Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.02.2019


BPatG 25.02.2019 - 27 W (pat) 519/18

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
25.02.2019
Aktenzeichen:
27 W (pat) 519/18
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:250219B27Wpat519.18.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die angemeldete Marke 30 2017 009 190.7

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. Februar 2019 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Schwarz sowie die Richterin Werner

beschlossen:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes – Markenstelle für Klasse 41 – vom 12. Februar 2018 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Deutsche Patent- und Markenamt – Markenstelle für Klasse 41 – hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Februar 2018 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung der Wortfolge

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Franziska van Almsick

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zur Eintragung als Wortmarke für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 05, 09, 16, 18, 21, 25, 28, 30, 32, 35, 36, 38, 41 und 44 im Markenregister nach § 37 Abs. 1 MarkenG teilweise für die folgenden Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:

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Klasse 09: Ton-, Bild- und Datenträger, auch digitale Aufzeichnungsträger, auch für interaktive Anwendungen;

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Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Bücher;

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Klasse 41: Publikation von Zeitschriften, Newslettern und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen [ausgenommen für Werbezwecke].

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Zur Begründung ist ausgeführt: Dem sehr bekannten angemeldeten Namen fehle für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Prominente seien häufig Gegenstand beschreibender Darstellungen oder träten als Werbeträger auf. Der damit verbundene unmittelbare Sachbezug oder die ausschließliche Werbewirkung eines Eigennamens könnten dann gegen eine herkunftshinweisende Bedeutung im Sinn der markenrechtlichen Unterscheidungskraft sprechen. Für die Annahme mangelnder Unterscheidungskraft sei es nicht zwingend erforderlich, dass mit dem Namen der in Rede stehenden Persönlichkeit unmittelbare Sachhinweise hinsichtlich einer bestimmten Ware verbunden seien, wie es bspw. bei den Namen „Diesel“, „Wankel“, „Röntgen“ oder „Stresemann“ der Fall sei. Vielmehr könnten Namen bekannter Personen auch dann die markenrechtliche Unterscheidungskraft fehlen, wenn sie zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen verwendet werden sollen, die, wie die im Tenor genannten, neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können. Bei solchen Waren und Dienstleistungen könne nämlich der Verkehr mit dem Namen einen thematischen oder sonstigen sachlichen Bezug zu der betreffenden Person herstellen und den Namen deshalb nur als Hinweis auf diese Person, nicht jedoch auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstehen. Sofern das Publikum mit dem Namen der bekannten Person zusätzlich den Lebenserfolg der Persönlichkeit verbinde, wie dies vorliegend bei den zahlreichen Titeln der Namensträgerin zweifelsohne der Fall sei, komme als wahrscheinlichste Verwendungsform des Namens die als Sachtitel zur Darstellung der betreffenden Person in Frage. In derartigen Konstellationen komme der Name der bekannten Person nicht als Unterscheidungsmittel in Frage. Soweit hiergegen eingewandt worden sei, diese Beurteilung entspreche einer Ungleichbehandlung gegenüber unbekannten Namensträgern, verkenne diese Einschätzung, dass Eigennamen unbekannter Personen nicht dazu geeignet seien, als Sachtitel zu fungieren, sodass vorliegend keine Ungleichbehandlung gleicher, sondern ungleicher Sachverhalte vorliege. Auch der Verweis auf die Entscheidung des BPatG in der Sache 29 W (pat) 77/13 – Georg Meistermann führe zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts, da diese Entscheidung von denselben Grundsätzen ausgehe und eine Schutzfähigkeit nur für solche Waren und Dienstleistungen bejaht habe, für die sich der Name des bekannten Künstlers Georg Meistermann nicht als Sachtitel eigne.

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Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 15. Februar 2018 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit Anwaltsschriftsatz vom 15. März 2018, der am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, Beschwerde eingelegt.

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Ihre Beschwerde hat die Anmelderin wie folgt begründet: Die Argumentation der Markenstelle, der zu Folge der Name bekannter Personen, die einen gewissen Grad an Lebenserfolg erreicht haben, kein Unterscheidungsmittel aufweise, gehe fehl. Mit einer reinen Sachbetitelung einer der tenorierten Waren oder Dienstleistungen läge naturgemäß schon keine markenmäßige Verwendung vor, die durch die Markenanmelderin unter Zuhilfenahme des registrierten Markenrechts und der korrespondierenden Rechte aus den §§ 14 ff. MarkenG untersagt werden könnte. Mit diesem bereits anlässlich der Stellungnahme vom 17. August 2017, auf die im Übrigen verwiesen werde, übermittelten Argument habe sich die Markenstelle nicht befasst. Insbesondere sei anhand vieler anderer vorhandener Markenregistrierungen für identische oder vergleichbare wie die hier in Streit stehenden Waren und Dienstleistungen, die bekannte Personennamen zum Gegenstand haben, welche aufgrund ihrer Persönlichkeit oder Leistungen Gegenstand des öffentlichen Interesses seien, erkennbar, dass es ein schützenswertes Interesse gebe. Schlussendlich könne der vorhandene Grad der tatsächlichen Bekanntheit eines Personennamens nicht den Ausschlag für oder gegen das Bestehen einer Unterscheidungskraft im Einzelfall geben. Die jeweils anzulegenden Maßstäbe könnten nur diskriminierender Natur sein.

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Die Anmelderin beantragt wörtlich,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 betreffend die Teilzurückweisung des Zeichens „Franziska van Almsick“ (Wort-/Bildmarke) für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 41 insgesamt aufzuheben.

II.

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A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet. Mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses kann der angemeldeten Bezeichnung nicht die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt werden.

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1. Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes fehlt der angemeldeten Wortfolge nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft.

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a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen gewährleisten, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2018, 917, 921 [Rz. 34] – Mitsubishi). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] – SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] – Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

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b) Entgegen der Ansicht des Deutschen Patent- und Markenamtes kommt dem angemeldeten Namen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender, diese Waren und Dienstleistungen beschreibender Begriffsinhalt zu, bei dem die Unterscheidungskraft zu verneinen wäre (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

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aa) Die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Namen natürlicher Personen erfolgt nach den für alle Markenformen geltenden Grundsätzen (EuGH C-404/02, GRUR 2004, 946 Rn. 25 – Nichols; BGH GRUR 2018, 301 Rn. 12 – Pippi-Langstrumpf-Marke; BPatG BeckRS 2016, 18764 – Pippi Langstrumpf; BPatG GRUR 2014, 79, 80 – Mark Twain; GRUR 2008, 518, 520 – Karl May). Es sind weder strengere (EuGH C-404/02, GRUR 2004, 946 Rn. 26 – Nichols; BPatG GRUR 2012, 1148 (1149) – Robert Enke) noch andere Kriterien (EuGH C-404/02, GRUR 2004, 946 Rn. 26 – Nichols, mit Beispielen für unzulässige zusätzliche Kriterien) anzuwenden. Dabei sind sie als geradezu klassisches Kennzeichnungsmittel (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 12 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2012, 832 Rn. 22 – ZAPPA; GRUR 2008, 801 Rn. 13 – Hansen-Bau) im Normalfall unterscheidungskräftig, sofern nicht besondere Umstände in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vorliegen, die ausnahmsweise dazu führen, dass die angesprochenen Verkehrskreise im beanspruchten Namen keinen Herkunftshinweis, sondern eine Sachangabe erblicken (vgl. EuGH C-404/02, GRUR 2004, 946 Rn. 30 – Nichols; BPatG GRUR-RR 2014, 286 – August-Macke-Haus). Eine Sachangabe liegt dabei dann vor, wenn das Zeichen zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es dem betreffenden Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung ihrer Merkmale zu erkennen (BPatG GRUR-RR 2013, 460, 462 – Annette von Droste zu Hülshoff Stiftung).

