Entscheidungsdatum: 07.06.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die angemeldete Marke 306 56 674.5
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2010 durch den Richter Schwarz als Vorsitzenden und die Richter Kruppa und Lehner
beschlossen:
1. Der Antrag, den Vorsitzenden Richter am Bundespatentgericht Dr. Albrecht wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 13. Dezember 2007 die Anmeldung der Bezeichnung
9/11
als Marke für die Waren
Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Tabak; Raucherartikel; Streichhölzer
nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil sich die angemeldete Bezeichnung als amerikanische Schreibweise für das Datum 11. September auch im deutschen Sprachgebrauch durchgesetzt habe, um schlag- und blickpunktartig auf den Terroranschlag vom 11. September 2001 hinzuweisen; da der durchschnittlich informierte Verkehrsteilnehmer die angemeldete Bezeichnung vorrangig in dieser Weise verstehe, sei sie als individualisierender Herkunftshinweis und damit als Marke nicht geeignet.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung des Anmelders hat die Markenstelle mit Erinnerungsbeschluss vom 22. Juli 2009 zurückgewiesen. Dabei hat sie auch angenommen, die angemeldete Bezeichnung sei nicht nur mangels Unterscheidungskraft, sondern auch wegen Sittenwidrigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) nicht schutzfähig, weil ein erheblicher Teil des Verkehrs die Monopolisierung des Zeichens „9/11“ als Marke aus sittlichen Erwägungen missbilligen und sie als puren, unerträglichen Sarkasmus besonders gegenüber betroffenen Personen und Opfern ansehen würde.
Mit seiner Beschwerde macht der Anmelder - teilweise durch Bezugnahme auf seine Ausführungen im Eintragungsverfahren vor dem Patentamt - im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schon wegen ihrer Bedeutungsvielfalt schutzfähig, die sich daraus ergebe, dass sie infolge der Ersetzung des üblichen Punktes durch einen Schrägstrich auch im Sinne des 9. November verstanden werden könne; dies sei auch seine Intention gewesen, weil er die Marke zur Erinnerung an den Mauerfall am 9. November 1989 angemeldet habe und hierbei zur Abgrenzung zum Pogrom der Nationalsozialisten am 9. November 1938 das Datum durch Ersetzung des Punktes durch einen Schrägstrich verfremdet habe. Die Schutzfähigkeit der Marke ergebe sich auch aus der verfassungskonformen Auslegung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG liege ebenfalls nicht vor. Die Verwendung der Marke sei weder moralisch noch sittlich zu beanstanden.
Hilfsweise regt er die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Der Beschwerdeführer beantragt,
das DPMA - Markenstellen - zu verpflichten, die beantragte Markenanmeldung entsprechend der Markenanmeldung 306 56 674.5/25 vorzunehmen.
Aufgrund seines mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2009 gestellten (unbedingten) Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende am 14. Dezember 2009 Termin zur mündlichen Verhandlung auf Dienstag, den 2. März 2010, 12 Uhr, bestimmt. Die Ladung ist dem (als Rechtsanwalt tätigen) Beschwerdeführer, nachdem das zunächst übersandte Empfangsbekenntnis nicht zurückgesandt wurde, mit Postzustellungsurkunde am 5. Februar 2010 zugestellt worden. Mit Telefax vom 2. März 2010, welches den Vorsitzenden morgens um 9 Uhr erreichte, bat der Beschwerdeführer um Terminsverlegung mit der Begründung, da er als Rechtsanwalt auch als Strafverteidiger tätig sei und ihm in der vorangegangenen Woche seitens der Staatsanwaltschaft Akten zur Einsicht übersandt worden seien, in welche er sich einarbeiten müsse, sei er am Erscheinen vor dem Senat gehindert. Dem Beschwerdeführer ist hierauf mit Telefax der Geschäftsstelle, welches am 2. März 2010 um 10.20 Uhr an den Anmelder gesendet worden ist, mitgeteilt worden, dass „der Senat in der mündlichen Verhandlung entscheiden wird“.
Aufgrund dieses Telefaxes hat der Anmelder mit um 11.19 Uhr bei Gericht eingegangenem Telefax vom 2. März 2010 den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dies wird damit begründet, infolge der nicht begründeten Ablehnung des Verlegungsantrages habe der Vorsitzende die notwendige Distanz zum Verfahren nicht gewahrt und die Rechte des Anmelders missachtet.
In seiner dienstlichen Stellungnahme vom 2. März 2010 hat der Vorsitzende ausgeführt, er habe die Geschäftsstelle angewiesen, dem Anmelder mitteilen zu lassen, dass der Senat über eine Vertagung in der mündlichen Verhandlung entscheiden werde; der Zusatz „über eine Vertagung“ sei aber seitens der Geschäftsstelle irrtümlich nicht in das Telefax aufgenommen worden. Der Anmelder hat hierauf erwidert, dass nach § 227 Abs. 4 ZPO der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung über die Terminsverlegung entscheiden müsse, so dass eine Entscheidung in der mündlichen Verhandlung nicht zulässig und auch sinnwidrig sei.
Der zunächst zur Verhandlung über das Ablehnungsgesuch und zur Sache vom infolge der Richterablehnung nunmehr zuständigen stellvertretenden Vorsitzenden des Senats anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. April 2010 ist wegen Nichtwahrung der Ladungsfrist des § 75 Abs. 1 Satz 1 MarkenG auf den 7. Juni 2010 verlegt worden. Mit - am 6. Juni 2010 um 19.59 Uhr eingegangenem - Telefax vom 6. Juni 2010 hat der Anmelder mitgeteilt, zum Termin nicht zu erscheinen, und zur Begründung die Anberaumung der mündlichen Verhandlung beanstandet, da zur Sache erst nach Abschluss des Zwischenverfahrens über die Richterablehnung verhandelt werden dürfe und die Entscheidung über letztere nur ohne mündliche Verhandlung ergehen dürfe.
II.
A. Der Antrag des Beschwerdeführers, den Vorsitzenden Richter am Bundespatentgericht Dr. Albrecht wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist nach § 72 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 42, 45 f. ZPO zurückzuweisen, weil ein Ablehnungsgrund nicht vorlag.
1. Die Rüge des Beschwerdeführers, dass über seinen Ablehnungsantrag nicht aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden werden dürfe, ist dabei rechtsirrig. Schon aus dem Wortlaut des § 128 Abs. 4 ZPO ergibt sich für alle Zivilverfahren, dass eine mündliche Verhandlung immer durchgeführt werden kann, denn diese Vorschrift sieht für bestimmte Verfahren lediglich eine Befreiung von dem allgemeinen Gebot zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor (allg. M., vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 46 Rn. 2; s. a. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 72 Rn. 6). Das vom Beschwerdeführer in Verkennung dieser Gesetzeslage offenbar angenommene Verbot, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wäre im Übrigen mit dem grundgesetzlichen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) auch nicht zu vereinbaren.
2. In der Sache selbst kann dahinstehen, ob die vom Vorsitzenden nach seiner dienstlichen Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch beabsichtigte Mitteilung an den Beschwerdeführer, dass über seinen Vertagungsantrag vom gesamten Senat zu Beginn der anberaumten mündlichen Verhandlung entschieden werde, von der Geschäftsstelle fehlerhaft ausgeführt wurde und ob, wie der Beschwerdeführer rügt, eine solche Senatsentscheidung über den Vertagungsantrag überhaupt zulässig gewesen wäre. Selbst wenn nämlich der Beschwerdeführer die ihm von der Geschäftsstelle übersandte Mitteilung nur als Ablehnung seines Vertagungsantrages auffassen konnte und damit davon ausgehen musste, dass der Senatsvorsitzende - entgegen seiner Intention - den Vertagungsantrages endgültig abgelehnt hatte, würde dies eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden nicht begründen.
Die Ablehnung eines Vertagungsantrages, dem das Gericht nach § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 227 ZPO nur aus erheblichen Gründen entsprechen darf, kann eine Besorgnis der Befangenheit nämlich nur begründen, wenn die für eine Terminsverlegung erforderlichen erheblichen Gründe offensichtlich vorliegen und die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar war und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte (vgl. BGH NJW 2006, 2492, 2494; BGHZ 27, 163, 167; OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 1291, 1292). Hiervon kann vorliegend jedoch keine Rede sein. Dem Vertagungsantrag konnte nämlich nichts dafür entnommen werden, aus welchem Grund die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Strafverteidiger sein Erscheinen zu der - aufgrund seines unbedingten Antrages ungeachtet eines möglichen Erfolges seiner Beschwerde zwingend notwendig gewordenen - mündlichen Verhandlung unmöglich gemacht hatte. So war schon nicht mitgeteilt worden, seit wann der Beschwerdeführer, dem die angesetzte mündliche Verhandlung mindestens bereits seit einem Monat bekannt war, mit der Strafsache, die ihn am Erscheinen gehindert haben soll, befasst war; da sich aus seinem Vortrag - der im Übrigen weder das Aktenzeichen noch die zuständige Staatsanwaltschaft oder das zuständige Strafgericht enthielt - ergab, dass seine Mandatierung zumindest bereits einige Tage vor der mündlichen Verhandlung erfolgt war, war auch kein Grund ersichtlich, weshalb er diesen Hinderungsgrund dem Gericht nicht bereits unmittelbar nach seiner Mandatierung, sondern erst kurz vor Beginn der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hatte. Auch der nach seinem Vortrag angesetzte Haftprüfungstermin war nicht konkret mitgeteilt worden, wobei daraus, dass er seinen Vertagungsantrag allein darauf gestützt hatte, dass er sich in Strafakten einzuarbeiten hatte, zu schließen war, dass er jedenfalls nicht für den Terminstag bestimmt war; damit ergab sich aber kein erheblicher Grund für eine Vertagung, weil nicht ersichtlich war, warum der Beschwerdeführer die Strafakten, die ihm nach eigenem Bekunden bereits einige Tage zuvor zugegangen waren und von denen er - wie bei Strafverteidigern üblich - sicherlich Kopien hatte herstellen lassen, ausgerechnet nur während des Zeitraums der angesetzten mündlichen Verhandlung hätte durcharbeiten können. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer seinen Wohn- und Kanzleisitz in Rosenheim hat und die Wahrnehmung des Termins, der üblicherweise nicht länger als eine halbe Stunde dauert, unter Berücksichtigung der Fahrzeit von Rosenheim in den südlichen Vorort Münchens, in welchem das Bundespatentgericht seinen Sitz hat, kaum mehr als zwei Stunden in Anspruch genommen hätte. Wegen der Kurzfristigkeit des gestellten Antrages hätte der Vorsitzende die erforderlichen Angaben auch nicht mehr vom Beschwerdeführer anfordern können. Insgesamt sprach damit schon objektiv nichts dafür, dass ein Hinderungsgrund des Beschwerdeführers so offensichtlich vorlag, dass selbst dann, wenn der Vorsitzende den Vertagungsantrag tatsächlich abgelehnt hätte, eine solche Entscheidung für den Beschwerdeführer unzumutbar gewesen wäre und ihn in seinen Verfahrensrechten über Gebühr beschnitten hätte. Damit scheiden aber Anhaltspunkte, die eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden hätten begründen können, aus, so dass der Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen ist.
B. Da die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch in Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht auch im Falle der Zurückweisung sofort rechtskräftig wird, weil eine Anfechtung vom Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 46 Rn. 14 m. w. N.; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 72 Rn. 6 m. w. N.), wäre der Senat an sich unter Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden zur Entscheidung über die Beschwerde des Anmelders berufen. Da dieser aber wegen eines bereits seit längerem bewilligten Urlaubs am Terminstag an der Mitwirkung im vorliegenden Verfahren gehindert ist, hat der Senat auch über die Beschwerde in der Vertretungsbesetzung zu entscheiden.
C. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1 MarkenG versagt, weil ihr auf jeden Fall die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.
1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit).
2. Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil es sich bei ihr um eine auch im Inland gebräuchliche Bezeichnung handelt, die der Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten, Schlechte Zeiten; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006).
a) Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und durch zahlreiche Belege zu beiden Beschlüssen auch hinreichend nachgewiesen hat, ist die Bezeichnung „9/11“, die in der amerikanischen Schreibweise für „September, 11th“, also den 11. September steht, als übliches Kürzel für den Terroranschlag vom 11. September 2001 auch im Inland insbesondere in den Medien üblich geworden. Zumindest einem erheblichen Teil der inländischen Bevölkerung, an welche sich die beanspruchten Waren richten, ist dieser Inhalt der Bezeichnung geläufig.
b) Wie der Bundesgerichtshof in der „FUSSBALL WM 2006“-Entscheidung (GRUR 2006, 850) ausgeführt hat, fehlt einer Bezeichnung, welche der Verkehr auch in Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen nur als Hinweis auf ein ihm bekanntes bestimmtes Ereignis versteht, für alle Waren und Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft (vgl. BGH, a. a. O., S. 854 [Rn. 20]). So liegen die Dinge aber hier. Als üblichen Hinweis auf den Terroranschlag vom 11. September 2001 werden maßgebliche Teile des mit den schutzsuchenden Waren angesprochenen Publikums die Bezeichnung „9/11“ nur mit diesem historischen Ereignis selbst in Verbindung bringen, so dass ihnen die Vorstellung, hiermit solle stattdessen auf die Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen hingewiesen werden, erst gar nicht kommt. Ungeachtet der Frage, ob das Publikum mit diesem Hinweis auf ein bestimmtes Ereignis eine positive oder negative Wertung verbindet, eignet sich die Bezeichnung damit aber schon von vornherein nicht als Herkunftshinweis, so dass ihr für alle Waren oder Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt.
c) Soweit der Anmelder geltend gemacht hat, die Bezeichnung „9/11“ sei von ihm als Abkürzung für den 9. November gedacht und - was er in dieser Form zwar nicht behauptet hat, wie sein Vortrag aber markenrechtlich nur verstanden werden kann, weil die Beurteilung des Inhalts einer Marke nach der allein maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche auch mit der Rechtsprechungstradition deutscher Gerichte übereinstimmt, nicht vom Verständnis ihres Verwenders, sondern ausschließlich aus Sicht der Verbraucher, an welche sich die mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen richten, abhängt - werde vom Publikum auch so verstanden, vermag dies eine Schutzfähigkeit ebenfalls nicht zu begründen. Wie der Europäische Gerichtshof mehrfach festgestellt hat, reicht es für eine Schutzversagung aus, wenn eine Bezeichnung in einer von mehreren möglichen Bedeutungen schutzunfähig ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 f. [Rz. 32] - DOUBLEMINT). Ungeachtet dessen wäre selbst dann, wenn das angesprochene Publikum mehrheitlich die angemeldete Bezeichnung nur in dem vom Anmelder behaupteten Sinne verstehen würde, eine Eintragbarkeit ausgeschlossen, weil auch in diesem Fall das Publikum das Zeichen nur als Hinweis auf diese anderen historischen Ereignisse verstünde, so dass ihm auch in diesem Fall nicht die Idee käme, es als Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen.
3. Da der Anmeldemarke bereits die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist, kann dahinstehen, ob sie - wie die Markenstelle in ihrer Erinnerungsentscheidung angenommen hat - auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG wegen Sittenwidrigkeit von der Eintragung ausgeschlossen ist.
4. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
C. Für die vom Anmelder angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung; denn weder war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Sowohl die Verfahrensgrundsätze für die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch als auch die rechtlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind höchstrichterlich geklärt. Von diesen Grundsätzen ist der Senat nicht abgewichen, vielmehr war allein darüber zu befinden, ob im hier zu entscheidenden konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen.