Entscheidungsdatum: 22.05.2012
Petersburger Staatsballett
Anders als Firmenwahrheit und Berechtigung zur Namensführung ist die Berühmung einer staatlichen Trägerschaft bereits im Eintragungsverfahren im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zu prüfen.
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 026 934.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner am 22. Mai 2012
beschlossen:
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der Wortmarke
St. Petersburger Staatsballett
vom 28. April 2009, "präzisiert" mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2009 (Bl. 15 ff. der VA), als Kennzeichnung für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 41 und 42 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mit Beschlüssen vom 25. Februar 2010 und vom 28. März 2011, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, da der angemeldeten Wortfolge die erforderliche Unterscheidungskraft fehle.
"St. Petersburger Staatsballett" weise einen ohne weiteres verständlichen Sinngehalt mit einem beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf, so dass die Bezeichnung für diese Waren und Dienstleistungen nicht als Marke verstanden werde. Die Bezeichnung "St. Petersburger Staatsballett" sei ihrer Struktur nach keine ungewöhnliche Wortzusammenstellung. Das angesprochene Publikum werde die Bezeichnung sowohl als Hinweis auf künstlerischen Bühnentanz als auch als Hinweis auf ein staatliches Ensemble aus St. Petersburg verstehen. Dieses Verständnis ergebe sich unmittelbar aus der Aneinanderreihung der Einzelwörter und aus der Bedeutung vergleichbarer Wortbildungen wie Staatsbank, Staatsorchester, Staatsoper oder Staatstheater.
Das "St. Petersburger Staatsballett" könne Gegenstand und Thema von bespielten Bild- und Tonträgern aller Art sein. Die Darbietungen eines Staatsballetts aus St. Petersburg könnten Gegenstand von Werbeagenturen, Werbung aller Art, Marketing, Verkaufsförderung, Verträgen, Unterhaltung, kultureller Aktivitäten und deren Verkauf sowie Objekt von Organisation und Produktion sein.
Eine solch allgemeine und dem deutschen Publikum verständliche Aussage sei somit nicht als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen gegenüber solchen anderer Unternehmen geeignet.
Ebenso könne das Argument, das Publikum ziehe gedanklich keinen Schluss auf ein beliebiges Ballett, sondern stelle eine Beziehung zwischen den beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen und diesem Ballet, nämlich dem St. Petersburger Staatsballett her, die Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung nicht begründen. Solche Schlüsse ließen sich nur aus einer bereits langjährigen Tätigkeit eines solchen Balletts oder dessen tatsächlicher Monopolstellung mit der Folge, dass "St. Petersburger Staatsballett" mit einer spezifischen Herkunftsfunktion verbunden werde, ziehen. Solche Fragen der Benutzung spielten bei der Prüfung der Unterscheidungskraft jedoch noch keine Rolle.
Zudem bestehe ein Freihaltebedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Für Mitbewerber müsse es möglich sein, mit der angemeldeten Kennzeichnung auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in der angemeldeten Form hinzuweisen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Dritte auch ein staatliches Ballett mit Ensemblemitgliedern aus St. Petersburg gründeten.
Auch das hilfsweise vorgebrachte Argument der langjährigen und regelmäßigen Benutzung des als Marke angemeldeten Zeichens im Bundesgebiet mit der Folge, dass sich das Zeichen gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt habe, führe vorliegend nicht zur Überwindung der Schutzhindernisse. Nach Würdigung des von der Anmelderin zur Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung vorgelegten umfangreichen Materials komme eine Verkehrsdurchsetzung nicht in Betracht. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass das angemeldete Zeichen "St. Petersburger Staatsballett" infolge Benutzung als Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in den beteiligten Kreisen in Deutschland für die Anmelderin bekannt sei. Eine Verkehrsdurchsetzung könne nur durch Benutzung als Marke erreicht werden; eine bloße allgemeine Bekanntheit sei insoweit unerheblich.
Hinreichende Indizien dafür, dass das Zeichen durch Benutzung als Marke eine hinreichende Bekanntheit erlangt habe, bestünden auch im Hinblick auf die einzelnen Berichterstattungen in der Presse nicht, zumal das Zeichen oft nur in beschreibender Weise, beispielsweise innerhalb von Texten oder innerhalb eines Angebotes als Hinweis darauf, wer welches Ballettstück aufführe, verwendet werde. In diesem Zusammenhang würden auch andere Unternehmen genannt, die als Veranstalter u. a. die Karten anböten. Dies spreche gegen eine Verkehrsdurchsetzung gerade für die Anmelderin.
Der Beschluss im Erinnerungsverfahren ist der Anmelderin am 30. März 2011 zugestellt worden.
Mit ihrer Beschwerde vom Montag, dem 2. Mai 2011, wendet sie sich gegen die Wertungen der Markenstelle und verfolgt ihren Eintragungsantrag insoweit weiter, als sie die Eintragung des angemeldeten Zeichens noch für Waren und Dienstleistungen der
Klasse 9: bespielte Bild- und Tonträger aller Art;
Klasse 35: Dienstleistungen einer Werbeagentur, Werbung, insbesondere Fernsehwerbung, Kundengewinnung und Pflege durch Versandwerbung (Mailing), Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen, Plakatanschlagwerbung, Planung von Werbemaßnahmen, Rundfunkwerbung, Sponsoring in Form von Werbung; Versandwerbung, Marketing (Absatzforschung); Verkaufsförderung (Sales promotion); Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren; Geschäftsführung für Künstler oder Ballettvereinigungen;
Klasse 41: Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten, insbesondere Produktion von Ballett-, Theater- und Konzertaufführungen; Eintrittskartenvorverkauf (Unterhaltung); Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Ballett-, Theater- und Konzertaufführungen;
Klasse 42: Handel mit Aufführungsrechten (Lizenzvergabe) für Ballett-, Theater- und Konzertaufführungen,
beansprucht.
Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin die Auffassung, das angesprochene Publikum werde "St. Petersburger Staatsballett" als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, und nicht als Beschreibung der Art, des Themas und der geographischen Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstehen.
Auch wenn Dienstleistungen, wie Werbung oder Geschäftsführung und Unternehmensberatung, in den verschiedensten Bereichen erbracht werden könnten, sei es nicht gerechtfertigt, jeder Benennung einer Person, Sache oder Leistung bereits deshalb die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen, weil diese spezielle Person, Sache oder Leistung im Einzelfall Gegenstand einer Werbung oder Beratung sein könnte.
Das angesprochenen Publikum werde die Bezeichnung "St. Petersburger Staatsballett" im Bereich der beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 45 nicht thematisch bzw. inhaltsbezogen als Hinweis auf Art und Thema der beanspruchten Dienstleistungen verstehen, nämlich als Werbung, Geschäftsführung etc. für ein "St. Petersburger Staatsballett". Vielmehr werde es sie als phantasievollen, weil in der Branche ungewöhnlichen Herkunftshinweis qualifizieren.
Zudem sei das angemeldete Zeichen für die Anmelderin bekannt. Sie bzw. ihr Geschäftsführer seien in zahlreichen Veranstaltungsankündigungen in Zeitungen und Zeitschriften, in Veranstaltungsprogrammen, in Programmheften sowie in Werbebroschüren, in denen die Aufführungen des "St. Petersburger Staatsballett" beworben würden, ausdrücklich und klar hervorgehoben als Veranstalter genannt. Dort werde insbesondere immer wieder deutlich erkennbar für weitere Informationen auf die Internetseite der Anmelderin hingewiesen. Aus diesen vielfältigen Hinweisen ergebe sich, dass das Publikum die markenmäßig verwendete Anmeldemarke auch tatsächlich der Anmelderin zuordne. Das angesprochene Publikum sei sehr wohl in der Lage und auch daran gewöhnt, örtliche Veranstalter, wie Vorverkaufsstellen und lokale Konzertbüros und dergleichen, die die örtliche Durchführung verantworteten und damit lediglich organisatorische Hilfsdienstleistungen erbrächten, von der Anmelderin, die für die Produktion der einzelnen Aufführungen und Durchführung der Tourneen die Gesamtverantwortung innehabe, zu unterscheiden. Die Annahme, die Angesprochenen würden einer Kartenvorverkaufsstelle oder einem örtlichen Veranstalter die Bezeichnung "St. Petersburger Staatsballett" in irgendeiner Weise zuordnen, beruhe auf einer Verkennung des maßgeblichen Verkehrsverständnisses.
Schließlich rechtfertigten vergleichbare Voreintragungen, wie "Moskauer Staatszirkus" und "Russischer Staatszirkus" auch die Eintragung des angemeldeten Zeichens.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Februar 2010 und vom 28. März 2011 aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. Der Senat hat die Anmelderin dabei darauf hingewiesen, dass die Verwendung der Bezeichnung "Staatsballett", auch im Zusammenhang mit den Werbedienstleistungen, nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossen sein könnte.
Die Anmelderin erhielt Gelegenheit, sich dazu zu äußern.
Mit Schriftsatz vom 27. April 2012 hat sie erklärt, sie habe tatsächlich Beziehungen zu einem Staatsballett aus der Stadt St. Petersburg. Sie habe in der Vergangenheit wiederholt Mitglieder dieser Ballettkompanien zu Tourneen in der Bundesrepublik Deutschland eingeladen. Zum Beleg hat die Markenanmelderin beispielhafte Anträge an das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in St. Petersburg betreffend Visa für die in den Anträgen aufgelisteten Ensemblemitglieder beigefügt.
Zudem habe eine kursorische Recherche zu dem Ergebnis geführt, dass es in der Werbebranche verbreitet sei, Kennzeichen zu verwenden, die eine unmittelbare, scheinbar sachbezogene Bedeutung hätten, die aber aufgrund des ungewöhnlichen Bezugs zu Werbedienstleistungen von den angesprochenen Kreisen nicht in diesem sachbezogenen Sinne verstanden werde.
"St. Petersburger Staatsballett" habe bezogen auf die Werbedienstleistungen der Klasse 35 keinen unmittelbaren Sinn. Das angesprochene Publikum stelle sich angesichts einer Dienstleistungsmarke "St. Petersburger Staatsballett", verwendet für Werbedienstleistungen der Klasse 35, nicht vor, dass die Werbedienstleistungen vom Träger eines St. Petersburger Staatsballetts oder gar von dessen Tänzern erbracht würden. Vielmehr wäre die Erbringung von Werbedienstleistungen durch den Träger oder die Ensemblemitglieder eines Balletts so ungewöhnlich und widersinnig, dass angenommen werden könne, dass die Marke nicht in einem sachbezogenen Sinne erscheine.
II.
Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1.
Zu Recht und mit eingehender sowie zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Wortfolge die Eintragung für die Waren der Klasse 9 und die Dienstleistungen der Klasse 41 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als Angabe zu Thema, Inhalt etc. versagt, weil "St. Petersburger Staatsballett" kein Name eines Ensembles ist (vgl. Beschluss des Senats vom 24. April 2012, Az: 27 W (pat) 23/12 - "Guerzenich Orchester Köln"). Dies hat die Anmelderin nicht dezidiert angegriffen, sondern insoweit auf Verkehrsdurchsetzung abgestellt.
Ebenso ist "St. Petersburger Staatsballett" für die Dienstleistungen der Klasse 42 und für Organisation sowie Durchführung von Werbeveranstaltungen, bei denen Ballettvorführungen stattfinden können, beschreibend.
Dies gilt auch für die Geschäftsführung für Künstler oder Ballettvereinigungen. Diese Dienstleistungen können Tätigkeiten umfassen, bei denen ein St. Petersburger Staatsballett gegenüber Dritten vertreten wird und/oder Gegenstand von Verträgen sein kann.
Soweit die Anmelderin gegen eine Täuschungsgefahr (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG) einwendet, sie habe wiederholt Mitglieder staatlicher Ballett-Kompanien aus St. Petersburg engagiert, was die Aussage "St. Petersburger Staatsballett" rechtfertige, müsste dies dann aber ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen, da es jedermann freisteht, entsprechende Tänzerinnen und Tänzer zu engagieren.
2.
Eine Verkehrsdurchsetzung im Sinn von § 8 Abs. 3 MarkenG für die Anmelderin, die die Schutzunfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG überwinden könnte, ist nicht dargelegt.
Selbst wenn eine Ballett-Truppe mit dem Namen "St. Petersburger Staatsballett" durch die Plakate und sonstigen Ankündigungen von Aufführungen bekannt wäre, besagte dies allein noch nichts über eine Durchsetzung als Marke für die Anmelderin. Auf den eingereichten Unterlagen tritt neben der Anmelderin oft auch noch ein weiterer Veranstalter auf, was die Zuordnung erschwert, zumal die Marke einen staatlichen Anbieter aus St. Petersburg nahelegt, der sein Ensemble auf Tournee schickt. Um eine solche Marke einem Schweizer Privatunternehmen zuzuordnen und nicht anzunehmen, dieses leiste neben den anderen genannten Veranstaltern bloß organisatorische Unterstützung bei der Tournee, bedürfte es einer sehr weitgehenden Verkehrsdurchsetzung.
Dafür fehlen jedoch ausreichende Angaben. Veranstaltungs-, Besucher- und Umsatzzahlen, die einen Marktanteil sowie Bekanntheit zeigen könnten, sind jedenfalls nicht in einer Höhe dargetan, die das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG überwinden könnte. Die Anmelderin hat selbst vorgetragen, dass das Publikum zwischen Gesamtverantwortung und Hilfsdienstleistungen unterscheidet. Dass die NSI Gastspieldirektion als Gesamtverantwortliche gesehen wird, muss mit der gleichen Argumentation in Frage gestellt werden und könnte nur durch einen hohen Grad an Verkehrsdurchsetzung erreicht werden.
3.
Die Anmelderin kann auch aus den Voreintragungen von "Moskauer Staatszirkus" und "Russischer Staatszirkus" keinen Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Markenanmeldung herleiten.
Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG, Beschl. v. 10. Januar 2007 - 29 W (pat) 43/04, BeckRS 2007, 12252 - print24).
Zudem verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise, da jeder Fall gesondert unter Einbeziehung seiner Besonderheiten zu beurteilen ist. So gibt es - anders als ein St. Petersburger Staatsballett - einen Moskauer Staatszirkus tatsächlich.
Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist außerdem keine Ermessens- sondern eine Rechtsfrage, und selbst Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken führen daher nicht zu einem Anspruch auf Eintragung (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rn. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und Schwabenpost).
4.
"St. Petersburger Ballett" wäre zwar für Dienstleistungen einer Werbeagentur, Werbung, insbesondere Fernsehwerbung, Kundengewinnung und Pflege durch Versandwerbung (Mailing), Plakatanschlagwerbung, Planung von Werbemaßnahmen, Rundfunkwerbung, Sponsoring in Form von Werbung; Versandwerbung, Marketing (Absatzforschung); Verkaufsförderung (Sales promotion); Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren keine beschreibende oder sonst übliche Angabe. Es ist nämlich nicht üblich, Werbedienstleistungen nach einem Kunden oder einer beworbenen Produktart zu bezeichnen (BGH GRUR 2009, 949 - My World).
Da das angemeldete Zeichen aber den Bestandteil "Staatsballett" enthält, steht das Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG auch insoweit einer Eintragung entgegen.
Der Senat kann dies prüfen, obwohl die Markenstelle andere Schutzhindernisse zu Grunde gelegt hat (BPatG, Beschl. v. 5.11.2008 - 32 W (pat) 34/07, BeckRS 2009, 04849 - Pure Black). Rechtliches Gehör dazu hatte die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung und über die dazu eingeräumte Schriftsatzfrist.
Die Prüfung ist insoweit auf ersichtliche Tatbestände beschränkt (§ 37 Abs. 3 MarkenG), weshalb keine Benutzungsform denkbar sein darf, in der das Zeichen nicht täuschend wirken kann (BGH GRUR 2002, 540, 541 - Omeprazok; BPatG GRUR-RR 2009, 131, 134 - DRSB-Deutsche Volksbank), wobei es auf die Verhältnisse des Anmelders mangels Bindung der Marke an einen Geschäftsbetrieb nicht ankommt. Unternehmensbezogene Angaben können daher im Anmeldeverfahren keine Täuschungsgefahr bewirken. Ob die Benutzung einer Marke am Markt wettbewerbs- oder standesrechtlich (BPatG Beschl. v. 8.7.2003 - 33 W (pat) 186/01, BeckRS 2009, 00954 - Rechtsberatung) erlaubt ist, ist dort zu prüfen. Das gilt auch für die Firmenwahrheit und für die Berechtigung zur Namensführung (BPatGE 42, 275 (281) Nr. 4 - Fr. Marc; zu Bildern: BPatG NJWE-WettbR 1999, 153 - Michael Schumacher; anders noch BPatGE 31, 115 - Bartels & Jaymes).
Wo aber eine Marke beim Anbieter eine staatliche Trägerschaft erwarten lässt, muss schon im Eintragungsverfahren die Berechtigung dazu geprüft werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Anmelder - wie hier - selbst vorträgt, dass keine Beziehungen zu staatlichen Stellen bestehen und dass es ein (einziges) "St. Petersburger Staatsballett" gar nicht gibt.
Der Bundesgerichtshof und ihm nachfolgend das Oberlandesgericht München sahen einen Wettbewerbsverstoß durch Irreführung nach §§ 3, 5 Abs. 1 UWG darin, dass die Geschäftsbezeichnung "Bundesdruckerei" geeignet ist, bei den Marktteilnehmern unzutreffende Vorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse hervorzurufen (BGH, Urt. v. 29. März 2007 - I ZR 122/04, GRUR 2007, 1079; nachfolgend OLG München, Urt. v. 19. Juni 2008 - 29 U 5133/03; BGH, Beschl. v. 11. Februar 2010 - I ZR 154/08, WRP 2010, 759). Das Landgericht Nürnberg hat dementsprechend im Juli 2009 der Goldgas Stadtwerke GmbH per einstweiliger Verfügung verboten, die Bezeichnung Stadtwerke zu benutzen (Beschl. v. 9. Dezember 2008 - 3 O 10286/08, IR 2009, 40).
