Entscheidungsdatum: 29.01.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die angemeldete Marke 30 2016 027 581.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. Januar 2019 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Schwarz und die Richterin Werner
beschlossen:
1. Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde vom 26. Juni 2018 gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes – Markenstelle für Klasse 25 – vom 29. Mai 2018 gilt als nicht eingelegt.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 29. Mai 2018 die Anmeldung der Angabe
Basic
zur Eintragung ins Markenregister als Wortmarke für Waren der Klassen 25 und 35 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.
Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 5. Juni 2018 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit per Fax am 27. Juni 2018 eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom selben Tag Beschwerde eingelegt. Eine Zahlung der Beschwerdegebühr erfolgte demgegenüber zunächst nicht.
Auf den den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin und Anmelderin am 4. September 2018 zugestellten Hinweis des Gerichts vom 20. August 2018, dass die tarifgemäße Gebühr in Höhe von 200 € noch nicht gezahlt sei, hat die Anmelderin diesen Betrag überwiesen, der dem Konto des Deutschen Patent- und Markenamtes am 29. September 2018 gutgeschrieben wurde, und mit Anwaltsschriftsatz vom 19. September 2018 gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Den Wiedereinsetzungsantrag begründet die Anmelderin wie folgt: Der angefochtene Beschluss sei dem Geschäftsführer der Anmelderin von deren Verfahrensbevollmächtigten am 6. Juni 2018 per E-Mail übersandt worden. Bei einer telefonischen Besprechung am Folgetag sei zwischen dem Geschäftsführer der Anmelderin und dem zuständigen Rechtsanwalt vereinbart worden, dass der Beschluss angefochten werden solle. Mit weiterer E-Mail vom 7. Juni 2018 um 15:24 Uhr habe der zuständige Rechtsanwalt den Geschäftsführer der Anmelderin u. a. aufgefordert, die Beschwerdegebühr in Höhe von 200 € sofort anzuweisen und ihm eine Kopie der Anweisung zukommen zu lassen. Der Geschäftsführer der Anmelderin habe diese E-Mail ausgedruckt und gegen 18:30 Uhr, nachdem alle Mitarbeiter gegangen waren, den Ausdruck der zuständigen Mitarbeiterin, Frau R…, auf den Schreibtisch gelegt, damit diese am Folgetag die entsprechende Überweisung tätige. Frau R…, bei der es sich um eine zuverlässige Mitarbeiterin handele, habe allerdings am Folgetag diesen Ausdruck nicht vorgefunden und daher die Überweisung nicht getätigt. Von der fehlenden Zahlung hätten sowohl die Anmelderin als auch deren Verfahrensbevollmächtigte erst durch das Schreiben des Gerichts vom 20. August 2018 erfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrages hat die Anmelderin eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers Friedhelm V… vom 19. September 2018 vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
1. ihr Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Gebührenzahlung zu gewähren,
2. den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes – Markenstelle für Klasse 25 – vom 29. Mai 2018 aufzuheben.
II.
1. Die Beschwerde, über die im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann, da die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung weder seitens der Anmelderin beantragt wurde noch der Senat diese für sachdienlich erachtet, gilt nach § 6 Abs. 2 PatKostG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatKostG als nicht eingelegt, da die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Zahlungsfrist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses (§ 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG) gezahlt worden ist und der Anmelderin wegen der versäumten Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr auf ihren Antrag keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 91 MarkenG gewährt werden kann.
Zwar ist der Wiedereinsetzungsantrag zulässig, insbesondere innerhalb der gesetzlichen Frist (§ 91 Abs. 2 MarkenG) unter Glaubhaftmachung der Angaben (§ 91 Abs. 3 MarkenG) und Nachholung der versäumten Handlung (§ 91 Abs. 4 MarkenG), hier der Zahlung der Beschwerdegebühr, gestellt worden, es fehlt aber an einem Wiedereinsetzungsgrund, da aufgrund des glaubhaft gemachten Vortrags der Anmelderin nicht festgestellt werden kann, dass sie an der Versäumung der Frist ohne Verschulden gehindert gewesen war.
Ohne Verschulden ist eine Frist versäumt, wenn die für einen verständigen und gewissenhaften, seine Belange sachgerecht wahrnehmenden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den konkreten Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet wurde, wofür die tatsächlich vorhandenen praktischen Möglichkeiten zugrunde zu legen sind (vgl. Kur/v. Bomhard/Albrecht, BeckOK Markenrecht, 12. Edition, Stand 01.01.2018, § 91 Rn. 15 m. w. N.). Nach allgemeiner Ansicht steht das bloße Verschulden Dritter, zu denen – da § 278 BGB insoweit nicht gilt – auch die Angestellten und Mitarbeiter des Beteiligten gehören, nicht dem Verschulden des Verfahrensbeteiligten gleich, sofern dieser seiner Eigenverantwortlichkeit bei der Aufsicht, Organisation oder Information seiner Angestellten genügt hat (vgl. Zöller/Greger, 32. Aufl., § 233 Rn. 16). Soweit die Fristversäumung hingegen (auch) auf einem Verschulden des Bevollmächtigten beruht, steht dessen Verschulden kraft Gesetzes (§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m.§ 85 Abs. 2 ZPO) dem Verschulden des Verfahrensbeteiligten gleich. Bei Mitwirkung von Patent- und Rechtsanwälten stellt die Rechtsprechung dabei an diese hohe Sorgfaltsanforderungen bei der Einhaltung von Fristen (vgl. Zöller/Greger, a. a. O., Rn. 23 „Fristenbehandlung“ m. w. N.); dabei ist die durch das Büropersonal des Verfahrensbevollmächtigten verursachte Fristversäumnis bei einer mangelnden Büroorganisation als Eigenverschulden des Anwalts anzusehen (vgl. Zöller/ Greger, a. a. O., Rn. 23 „Büropersonal und -organisation“ m. w. N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen beruht im vorliegenden Fall die Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr auf einem Verschulden der Anmelderin. Dabei kann dahinstehen, ob der Vortrag der Anmelderin hinreichend glaubhaft gemacht ist. Denn bislang hat die Anmelderin lediglich eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vorgelegt, mit der dieser aber das angebliche Nichtvorfinden des Ausdrucks bei seiner Mitarbeiterin deshalb nicht glaubhaft machen kann, weil es ausgeschlossen ist, dass das, was die Mitarbeiterin am 8. Juni 2018 bei ihrem Arbeitsantritt auf ihrem Schreibtisch vorfinden konnte, Gegenstand seiner eigener Wahrnehmung ist. Seine Schilderung hierüber kann daher allenfalls auf Hörensagen beruhen, wozu aber in der eidesstattlichen Versicherung nichts ausgeführt ist, weil diese keinerlei Angaben dazu enthält, wann und wie er hiervon von wem etwas erfahren haben will.
Ungeachtet dessen liegt aber auch dann, wenn man die Richtigkeit der Angaben der Anmelderin sowie ihres Geschäftsführers in der eidesstattlichen Versicherung unterstellt, ein (Eigen-) Verschulden der Anmelderin vor. Denn nachdem diese sich mit ihrem Verfahrensbevollmächtigten dahin verständigt hatte, dass sie selbst die Beschwerdegebühr überweisen soll, wobei ihr aufgrund des Hinweises ihres Verfahrensbevollmächtigten in dessen E-Mail vom 7. Juni 2018 auch die Bedeutung dieser Zahlung für die Wirksamkeit der Beschwerde ausdrücklich mitgeteilt worden war, war sie selbst gehalten, die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und deren Umsetzung auch zu überwachen. Hierfür reicht es aber nicht aus, die E-Mail ihres Verfahrensbevollmächtigten einfach auszudrucken, diese sodann einer Mitarbeiterin auf den Arbeitsplatz zu legen und dieser somit die Durchführung der weiteren Maßnahmen zu überlassen. Denn die Zahlung einer Beschwerdegebühr kann nur bei solchen Organisationen zum Büroalltag gehören, deren Hauptaufgabe, wie dies etwa bei Rechtsanwalts- oder Patentanwaltskanzleien der Fall ist, in einer forensischen Tätigkeit liegt. Bei Unternehmen, die wie die Anmelderin nicht auf diesem Geschäftsgebiet hauptsächlich tätig sind, gehört ein solcher Vorgang demgegenüber zu den außergewöhnlichen Maßnahmen, deren Durchführung aufgrund ihrer Ungewöhnlichkeit besonderer Sorgfalt unterliegen. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Partei oder bei nicht geschäftsfähigen Personen deren gesetzlicher Vertreter die Durchführung einer solchen Maßnahme auf ihre Angestellten übertragen darf und deren Verschulden bei der Durchführung der Maßnahme nicht nach § 278 BGB der Partei selbst zugerechnet wird, stellt diese die Partei selbst treffende besondere Sorgfaltspflicht aber erhöhte Anforderungen an ihre eigene Tätigkeit auf.
Ausgehend hiervon genügt es vorliegend nicht, dass der Geschäftsführer der Anmelderin seine eigene Tätigkeit zu der von der Anmelderin aufgrund der Vereinbarung mit ihrem Verfahrensbevollmächtigten übernommenen Einzahlung der Beschwerdegebühr darauf zu beschränken, nur die E-Mail des Verfahrensbevollmächtigten einer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr am Arbeitsplatz anwesenden Mitarbeiterin auf den Schreibtisch zu legen. Vielmehr hätte sich der Geschäftsführer darüber hinaus nochmals selbst vergewissern müssen, dass seine Anweisung zur Durchführung der Maßnahme diese Mitarbeiterin auch tatsächlich erreicht hat, etwa indem er anderntags sie hierauf nochmals persönlich anspricht. Dies ist aber nach dem Vortrag der Anmelderin und dem Inhalt der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers nicht geschehen. Hätte der Geschäftsführer dieser ihm obliegenden Sorgfaltspflicht genügt, wäre der von der Anmelderin geltend gemachte Umstand, dass die Mitarbeiterin die ausgedruckte E-Mail nicht auf ihrem Schreibtisch vorgefunden hatte, sofort entdeckt worden, so dass eine rechtzeitige Zahlung der Beschwerdegebühr noch hätte sichergestellt werden können. Zwar bestehen Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags der Anmelderin insofern, als nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund seine Mitarbeiterin die ausgedruckte E-Mail, welche der Geschäftsführer angeblich zu einem Zeitpunkt seiner Mitarbeiterin auf den Arbeitsplatz gelegt haben will, zu dem außer ihm niemand mehr im Büro war, anderntags nicht mehr vorfinden konnte, weil kein plausibler Grund dafür ersichtlich ist, wieso das Schriftstück vom Schreibtisch der Mitarbeiterin verschwunden sein sollte. Selbst wenn aber dieser Vortrag der Anmelderin und der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers als richtig unterstellt wird, ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass das Unterlassen der rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr auf einem Verschulden der Anmelderin selbst beruhte, was der beantragten Wiedereinsetzung entgegensteht.
Mangels Wiedereinsetzung verbleibt es daher dabei, dass die Beschwerdegebühr nicht fristgerecht gezahlt wurde, so dass nach der gesetzlichen unwiderlegbaren Fiktion gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG die Beschwerde als nicht eingelegt gilt.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war anzuordnen, da für die als nicht eingelegt geltende Beschwerde eine Gebühr nicht geschuldet und daher die verspätet gezahlte Gebühr ohne Rechtsgrund entrichtet worden ist (vgl. Kur/v. Bomhard/Albrecht, BeckOK Markenrecht, 15. Edition, Stand 01.10.2018, § 66 Rn. 108).