Entscheidungsdatum: 28.06.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke ...
(hier: Umschreibung)
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 28. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kortbein und die Richter Schmid und Dr. Söchtig
beschlossen:
Der Beschluss der Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. September 2016 wird aufgehoben.
I.
Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 28. September 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, die unter der Nr. ... registrierte Wort-/Bildmarke
...
auf sich umzuschreiben. Zum Nachweis des Rechtsübergangs hat sie eine Kopie eines zwischen ihr und der Beschwerdegegnerin geschlossenen Vertrags vom 30. September 2011 vorlegt.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Rottweil vom 10. November 2015 ist Herr Rechtsanwalt. ... zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beschwerdegegnerin bestellt worden. Darin wurde des Weiteren angeordnet, dass sie nur mit seiner Zustimmung über Gegenstände ihres Vermögens verfügen darf. Mit Beschluss vom 23. Dezember 2015 des gleichen Gerichts ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beschwerdegegnerin eröffnet und Herr Rechtsanwalt ... zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenabteilung 3.1, hat den Umschreibungsantrag durch Beschluss vom 16. September 2016 zurückgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, dass sich dem vorgelegten Vertrag nicht zweifelsfrei die rechtsgeschäftliche Übertragung der Marke auf die Beschwerdeführerin entnehmen lasse. Im Übrigen habe der Insolvenzverwalter seine Zustimmung zur Umschreibung verweigert.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2016 erhobene Beschwerde der Antragstellerin. Nach ihrer Auffassung hat das Deutsche Patent- und Markenamt die beantragte Umschreibung zu Unrecht zurückgewiesen. Zwischen den Beteiligten sei durch Vertrag vom 30. September 2011 eine rechtswirksame Vereinbarung über die Übertragung der streitgegenständlichen Marke getroffen worden. Die Rechtsgültigkeit dieser Vereinbarung werde nicht dadurch berührt, dass die Markeninhaberin der Umschreibung nachträglich widersprochen habe. Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz vom 29. März 2017 mitgeteilt, dass sie das auf Grund der Insolvenz der Beschwerdegegnerin unterbrochene Beschwerdeverfahren nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufnehme.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. September 2016 aufzuheben.
Seitens der Beschwerdegegnerin liegt kein Antrag vor. Der Insolvenzverwalter hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Im Umschreibungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat der Geschäftsführer der Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 25. September 2015 darauf hingewiesen, dass Änderungen der Inhaberschaft der gegenständlichen Marke nur mit seiner schriftlichen Zustimmung vorgenommen werden dürften. Der Insolvenzverwalter teilte mit Schreiben vom 12. November 2015 mit, dass er der Umschreibung nicht zustimme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Der angegriffene Beschluss war daher aufzuheben.
1. | Die Beschwerdegegnerin ist nach ihrer Auflösung gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG weiterhin parteifähig, da die Eintragung der Streitmarke eine verwertbare Vermögensposition darstellt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage, 2016, § 50, Rdnr. 3). |
2. | Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist ungeachtet der vor ihrer Einlegung bestehenden Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 Satz 1 ZPO wirksam eingelegt. |
a) | Das Umschreibungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Rottweil vom 23. Dezember 2015 gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden. Eine Unterbrechung gemäß § 240 Satz 2 ZPO trat nicht bereits mit dem Beschluss vom 10. November 2015 ein, da in ihm lediglich ein Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt., InsO angeordnet, nicht jedoch ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt., InsO erlassen worden ist (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 14. Auflage, § 240, Rdnr. 3). Ein solches ist für die Anwendbarkeit des § 240 Satz 2 ZPO erforderlich, da nur in diesem Fall die Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 1 InsO übergeht (vgl. BGH NJW-RR 2013, 1461). |
b) | § 240 ZPO ist auch für das Umschreibungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt anwendbar. Die in der Mitteilung Nr. 20/08 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts über die geänderte Praxis bei Insolvenz eines Beteiligten vom 14. November 2008 geäußerte Sichtweise, dass § 240 ZPO generell für Schutzrechtsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt nicht anzuwenden ist, begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken. Auch wenn eine dem § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG entsprechende Vorschrift für das Deutsche Patent- und Markenamt fehlt, so werden die Vorschriften der Zivilprozessordnung grundsätzlich in Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zur Lückenfüllung herangezogen, soweit nicht die Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens dies ausschließen (vgl. zusammenfassend Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 42, Rdnr. 71). Die gilt insbesondere auch für kontradiktorische Verfahren, wozu das vorliegende Umschreibungsverfahren gehört. Zudem würde die in obiger Mitteilung vertretene Auffassung dazu führen, dass das Umschreibungsverfahren erst mit Einlegung der Beschwerde unterbrochen wäre, da eine Abhilfe gemäß § 66 Abs. 5 Satz 2 MarkenG nicht in Betracht kommt und § 240 ZPO gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in zweiseitigen Verfahren vor dem Bundespatentgerichts entsprechend anzuwenden ist (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 82, Rdnr. 72). |
c) | Auch wenn der Beschluss vom 16. September 2016 folglich während der Unterbrechung des Verfahrens erlassen worden ist, so kann er dennoch mit der Beschwerde angefochten werden (zum entsprechenden Fall des Erlasses eines Urteils während der Unterbrechung vgl. BGH NJW 1997, 1445). Zudem hat die Antragstellerin bereits mit Einlegung und Zustellung der Beschwerde das Verfahren gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO wirksam aufgenommen. § 250 ZPO setzt nicht voraus, dass die Aufnahme ausdrücklich erklärt wird. Sie kann auch stillschweigend durch die Vornahme von Prozesshandlungen zum Ausdruck gebracht werden (BGH 111, 104; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Auflage, § 86, Rdnr. 26). Die ausdrückliche Aufnahmeerklärung der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 29. März 2017 bestätigt ihr vorheriges schlüssiges Verhalten. |
3. | Das Beschwerdeverfahren ist entscheidungsreif. Es ist - wie oben ausgeführt - mit der Einlegung der Beschwerde aufgenommen worden und demzufolge nicht weiter gemäß § 240 ZPO unterbrochen. |
4. | Von einer Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG wird abgesehen. Zwar hätte der Beschluss vom 16. September 2016 nicht ergehen dürfen, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Markeninhaberin bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses anhängig war. Da sich jedoch die für eine Sachentscheidung maßgeblichen Umstände nicht verändert haben und das Verfahren nunmehr formal fortgeführt werden kann, entscheidet der Senat auch zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung selbst. |
5. | Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die beantragte Umschreibung der Streitmarke ... zu Unrecht abgelehnt. Die Antragstellerin hat ihren Erwerb gemäß § 27 Abs. 3 MarkenG i. V. m. § 28 Abs. 3 Nr. 2 b) DPMAV nachgewiesen. |
Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts ist der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung vom 30. September 2011 zweifelsfrei zu entnehmen, dass die eingetragene Markeninhaberin die Streitmarke auf die Antragstellerin übertragen hat. In Ziffer A) 1. dieser Vereinbarung haben die vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beteiligten ausdrücklich erklärt, dass die eingetragene Markeninhaberin die Streitmarke an die Antragstellerin verkauft und sämtliche Rechte an ihr an letztgenannte abtritt. Die ausdrückliche Abtretung sämtlicher Rechte an der Marke, die das dingliche Verfügungsgeschäft nach §§ 398, 413 BGB darstellt, zieht den Rechtsübergang der Streitmarke auf die Antragstellerin nach sich.
Wie auch das Deutsche Patent- und Markenamt nicht in Zweifel gezogen hat, hat die Antragstellerin den Abschluss des Vertrags durch Vorlage einer Kopie der Vertragsurkunde ausreichend belegt (vgl. § 28 Abs. 5 DPMAV; siehe hierzu auch die Einführung zur Umschreibungsrichtlinie des DPMA vom 15. November 1996, geändert zum 1. Januar 2002). Zur Vorlage weiterer Unterlagen gemäß § 28 Abs. 6 DPMAV bestand im Streitfall kein Anlass. Insbesondere hat die Beschwerdegegnerin den wirksamen Abschluss der aus der vorgelegten Kopie ersichtlichen vertraglichen Vereinbarung zwischen ihr und der Antragstellerin nicht bestritten. Bei dieser Sachlage wird das Zustandekommen des Vertrags im September 2011 auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Original der Vertragsurkunde ausweislich der eidesstattlichen Versicherung der Prokuristin der Antragstellerin vom 27. Juni 2017 derzeit nicht auffindbar ist und daher nicht in der mündlichen Verhandlung vorgelegt werden konnte.
Rechtliche Bedenken gegenüber der Wirksamkeit des Vertrags sind nicht geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insbesondere war das Vermögen der Markeninhaberin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mit einem Verfügungsverbot oder Zustimmungsvorbehalt belegt. Ebenso stellt der nachträgliche Hinweis eines Geschäftsführers der Beschwerdegegnerin in seinem Schreiben vom 25. September 2015, dass Änderungen der Inhaberschaft der gegenständlichen Marke nur mit seiner schriftlichen Zustimmung vorgenommen werden dürften, die bereits mit Vertrag vom 30. September 2011 erfolgte Übertragung der Marke ... nicht in Frage. Auch die in dem Schreiben vom 12. November 2015 erklärte Verweigerung der Zustimmung des Insolvenzverwalters zur Umschreibung ist unbeachtlich, da die Streitmarke bereits zuvor wirksam auf die Beschwerdeführerin übertragen worden ist. Zudem sind keinerlei Gründe für die Ablehnung der Übertragung geltend gemacht worden.
Der Beschwerde der Antragstellerin war daher stattzugeben.