Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.05.2018


BPatG 09.05.2018 - 27 W (pat) 28/16

Markenbeschwerdeverfahren – "LEZZO (Wort-Bild-Marke)/LEZZO" – Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit – deutlich erkennbarer Hinweis auf die Möglichkeit des Bestreitens der Benutzung – objektiver Grund für Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
09.05.2018
Aktenzeichen:
27 W (pat) 28/16
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:090518B27Wpat28.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 103 Abs 1 GG

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 069 643.5

(hier: Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit)

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. Mai 2018 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und den Richter Dr. Söchtig

beschlossen:

Dem Antrag auf Ablehnung der Richterin am Bundespatentgericht W… wegen der Besorgnis der Befangenheit wird stattgegeben.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 3. April 2014 hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 29, auf den Widerspruch der Beschwerdegegnerin aus ihren geschäftlichen Bezeichnungen „Lezzo Gida Paz. San. Ve Tic. AS“ und Abbildung die angegriffene jüngere Wortmarke Nr. 30 2010 069 643 LEZZO, eingetragen für die Waren

2

Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;

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Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatz-Mittel, Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis

4

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken

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gelöscht, da zwischen der jüngeren angegriffenen Marke und den beiden prioritätsälteren geschäftlichen Bezeichnungen Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1, § 12, § 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG bestehe.

6

Hiergegen richtet sich die am 30. April 2014 erhobene Beschwerde der Inhaberin der jüngeren angegriffenen Wortmarke Lezzo. Mit ihrer Beschwerde trägt sie vor, die Widersprechende könne sich hinsichtlich des Firmennamens „Lezzo Gida Paz. San. Ve Tic AS“ nicht auf das Bestehen eines Unternehmenskennzeichens nach § 5 Abs. 2 S 1 MarkenG berufen, da die Voraussetzungen der Schutzerstreckung nicht vorlägen. Der Schutz eines Unternehmenskennzeichens entstehe durch Benutzungsaufnahme als tatsächliche Handlung und nicht durch formalen Akt. Unternehmenskennzeichen ausländischer Unternehmen seien regelmäßig erst dann geschützt, wenn sie im Inland in einer Weise in Gebrauch genommen würden, die auf den Beginn einer dauernden, wirtschaftlichen Betätigung im Inland schließen lasse. Dieser Fall liege hier nicht vor. Die Widersprechende und Beschwerdegegnerin vertreibe ihre Produkte seit 2008 ausschließlich in der T…. Die Beschwerdegegnerin habe selbst vorgetragen, dass sie seit 2008 nur an eine einzige Firma, die C… Gida Paz. San. Ve Tic. Ltd. mit Sitz in I…, liefere und diese wiederum weiter nach Deutschland liefere. Die Beschwerdegegnerin sei in Deutschland also nicht unternehmerisch tätig; vielmehr wickele sie den Vertrieb ihrer Produkte über ein anderes türkisches Handelsunternehmen ab, was keine auf Dauer angelegte Tätigkeit eines Unternehmens unter einem schutzfähigen Unternehmenskennzeichen im Inland darstelle.

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Außerdem sei keine Verwechslungsgefahr zwischen „Lezzo“ einerseits und „Lezzo Gida Paz. San. Ve Tic AS“ andererseits gegeben.

8

Das Logo Abbildung werde gerade nicht als Unternehmenskennzeichen oder Firmenschlagwort genutzt, sondern ausschließlich markenmäßig. Eine ausschließlich markenmäßige Benutzung stelle aber keinen namensmäßigen Gebrauch dar. Auch insoweit scheide eine Verwechslungsgefahr aus.

9

Mit Verfügung vom 6. April 2018 hat die stellvertretende Vorsitzende, Richterin am Bundespatentgericht W…, ihrer Terminsladung für den 26. April 2018 folgen- den Ladungszusatz beigefügt:

10

„…..Der Senat teilt nach derzeitiger Einschätzungen die Bewertung der Markenstelle des DPMA in dem Beschluss vom 3. April 2014 und vermag die Bedenken der Beschwerdeführerin insbesondere weder hinsichtlich des Bestandes des Unternehmenskennzeichens der Beschwerdegegnerin noch zur Frage der Verwechslungsgefahr der inmitten stehenden Zeichen bzw. Bezeichnungen zu teilen.

11

Die Beschwerdegegnerin dürfte durch die bislang im Verfahren eingereichten Unterlagen ausreichend belegt haben, dass sie mit ihren Produkten seit dem Jahr 2001 auf dem deutschen Markt vertreten war. Dazu hat sie sich zunächst eines deutschen Zwischenhändlers und - ausweislich der eidesstattliche Versicherung des Herrn Q… (Anlage 13) – seit 2008 eines t… Exporteurs bedient. Die eingeführten Waren waren dabei mit dem Unternehmenskennzeichen der Beschwerdegegnerin versehen.

12

Ob dies zum Zeitpunkt über die Beschwerde nach wie vor noch der Fall ist, dürfte bei entsprechendem Bestreiten von der Beschwerdegegnerin darzulegen und zu beweisen sein.

13

Zur Beurteilung der zur Untersagung der Nutzung der Marke berechtigenden Verwechslungsgefahr ist grundsätzlich auch bei Bezeichnungen, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind, auf den Gesamteindruck abzustellen, wobei etwa Bestandteile, die lediglich den Gegenstand des Unternehmens oder seine Rechtsform beschreiben, ggf. wenig zum Gesamteindruck beitragen. Dabei dürfte hier zu berücksichtigen sein, dass ein hinreichend großer Teil des hier angesprochenen Publikums, der die Waren erwirbt der türkischen Sprache mächtig sein dürfte, bzw. die Waren in entsprechenden Supermärkten angeboten werden. Demnach dürfte das Unternehmenskennzeichen durch den Bestandteil „Lezzo“ geprägt sein und der Unternehmenszusatz „Gida Paz. San. Ve Tic. AS“ (übersetzt mit „Lebensmittelvertrieb Industrie und Handel Aktiengesellschaft“) als beschreibend zu vernachlässigen sein.

14

Bei angenommener hoher Branchennähe dürfte dann in der Gesamtschau eine unmittelbare Verwechslungsgefahr begründet sein……….“

15

Mit Schriftsatz vom 10. April 2018 hat die Beschwerdegegnerin wegen des Ladungszusatzes: „Ob dies zum Zeitpunkt über die Beschwerde nach wie vor noch der Fall ist, dürfte bei entsprechendem Bestreiten von der Beschwerdegegnerin darzulegen und zu beweisen sein.“ einen Befangenheitsantrag gegen die stellvertretende Vorsitzende gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, es sei nicht Aufgabe des Senats, der Beschwerdeführenden Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel an die Hand zu geben oder auch nur darauf hinzuweisen. Dies gelte trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes in § 73 Abs. 1 MarkenG, weil die hier relevante Frage der Benutzung ausschließlich dem Beibringungsgrundsatz unterliege und keinerlei Raum für Ermittlungen von Amts wegen belasse. Bestreite die beschwerdeführende Partei mit der Beschwerdebegründung vom 18. Juli 2014 die tatsächlichen Grundlagen der vorgetragenen Benutzung nicht, sondern setze lediglich die eigene rechtliche Bewertung an die Stelle der Bewertung der Markenabteilung und ergänze diesen Vortrag innerhalb der seither vergangenen rund vier Jahren nicht, so bestehe keinerlei Anlass für den Senat, dies selbst zu tun. Dies gebe Anlass, die Befangenheit der stellvertretenden Vorsitzenden des Senats zu besorgen. Dabei reiche die Besorgnis der Befangenheit, die bereits dann begründet ist, wenn berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richterin aufkommen.

16

Die abgelehnte Richterin hat in ihrer dienstlichen Stellungnahme zu dem Befangenheitsantrag am 16. April 2018 ausgeführt:

17

In dem o. g. Verfahren halte ich mich nicht für befangen.

18

Auch meine ich, der beanstandete Satz ist im Kontext des gesamten allgemein gehaltenen rechtlichen Hinweises und bei vernünftiger Betrachtung nicht geeignet, die Befürchtung zu wecken, ich stünde der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.

19

Durch den - auch explizit so bezeichneten - vorläufigen Hinweis, den ich im Senat allgemein angesprochen allerdings nicht im Wortlaut abgestimmt habe, habe ich lediglich beabsichtigt, der Sache zügig und umfassend Fortgang zu geben.“

20

Die Vorsitzende hat die dienstliche Stellungnahme mit Schriftsatz vom 18. April 2018 den Beteiligten mit der Bitte um Stellungnahme zukommen lassen.

21

Die Beschwerdegegnerin trägt vor, sie halte auch nach dienstlicher Stellungnahme der Richterin am Bundespatentgericht W… ihren Befangenheitsantrag aufrecht.

22

Zur Begründung führt sie aus, bei der Ablehnung eines Richters gehe es nicht darum, ob dieser Richter befangen sei, sondern ob die Besorgnis bestehe, dass er befangen sein könne. Es komme insoweit auf den Empfängerhorizont an und nicht darauf, was die betreffende Person wie gemeint hat und mit welchem Ziel ein prozessualer Hinweis erfolgt ist. Bei dem fraglichen Hinweis gehe es auch nicht um eine Rechtsauffassung, sondern um einen Hinweis zur Verfahrensführung, ohne dass dem Senat insoweit ein Recht zur Verfahrensführung zustehe. Der Hinweis:

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Ob dies zum Zeitpunkt über die Beschwerde nach wie noch vor der Fall ist, dürfte bei entsprechendem Bestreiten von der Beschwerdegegnerin darzulegen und zu beweisen sein“

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sei in seinem Kontext ganz eindeutig der „Wink mit dem Zaunpfahl“ für die Beschwerdeführende, ein prozessuales Recht, nämlich das Bestreiten, wahrzunehmen. Damit werde der insoweit zwingend gebotene Bereich neutraler Verhandlungsführung verlassen. Dies sei bei vernünftiger objektiver Betrachtungsweise parteiisch und biete deshalb Anlass, die Befangenheit der abgelehnten Richterin zu besorgen. Es bedeute keinen Angriff gegen die Richterin als Person oder in ihrem Selbstverständnis, ein Verfahren zu beschleunigen und zügig zum Abschluss bringen zu wollen.

25

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

26

die stellvertretende Vorsitzende, Richterin am Bundespatentgericht W…, wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.

27

Die Beschwerdeführerin hat sich zum Befangenheitsantrag nicht geäußert.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

29

Dem Ablehnungsgesuch der Beschwerdegegnerin kann nach § 72 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 42, 44, 47 ZPO der Erfolg nicht versagt werden.

30

Gem. § 72 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 42 Abs.2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit des Richters ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen (Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Auflage, 2018, § 42 Rdnr. 8). In jedem Fall muss schon der äußere Anschein von Befangenheit, der „böse Schein“ von Voreingenommenheit (BVerfGE 108, 122,129), vermieden werden. Um Misstrauen gegen die unparteiliche Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe geeignet, die aus Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus. Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist; unerheblich ist, ob er sich für (un-)befangen hält. Entscheidend ist allein, ob aus der Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei objektive Gründe Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Zöllner a. a. O. Rdnr. 9). Dabei sind die Ablehnungsgründe vom Gericht in ihrer Gesamtheit zu würdigen (Zöller a. a. O.). In Zweifelsfällen ist im Sinne einer Stattgabe des Ablehnungsgesuchs zu entscheiden, nicht seiner Zurückweisung (Zöller a. a. O. Rdnr. 10).

31

Der von der Beschwerdegegnerin beanstandete Satz:

32

„Ob dies zum Zeitpunkt über die Beschwerde nach wie vor noch der Fall ist, dürfte bei entsprechendem Bestreiten von der Beschwerdegegnerin darzulegen und zu beweisen sein

33

stellt einen objektiven Grund dar, der ihr bei vernünftiger Betrachtung Anlass gibt, an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin zu zweifeln.

34

Zwar begründen richterliche Aufklärungspflicht und materiellen Prozessleitung (§§ 139, 273, 278 Abs. 2 S. 2, 522 Abs. 2 Satz 2; Art. 103 Abs.1 GG) niemals einen Ablehnungsgrund, selbst wenn dadurch die Prozesschancen einer Partei verringert werden (Zöller, § 42 Rdnr. 26 m. w. N.). Auch rechtliche Hinweise in anhängigen Verfahren stellen regelmäßig keinen Befangenheitsgrund dar, insbesondere dann nicht, wenn sie gem. § 139 ZPO sogar gesetzlich geboten sind. Diese Hinweisverpflichtung des Gerichts, welche grundsätzlich auch in Verfahren gilt, in denen die Beteiligten anwaltlich vertreten sind (vgl. z. B. BGH NJW 1999, 3716; BGH NJW 2001, 2548, 2549), und die vor allem dem in § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO enthaltenen Verbot von Überraschungsentscheidungen dient, findet jedoch dort ihre Grenze, wo das Gericht andernfalls seine Neutralitätspflicht verletzen würde, wie z. B. durch Einführung neuer Einreden, Hinlenken der Beteiligten auf eine andere tatsächliche Begründung, Ausfüllen von Lücken im Sachvortrag.

35

Die Aufklärungspflicht des Gerichts findet ihre Grenze vor allem dort, wo Hinweise des BPatG die Stärkung der prozessualen Position einer Partei und damit gleichzeitig die Schwächung der Stellung der anderen Partei nach sich ziehen würden (Knoll in: Ströbele/Hacker/Thiering , Markengesetz, 12. Auflage, 2018; § 76 Rdnr. 11; Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering , Markengesetz, 12. Auflage, 2018; § 43 Rdnr. 68; BGH NJW 2004, 164 zur Richterablehnung bei Hinweis auf Verjährung eines Anspruchs).

36

Umstritten ist, ob der gerichtliche Hinweis auf materielle Einwendungen und Einreden möglich ist, ohne dass sich der Richter der Besorgnis der Befangenheit aussetzt. Hier wird das Spannungsfeld zwischen richterlicher Hinweispflicht, dem Beibringungsgrundsatz und der Pflicht zu richterlichen Neutralität besonders deutlich. Hierbei gilt es in besonderem Maße zu berücksichtigen, ob die vorliegend in Rede stehende Einrede bereits im Vortrag der Gegenseite (ggf. auch verklausuliert) angelegt worden ist. Ist dies der Fall, liegt kein Ablehnungsgrund vor. Anderenfalls kann ein entsprechender Hinweis die Besorgnis der Befangenheit begründen, da die Erhebung der Einrede grundsätzlich der Dispositionsfreiheit unterliegt (vgl. hierzu: Graßnach in: Prütting-Gehrlein, ZPO, 9. Auflage 2017, § 42 Rdnr. 49).

37

Eine Besorgnis der Befangenheit ist im vorliegenden Fall gegeben.

38

Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke wird nur geprüft, wenn der Gegner die Benutzung der Marke bestreitet, also nur auf eine entsprechende Einrede und nicht von Amts wegen; es gilt hier gerade nicht der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 73 MarkenG), sondern der Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz. Die Frage der Benutzung einer Widerspruchsmarke ist gerade eine Ausnahme von dem das patentamtliche und patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Grundsatz, dass der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und das Vorbringen der Beteiligten bis zum Erlass der Entscheidung in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen ist (BGH, Beschluss vom 14.05.1998 Rdnr. 24, I ZB 9/96 – DRAGON).

39

Die Beschwerdeführerin hatte bis zur Erteilung des gerichtlichen Hinweises die Benutzung der von der Beschwerdegegnerin ins Feld geführten Unternehmenskennzeichen bisher nicht bestritten, auch nicht verklausuliert. Die Geltendmachung der Nichtbenutzungseinrede oblag indes ausschließlich ihr als Inhaberin der jüngeren Marke. Mit dem beanstandeten Satz wird diese zwar nicht ausdrücklich, aber für einen Rechtskundigen doch deutlich erkennbar auf die Möglichkeit hingewiesen, ein prozessuales Recht, nämlich das Bestreiten der Benutzung, wahrzunehmen. Dieses Bestreiten ist bis heute in dem seit 2014 anhängigen Beschwerdeverfahren, also binnen vier Jahren nach Erhebung der Beschwerde, nicht erfolgt. Aus Sicht der Beschwerdegegnerin, auf die hier maßgeblich abzustellen ist, stellt der verfahrensgegenständliche Satz deshalb einseitig einen von ihr so bezeichneten sprichwörtlichen „Wink mit dem Zaunpfahl“ dar, was im vorliegenden Fall die Annahme der Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt.

40

Auch die dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin vermochte nicht, die Besorgnis der Befangenheit auszuräumen. Ob der abgelehnte Richter tatsächlich befangen ist oder sich für (un-)befangen hält, ist unbeachtlich (Zöller § 42 Rdnr. 9), da – wie bereits ausgeführt – auf den Empfängerhorizont des jeweils Betroffenen abzustellen ist.

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Letztlich vermag auch die Einlassung der abgelehnten Richterin – der beanstandete Satz sei im Kontext des gesamten allgemein gehaltenen rechtlichen Hinweises zu sehen und bei vernünftiger Betrachtung nicht geeignet, die Befürchtung zu wecken, vielmehr sei beabsichtig gewesen, der Sache zügig und umfassend Fortgang zu geben – die berechtigte Besorgnis der Befangenheit nicht zu beseitigen. Der beanstandete Satz, der einseitig einen Hinweis zu Lasten der Beschwerdegegnerin aufzeigt, verliert auch durch den Gesamtzusammenhang des Hinweises als solchen weder an Gewicht noch an Bedeutung, unabhängig von der mit dem gerichtlichen Hinweis verfolgten Intention einer Verfahrensbeschleunigung.

42

Aus diesen Gründen war dem Antrag zu entsprechen.