Entsprechendes gilt für Bezeichnungen, wie "Staatsballett", "Staatszirkus" - selbst wenn sie nicht existieren. Berühmungen sind nämlich nur dann nicht irreführend, wenn die Verbraucher sie nicht ernst nehmen werden ("Lack-Doktor" für Kfz-Reparaturbetriebe; OLG Köln GRUR 1983, 135 - König-Pilsener; OLG Bamberg GRUR-RR 2003, 344 - Deutschlands bestes Einrichtungshaus; zum Verlust der Reputation des Professorentitels: BGH GRUR 1992, 525; GRUR 1991, 144; GRUR 1989, 445; GRUR 1987, 839). Das EuG spricht insoweit vom erlaubten Bereich der Suggestion (GRUR 2001, 332 - Vitalite). Nicht irreführend sind auch falsche, aber sinnlose Informationen. All dies trifft für "Staatsballett" jedoch nicht zu, da dieser Begriff üblich ist und den Verbraucher zu besonderen Qualitätserwartungen verleitet.
Damit ist diese Angabe dazu geeignet, das Publikum in seinen wirtschaftlichen Entschlüssen, Kauf einer Eintrittskarte und Besuch der Vorführung, zu beeinflussen.
Selbst in der Marke enthaltene aufklärende Zusätze würden eine registerrechtlich relevante Täuschungsgefahr nicht verhindern (BPatG GRUR 1995, 197 - Original Klosterpforte). Erst recht gilt dies für die stets denkbare Möglichkeit, die Marke mit einem die Täuschungsgefahr ausschließenden Zusatz zu benutzen (BPatG BlPMZ 1962, 50 - Ei-Nuss m. Anm. Heydt, GRUR 1962, 242). Selbst eine problemlose Benutzung in der Vergangenheit wäre nicht erheblich.
Die Feststellung der hier maßgeblichen "Ersichtlichkeit" stützt sich auf Erfahrungswissen. Sie ist - anders als Offenkundigkeit" im Sinne des § 291 ZPO - nicht durch Zeugenbeweis zu ermitteln (BGH GRUR 2004, 244 - Marktführerschaft) und keinem Gegenbeweis zugänglich (Bornkamm, WRP 2000, 830, (833, 835); kritisch Pantle, MDR 1993, 1166 ff.). § 291 ZPO gilt nur für Tatsachen, nicht aber für Rechts- oder Erfahrungssätze (Bornkamm WRP 2000, 830 (835)). Für die Beurteilung des Zusatzes "Staats-" können die unterzeichneten Richter das Verkehrsverständnis - auch im Kontext mit künstlerischen Darbietungen - aus eigener Anschauung beurteilen (vgl. BGH GRUR 1992, 406 - Beschädigte Verpackung I; GRUR 1990, 607 - Meister-Kaffee; Teplitzky, GRUR 1992, 821, 826).
Für die Berücksichtigung der Irreführung durch Berühmung staatlicher Trägerschaft schon im Eintragungsverfahren spricht auch der Gedanke des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG sowie des Art. 7 Abs. 1 lit. h GMV, staatliche Hoheitszeichen vom Markenschutz auszuschließen, wenn kein Berechtigungsnachweis (§ 8 Abs. 4 S. 2 MarkenG, Art. 6ter Abs. 8 PVÜ) vorliegt. Die strenge Regelung in § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG umfasst auch "andere staatliche Hoheitszeichen im In- und Ausland", also Staatssymbole, die der Selbstdarstellung des Staates dienen, integrierende Kraft haben, die Würde eines Staates erkennbar machen (BPatG, Beschl. v. 1.2.2005 - 33 W (pat) 342/01, BeckRS 2009, 15055 - Kampfschwimmer; EuGH GRUR 2010, 45 Rn. 40 - American Clothing Associates).
Verkehrsdurchsetzung kommt zur Überwindung eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht in Betracht (§ 8 Abs. 3 MarkenG).
III.
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
IV.
Die Rechtsbeschwerde war zu der bisher nicht höchstrichterlich entschiedenen Frage, inwieweit eine Berühmung staatlicher Trägerschaft bereits im Eintragungsverfahren nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG geprüft werden kann, zuzulassen (§ 83 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 574 ZPO).