertretene Meinung abzulehnen und die dagegen sprechenden Argumente einer (erneuten) Überprüfung zu stellen (BPatG BeckRS 2012, 22897 – Stadtwerke Augsburg), dem steht jedoch ein Begründungsmangel nicht gleich, wenn eine Auseinandersetzung damit fehlt.