Entscheidungsdatum: 11.02.2010
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.
I. Die Klägerin befasst sich unter anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von sicherheitsrelevanten Plaketten. Das Unternehmen der Beklagten zu 2 gehörte früher zum Bundesvermögen und war Bestandteil der Bundesverwaltung. Im Jahr 2000 wurde das Unternehmen privatisiert, die Geschäftsanteile wurden an die A. FONDS übertragen. Seitdem tritt die Beklagte zu 2 auch an Kunden außerhalb der Bundesverwaltung heran. Sie befasst sich unter anderem mit der Herstellung von Banknoten, Wertpapieren, Steuerzeichen, Dienstausweisen und Fahrzeugbriefen, nicht hingegen mit der Herstellung von Plaketten für Kraftfahrzeuge und Dokumentenklebesiegeln. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Beklagte zu 2 exklusiv mit der Herstellung von Personalausweisen, Reisepässen und Führerscheinen beauftragt. Die Beklagte zu 1 ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2, die deren Vertrieb im Ausland unterstützt.
Die Klägerin hat den jeweiligen Bestandteil "Bundesdruckerei" in den Firmenbezeichnungen der beiden Beklagten als irreführend beanstandet. Die Bezeichnung Bundesdruckerei erwecke bei den angesprochenen Verkehrskreisen (öffentliche Verwaltung und Wirtschaftsunternehmen) den Eindruck, dass die Bundesrepublik Deutschland zumindest Mehrheitsgesellschafterin sei. Hieraus folgere der Verkehr, die Beklagten verfügten über eine unbeschränkte Bonität und Insolvenzfestigkeit.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben insbesondere geltend gemacht, die Vorschriften der §§ 22, 24 HGB enthielten eine Ausnahme vom Grundsatz der Firmenwahrheit und -klarheit. Unabhängig davon sei die Bezeichnung "Bundesdruckerei" nicht irreführend.
Das Landgericht hat dem von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsbegehren stattgegeben. Darüber hinaus hat es die Beklagten verurteilt, durch Erklärung gegenüber dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ihre Firmen "BIS Bundesdruckerei International Service GmbH" (Beklagte zu 1) und "Bundesdruckerei GmbH" (Beklagte zu 2) zu löschen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Auf die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 122/04, GRUR 2007, 1079 = WRP 2007, 1346 - Bundesdruckerei).
Nach Zurückverweisung der Sache hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sie jeweils nur verpflichtet sind, den Bestandteil "Bundes" in ihren Firmenbezeichnungen zu löschen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Berufungsgerichts haben die Beklagten fristgemäß am 2. Oktober 2008 Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 5. Januar 2009 begründet. Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2010 hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil sämtliche Geschäftsanteile der Alleingesellschafterin der Beklagten zu 2, die wiederum Alleingesellschafterin der Beklagten zu 1 ist, während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen worden sind. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
II. 1. Die Erledigung der Hauptsache kann noch in der Rechtsmittelinstanz, auch noch während des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde, erklärt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 13.2.2003 - VII ZR 121/02, BauR 2003, 1075, 1076; Beschl. v. 30.9.2004 - I ZR 30/04, WRP 2005, 126; Beschl. v. 1.3.2007 - I ZR 249/02, GRUR 2007, 448 Tz. 12). Da durch die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien der Rechtsstreit insgesamt erledigt ist, ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Vorinstanzen gemäß der auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geltenden Vorschrift des § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands durch Beschluss zu entscheiden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Beschwerde- und gegebenenfalls des Revisionsverfahrens zu berücksichtigen (BGH WRP 2005, 126).
