Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 03.08.2011


BPatG 03.08.2011 - 28 W (pat) 59/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Schneider/Schneider [Widerspruchsmarke zu 1)]/Schneider [Widerspruchsmarke zu 2)]/schneider fahrkomfort [Widerspruchsmarke zu 3)/Gemeinschaftsmarke]" – Rücknahme der Widersprüche der Widersprechenden zu 1) und 2) - Wirkungslosigkeit der Beschlüsse des DPMA - Einrede der Nichtbenutzung - keine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung seitens der Widersprechenden zu 3) – Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchsmarke zu 3) - jetzige Widersprechende zu 3) ist Partei kraft Amtes im Wege gesetzlichen Beteiligtenwechsels – Insolvenzverfahren hat keine Auswirkung auf die Entscheidung über die Beschwerde


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
03.08.2011
Aktenzeichen:
28 W (pat) 59/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 26 527

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. August 2011 durch den Richter Schwarz als Vorsitzenden, den Richter Kruppa und die Richterin Werner

beschlossen:

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. April 2007 und 8. Januar 2010 werden aufgehoben, soweit in ihnen die teilweise Löschung der Marke 304 26 527 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke EU 2 898 658 angeordnet worden ist, und im Umfang der Aufhebung wie folgt neu gefasst: Der Widerspruch aus der Marke EU 2 898 658 wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird festgestellt, dass die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. April 2007 und 8. Januar 2010 wirkungslos sind, nachdem die Widersprüche aus den Marken 303 20 557 und 1 089 107 zurückgenommen wurden.

Gründe

I.

1

Gegen die am 5. November 2004 veröffentlichte Eintragung der am 13. August 2004 angemeldeten und ursprünglich für

2

Klasse 6:

3

Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Schienenbaumaterial aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrohre; Geldschränke; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, insbesondere Paletten, Flachpaletten, Gitterboxpaletten, Stapelpaletten und -gestelle, Regalpaletten, Container, Einzugsmagazine und Einfriermagazine, Kassetten, Horden, Schalen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 6 enthalten;

4

Klasse 9:

5

Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; elektrische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild und/oder Daten; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte; Wiegesysteme und -apparate, insbesondere für Hub- und Transportgeräte und -wagen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 9 enthalten; sämtliche vorgenannte Waren nur für das Gebiet des Transportwesens, der Logistik sowie für Transportvorrichtungen, Transportgeräte, Transportwagen, hierbei insbesondere Hubgeräte und Hubwagen;

6

Klasse 12:

7

Fahrzeuge und Apparate zur Beförderung auf dem Land, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Hubwagen, Gabelhubwagen, Wiegehubwagen, Scherenhubwagen, Handgabelhubwagen, Fass-Hubwagen, sämtliche vorgenannte Hubwagen insbesondere mit schwenkbarem Anzeigeteil;

8

Klasse 40:

9

Materialbearbeitung, insbesondere die Bearbeitung von Oberflächen; Lohnfertigung von Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, von Paletten, insbesondere von Flachpaletten, Gitterboxpaletten, Stapelpaletten und -gestelle, von Regalpaletten, von Containern, von Einzugsmagazinen und Einfriermagazinen, von Kassetten, Horden, Schalen für Dritte gegen Entgelt, insbesondere für Abnehmer aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie, aus der Kosmetikindustrie, aus der Elektronikindustrie, aus der Luftfahrt und der Luftfahrtindustrie, aus der Keramikindustrie, aus der Lebensmittelindustrie und auf dem Gebiet des Medizinsektors;

10

Klasse 42:

11

Entwurf, Entwicklung, Design und Konstruktion von Waren aus Metall und Kunststoff, von Paletten, insbesondere von Flachpaletten, Gitterboxpaletten, Stapelpaletten und -gestelle, von Regalpaletten, von Containern, von Einzugsmagazinen und Einfriermagazinen, von Kassetten, Horden, Schalen für Dritte, insbesondere für Abnehmer aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie, aus der Kosmetikindustrie, aus der Elektronik-Industrie, aus der Luftfahrt und der Luftfahrtindustrie, aus der Keramik-Industrie, aus der Lebensmittelindustrie und auf dem Gebiet des Medizinsektors

12

geschützten Marke Nr. 304 26 527

13

Schneider

14

haben Widerspruch eingelegt:

15

1. die Fa. E… GmbH in T…, aus der am 17. April 2003 angemeldeten und seit 30. Oktober 2003 für Waren der Klasse 9 sowie Dienstleistungen der Klassen 37, 38, 42 eingetragenen MarkeNr. 303 20 557 (im Folgenden: Widerspruchsmarke 1)

16

Schneider

17

Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2011 hat die jetzige Widersprechende zu 1) die Übernahme des Widerspruchs- und Beschwerdeverfahrens erklärt, nachdem sie am 19. Juni 2008 als neue Inhaberin der o. g. Widerspruchsmarke im Register eingetragen wurde.

18

2. die Widersprechende zu 2) aus ihrer am 13. November 1985 angemeldeten und seit 14. März 1986 für Waren der Klasse 9 eingetragenen MarkeNr. 1 089 107 (im Folgenden: Widerspruchsmarke 2)

19

Schneider

20

3. die Fa. Sch… GmbH in M… aus ihrer am 18. Oktober 2002 angemeldeten und seit16. Februar 2005 für

21

Klasse 11:

22

Lüftungs-, Heiz- und Klimageräte für Fahrzeuge oder Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Lüftungs-, Heiz- und Klimatechnik zum Nachrüsten;

23

Klasse 12:

24

Fahrerkabinen und Fahrerhäuser für Fahrzeuge oder Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Gabelstapler, Kranen und Nutzfahrzeuge; Ausstattung und Zubehör für Fahrerkabinen und Fahrerhäuser für Fahrzeuge oder Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Armaturenbretter, Kunststoff-Tiefziehteile, Innenausstattung, Dichtungen, Sichtscheiben, Dichtungen für Sichtscheiben, Kabinenelemente, Sicherheitseinrichtungen für Fahrerkabinen und Fahrerhäuser für Fahrzeuge oder Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Rückhaltesysteme, Rahmenteile, Stoßfänger, Fahrerschutzdächer, Dashboards; Fahrzeugteile, insbesondere Türen, Sitze, Dächer, Motorhauben, Pulte und andere Abdeckungen, Verkleidungselemente, Geräuschdämmung;

25

Klasse 42:

26

Entwicklung, Forschung und Design auf dem Gebiet der Sicherheits-, Belüftungs-, Verschluss-, Heiz-, Klima-, Konstruktions- und Dichtungstechnik von Fahrerkabinen und Fahrerhäusern für Fahrzeuge oder Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere für Gabelstapler, Kranen und Nutzfahrzeuge

27

eingetragenen Marke Nr. EU 2 898 658

28

schneider fahrkomfort

.

29

Durch Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 31. August 2008 (Az. 4 IN 287/09) wurde über das Vermögen der Fa. Sch… GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der jetzige Widersprechende zu 3) zum Insolvenzverwalter bestellt, dessen Zustellungsbevollmächtigte im vorliegenden Beschwerdeverfahren die früheren Verfahrensbevollmächtigten der Insolvenzschuldnerin sind.

30

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 5. Mai 2006 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 2 bestritten und dies nach dem Hinweis auf deren Unzulässigkeit nach § 26 Abs. 5 MarkenG mit der Begründung aufrecht erhalten, diese Vorschrift sei nicht richtlinienkonform in deutsches Recht umgesetzt worden.

31

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Erstbeschluss vom 10. April 2007 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren und Dienstleistungen

32

Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; elektrische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild und/oder Daten; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Wiegesysteme und -apparate, insbesondere für Hub- und Transportgeräte und -wagen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 9 enthalten; sämtliche vorgenannte Waren nur für das Gebiet des Transportwesens, der Logistik sowie für Transportvorrichtungen, Transportgeräte, Transportwagen, hierbei insbesondere Hubgeräte und Hubwagen; Fahrzeuge und Apparate zur Beförderung auf dem Land, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Hubwagen, Gabelhubwagen, Wiegehubwagen, Scherenhubwagen, Handgabelhubwagen, Fass-Hubwagen, sämtliche vorgenannte Hubwagen insbesondere mit schwenkbarem Anzeigeteil; Entwurf, Entwicklung, Design und Konstruktion von Waren aus Metall und Kunststoff, von Paletten, insbesondere von Flachpaletten, Gitterboxpaletten, Stapelpaletten und -gestelle, von Regalpaletten, von Containern, von Einzugsmagazinen und Einfriermagazinen, von Kassetten, Horden, Schalen für Dritte, insbesondere für Abnehmer aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie, aus der Kosmetikindustrie, aus der Elektronik-Industrie, aus der Luftfahrt und der Luftfahrtindustrie, aus der Keramik-Industrie, aus der Lebensmittelindustrie und auf dem Gebiet des Medizinsektors

33

angeordnet, weil insoweit jeweils hochgradige Warenähnlichkeit zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken bestehe und die gegenüberstehenden Marken identisch seien. Soweit die Markeninhaberin die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 2 bestritten habe, sei diese Einrede unzulässig, nachdem das Widerspruchsverfahren gegen die Eintragung dieser Marke erst 2004 abgeschlossen worden sei und sich die Widerspruchsmarke somit noch in der Benutzungsschonfrist befinde; die maßgebliche Vorschrift des § 26 Abs. 5 MarkenG entspreche dabei den Vorgaben der Markenrichtlinie.

34

Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 8. Januar 2010 den Erstbeschluss vom 10. April 2007 teilweise aufgehoben, soweit in ihm auf Grund der Widersprüche aus den Marken 303205571/09 und 1089107/09 die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für die Waren „Fahrzeuge und Apparate zur Beförderung auf dem Land, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Hubwagen, Gabelhubwagen, Wiegehubwagen, Scherenhubwagen, Handgabelhubwagen, Fass-Hubwagen, sämtliche vorgenannte Hubwagen insbesondere mit schwenkbarem Anzeigeteil“ angeordnet worden war, und im Übrigen die Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, soweit es die Waren der Klasse 12 betreffe, bestehe keine hinreichende Ähnlichkeit zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken. Im Übrigen sei im Erstbeschluss die Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin zutreffend als unzulässig angesehen worden.

35

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 7. Juni 2011 hat sie die Benutzung sämtlicher Widerspruchsmarken bestritten; der Schriftsatz ist den Zustellungsbevollmächtigten des Widersprechenden zu 3) am 21. Juni 2011 zugestellt worden (Bl. 78 GA).

36

Mit weiterem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 25. Juli 2007 hat die Beschwerdeführerin des Weiteren ihre Marke in Klasse 9 auf die Waren

37

Mess- und Wiegesysteme und -apparate, ausschließlich für Hub- und Transportgeräte und -wagen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 9 enthalten; sämtliche vorgenannte Waren nur für das Gebiet des Transportwesens, der Logistik sowie für Transportvorrichtungen, Transportgeräte, Transportwagen, hierbei insbesondere Hubgeräte und Hubwagen“

38

unter Aufrechterhaltung der Eintragung in den übrigen Waren- und Dienstleistungsklassen eingeschränkt. Die Teillöschung infolge Verzichts nach § 48 MarkenG wurde im Markenregister am 23. August 2011 mit Wirkung vom 28. Juli 2011 eingetragen.

39

Infolge dieses Teilverzichts haben die Widersprechende zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 2. August 2011 sowie die Widersprechende zu 2) durch Erklärung ihrer Verfahrensbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2011, an welcher die Widersprechende zu 1) sowie der Widersprechende zu 3) entsprechend vorheriger Ankündigung nicht teilgenommen haben, ihre jeweiligen Widersprüche zurückgenommen.

40

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

41

die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. April 2007 und 8. Januar 2008 aufzuheben, soweit hierin die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden war und die Widersprüche insgesamt zurückzuweisen.

42

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über die Beschwerde gegen die Widersprechende zu 3), soweit § 240 ZPO anwendbar wäre, in Ermangelung einer von einem Beteiligten bislang erklärten Aufnahme nach § 250 ZPO nicht möglich wäre, nach Ansicht des Senats aber erhebliche Zweifel daran bestehen, ob § 240 ZPO auf die Insolvenz eines Widersprechenden überhaupt anwendbar ist, weil die Entscheidung über den Widerspruch eines insolventen Widersprechenden keine rechtlichen Auswirkungen auf den Bestand der Widerspruchsmarke hat. Gleichzeitig wurde den noch am Verfahren Beteiligten Gelegenheit gegeben, bis 15. September 2011 zu diesem Hinweis durch nachgelassenen Schriftsatz Stellung zu nehmen und die Zustellung einer Entscheidung an Verkündungs Statt nicht vor dem 30. September 2011 angekündigt.

43

Mit Schriftsätzen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9. August 2011 und 19. August 2011 hat die Markeninhaberin erklärt, dass sie die Ansicht des Senats zur Nichtanwendbarkeit des § 240 ZPO auf die Insolvenz eines Widersprechenden teilt, vorsorglich das Verfahrens nach den §§ 85, 86 InsO aufgenommen und im Übrigen beantragt,

44

festzustellen, dass die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. April 2007 und 8. Januar 2010 gegenstandslos geworden sind, soweit sie auf die Widersprüche der Widersprechenden zu 1) und 2) beruhen.

II.

45

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin gegen die in den angefochtenen Beschlüssen angeordnete Teillöschung ihrer Marke hat in der Sache Erfolg.

1.

46

Soweit es die Widersprüche der Widersprechenden zu 1) und 2) betrifft, ist das Beschwerdeverfahren - ebenso wie auch das Widerspruchsverfahren - gegenstandslos geworden, nachdem die Widersprechenden ihre Widersprüche am 2. August 2011 bzw. in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2011 zurückgenommen haben. In entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO ist daher, wie von der Markeninhaberin nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nachgelassenem Schriftsatz beantragt, festzustellen, dass die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes, soweit sie aufgrund der zurückgenommenen Widersprüche ergangen sind, wirkungslos sind.

2.

47

Soweit es den Widerspruch des Widersprechenden zu 3) betrifft, ist eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu verneinen, nachdem der Widersprechende auf die zulässige Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke zu 3) nach § 43 MarkenG eine rechtserhaltende Benutzung seiner Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat.

48

Der Entscheidung über die Beschwerde steht dabei nicht entgegen, dass über das Vermögen der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchsmarke zu 3) mit Beschluss des Amtsgerichts vom 31. August 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der jetzige Widersprechende zu 3) nach § 80 Abs. 1 InsO als Partei kraft Amtes im Wege gesetzlichen Beteiligtenwechsels Verfahrensbeteiligter geworden ist.

49

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits während des Widerspruchsverfahrens führt dabei nicht dazu, dass die Beschwerde des Markeninhabers mit der Rechtsfolge des § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG allein schon deshalb begründet wäre, weil hierdurch das Widerspruchsverfahren analog § 240 ZPO unterbrochen worden wäre, so dass über den Widerspruch aus der Widerspruchsmarke EU 2 898 658 im Erinnerungsverfahren vor dem Patentamt nicht hätte entschieden werden dürfen. Nach allgemeiner Ansicht scheidet nämlich eine analoge Anwendung des § 240 ZPO auf Verwaltungsverfahren, zu denen auch das patentamtliche Widerspruchsverfahren zu zählen ist, aus (vgl. Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 85 Rdnr. 30; Schumacher in: MünchKomm-InsO, Vorb. §§ 85 bis 87 Rdnr. 51). Eine hiervon abweichende Sicht ist auch für markenrechtliche Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt nicht veranlasst (vgl. BPatG GRUR 2008, 364, 365 - Zustellung an Verfahrensbevollmächtigten); dem entspricht auch die Praxis des Deutschen Patent- und Markenamtes (vgl. MittDPMA Nr. 20/08, BlPMZ 2008, 213), so dass die Markenstelle zutreffend trotz der Insolvenz der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchsmarke zu 3) über deren Erinnerung gegen die Zurückweisung ihres Widerspruchs gegen die Eintragung der angegriffenen Marke entscheiden durfte.

50

Aber auch auf das Beschwerdeverfahren wirkt sich das Insolvenzverfahren nicht aus. Zwar ist § 240 ZPO aufgrund der Verweisungsnorm des § 82 Abs. 1 MarkenG im Beschwerdeverfahren grundsätzlich anwendbar. Dessen Voraussetzungen sind aber im Falle der Insolvenz eines Widersprechenden nicht erfüllt. Denn anders als das mit Einspruch oder Einspruchsbeschwerde gegen die Patenterteilung geltend gemachte Verfahrensrecht (vgl. BPatGE 40, 227, 228 - Konkurs I) und die verfahrensrechtliche Stellung als Nichtigkeitskläger in der patentrechtlichen Nichtigkeitsklage (vgl. BGH GRUR 1995, 394 - Aufreißdeckel) fällt das Widerspruchsrecht nach § 42 MarkenG, welches nur dem Inhaber der Widerspruchsmarke zusteht und bei dem es sich daher um ein unpfändbares unselbständiges Nebenrecht i. S. d. § 857 ZPO handelt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 857 Rn. 7; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 857 Rn. 3), nicht in die Insolvenzmasse (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO), so dass das Widerspruchsverfahren nicht, wie von § 240 ZPO für eine Unterbrechung vorausgesetzt wird, die Insolvenzmasse betrifft (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 240 Rn. 8). Auf den entsprechenden Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung hat sich der Widersprechende zu 3) trotz eingeräumter Stellungnahmefrist nicht geäußert, so dass davon auszugehen ist, dass er die Auffassung des Senats teilt.

51

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin ist der die teilweise Löschung der angegriffenen Marke anordnende Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben und der Widerspruch des Widersprechenden zu 3) zurückzuweisen, weil er eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG nicht glaubhaft gemacht hat.

52

Die von der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 7. Juni 2011, welcher den Zustellungsbevollmächtigten des Widersprechenden zu 3) am 21. Juni 2011 zugestellt wurde, bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke  ist nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig, nachdem die nach der Eintragung der Widerspruchsmarke zu 3) vom 16. Februar 2005 laufende Benutzungsschonfrist von fünf Jahren am 16. Februar 2010 abgelaufen war. Der Widersprechende zu 3) war daher nach §§ 26, 43 MarkenG verpflichtet gewesen, die Benutzung dieser Marke für den der Entscheidung über den Widerspruch vorangehenden fünfjährigen Zeitraum, vorliegend also für die Zeit von August 2006 bis August 2011, glaubhaft zu machen. Hieran fehlt es aber, nachdem er sich weder zur Beschwerde noch zur Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin geäußert hat. Da der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aber nur die Waren und Dienstleistungen zugrunde gelegt werden dürfen, für welche eine Benutzung glaubhaft gemacht wurde (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), ist für den hier vorliegenden Fall einer fehlenden Glaubhaftmachung für (irgendwelche) Waren oder Dienstleistungen das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, ohne dass es noch auf die Frage einer Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken ankäme, zu verneinen, so dass der Widerspruch unbegründet ist. Daher war auf die Beschwerde der Markeninhaberin der insoweit die Teillöschung der angegriffenen Marke anordnende Beschluss der Markenstelle aufzuheben und der Widerspruch aus der Widerspruchsmarke zu 3) zurückzuweisen.

53

Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).