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Einen solchen engen Bezug hat die Rechtsprechung etwa bei der Verwendung mit Waren der Klasse 16, insbesondere bei Büchern, Zeitschriften, Filmen usw. mit der Begründung angenommen; den Namen einer (realen) bekannten Person werde der Verkehr oft nicht nur mit dieser selbst verbinden, sondern regelmäßig auch mit dem Lebenserfolg, auf dem die Bekanntheit beruht, etwa mit der schöpferischen bzw. künstlerischen Leistung bei Schriftstellern, Komponisten und Schauspielern, dem sportlichen Erfolg bei Sportlern, dem regelmäßigen medialen Auftritt eines Fernsehmoderators oder der ausgeübten Funktion bei Politikern und Würdenträgern (so BPatG GRUR 2008, 512, 513 – Ringelnatz; GRUR-RR 2013, 460, 462 – Annette von Droste zu Hülshoff Stiftung). Daraus wurde geschlossen, dass einem solchen Namen deshalb für Druckschriften und ähnliche Medien, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, die Unterscheidungskraft fehlen könne, weil und soweit er als Inhaltsangabe erscheine (BPatG a. a. O. – Pippi Langstrumpf; GRUR 2008, 518, 520 – Karl May; a. a. O. – Ringelnatz). Dieser Beurteilung, von der ersichtlich auch das Deutsche Patent- und Markenamt ausgegangen ist, kann nicht gefolgt werden (vgl. auch Götting MarkenR 2014, 229, 230, der hierzu aber allein auf die „Lebenserfahrung“ abstellt; krit. auch Eichelberger in: Kur/v. Bomhardt/Albrecht, BeckOK Markenrecht, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 8 Rn. 311: Es sei „genau zu prüfen, ob der Verkehr tatsächlich von einer konkreten Inhaltsangabe“ ausgehe).

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bb) Bei der Beurteilung, ob der Name einer bekannten lebenden Persönlichkeit – hier der Anmelderin Franziska van Almsick, bei der es sich um eine der bekanntesten und erfolgreichsten Schwimmerinnen der jüngsten Sportgeschichte handelt – für die vorliegend beanspruchten Waren der Ton-, Bild- und Datenträger sowie der Druckereierzeugnisse in den Klassen 9 und 16 in den Augen der hiermit angesprochenen Durchschnittsverbraucher als Angabe des Themas, mit welchem sich diese Waren befassen können, oder als Herkunftsangabe ansehen, ist nämlich, wie auch bei den übrigen Markenformen, auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2018, 932 Rn. 18 – #darferdas? m. w. N.; GRUR 2012, 1044 Rn. 20 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 1100 Rn. 28 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 21 – Marlene-Dietrich-Bildnis II, mit Bsp.; BGH GRUR 2004, 865 Rn. 36 f.

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– Mustang). Hierfür ist die Art und Weise maßgeblich, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden, wozu insbesondere die Stelle gehört, an der sie angebracht werden (BGH GRUR 2008, 1093 Rn. 22 = WRP 2008, 1428 – Marlene-Dietrich-Bildnis I). Denn die übliche Verwendungsweise eines Zeichens prägt auch das Zeichenverständnis des Publikums (vgl. hierzu allgemein Eichelberger in: Kur/v. Bomhardt/Albrecht, a. a. O., Rn. 127 m. w. N.), sodass der Verbraucher, wenn ihm ein Zeichen an einer Stelle entgegentritt, wo sich üblicherweise Marken befinden, es eher als Herkunftshinweis ansieht, während die Verwendung an einer Stelle, an welcher der Verkehr normalerweise kein Herkunftshinweis erwartet, eher für das Gegenteil spricht (Ströbele MarkenR 2012, 455; vgl. auch BGH GRUR 2010, 838 Rn. 20 – DDR-Logo [dekoratives Element]).

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Nach der Rechtsprechung des BGH muss im Eintragungsverfahren für das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht jede denkbare Verwendung des Zeichens markenmäßig sein (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 21 – #darferdas?; GRUR 2012, 1044 Rn. 20 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 1100 Rn. 28 – TOOOR!; GRUR 2008, 1093 Rn. 22 – Marlene-Dietrich-Bildnis I; GRUR 2001, 240, 242 – SWISS ARMY; BPatG BeckRS 2012, 15672 – SACHSEN!). Vielmehr genügt es, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es Schutz beansprucht, so zu verwenden, dass es vom Publikum ohne Weiteres als Marke verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2001, 240 [242] – SWISS-ARMY; GRUR 2008, 193 Rn. 22 – Marlene-Dietrich-Bildnis I; BGHZ 185, 152 Rn. 21 = GRUR 2010, 825 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; BGH GRUR 2010, 1100 Rn. 28 – TOOOR!; BGHZ 193, 21 Rn. 20 = GRUR 2012, 1044 – Neuschwanstein). Diese Vorgaben des BGH für die Prüfung der Unterscheidungskraft hat der BGH als mit der hierzu ergangenen, den nationalen Richter bindenden Rechtsprechung des EuGH (vgl. hierzu EuGH GRUR 2013, 519 Rn. 55 – Deichmann SE [umsäumter Winkel]) vereinbar angesehen (vgl. BGH GRUR 2018, 932, 934 [Rn. 21] – #darferdas?). Daher kann einem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen sein, wenn es vom Publikum in der wahrscheinlichsten Verwendungsform lediglich als Sach-, nicht aber als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass die Unterscheidungskraft nicht verneint werden kann, wenn sie in dieser wahrscheinlichsten Verwendungsform von maßgebenden Teilen des Publikums nur als Herkunftshinweis und nicht als Sachangabe verstanden wird. Danach ist vorliegend, wie sogleich näher auszuführen sein wird, von einem Verständnis der Anmeldemarke als Herkunftshinweis auszugehen. Auf die derzeit dem EuGH vom BGH vorgelegte Vorabentscheidungsfrage zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der RL 2008/95/EG, nämlich ob die Unterscheidungskraft auch dann zu bejahen ist, wenn das Zeichen bei einer zwar nicht wahrscheinlichsten, aber daneben ebenso möglichen, praktisch bedeutsamen und naheliegenden Verwendungsform vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird (vgl. dazu das Vorabentscheidungsersuchen BGH GRUR 2018, 932 Rn. 21 – #darferdas?), kommt es im vorliegenden Fall nicht (mehr) an.

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cc) Auf dem hier in Rede stehenden Gebiet der Klasse 09: Bild-, Ton- und Datenträger (also im Wesentlichen auf CD, DVD, CD-ROM, Videokassetten und Schallplatten) sowie im Bereich der Klasse 16: Druckereierzeugnisse (im Wesentlichen mithin auf Büchern und Zeitschriften) ist das Publikum daran gewohnt, dass sowohl das Thema oder der Gegenstand dieser Produkte (also der Werktitel sowie die hierfür verantwortlichen Autoren, Darsteller, Regisseure, Drehbuchautoren, Komponisten oder Musiker) als auch die Herkunftsangabe (also bei Büchern der Verlag, bei Ton- und Bildträgern das sog. Musiklabel, also das Produktions- und Vertriebsunternehmen) nebeneinander angegeben werden, wobei bei diesen Produkten sich diese Angaben nahezu durchgängig überwiegend an bestimmten Stellen befinden. Gerade aus der Anbringung von Angaben an bestimmten Stellen schließt das Publikum bei diesen Produkten erst, ob es sich um eine Autoren-, eine Titel- oder eine Verlagsangabe handelt. So ist es etwa bei Büchern allgemein üblich, Autor und Werktitel besonders grafisch herauszustellen und in der Regel in den oberen zwei Dritteln des Buchcovers zu platzieren, während sich die Verlagsangabe – also der Herkunftshinweis – nahezu durchgängig immer in einer meist kleineren Schrift am unteren Rand wiederfindet (so auch BPatG, Beschluss vom 14. November 2013, 27 W (pat) 6/13, Rdnr. 27 f. – Ferdinand Tönnies, Juris.de). Ähnliches gilt auch für Bild- und Tonträger, bei denen sich der Herkunftshinweis entweder wie bei Büchern deutlich kleiner als Titel und Autor auf der Vorderseite oder sogar nur auf der Rückseite des jeweiligen Trägers befindet.

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Hieran ist das Publikum gewöhnt. Liest er beispielsweise nur den Namen „Suhrkamp“ am unteren Rand eines Buches (wie es in der Tat vom Suhrkamp-Verlag, dem zumindest im Bereich der Belletristik bekanntesten deutschen Verlag, praktiziert wird), wird er darin nur den Hinweis auf den Verlag und damit auf die Herkunft des hiermit gekennzeichneten Buches sehen, ohne dass ihm die Idee in den Sinn käme, dass hiermit auch auf den Inhalt des Buches hingewiesen werden könnte, obwohl dies angesichts des Umstandes, dass es sich beim Verlagsgründer Peter Suhrkamp um einen berühmten Nachkriegsverleger handelt, der breitesten Verkehrskreisen, die sich für Literatur interessieren, von allen deutschen Verlegern sicherlich am ehesten bekannt ist und über dessen Wirken bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht wurden, durchaus denkbar wäre. Aufgrund dieser durchgängigen, nahezu ausnahmslos praktizierten Publikationspraxis wird das Publikum bei einer Namensangabe, die es beispielsweise bei Büchern am unteren Rand des Buchcovers liest, daher selbst dann, wenn es sich bei dem dort abgebildeten Namen (wie vorliegend) um denjenigen einer bekannten Persönlichkeit handelt, stets nur davon ausgehen, dass damit die für die Herausgabe verantwortliche Person oder das hierfür verantwortliche Unternehmen angegeben wird, nicht aber, dass damit auf den Gegenstand oder das Thema des jeweiligen Produkts hingewiesen werden soll. Befindet sich dagegen der Name beispielsweise in der Mitte des Buchcovers, wird es darin lediglich entweder den Autor oder den Gegenstand bzw. bei Personennamen die Person, mit dem oder der sich das Buch befasst, erblicken. Da Werktitel (vgl. §§ 1, 5 Abs. 3 MarkenG) von der Marke (§§ 1, 3 und 4 MarkenG) zu unterscheiden sind und in der Regel gerade nicht als Herkunftshinweis angesehen werden (vgl. BGH GRUR 2005, 264 f. – Das Telefon-Sparbuch), stellt eine mögliche Verwendung des zur Markeneintragung angemeldeten Namens als Werktitel keine Verwendungsform dar, welche vom Publikum als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Eine solche Verwendungsform hat bei der Prüfung der Frage, ob dem angemeldeten Namen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, außer Betracht zu bleiben. Dementsprechend unterliegt – worauf die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung zutreffend hingewiesen hat – die Verwendung des Namens einer prominenten Persönlichkeit als Werktitel in der Regel nicht dem Verbietungsrecht des Inhabers einer Marke, welche diesen Namen u. a. auch für Druckereierzeugnisse schützt (vgl. hierzu allg. Mielke in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, BeckOK Markenrecht, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 14 Rn. 90 ff.).

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Findet der Verbraucher daher den angemeldeten Namen bei den streitgegenständlichen Waren der Klassen 9 und 16 an der für die Bezeichnung der Herkunft dieser Waren üblichen Kennzeichnungsstelle, also an den Stellen, an denen ganz überwiegend der Verlag oder der Produzent des jeweiligen Produkts genannt zu werden pflegt, hat er keine Veranlassung mehr, darin nur eine Inhaltsangabe zu erblicken; vielmehr drängt sich ihm dann wegen der üblichen Kennzeichnungsart gerade zwangsläufig der Gedanke auf, dass es sich bei dem dort befindlichen Namen nur um die Produktverantwortliche oder den Produktverantwortlichen handeln kann. Dies reicht aber aus, um das geforderte Mindestmaß an Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für diese Waren zu bejahen.

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dd) Nichts anderes gilt schließlich auch für die ebenfalls zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 41. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich beim möglichen Gegenstand der Publikationen, auf welche sich diese Dienstleistungen beziehen, nur um eine mittelbare Angabe handelt, bei der im Allgemeinen die Voraussetzung eines unmittelbaren Produktbezugs fehlt, der aber für die Annahme einer die Unterscheidungskraft verneinenden Beurteilung erforderlich ist (vgl. hierzu Eichelberger in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, a. a. O., Rn. 189); denn im Vordergrund steht bei diesen Dienstleistungen die Erbringung der erforderlichen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen für eine Publikation selbst, die vom thematischen Gegenstand derselben im Allgemeinen unabhängig ist, während der Vertrieb der mittels dieser Dienstleistung hergestellten Publikation in der Öffentlichkeit bereits zum Angebot der betreffenden Ware gehört und daher bereits Gegenstand der Prüfung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung für diese Ware ist. Für den Verbraucher liegt es daher nahe, einem bei der Erbringung dieser Dienstleistungen verwendeten Namen in der Regel nur den Hinweis auf den Erbringer der jeweiligen Dienstleistung, nicht aber auf den Gegenstand der aufgrund dieser Dienstleistung später angebotenen Produkts zu entnehmen.

25

2. Da somit die Zurückweisung der Anmeldung durch das Deutsche Patent- und Markenamt nicht mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses auf eine fehlende Unterscheidungskraft gestützt werden kann, war dieser Beschluss auf die Beschwerde aufzuheben.

26

B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht ebenso wenig Veranlassung wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG.