Entscheidungsdatum: 23.07.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke...
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 23. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten fallen dem Beschwerdeführer zur Last.
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke ...
B...
für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und ändere Präparate für die Zubereitung von Getränken
Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)
Klasse 35: Werbung
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Ware der Klasse 32 „Alkoholfreie Getränke“ eingetragenen prioritätsälteren Marke EM ...
B1....
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 31. August 2012 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Beschluss vom 3. Mai 2013 den Beschluss vom 31. August 2012 zum Teil aufgehoben und die Löschung der Marke aufgrund des Widerspruchs für
„Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“
angeordnet, weil hinsichtlich dieser Waren Verwechslungsgefahr bestehe, §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 125b Nr. 1 MarkenG.
Gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 vom 3. Mai 2013 hat der Markeninhaber gegenüber dem BPatG Rechtsmittel eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, auch Bier sei in alkoholfreier Brauart erhältlich, weshalb die von der Markenstelle vorgenommene Differenzierung nicht nachvollziehbar sei. B1... sei beschreibend für Bier und Limonade und zudem heute kein Kultgetränk mehr. Soweit er auf dem ordentlichen Rechtsweg in Verletzungsverfahren unterlegen sei, sei dies ebenso zu Unrecht geschehen wie die aus seiner Sicht unbegründete Anregung einer Betreuung seiner Person.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2013 hat der Senat den Prozesskostenhilfeantrag des Markeninhabers zurückgewiesen, weil seine beabsichtigte Beschwerde ohne Aussicht auf Erfolg sei, §§ 82 Abs. 1 S. 2 MarkenG i. V. m. § 114 S. 1 ZPO. Daraufhin hat der Rechtspfleger des Senats dem Markeninhaber mit Verfügung vom 10. Oktober 2013 mitgeteilt, er habe die Möglichkeit, das beabsichtigte Beschwerdeverfahren durchzuführen, wenn er bis spätestens 18. Oktober 2013 die Beschwerdegebühr in Höhe von 200 € bezahle. Der Markeninhaber hat am 14. Oktober 2013 die Beschwerdegebühr in bar beim Deutschen Patent- und Markenamt eingezahlt.
Mit Schriftsatz vom 13. November 2013, der im Betreff das „Az.: ... - Wortmarke »B...“ benennt, hat der Markeninhaber gegenüber dem BPatG
„die Löschung in Kl. 32 für die Waren: Mineralwässer u. kohlensäurehaltige Wässer u. andere alkoholische Getränke; Fruchtgetränke u. Fruchtsäfte; Sirupe u. andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ „beantragt“.
Die Widersprechende hat vorgetragen, die Beschwerde sei zurückzuweisen, da es an einer Beschwer des Beschwerdeführers fehle, weil der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. November 2013 die Löschung der Marke ... für genau diejenigen Waren beantragt habe, hinsichtlich derer die Markenstelle für Klasse 32 die Marke des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 3. Mai 2013 gelöscht habe. An einer Beschwer des Beschwerdeführers fehle es auch deshalb, weil mit Beschluss vom 23. April 2014 die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die Wortmarke ... für die Waren der Klassen 32 und 33 wegen Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gelöscht habe und der Beschwerdeführer gegen diesen Beschluss „in der Sache“ keine Beschwerde eingelegt habe, weshalb der Beschluss vom 23. April 2014 insoweit rechtskräftig geworden sei.
Der Beschwerdeführer hat sich mit Schreiben vom 9. Mai 2014 gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 23. April 2014 mit den Worten gewandt: „Antrag auf Nichterhebung von Kosten“.
Die Widersprechende hat im Übrigen auf die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 31. Juli 2013 hinsichtlich der vom Markeninhaber beantragten Prozesskostenhilfe verwiesen und beantragt,
die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 vom 3. Mai 2013 zurückzuweisen,
dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen und
hilfsweise Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.
Der Markeninhaber und Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 vom 3. Mai 2013 aufzuheben,
den Widerspruch der Widersprechenden im vollem Umfang zurückzuweisen und
die Eintragung der angegriffenen Marke zu bestätigen.
II.
Die Beschwerde des Markeninhabers ist aus zwei Gründen unzulässig: zum einen ist der Beschwerdeführer nicht mehr beschwert, weil er mit Schriftsatz vom 13. November 2013 die „Löschung“ der Marke .... hinsichtlich der Waren beantragt hat, hinsichtlich derer die Markenstelle für Klasse 32 in ihrem angegriffenen Beschluss vom 3. Mai 2013 die Löschung der Marke angeordnet hat. Zum anderen ist der Beschwerdeführer nicht mehr beschwert, weil er gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 23. April 2014 mit Schreiben vom 9. Mai 2014 nur hinsichtlich der Auferlegung der Kosten des Löschungsverfahrens einschließlich der von der Antragstellerin gezahlten Löschungsgebühr Beschwerde eingelegt hat, nicht aber hinsichtlich der Löschung der Marke für die Waren der Klasse 32. Hinsichtlich der Anordnung der Löschung der Marke ... für die Waren der Klasse 32 ist der Beschluss vom 23. April 2014 deshalb bestandskräftig. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
1. Keine Unzulässigkeit der Beschwerde nach § 66 Abs. 2 MarkenG
Die Beschwerde des Markeninhabers ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil er sie nicht beim Deutschen Patent- und Markenamt, sondern beim BPatG eingelegt hat.
Der Markeninhaber hat mit Schriftsatz vom 14. Mai 2013 gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 vom 3. Mai 2013 „Rechtsmittel“ beim BPatG eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Nach § 66 Abs. 2 MarkenG ist Beschwerde „beim Patentamt“ einzulegen. Eine an das BPatG gerichtete Beschwerde ist unzulässig (Knoll, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 66 Rn. 39).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1995, 3173 Rn. 48; NJW 2005, 2137 Rn. 10) darf eine Partei, deren Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht eingeht, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, nicht nur darauf vertrauen, dass der Schriftsatz überhaupt weitergeleitet wird, sondern auch darauf, dass er noch fristgerecht beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, so ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon zu gewähren, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht. Mit dem Übergang des Schriftsatzes in die Verantwortungssphäre des zur Weiterleitung verpflichteten Gerichts wirkt sich ein etwaiges Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr aus.
Vor diesem Hintergrund ist gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn die Weiterleitung einer beim BPatG eingegangenen Beschwerde an das Deutschen Patent- und Markenamt unterblieben ist, obwohl sie im ordentlichen Geschäftsgang unter Wahrung der Beschwerdefrist möglich gewesen wäre (Knoll, a. a. O., § 66 Rn. 39; Kober-Dehm, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 91 Rn. 19). Bei rechtzeitiger Nachholung der versäumten Handlung kann Wiedereinsetzung nach § 91 Abs. 4 S. 2 MarkenG auch ohne Antrag gewährt werden.
Weil der erkennende Senat des BPatG bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren mit der Sache befasst gewesen ist, ist dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung nach § 91 Abs. 4 S. 2 MarkenG auch ohne Antrag zu gewähren. Seine Beschwerde ist daher nicht bereits deshalb unzulässig, weil er entgegen § 66 Abs. 2 MarkenG Beschwerde gegen den Beschluss der Markenabteilung für Klasse 32 vom 3. Mai 2013 nicht beim Deutschen Patent- und Markenamt, sondern beim BPatG eingelegt hat.
2. Unzulässigkeit der Beschwerde mangels Beschwer wegen Verzichts nach § 48 MarkenG
Die Beschwerde ist nach allgemeinen Rechtsmittelgrundsätzen nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist (Knoll, a. a. O., § 66 Rn. 34; Fuchs-Wissemann, in: HK-Markenrecht, 2. Auflage 2008, § 66 Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2004, 1365) muss die Beschwer als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel noch zum Zeitpunkt der Entscheidung gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig. Dies entspricht auch der Auffassung des erkennenden Senats (26 W (pat) 242/04, Beschluss vom 5. Dezember 2007 – FREAKY ICE/Freaky Ice) und der der Literatur (Knoll, a. a. O., § 66 Rn. 34 m. w. N.).
Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 13. November 2013 die „Löschung“ der Marke ... für diejenigen Waren beantragt, hinsichtlich derer die Markenstelle für Klasse 32 die Marke des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 3. Mai 2013 gelöscht hat. Dieser Antrag ist als teilweiser Verzicht auf die Marke nach § 48 MarkenG auszulegen. Obwohl der Verzicht an sich ein eigenes Löschungsverfahren vor der Markenabteilung (§ 56 Abs. 3 MarkenG) bedingt, kann er auch in anhängigen Widerspruchsverfahren berücksichtigt werden. Wird in einem solchen Verfahren ein Verzicht auf die angegriffene Marke erklärt, entfaltet diese Erklärung bereits in dem fraglichen Verfahren (auch in Rechtsmittelinstanzen außerhalb des Deutschen Patent- und Markenamts) unmittelbare Rechtswirkungen (Kirschneck, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 48 Rn. 8). Die Rechtswirkungen des Verzichts treten unmittelbar mit der Erklärung ein (Kirschneck, a. a. O., § 48 Rn. 3 m. w. N.).
Insofern hat der Markeninhaber mit Wirkung ex nunc am 14. November 2013 (an diesem Tag ist sein Schriftsatz vom 13. November 2013 beim BPatG eingegangenen) auf die Marke hinsichtlich der Waren verzichtet, hinsichtlich derer die Markenstelle für Klasse 32 in ihrem angegriffenen Beschluss vom 3. Mai 2013 die Löschung der Marke angeordnet hat. Insoweit ist der Markeninhaber seit dem 14. November 2013 nicht mehr beschwert, weshalb seine Beschwerde mangels Beschwer unzulässig ist.
3. Unzulässigkeit der Beschwerde mangels Beschwer wegen Bestandskraft des Beschlusses der Markenabteilung 3.4 vom 23. April 2014 in der Löschungssache S 203/13 Lösch betreffend die Wortmarke ...
Die Markenabteilung 3.4 hat mit Beschluss vom 23. April 2014 die Marke ... unter anderem für die Waren der Klasse 32 teilweise gelöscht. Der Markeninhaber hat sich hiergegen mit Schreiben vom 9. Mai 2014 mit den Worten gewandt: „Antrag auf Nichterhebung von Kosten“.
Die Kostenentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts kann auch isoliert ohne die gleichzeitig getroffene Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden (Knoll, a. a. O., § 66 Rn. 42 m. w. N.). Insoweit hat der Markeninhaber den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 23. April 2014 nur hinsichtlich der Kostenentscheidung, nicht aber hinsichtlich der Entscheidung in der Hauptsache, die Marke für die Waren der Klasse 32 zu löschen, angefochten. Hinsichtlich der Entscheidung in der Hauptsache ist der Beschluss der Markenabteilung 3.4 bestandskräftig. Auch insoweit fehlt daher der Beschwerde des Markeninhabers inzwischen die Beschwer, weshalb seine Beschwerde auch insofern unzulässig ist.
4. Unbegründetheit der Beschwerde
Wäre die Beschwerde des Markeninhabers zulässig, wäre sie aus den im Beschluss des Senats vom 31. Juli 2013 im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren genannten Gründen, auf die insoweit verwiesen wird, unbegründet.
5. Kosten des Beschwerdeverfahrens, § 71 MarkenG
Da einer bösgläubigen Markenanmeldung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG stets ein rechtsmissbräuchliches oder sittenwidriges Handeln zugrunde liegt, entspricht es im Regelfall der Billigkeit, dem Markeninhaber im Falle der Löschung die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen (Knoll, a. a. O., § 71 Rn. 15). Vorliegend geht es zwar nicht um ein Löschungs-, sondern um ein Widerspruchsverfahren. Dieses Widerspruchsverfahren wird aber von der inzwischen bestandskräftigen Löschung der Marke 2009 012 084 wegen bösgläubiger Anmeldung der Marke hinsichtlich der Waren der Klassen 32 und 33 überlagert. Weil auch die Führung des Verfahrens durch einen Beteiligten Anlass für eine Kostenauferlegung sein kann (Knoll, a. a. O., § 71 Rn. 17), entspricht es auch im Blick auf den Verzicht des Markeninhabers auf die Waren, hinsichtlich derer die Markenstelle für Klasse 32 die Löschung der Marke angeordnet hat, der Billigkeit i. S. d. § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG, dem Markeninhaber die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.