Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.03.2016


BPatG 21.03.2016 - 27 W (pat) 12/15

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "RATSHERREN-RUNDE" – zur Kostenauferlegung bei bösgläubiger Markenanmeldung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
21.03.2016
Aktenzeichen:
27 W (pat) 12/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 038 149 - S 55/14 Lösch

(hier: Kostenentscheidung)

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. März 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante, des Richters Hermann und des Richters am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert wird auf € … festgesetzt.

Gründe

I.

1

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenabteilung 3.4, hat auf Antrag der Löschungsantragstellerin durch Beschluss vom 20. November 2014 die Löschung der eingetragenen Wortmarke 30 2009 038 149

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RATSHERREN-RUNDE

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angeordnet und dem Markeninhaber die Kosten des Verfahrens auferlegt.

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Zur Begründung ist ausgeführt, der Marke fehle die erforderliche Unterscheidungskraft. Außerdem habe der Markeninhaber die streitbefangene Marke bösgläubig im Sinn von § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angemeldet.

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Zum Löschungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist ausgeführt, die angegriffene Wortmarke „RATSHERREN-RUNDE“ sei aus unlauteren Motiven angemeldet worden.

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Nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG werde die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Ein in diesem Sinne sittenwidriger Markenerwerb könne zum einen darin liegen, dass der Markeninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren/Dienstleistungen mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Marke habe eintragen lassen. Zum anderen könne das wettbewerbsrechtlich Verwerfliche darin gesehen werden, dass ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetze. Entscheidend sei stets, dass dem Anmelder der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs oder der Sittenwidrigkeit gemacht werden müsse.

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Hier habe der Markeninhaber und Beschwerdeführer bei der Begründung des formalen Markenrechtes Ziele verfolgt, die sittlich keine Billigung finden könnten. Es stehe in Würdigung aller Umstände zur Überzeugung der Markenabteilung fest, dass die Markenanmeldung in erster Linie erfolgt sei, um die mit der Eintragung verbundene Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen.

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Dabei komme es nicht darauf an, wer ursprünglich die Idee für die streitgegenständliche Marke „RATSHERREN-RUNDE“ gehabt oder wer das Konzept für ein Wirtschaftsforum gleichen Namens entwickelt habe. Selbst wenn der Vortrag des Beschwerdeführers, er habe die Bezeichnung „RATSHERREN-RUNDE“ kreiert, als wahr unterstellt werde, folge hieraus mangels Schöpfungshöhe kein sein Handeln etwa rechtfertigendes Urheberrecht. Zum Zeitpunkt der Markenanmeldung und auch bei Beschlussfassung seien als Veranstalter der in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern stattfindenden „RATSHERREN-RUNDEN“ unstreitig auch die Herren N… und B… von der Decken aufgetreten. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des übrigen Vortrags beider Parteien sei davon auszugehen, dass die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke durch den Beschwerdeführer im Wesentlichen erfolgt sei, um ein Druckmittel gegen die (Mit-) Veranstalter der weiterhin in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern stattfindenden „RATSHERREN-RUNDEN“ in die Hand zu bekommen, um diese Gesprächsforen künftig nach den Vorstellungen des Beschwerdeführers gestalten zu können, da diesem nach unstreitiger Aktenlage die zwischenzeitige Umsetzung des Konzeptes der „RATSHERREN-RUNDEN“ durch die beiden Nachfolger des früheren Mitveranstalters nicht gefallen habe. Dieses Mißfallen ergebe sich (unstreitig) aus diversen eigenen Unterlagen.

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Die vom Markeninhaber und Beschwerdeführer vorgetragenen Motive für die Markenanmeldung erschienen demgegenüber als reine Schutzbehauptung. Nach dem - vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Vortrag der Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin habe nämlich zwischen den Veranstaltungen des Vereins „Wirtschaftforum Hamburg“ und den „RATSHERREN-RUNDEN“ eine friedliche Koexistenz bestanden, so dass diesbezüglich eine markenrechtliche Auseinandersetzung offensichtlich nicht ernstlich zu befürchten gewesen sei. Ferner stamme das Abmahnschreiben der Brauerei, in dem diese den Beschwerdeführer aufforderte, auf die Verwendung des Namens „RATSHERRN-RUNDE“ zu verzichten, unstreitig bereits aus dem Jahre 1997, die Markenanmeldung sei indes erst zwölf Jahre später vorgenommen worden. Ein weiteres Indiz für eine bösgläubige Markenanmeldung sei darin zu sehen, dass die Anmeldung nicht nur ohne Wissen der beiden langjährigen (Mit-) Veranstalter N… und B…von der Decken erfolgte, sondern auch nur im Namen des Beschwerdeführers. Für eine sittenwidrige Behinderungsabsicht spreche schließlich, dass der Beschwerdeführer nichts zu eigenen Benutzungszwecken vorgetragen habe. In Würdigung all dieser Umstände sei die Markenabteilung davon überzeugt, dass die Beschwerdeführer der streitgegenständlichen Marke durch den Beschwerdeführer vorrangig darauf gerichtet gewesen sei, die mit der Markenanmeldung verbundene Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, um den (Mit-)Veranstaltern N… und B… von der Decken die Veranstaltungskonditionen der „RATSHERREN-RUNDE“ einseitig diktieren zu können. Das Verhalten des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Markenanmeldung erfülle damit den Tatbestand der Bösgläubigkeit im Sinne des § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, weshalb die Marke zu löschen sei.

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Weil der Beschwerdeführer bei der Begründung des formalen Markenrechtes Ziele verfolgt habe, die keine Billigung finden können, seien ihm auch die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen gewesen.

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Seine gegen diese Entscheidung mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2014 eingelegte Beschwerde hat der Markeninhaber und Beschwerdeführer durch Erklärung vom 2. März 2015 zurückgenommen.

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Die Löschungsantragstellerin beantragt mit Schriftsatz vom 28. Juli 2015,

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dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen und den Gegenstandswert festzusetzen.

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Zur Begründung trägt sie vor, die Kostenlast des bösgläubigen Markenanmelders und Beschwerdeführers entspreche der Billigkeit.

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Der Beschwerdeführer und Markeninhaber und beantragt sinngemäß,

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den Kostenantrag der Löschungsantragstellerin zurückzuweisen.

17

Zur Begründung trägt er vor, die  zur Fristwahrung eingelegte Beschwerde habe auch erfolgreich sein können.

II.

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1. Die Entscheidung über die Auferlegung von Kosten kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, vgl. 128 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG (s. Knoll in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 82 Rn. 53).

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Entgegen der Ansicht des Markeninhabers und Beschwerdeführers ist eine Auferlegung von Kosten zu seinen Lasten aus Billigkeitsgründen im vorliegenden Fall veranlasst, vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 MarkenG.

20

Das Vorliegen eines Billigkeitsgrundes setzt voraus, dass besondere Umstände eine Abweichung von der als Regelfall vorgesehenen Kostenaufhebung nach § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG rechtfertigen. Ein derartiger Sonderfall kann regelmäßig angenommen werden, wenn der Löschungsantrag wegen bösgläubiger Markenanmeldung voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Denn wer missbräuchlich Markenschutz in Anspruch nimmt, muss sich notwendige Maßnahmen, die auf Beseitigung der rechtswidrigen Zeichenlage gerichtet sind, zurechnen lassen (vgl. BPatG GRUR 2001, 744, 748 - S100; m. w. N. Knoll in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 15). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist anhand des bisherigen Sach- und Streitstands zu beurteilen (vgl. § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO; siehe auch Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 35. Aufl., 2014, § 91a Rn. 46a). Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei der Prüfung des Nichtigkeitsgrundes der bösgläubigen Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG auf den Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – I ZB 44/14 – Rdnr. 14 - Liquidrom -).

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Nach den überzeugenden Ausführungen der Markenstelle im ursprünglich angegriffenen Beschluss handelte der Markeninhaber bösgläubig, als er die Marke für sich - unter Übergehen seiner langjährigen Mitveranstalter - anmeldete. Die Markenstelle kommt zu diesem Schluss unter der Würdigung unstreitigen Vortrages der Beteiligten bzw. unter Zugrundelegen des eigenen Vortrages des Markeninhabers und des Schriftwechsels, aus dem sich ergibt, dass es Differenzen unter den Mitveranstaltern über die 'Grundkonzeption' der Ratsherren-Runden gab. Ein anderer Zweck, als über das Markenrecht Einfluß bzw. Druck in diesem Zusammenhang auszuüben, ist weder ersichtlich noch im Rahmen etwa beabsichtigter, eigener Benutzungspläne durch den Antragsgegner vorgetragen worden.

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Die Bewertung durch die Markenstelle ist daher unter Einschluss ihrer Kostenentscheidung zulasten des Antragsgegners nicht zu beanstanden.

23

Nachdem im Beschwerdeverfahren vom selben Sach- und Streitstand auszugehen ist, entspricht es der Billigkeit, wenn der Antragsgegner und Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

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1. Der Gegenstandswerts war auf … € festzusetzen.

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Da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem BPatG für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, ist der Gegenstandswert gemäß. §§ 33 Abs. 1, 23 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich für die Bestimmung des Gegenstandswertes im Widerspruchsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke an der Aufrechterhaltung seiner Marke (BGH GRUR 2006, 704 – Markenwert). Dieses wirtschaftliche Interesse bemisst der Bundesgerichtshof bei unbenutzten Marken regelmäßig mit … € (BGH a. a. O.).

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Der erkennende Senat hält ebenfalls mit der Mehrheit der Senate des Bundespatentgerichts (27 W (pat) 99/12, 27 W (pat) 29/13, 27 W (pat) 108/10, 27 W (pat) 90/11, 27 W (pat) 34/11, 27 W (pat) 109/11; 26 W (pat) 59/13, 28 W (pat) 36/12, 28 W (pat) 7/12; 29 W (pat) 59/12, 29 W (pat) 115/11 = GRUR 2012, 1174 – Gegenstandswert im Widerspruchsverfahren; 30 W (pat) 113/11, 30 W (pat) 57/11) einen Regelgegenstandswert von … € für angemessen (26 W (pat) 573/10, 26 W (pat) 72/11 und 26 W (pat) 47/12).