2. Danach sind die Kosten in vollem Umfang den Beklagten aufzuerlegen. Eine für die Beklagten günstige Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits könnte nur erfolgen, wenn nach dem Sach- und Streitstand ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Erfolg gehabt und die Durchführung der Revision zu einer Abweisung der Klage geführt hätte. Dies ist hier nicht der Fall. Die Nichtzulassungsbeschwerde hätte keinen Erfolg gehabt, weil die Beklagten keinen die Zulassung der Revision erfordernden Grund dargetan haben. Insbesondere liegen keine Verstöße des Berufungsgerichts gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) vor.
a) Auch wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde davon auszugehen ist, dass der Gesamtanteil der Irregeführten in den Verkehrskreisen, mit denen die Beklagte zu 2 in geschäftlichen Kontakt tritt, wesentlich geringer ist als die vom Berufungsgericht angesetzte Quote von 66%, rechtfertigt dies nicht die Annahme eines Verstoßes gegen das Willkürverbot.
Wie eine Angabe verstanden wird, hängt von der Auffassung des Personenkreises ab, an den sie sich richtet. Gehören die Adressaten der Werbeaussage verschiedenen Kreisen an, so reicht die Irreführung in einem dieser Kreise aus (BGHZ 156, 250, 256 - Marktführerschaft; vgl. auch BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 122/04, GRUR 2007, 1079 Tz. 38 = WRP 2007, 1346 - Bundesdruckerei; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 5 Rdn. 2.75; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 5 Rdn. 125). Das Berufungsgericht hat mit Recht auf den Verkehrskreis der nicht spezialisierten Personen abgestellt, die möglicherweise ohne Kenntnis über die tatsächlichen Verhältnisse mit den Beklagten in geschäftlichem Kontakt stehen oder treten können. Der Senat hat in seinem Urteil vom 29. März 2007 als möglichen Verkehrskreis ausdrücklich auch die Lieferanten der Beklagten zu 2 genannt (BGH GRUR 2007, 1079 Tz. 38 - Bundesdruckerei). Dieser Verkehrskreis der nicht spezialisierten Personen ist im Rahmen des Meinungsforschungsgutachtens um die Bezieher der DEPAROM erweitert worden, was nicht zu beanstanden ist, da es sich insoweit ebenfalls um nicht spezialisierte Personen handelt.
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die wettbewerbliche Relevanz der Irreführung bejaht. Bei einer Quote von 66% ist diese Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch jedenfalls erfüllt (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.106). Dass nach dem von den Beklagten vorgelegten Meinungsforschungsgutachten der TNS Infratest (Anlage BK 8) lediglich 12% der Befragten die besondere Krisenfestigkeit gerade auf die staatliche Beteiligung oder den Namen der Beklagten zurückführten, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Beschwerde keine andere Beurteilung. Das Berufungsgericht hat dem Ergebnis der Befragung zur Frage 4 A mit Recht keine maßgebliche Bedeutung beigemessen. Angesichts der Wortwahl der Fragestellung ist das gewonnene Ergebnis nicht geeignet, die wettbewerbliche Relevanz der Irreführung entscheidend in Zweifel zu ziehen. In seinem Urteil vom 29. März 2007 hat der Senat ausgeführt, dass es für potentielle Kunden von erheblicher Bedeutung ist, ob sie ein Unternehmen mit verlässlicher Bonität beauftragen, da eine Zusammenarbeit im Falle von Zahlungsschwierigkeiten oder gar einer Insolvenz erheblich erschwert wird (BGH GRUR 2007, 1079 Tz. 28 - Bundesdruckerei). Gemäß dem Gutachten ist hingegen nach einer "besonderen Krisenfestigkeit" gefragt worden. Es liegt nicht fern, dass ein Befragter mit "Krisenfestigkeit" eine ausreichende Bonität eines Unternehmens verbindet. Durch den Zusatz "besondere" in der Fragestellung kann sich ein Befragter veranlasst sehen, nach weiteren Umständen wie beispielsweise eine Vielzahl hoheitlicher Aufträge zu suchen.
c) Die von der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte Fehlerhaftigkeit der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Dabei kann offenbleiben, ob die Anfechtung der Kostenentscheidung - wie die Beschwerdeerwiderung geltend macht - bereits unzulässig ist. Denn es fehlt jedenfalls an der Darlegung eines durchgreifenden Zulassungsgrundes.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff