Entscheidungsdatum: 16.08.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2012 008 911
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2017 unter Mitwirkung der Richter Reker, Schödel und Dr. von Hartz
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. August 2014 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 2 068 360 und aus dem Unternehmenskennzeichen „flowconsultinggmbh“ der Widersprechenden in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“ der angegriffenen Marke 30 2012 008 911 zurückgewiesen worden ist.
Das Deutsche Patent- und Markenamt wird angewiesen, die Löschung der Marke 30 2012 008 911 für die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“ anzuordnen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Gegen die Eintragung der beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) am 12. November 2012 angemeldeten Marke 30 2012 008 911
für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 9:
Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Ton und/ oder Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Hardware für die Datenverarbeitung; Datenverarbeitungsgeräte; Feuerlöschgeräte; Telekommunikationsgeräte, insbesondere für den Festnetz- und Mobilfunkbereich; Computer; Computersoftware; Unfall-, Strahlen- und Feuerschutzbekleidungsstücke; Schutzhelme; Brillen, Brillengläser, Sonnenbrillen, Schutzbrillen und Etuis hierfür; Kontaktlinsen; elektronisch herunterladbare Veröffentlichungen; Magnete, Magnetkarten; kodierte Karten; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;
Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Fernsehunterhaltung; Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke), auch in elektronischer Form
hat die Widersprechende Widerspruch erhoben
1. aus ihrer beim DPMA am 30. Dezember 1993 angemeldeten und am 17. Juni 1994 für die Dienstleistungen
Klassen 35 und 41:
Personalberatung, Organisationsberatung in Fragen der Personalführung und -entwicklung; Beratung bei der Organisation und Führung eines Unternehmens; Marketing; Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen und Kongressen; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung, Erstellung von Bildungskonzepten und Bildungsbedarfsanalysen sowie Durchführung von Bildungscontrolling; Beratung bei der Anwendung rhetorischer Methoden und Kenntnisse
eingetragenen deutschen Wortmarke 2 068 360
flow
sowie
2. aus dem Unternehmenskennzeichen
flowconsultinggmbh
das nach dem Widerspruchsvortrag von der Widersprechenden bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit 1993 im Zusammenhang mit den Dienstleistungen
Durchführung von Beratungsleistungen gegen Honorar auf dem Gebiet der Unternehmens- und Organisationsberatung, der Unternehmens- und Organisationsentwicklung, der Personalberatung und -entwicklung, der Marketing- und Strategieberatung inklusive der Durchführung von Veranstaltungen, Kongressen und Workshops
im Inland im Verkehr benutzt worden ist.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit ihrem Schriftsatz vom 19. Juli 2013 gegenüber der Widerspruchsmarke zu 1. die Einrede der Nichtbenutzung erhoben und gegenüber dem Widerspruch aus dem Unternehmenskennzeichen geltend gemacht, dass es an dem Nachweis der Benutzung dieses Kennzeichens fehle.
Die Widersprechende hat daraufhin Unterlagen vorgelegt, die die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft machen sollen, und ferner die Ansicht vertreten, durch die Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke sei zugleich der Nachweis der firmenmäßigen Benutzung des geltend gemachten Unternehmenskennzeichens geführt worden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des DPMA hat den Widerspruch mit Beschluss vom 26. August 2014 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen reichten weder aus, um die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke noch die Verkehrsgeltung des behaupteten Unternehmenskennzeichens glaubhaft zu machen. Es fehle an einer konkreten und eindeutigen Darlegung und Glaubhaftmachung der unter der Widerspruchsmarke mit den einzelnen eingetragenen Dienstleistungen getätigten Umsätze. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung führe zwar einzelne Dienstleistungen auf, die getätigten Umsätze seien jedoch nur pauschal für alle genannten Dienstleistungen angegeben worden. Der Widerspruch aus dem behaupteten Unternehmenskennzeichen habe keinen Erfolg haben können, weil es sowohl an einem Nachweis der Benutzung als auch an einem Nachweis der Verkehrsgeltung dieses Kennzeichens fehle.
Dagegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei anhand der von ihr vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht worden. Bei der Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung gehe es nur darum, eine bloße Scheinbenutzung auszuschließen. Dazu seien die bei der Markenstelle vorgelegten Unterlagen mehr als ausreichend. Die vorgelegten Rechnungen belegten in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung für jede der von der Widerspruchsmarke erfassten Dienstleistungen eine rechtserhaltende Benutzung in dem angegebenen Zeitraum. Dazu seien Gesamtumsätze benannt worden, weil es unerheblich sei, wie hoch der Umsatz für jede einzelne Dienstleistung sei.
Ergänzend zu den bei der Markenstelle eingereichten Unterlagen hat die Widersprechende zur Beschwerdeakte weitere Unterlagen, insbesondere Internetseiten, Werbeanzeigen sowie eine weitere eidesstattliche Versicherung vorgelegt. In diesen Unterlagen sei sowohl das Zeichen „flow“ allein als auch in Verbindung mit anderen Begriffen wie „flowsales“ „Flow leadership“ „flowchange“ zu finden. Das Landgericht Hamburg habe in einem in einer Verletzungsstreitsache ergangenen Urteil aus dem Jahre 2014 die Benutzung der Marke „Midlife Flow“ als rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke angesehen.
Zwischen den beiderseitigen Marken bestehe auch die Gefahr von Verwechslungen.
Die Widerspruchsmarke weise von Haus aus eine normale Kennzeichnungskraft auf, da sie die Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, nicht beschreibe, wie sich auch aus dem vorgelegten sprachwissenschaftlichen Gutachten ergebe. Jedenfalls wegen ihrer intensiven Benutzung seit mehr als 20 Jahren sowie wegen der vielfachen Auszeichnungen für die unter der Marke im deutschen Raum angebotenen Dienstleistungen, wie etwa dem Ludwig-Erhard-Preis im Jahre 2013 oder dem Deutschen Excellence-Preis 2010, verfüge sie über eine mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Die Dienstleistungen „Erziehung; Ausbildung“ in der Klasse 41 der angegriffenen Marke seien, da sie auch die Beratung auf diesen Gebieten umfassten, mit den Beratungsdienstleistungen der Widersprechenden identisch. Zwischen den übrigen Dienstleistungen der angegriffenen Marke in der Klasse 41, nämlich „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Fernsehunterhaltung; Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke), auch in elektronischer Form“ und den Dienstleistungen „Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen und Kongressen; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung“ der Widerspruchsmarke bestünden enge, die Ähnlichkeit dieser Dienstleistungen begründende Berührungspunkte, weil zu Seminaren und Kongressen auch Begleitmaterialien in Form von Druckereierzeugnissen herausgegeben würden. Zwischen den Waren der Klasse 9 der jüngeren Marke „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Ton und/ oder Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; elektronisch herunterladbare Veröffentlichungen“ und den Dienstleistungen der Klasse 41 der älteren Marke „Ausbildungs- und Erziehungsberatung“ bestehe ebenfalls eine hochgradige Ähnlichkeit, da solche Waren in Zusammenhang mit Ausbildungsleistungen einsetzbar seien.
Auf Seiten der angegriffenen Marke liege ein klassischer Fall einer Markenusurpation vor. Die Widerspruchsmarke sei derart in die angegriffene Marke identisch übernommen worden, dass sie dort eine selbstständig kennzeichnende Stellung im Sinne der „Thomson Life“-Entscheidung des EuGH aufweise.
Die Widersprechende verweist ferner auf weitere eigene Marken, wie „flowchange“, „flowleadership“, „flowsales“ und „personal flow“, so dass auch die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Streitmarken bestehe, da davon auszugehen sei, dass der Verkehr die angegriffene Marke als ein weiteres Serienzeichen der Widersprechenden ansehe.
Die Benutzung des als weiterer Widerspruchsgrund geltend gemachten Unternehmenskennzeichens sei durch die vorgelegten Unterlagen hinreichend belegt. Das Unternehmenskennzeichen „flow“ verfüge auch über Verkehrsgeltung, wie die zahlreichen und namhaften vorgetragenen Veranstaltungen, Publikationen, Werbungen und Auszeichnungen zeigten. Außerdem sei es unzutreffend, dass für einen Widerspruch aus einem Unternehmenskennzeichen dessen Verkehrsgeltung erforderlich sei.
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 26. August 2014 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der Marke 30 2012 088 911 anzuordnen, soweit diese Marke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 eingetragen worden ist.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist zum einen der Ansicht, die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei nicht glaubhaft gemacht worden. Insbesondere werde der Begriff „flow“ nicht allein verwendet, sondern lediglich in zusammengesetzten Begriffen wie „flowstrategies“, „flowcommontarget“, „flowchange“, „flowcoaching“, „flowresearch“. Diese Zusätze veränderten den kennzeichnenden Charakter der Marke “flow” und die jeweiligen Begriffe seien selbst Marken der Widersprechenden. Die einzigen Unterlagen, die den Begriff „flow“ allein zeigten, seien nicht ausreichend zahlreich und für die fraglichen Dienstleistungen sowie den fraglichen Zeitraum nicht relevant. Es sei außerdem nicht möglich, die vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen den einzelnen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zuzuordnen. Zudem könne der von der Widersprechenden glaubhaft gemachte Gesamtumsatz ebenfalls nicht den beanspruchten Dienstleistungen zugeordnet werden, womit die Widersprechende Ihrer Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht nicht genüge.
Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke sowie dem behaupteten Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden bestehe auch keine Verwechslungsgefahr. Der die Widerspruchsmarke bildende Begriff „flow“ verfüge über eine nur geringe Kennzeichnungskraft, da er das englische Wort für Bewegung sei, das einen engen Sachbezug zu den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, insbesondere zu Veränderungsprozessen und Personalentwicklungen, aufweise. Zwischen den beiderseitigen Marken bestehe ein deutlicher Abstand, da der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch den Bestandteil „O2“ geprägt werde und der Begriff „flow“ in der angegriffenen Marke auch keine selbstständig kennzeichnende Stellung einnehme. Es fehle zudem auch an der erforderlichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Sie führt nur insoweit zu einer teilweisen Löschung der angegriffenen Marke, wie sich die Widersprechende mit dem Widerspruch gegen die Eintragung der Marke 30 2012 008 911 für die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“ wendet. Im Übrigen kann sie hingegen keinen Erfolg haben.
1. Widerspruch aus der deutschen Marke 2 068 360
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Identität oder Ähnlichkeit der Marken, der Identität oder Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH, GRUR 2010, 1098, Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Rn. 32 – Barbara Becker; GRUR 2006, 237 – PICARO/PICASSO; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Rn. 23 – METROBUS; GRUR 2008, 905, Rn. 12 – Pantohexal; GRUR 2008, 258, Rn. 20 – INTERCONNECT/T-Interconnect; GRUR 2006, 859, Rn. 16 – Malteser-Kreuz I; GRUR 2006, 60, Rn. 12 – coccodrillo m. w. N.). Ist die Benutzung der prioritätsälteren Marke vom Inhaber der jüngeren Marke zulässig bestritten worden, werden bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nur die Waren oder Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs. 1 S. 3 MarkenG).
a. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 19. Juli 2013 die rechtserhaltende Benutzung der am 17. Juni 1994 eingetragenen Widerspruchsmarke bestritten.
aa) Da die Nichtbenutzungseinrede nicht auf einen der Zeiträume des § 43 Abs. 1 MarkenG beschränkt ist und die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke bereits mehr als fünf Jahre im Markenregister eingetragen war, ist darin ein Bestreiten der Benutzung sowohl gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG als auch nach § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG zu sehen, so dass die Widersprechende die Obliegenheit traf, die Benutzung der Widerspruchsmarke sowohl für den Zeitraum von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke, also für den Zeitraum vom 28. Dezember 2007 bis 27. Dezember 2012, als auch für den Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, hier also für den Zeitraum vom 26. April 2012 bis 25. April 2017, glaubhaft zu machen.
bb) Die Glaubhaftmachung der Benutzung hat sich auf alle maßgeblichen Umstände einer Markenbenutzung zu erstrecken. Insbesondere ist darzulegen und glaubhaft zu machen, wer die Marke wo und wann in welchem Umfang in welcher Art und Weise wofür benutzt hat. Bei umfangreicheren Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen muss auf Grund der glaubhaft gemachten Angaben die Feststellung möglich sein, für welche Waren bzw. Dienstleistungen in welchem Umfang, in welchem Zeitraum und in welcher Weise die Marke eingesetzt worden ist (EuG 13. Juni 2012, T-312/11, Nr. 38-44 – CERATIX/CERATOFIX). Dabei sind alle vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen grundsätzlich als im Zusammenhang stehend anzusehen (BGH GRUR 2008, 719, Rdnr. 27 – idw Informationsdienst Wissenschaft).
Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde, verwendet wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern. Ausgeschlossen sind die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu rechnen insbesondere der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung. Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig hinreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt somit von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 72 und 73 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH GRUR 2013, 725 Rn. 38 – Duff Beer; GRUR 2012, 832 Rn. 49 – ZAPPA; GRUR 2010, 729 Rn. 15 – MIXI).
cc. Durch die von der Widersprechenden im Widerspruchsverfahren vor der Markenstelle des DPMA sowie im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen, insbesondere die beiden von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen vom 27. September 2013 und 3. Februar 2015 in Verbindung mit den beispielhaft vorgelegten Rechnungen aus den Jahren 2009 bis 2014, ist in der maßgeblichen Gesamtschau glaubhaft gemacht, dass die Widersprechende die Widerspruchsmarke in beiden maßgeblichen Glaubhaftmachungszeiträumen für die Dienstleistungen der Klasse 35 und 41 „Personalberatung, Organisationsberatung in Fragen der Personalführung und -entwicklung; Beratung bei der Organisation und Führung eines Unternehmens; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung, Erstellung von Bildungskonzepten und Bildungsbedarfsanalysen sowie Durchführung von Bildungscontrolling“ bzw. darunter zu subsumierende Dienstleistungen in einem über eine bloße Scheinbenutzung hinausgehenden Umfang und in einer Form verwendet hat, die als rechtserhaltend anzuerkennen ist. Insbesondere enthält die im Beschwerdeverfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung vom 3. Februar 2015 eine nach Unternehmensberatungsdienstleistungen und Fort- und Ausbildungsdienstleistungen differenzierte Angabe über die auf die jeweilige Dienstleistungsgruppe entfallenden Umsatzanteile, die eine Zuordnung der Umsätze zu den entsprechenden, im Dienstleistungsverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Dienstleistungen ermöglicht.
Die vorgelegten Rechnungsbeispiele lassen zudem mit der zweizeiligen Angabe „flow consulting“, bei der die Angabe „flow“ erkennbar größer dargestellt ist als die ihr hinzugefügte rein beschreibende und damit den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke nicht verändernde Angabe „consulting“, zumindest eine rechtserhaltende Benutzungsform in beiden Glaubhaftmachungszeiträumen erkennen, die durchgängig verwendet worden ist.
Für die Dienstleistung „Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen und Kongressen“ liegen dagegen keine ausreichenden Glaubhaftmachungsunterlagen vor. Insbesondere fehlt es insoweit an ausreichend differenzierten Angaben über die mit dieser Dienstleistung erzielten Umsätze und die speziell hierfür getätigten Werbeaufwendungen.
b. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr der Marken ist somit auf Seiten der Widerspruchsmarke lediglich von den Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 „Personalberatung, Organisationsberatung in Fragen der Personalführung und -entwicklung; Beratung bei der Organisation und Führung eines Unternehmens; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung, Erstellung von Bildungskonzepten und Bildungsbedarfsanalysen sowie Durchführung von Bildungscontrolling“ auszugehen.
c. Zu den zuvor genannten Dienstleistungen weisen nur die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“ der angegriffenen Marke die zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr notwendige Identität oder Ähnlichkeit auf. Alle übrigen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke sind den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, für die eine Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht worden ist, hingegen nicht ähnlich, so dass der auf die Widerspruchsmarke gestützte Widerspruch und damit auch die Beschwerde der Widersprechenden in Bezug auf diese weiteren Waren und Dienstleistungen schon deshalb keinen Erfolg haben können.
aa) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie Herstellungsstätten und Vertriebswege, stoffliche Beschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sind relevante Gesichtspunkte (EuGH GRUR 1998, 922 Rdnr. 15 – Canon; BGH GRUR 2012, 1145 Rdnr. 34 f. – Pelikan; GRUR 2009, 484 Rdnr. 25 – METROBUS; GRUR 2007, 321 Rdnr. 20 – COHIBA).
bb) Zwischen der Dienstleistung „Erziehung“ der Klasse 41 der jüngeren Marke und den Dienstleistungen „Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung“ der Widerspruchsmarke besteht Identität, da der Begriff „Erziehung“ der Dienstleistungsklasse 41 nicht nur die erzieherische Tätigkeit, sondern auch die Vermittlung erzieherischen Wissens durch Beratung und Information über Erziehung erfasst (BGH GRUR 2016, 604 Rdnr. 48 – Kinderstube). Gleiches gilt sinngemäß auch in Bezug auf die Dienstleistung „Ausbildung“ der Klasse 41 der jüngeren Marke.
cc) Im Übrigen besteht zwischen den Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 der angegriffenen Marke und den Dienstleistungen „Personalberatung, Organisationsberatung in Fragen der Personalführung und -entwicklung; Beratung bei der Organisation und Führung eines Unternehmens; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung, Erstellung von Bildungskonzepten und Bildungsbedarfsanalysen sowie Durchführung von Bildungscontrolling“, für die die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht ist, keine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit.
aaa) Zwischen den Beratungs- sowie Aus- und Fortbildungsdienstleistungen auf Seiten der Widersprechenden sowie den Dienstleistungen „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Fernsehunterhaltung“ der Klasse 41 der jüngeren Marke besteht keine Ähnlichkeit, da es sich einerseits um schulische und berufliche Angebote und andererseits um Freizeit- und Unterhaltungsangebote handelt, die sowohl ihrer Art als auch den regelmäßigen Anbietern und Vertriebsstätten nach erhebliche Unterschiede aufweisen und auch keine einander ergänzenden oder miteinander konkurrierenden Dienstleistungen darstellen. Der Begriff „Organisation von Seminaren“ umfasst auch nicht die Organisation von sportlichen oder kulturellen Ereignissen, wie z. B. sportlichen Wettbewerben oder Unterhaltungsveranstaltungen.
bbb) Auch die „Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke), auch in elektronischer Form“ weist mit den Beratungsdienstleistungen der Widersprechenden keine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit auf. Beide Dienstleistungsgruppen werden regelmäßig von verschiedenen Unternehmen erbracht (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen: Unternehmensberatung nicht ähnlich mit Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern und Zeitschriften, HABM 1998, WidAbt E Nr. 97/98).
ccc) Zwischen den Waren der Klasse 9 der angegriffenen Marke und den maßgeblichen, unter der Widerspruchsmarke ausgeübten Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 besteht ein noch größerer Abstand als zu den Dienstleistungen der Klasse 41.
cc) Soweit es an jeglicher Ähnlichkeit der Waren und/oder Dienstleistungen fehlt, kommt eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG auch bei identischen Marken und erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht in Betracht (EuGH GRUR Int 2009, 911, 913, Rdnr. 34 – WATERFORD STELLENBOSCH; BGH GRUR 2014, 488, Rdnr. 9 –DESPERADOS/DESPE-RADO).
d. Maßgebliche Verkehrskreise in Bezug auf die beiderseitigen Dienstleistungen, die im Identitäts- und Ähnlichkeitsbereich zu den Widerspruchsdienstleistungen liegen, sind insbesondere Geschäftsführer von Unternehmen und andere Angehörige der unternehmerischen Führungsebene. Die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“ auf Seiten der angegriffenen Marke richten sich zudem an Endverbraucher. Allen Dienstleistungen ist gemeinsam, dass es sich um solche handelt, die mit überdurchschnittlicher Aufmerksamkeit ausgewählt werden.
e. Die Widerspruchsmarke „flow“ verfügt von Haus aus über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 1096 Rdnr. 31 – BORCO/HABM [Buchst. A]; BGH, Beschl. V. 14. Januar 2016 – I ZB 56/14 Rdnr. 31 – BioGourmet).
Der englische Begriff „flow“ hat die Bedeutungen „fließen“ bzw. „Strom“, „Fluss“ oder „Bewegung“. Mit diesen Bedeutungen beschreibt er keine Eigenschaft der Beratungsdienstleistungen der Widersprechenden.
bb) Andererseits ist aber auch nicht feststellbar, dass die Widerspruchsmarke „flow“ eine erhöhte Kennzeichnungskraft aufweist.
Für die Zuerkennung einer erhöhten Kennzeichnungskraft und damit eines erweiterten Schutzumfangs ist eine durch intensive und nicht nur kurzfristige Benutzung entstandene gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich, zu deren Feststellung alle relevanten Umstände heranzuziehen sind. Dazu zählen insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung, die dafür aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den jeweiligen Verkehrskreisen. Diese Bekanntheit kann nicht ohne weiteres allein aus den erzielten Umsätzen hergeleitet werden, weil selbst umsatzstarke Marken wenig bekannt sein können. Insoweit lassen nur objektive Statistiken oder demoskopische Befragungen sowie Angaben über Werbeaufwendungen zuverlässige Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marke zu (BGH GRUR 2003, 1040, 1043 – Kinder; GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24).
Die vorgelegten Unterlagen reichen nicht aus, um eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke festzustellen. Allein anhand der vorgetragenen Gesamtumsätze können für die von der Widerspruchsmarke erfassten Dienstleistungen keine Feststellungen zu den Marktanteilen und der Marktstellung der Widersprechenden bei den einzelnen Dienstleistungen getroffen werden. Auch die vorgelegten Werbemittel genügen nicht, um eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu begründen. Entgegen der Meinung der Widersprechenden ist es für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer Marke unerheblich, dass das Zeichen besonders kreativ und fantasievoll ist.
f. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke jener gegenüber im Bereich der identischen Ausbildungs- und Erziehungsdienstleistungen den erforderlichen deutlichen Abstand nicht ein.
aa) Maßgeblich für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken ist deren Gesamteindruck unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente, wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel; BGH, GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, GRUR 2005, 1042, Rdnr. 28. f – THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2012, 64, Rdnr. 14 – Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im Schrift(-Bild), im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher, begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. EuGH, GRUR 2006, 413, Rdnr. 19 – ZIRH/SIR; BGH a. a. O. Rdnr. 37 – BioGourmet).
bb) Die Vergleichszeichen „O2 flow“ und „flow“ unterscheiden sich auf Grund des zusätzlichen Bestandteils „O2“ in der angegriffenen Marke insgesamt schriftbildlich, klanglich und begrifflich deutlich voneinander. Da beide Bestandteile der angegriffenen Marke für die maßgeblichen Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“ nicht beschreibend und somit normal kennzeichnungskräftig sind, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr den Bestandteil „O2“ vernachlässigt und der Gesamteindruck angegriffenen Marke allein durch deren mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil „flow“ geprägt wird.
cc) Es besteht aber die Gefahr, dass die Vergleichsmarken im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Diese Art von Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass der Verbraucher die Unterschiede beider Marken zwar wahrnimmt, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung jedoch Anlass hat, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Widerspruchsmarke zuzuordnen oder auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung für das Waren- oder Dienstleistungsangebot zu schließen (EuGH GRUR 2005, 1042 - Thomson Life; BGHZ 167, 322 -Malteserkreuz).
aaa) Eine Verwechslungsgefahr unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist gegeben, wenn ein älteres Zeichen, das als Bestandteil in eine jüngere zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, in dieser eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei einer Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG zu bejahen, weil bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 31- Thomson Life; BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz).
bbb) Das Wort „flow“ hat in der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke eine selbstständig kennzeichnende Stellung inne. Es ist aus der Widerspruchsmarke identisch in die angegriffene Marke übernommen worden. Der ihm in der angegriffenen Marke vorangestellte Bestandteil „O2“ ist der kennzeichnende Bestandteil der Firmenbezeichnung der Inhaberin der angegriffenen Marke und als solcher dem inländischen Verkehr auf dem Gebiet der Telekommunikation seit langem weithin bekannt. „O2“ zählt zu den bekanntesten Anbietern von Telekommunikationsleistungen und stellt zudem eine der bekanntesten Marken in Deutschland für Mobilfunkprodukte dar. Zwar handelt es sich bei den hier maßgeblichen Dienstleistungen der Erziehung und Ausbildung nicht um die Dienstleistungen, für die die Marke „O2“ weithin bekannt ist. Die sehr große Bekanntheit dieser Marke strahlt aber weit über den Bereich der Telekommunikation hinaus auch auf andere Dienstleistungsbereiche aus, so dass der Verkehr den Bestandteil „O2“ auch bei einem Markenauftritt auf anderen Gebieten als Firmenbezeichnung verstehen und seine Aufmerksamkeit in erster Linie den weiteren Markenbestandteilen zuwenden wird.
Die bildliche Gestaltung der angegriffenen Marke, die sich in einer gewöhnlichen Schriftart mit einer untersetzten Zahl „2“ erschöpft, behindert dabei die Erkennung der Marke nicht, da der Verkehr gewöhnt ist, der Marke „O2“ in einer Vielzahl von abweichenden Darstellungsformen zu begegnen, wie die Widersprechende ausführlich und zutreffend dargelegt hat. Bei dieser Sachlage ist zu erwarten, dass der Verkehr, der den beiderseitigen Marken begegnet, dem Irrtum unterliegen wird, dass zwischen den Inhabern der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke unternehmerische oder wirtschaftliche Verbindungen bestehen, und damit auch einem Irrtum über die betriebliche Herkunft der Marken und die Qualitätsverantwortung unterliegt.
2. Widerspruch aus dem Unternehmenskennzeichen „flowconsultinggmbh“
Die Beschwerde der Widersprechenden hat, soweit sie auf das Unternehmenskennzeichen „flowconsultinggmbh“ gestützt ist, ebenfalls teilweise Erfolg und führt im gleichen Umfang wie auf Grund des Widerspruchs aus der Marke 2 068 360 zur teilweisen Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“, ist jedoch im Übrigen unbegründet.
a. Die Widersprechende ist Inhaberin einer gegenüber der angegriffenen Marke prioritätsälteren geschäftlichen Bezeichnung i. S. d. §§ 5, 12 MarkenG, die Wege des Widerspruchs gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG geltend gemacht werden kann.
aa) Nach § 5 Abs. 1 MarkenG werden als geschäftliche Bezeichnungen neben Werktiteln auch Unternehmenskennzeichen geschützt: Das sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden (§ 5 Abs. 2 MarkenG). Der Schutz des Unternehmenskennzeichens entsteht, sofern es die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, durch namensmäßigen Gebrauch im geschäftlichen Verkehr unabhängig vom Umfang der Benutzung (BGH GRUR 2013, 1150, Rn. 34 - Baumann; GRUR 2009, 685, 686, Rn. 17 - ahd.de). Erforderlich ist eine nach außen in Erscheinung tretende Benutzung als Hinweis auf das Unternehmen, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt (BGH GRUR 2008, 1099, 1100, Rn. 16 - afilias.de; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 5 Rn. 46). Insoweit kann auch ein Firmenschlagwort Objekt eines kennzeichenrechtlichen Schutzes nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG sein (BGH GRUR 2009, 772, Rn. 75 - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 5 Rn. 24). Es muss sich insoweit aber um einen unterscheidungskräftigen Bestandteil handeln, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmen- oder Namensbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (vgl. BGH GRUR 2002, 898 – defacto; GRUR 2008, 803, Rn. 19 – HEITEC; GRUR 2011, 831, Rn. 16 - BCC). Unterscheidungskräftig ist eine geschäftliche Bezeichnung allgemein dann, wenn der Verkehr sie als namensmäßigen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen versteht (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 5 Rn. 34). Dabei genügt es, dass sich ein ausschließlich unternehmensbeschreibender Sinngehalt nicht feststellen lässt (BGH GRUR 2008, 1104, 1105, Rn. 17 - Haus & Grund II).
bb) Die Bezeichnung „flowconsultinggmbh“ stellt eine Unternehmensbezeichnung im Sinne der vorstehend aufgeführten Definition dar, die auch über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügt. Zwar sind deren Bestandteile „consulting“ und „gmbh“ rein beschreibende Angaben zur Art der Tätigkeit und der Rechtsform des Unternehmens. Dagegen stellt der Begriff „flow“, wie bereits im Rahmen der Begründung zum Widerspruch aus der Marke 2 068 360 dargelegt worden ist, keine unmittelbar beschreibende Angabe für hier maßgeblichen Dienstleistungen dar. Auch die Zusammenfügung der Begriffe „flowconsulting“ weist entgegen der Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke für diese Dienstleistungen keinen für die angesprochenen inländischen Verkehrskreise ohne weiteres erfassbaren, glatt beschreibenden Begriffsgehalt auf. Der Interpretation der Markeninhaberin, nach der der Begriff „flowconsulting“ als „fließende Beratung“ zu übersetzen und daher beschreibend sei, kann nicht gefolgt werden. Allenfalls könnte der Verkehr „flowconsulting“ als „Fluss-Beratung“ übersetzen, was aber im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen keinen sinnvollen begrifflichen Inhalt aufweist.
cc) Da das Unternehmenskennzeichen kennzeichnungskräftig ist, sind keine zu hohen Anforderungen an seine Benutzung zu stellen. Insbesondere ist eine qualifizierte Verkehrsgeltung für die Bejahung der Benutzung nicht erforderlich. Vielmehr entsteht bei originär kennzeichnungskräftigen Unternehmensbezeichnungen i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG der Schutz durch namensmäßigen Gebrauch im geschäftlichen Verkehr unabhängig vom Umfang der Benutzung (BGH GRUR 2013, 1150, 1152, Rdnr. 29 – Baumann). Erforderlich ist lediglich eine nach außen in Erscheinung tretende Benutzung als Hinweis auf das Unternehmen, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lässt (BGH RUR 1997, 905 – GARONOR).
dd) Mit den von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sowie den weiteren vorgelegten Unterlagen hat die Widersprechende eine Benutzung des Unternehmenskennzeichens „flowconsultinggmbh“ im deutschen Raum zwischen 2010 und 2014 bewiesen.
Den vorgelegten Unterlagen, insbesondere den zahlreichen Rechnungen, in denen die Firmenbezeichnung aufgeführt ist, ist zu entnehmen, dass die Widersprechende nach außen in Deutschland seit mindestens 2010 als „flowconsulting“ oder „flowconsultinggmbh“ aufgetreten ist.
b. Die Aufnahme der Benutzung des im Wege des Widerspruchs geltend gemachten Unternehmenskennzeichens ist nach den vorgelegten Unterlagen zumindest für die Dienstleistungen der „Durchführung von Beratungsleistungen gegen Honorar auf dem Gebiet der Unternehmens- und Organisationsberatung, der Unternehmens- und Organisationsentwicklung, der Personalberatung und -entwicklung, der Marketing- und Strategieberatung incl. der Durchführung von Veranstaltungen, Kongressen und Workshops“ feststellbar. Diese Dienstleistungen entsprechen den Dienstleistungen, für die die Benutzung der Widerspruchsmarke „flow“ glaubhaft worden ist.
c. Auf Grund des Unternehmenskennzeichens mit dem Zeitrang des Jahres 2010 hat die Widersprechende einen Anspruch auf Löschung der angegriffenen Marke, soweit zwischen dem Unternehmenskennzeichen und der angegriffenen, prioritätsjüngeren Marke die Gefahr von Verwechslungen besteht. Diese ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft der geschäftlichen Bezeichnung und dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Beteiligten besteht (st.Rspr.: BGH GRUR 2010, 738, Rdnr. 22 - Peek & Cloppenburg I; GRUR 2008, 801, Rdnr. 20 - Hansen-Bau; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 15 Rn. 34 ff.).
aa) Die Vergleichszeichen „O2 flow“ und „flowconsultinggmbh“ weisen zwar in ihrer Gesamtheit schriftbildlich, klanglich und begrifflich ausreichende Unterschiede auf.
bb) Bei dem komplexen Zeichen „flowconsultinggmbh“ prägt der Begriff „flow“ jedoch den Gesamteindruck, weil die weiteren Bestandteile „consulting“ und „gmbh“ nur auf die Art und die Rechtsform des Unternehmens hinweisen.
cc) Daher ist für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen nach dem maßgeblichen Gesamteindruck auf die Bezeichnungen „O2 flow“ und „flow“ abzustellen. Bei diesen besteht, wie bereits im Einzelnen dargelegt worden ist, die Gefahr von Verwechslungen auf Grund gedanklicher Verbindung, weil der Bestandteil „flow“ innerhalb der Gesamtbezeichnung „O2 flow“ eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat.
dd) Die Gefahr einer gedanklichen Verbindung des Unternehmenskennzeichens „flowconsultinggmbh“ mit der angegriffenen Marke besteht jedoch, ebenso wie im Falle der Widerspruchsmarke 2 068 360, nur soweit, wie eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen vorliegt, weshalb die Beschwerde, soweit sie auf ein prioritätsälteres Unternehmenskennzeichen gestützt ist, auch nur insoweit Erfolg haben, als sie sich gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung“ richtet. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Beschlussbegründung unter Ziffer 1 Buchstaben b und c verwiesen. Im Übrigen musste die Beschwerde erfolglos bleiben.
3. Kosten
Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.